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Im Writers’ Room von „Breaking Bad“. „Wer Serien kreiert, tut dies schreibend“, sagt der Deutsche Drehbuchverband. | Foto © AMC

Bei deutschen Serien werden die Credits oft noch unscharf benutzt. Der Drehbuchverband hat jetzt einen „Branchenstandard“ für die Berufsbezeichnungen vorgelegt. 

Der Deutsche Drehbuchverband (DDV) will den Wildwuchs an Funktionen in der Serienproduktion lichten. Dazu legte er heute einen Praxisleitfaden vor, der nichts weniger als „Branchenstandard in Deutschland für Credits und Berufsbezeichnungen“ sein soll. Der Leitfaden wurde im Austausch mit der Writers Guild of America (WGA) und der FSE (Federation of Screenwriters in Europe) erarbeitet, „um deutsche Gepflogenheiten den internationalen Standards anzugleichen und zukunftsfähig zu machen“, erklärt der DDV. Das vorangestellte 10-Punkte-Papier fasst das wesentliche Prinzip zusammen: „Im Zentrum der Serienentwicklung steht der/die schreibende Autor*in, der/die unterschiedliche Funktionen und Aufgaben übernehmen kann. Showrunner, Creator und Headwriter sind dabei Funktionen, die Drehbuchautor*innen vorbehalten bleiben. Wer Serien kreiert, tut dies schreibend.“
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„Manta Manta – Zwoter Teil“, die Aufarbeitung läuft. Constantin-Chef Martin Moskowicz hat inzwischen viele Vorwürfe bestätigt, die er erst abgestritten hatte, und räumt Fehler ein. | Foto © Constantin/Bernd Spauke

Da sind sich alle einig: ein schlechter Umgang am Set darf nicht sein! Auf dem Weg zur Wahrheit stellen sich aber noch einige Fragen.

Übrigens: Beim jüngsten „Fair Film Award Fiction“ im Februar war „Manta Manta – Zwoter Teil“ auf dem letzten Platz gelandet. Schulnote: 3,52. 

Monatelang arbeitete ein Team der „Süddeutschen Zeitung“ an der Recherche zu Til Schweiger. Erst wurde die Veröffentlichung verschoben, dann platzte die Geschichte ganz – und landete beim „Spiegel“. Wie konnte das passieren? Bei „Übermedien“ schildert Lisa Kräher, warum sich die Zeitung am Ende doch nicht traute. Für sie scheint es „vor allem ein hausgemachtes Problem der ,SZ’ gewesen zu sein – eine Mischung aus schlechter interner Kommunikation, zögerlichen Entscheidungen und Vertrauensverlust. Offene Fragen aber bleiben.“ 

Statt auf die eigene Recherche vertraute die Chefredaktion auf Rat von außerhalb und „zog den Anwalt Martin Schippan als juristischen Berater hinzu. Er vertritt die Tageszeitung seit Jahren immer wieder. Eine solche Beauftragung einer externen Kanzlei ist ein normaler Vorgang. […] Schippans Kanzlei arbeitet allerdings nicht nur für die ,SZ‘, sondern vertritt in anderen Angelegenheiten auch Constantin. […] Die Information über diesen möglichen Interessenskonflikt habe die Redaktion aus der SZ-Rechtsabteilung nicht erreicht.“  

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Der „Spiegel“ sieht sich weiter um hinter den Filmkulissen. Die Branche reagiert wie üblich. Szenenfoto aus „Manta Manta – Zwoter Teil.“ | Foto © Constantin/Bernd Spauke

Nicht alles läuft gut an deutschen Filmsets, das räumt die Branche selbst ein. Und weiß auch warum: Schuld sind immer die anderen. Neu ist das alles nicht, könnte aber noch spannend werden.

Wie verbreitet ist übergriffiges Verhalten im Filmgeschäft? Der „Spiegel“ hatte vorige Woche über mutmaßliche Schikanen am Set von Til Schweiger berichtet (hier der Überblick). Gleich acht Autor*innen fragten zum Wochenende im „Spiegel“ [Bezahlschranke], „inwiefern die mutmaßlichen Übergriffe des Erfolgsregisseurs nur ein Beispiel für ein insgesamt unfaires oder gar toxisches System sind. Schweigers angebliche Ausfälle sollen unter Alkoholeinfluss passiert und von einem Mann gekommen sein, der sich möglicherweise in einer privaten Krise befunden hat. Viele sahen am Set von ,Manta Manta – Zwoter Teil’ aber offenbar einfach zu und taten nichts. Wie vergiftet von Gebrüll, Mobbing und sogar körperlichen Attacken ist der Arbeitsalltag bei Film- und Fernsehproduktionen? Im Filmgeschäft sind viele Menschen in zeitlich befristeten und oft prekären Beschäftigungsverhältnissen engagiert – und offensichtlich ist es auch nach Jahren der Debatte über Machtmissbrauch in der Arbeitswelt nicht ungewöhnlich, dass am Set gepöbelt und im Extremfall sogar geprügelt wird, weil keiner es verhindert.“

Die Fragestellung macht klar, welchen Verdacht das „Spiegel“-Team hegt. Die Antwort der Regisseurin Doris Dörrie deutet zwar eher auf einen Systemfehler hin, doch für sie gibt es „einen Hauptschuldigen in dieser Sache: die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten“. Damit spreche sie „einen zentralen Punkt an: Die meisten Kinofilme in Deutschland sind auf eine Filmförderung angewiesen, von der FFA, der Filmförderungsanstalt, oder von den Landesanstalten. Eine Förderung gibt es aber in der Regel nur mit der Zusage eines Teilbeitrags durch eine Fernsehanstalt. Die mit Rundfunkbeiträgen finanzierten Sender sparen jedoch. Deshalb ist es zuletzt schwieriger geworden, eine Förderung zu bekommen und Filme zu produzieren.“ Der „Spiegel“ merkt an, dass Dörrie „die Partnerin des Constantin-Chefs und Schweiger-Produzenten“ ist. Angemerkt sei außerdem, dass „Manta Manta – Zwoter Teil“ ein Kinofilm ist und mit mehr als vier Millionen Euro gefördert wurde. Eine Senderbeteiligung ist nicht bekannt.  

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Frauen erhalten zwar oft schon in den Filmhochschulen mehr Preise, bei den entscheidenden Schritten in die Karriere werden sie trotzdem übersehen, sagt die Regisseurin Esther Gronenborn: „Wird bei Männern meist das Potenzial betrachtet, so werden Frauen eher danach bewertet, was sie in der Vergangenheit bereits gemacht haben.“ | Foto © Birgit Gudjunsdottir

Am Mittwoch war Weltfrauentag, am Dienstag Equal Pay Day. Die Chancengleichheit ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Aber es geht nicht bloß um Geld, sondern um Sichtbarkeit und falsche Bilder.

18 Prozent war die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen im vorigen Jahr in Deutschland. Soviel weniger verdienten Frauen durchschnittlich für die gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation. Anders ausgedrückt: die ersten 66 Tage im neuen Jahr arbeiten sie praktisch umsonst. So rechnet die europaweite Initiative Equal Pay Day die Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern in Arbeitszeit um. In diesem Jahr fiel er wieder auf den 7. März – genau ein Tag vor dem Weltfrauentag.

Aber die Kunst der gleichen Bezahlung ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Die Regisseurin Esther Gronenborn ist Gründungsmitglied von Pro Quote Film. Im Blog erklärt sie nochmal die Lage:

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Die Gewinner*innen des „Fair Film Award 2023“ mit Moderatorin in der Kulturbrauerei in Berlin. | Foto © Alena Sternberg

Nach drei Jahren Corona-Pause stieg endlich wieder der Crew Call zur Berlinale. Wichtiger noch: Auch der „Fair Film Award Fiction“ wurde wieder live vergeben. Und von der BKM kam eine Ankündigung, die Hoffnung macht.  

Während die Schutzpatronin des Deutschen Films vormittags die Produzent*innen aufbaut und abends Deutschlands größtes Festival eröffnet,  steigt in der Kulturbrauerei die coolere Party. Nach drei Jahren Zwangspause ins der Pandemie lud Crew United endlich wieder zum Crew Call nach Berlin. Wichtiger noch: Vorab wurde auch der „Fair Film Award Fiction“ wieder live vergeben, moderiert von Sonia Hausséguy. Beim Gala-Dinner wurden die vorbildlichsten Film- und Serienproduktionen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Die Übersicht mit allen bewerteten Produktionen gibt es hier. 

Am Vormittag hatte die Kulturstaatsministerin beim „Produzententag“ skizziert, wie sie sich ein neues, besseres Filmfördergesetz vorstellt. Abends beim „Fair Film Award“, erklärten  Benesch und Judith Frahm, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft. Mit neuen Programmen und Förderungen allein sei es nicht getan, sagten sie in ihrer Keynote zur Preisverleihung. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“.

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Die einen gehen, die anderen kommen gar nicht erst. Das zeigt: Etwas läuft ganz gewaltig schief in der Filmbranche – doch die kämpft nur gegen die Symptome, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. | Foto © Alena Sternberg

Die Branche hat ein Personalproblem. Mit neuen Programmen und Förderungen ist es nicht getan, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“. In ihrer Keynote zum „Fair Film Award Fiction“ erklärten sie, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft:

„Als Studentinnen der Filmuniversität Babelsberg und angehende Producerinnen stehen wir kurz davor, in die Branche einzutreten und können es eigentlich kaum erwarten. Endlich die Menschen bezahlen, mit denen wir arbeiten. Endlich auch mal selbst bezahlt werden. Und Filme machen, die auch gesehen werden. Gleichzeitig blicken wir in eine Branche, deren Strukturen so alt und verkrustet sind, dass es fast unmöglich scheint, darin noch gute, innovative, qualitativ hochwertige Filme zu machen. Strukturen, die von starken Hierarchien geprägt sind und von einem teilweise extrem rauen Umgangston; von der Erwartungshaltung, dass die Arbeit beim Film wichtiger ist, als alles andere. In denen Leidenschaft mit absoluter Opferbereitschaft verwechselt wird. Strukturen, denen ein Förder- und Finanzierungssystem zu Grunde liegt, das den Anforderungen der Realität kaum noch gerecht werden kann. Weiterlesen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (links) und MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen beim „Deutschen Produzententag 2023“. | Foto © Filmstiftung NRW/Severin Wohlleben

Die BKM hat eine filmpolitische Grundsatzrede gehalten. Das war Zeit, denn Claudia Roth ist seit mehr als einem Jahr im Amt, und das neue Filmförderungsgesetz wird dringlich erwartet. Die große Reform soll es werden, die dem Deutschen Film zu neuem Schwung verhilft.

Auf dem „Deutschen Produzententag“ stellte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien am Donnerstag voriger Woche acht Eckpunkte für eine Reform der Filmförderung vor. Als Beispiel, was möglich sein sollte, nahm Claudia Roth den aktuellen deutschen Vorzeigeerfolg: Der  nämlich „konfrontiert uns mit der Frage, warum unser gut ausgestattetes deutsches Fördersystem selten vergleichbare Erfolge erzielt. Denn, wie wir alle wissen: ,Im Westen nichts Neues’ ist eine Netflix-Produktion“, sagte Roth auf dem „Deutschen Produzententag“. Ihr Fazit: „Ziel einer Reform der Filmförderung kann deshalb nur sein, sie effizienter, sie schneller und ganzheitlicher zu machen.“   

„Ganzheitlich“ ist ein großes Wort. Erst recht, wenn dabei ein Teil der Filmlandschaft ignoriert wird, der schon seit Jahren rapide wächst: Festivals sind längst zu einer eigenen wichtigen Auswertungs- und Werbeschiene geworden und haben offenbar auch keine Probleme, ihr Publikum zu finden. In den Eckpunkten der BKM werden sie nicht mal erwähnt – was allerdings auch keine Neuigkeit ist. Obwohl es doch, sechstens, darum gehe, „auch die Sichtbarkeit deutscher Filme zu erhöhen.“ Und wo doch die BKM ihre Ankündigung selbst nicht ohne Grund vor der Kulisse ihrer Berlinale machte. 

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Seit Jahrzehnten ringt die Branche um bessere Arbeitsbedingungen. Meist vergeblich, weil’s angeblich nicht anders geht. In der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“ kommen sie zu anderen Antworten. Auf dem Podium (von links): Judith Frahm, Fritzie Benesch, Christine Günther, Katja Rivas Pinzon und Oliver Zenglein. | Foto © Oliver Dietze

Wenn wir gute Filme machen wollen, muss auch das Umfeld stimmen. Gute Idee. Beim Max-Ophüls-Festival wurde diskutiert, wie das aussehen sollte. 

Für den deutschsprachigen Filmnachwuchs ist Saarbrücken die erste Adresse: Schon drei Wochen vor der Berlinale präsentiert der Max-Ophüls-Preis „junge Talente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz“. Allein um die Entdeckung geht’s dem Nachwuchs offenbar nicht mehr. Mit Problemen in der Filmkunst hatten sich schon frühere Panels beschäftigt. Doch hier ging’s um Grundsätzliches: um „soziale Nachhaltigkeit und wie wir miteinander arbeiten wollen“. Und das Panel war gut besucht an einem Samstagmorgen um 10. 

Es war bereits die fünfte Veranstaltung in der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“, die Judith Frahm und Fritzie Benesch erst im November an der Filmuniversität Babelsberg gestartet hatten. Der Titel klingt reißerisch, trifft aber nur die Realität. Darauf stimmten die beiden Produktionsstudentinnen mit ein paar Zahlen aus Großbritannien ein („Varieté“ [auf Englisch] berichtete ausführlich): Neun von zehn Menschen, die dort in der Filmbranche arbeiten, hätten Probleme mit mentaler Gesundheit. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Angststörung zu leiden, sei doppelt so hoch wie in der übrigen Bevölkerung, 20 Prozent mehr Menschen seien  im Vergleich zur Gesamtbevölkerung an einer Depression erkrankt. „Das fanden wir ganz schön krass und dachten, wir öffnen mal mit diesen kleinen Zahlen unsere Gespräche.“

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Der Fachkräftemangel wir die Filmbranche noch für Jahre beschäftigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Fallstudie. Es fehle vor allem an Konzepten für die Aus- und Weiterbildung, meint der Weiterbildungsverbund Media Collective. | Foto © EPI

Der Branche fehlen die Arbeitskräfte. Das liege vor allem an der Aus- und Weiterbildung, findet eine neue Fallstudie des Erich-Pommer-Instituts. Es fehle ein „strukturiertes Qualifizierungskonzept“ für alle Gewerke. 

Der Fachkräftemangel wir die Filmbranche noch für Jahre beschäftigen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Fallstudie des Weiterbildungsverbunds Media Collective des Erich-Pommer-Instituts. Grundlage ist eine bundesweite Befragung, unter anderem von zahlreichen Verbänden und Institutionen der Branche. Am Netzwerk beteiligen sich unter anderem die beiden Verbände der Produzent*innen, der Bundesverband Produktion, die Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Medienboard Berlin-Brandenburg, Netflix, Studio Babelsberg, die Ufa und der RBB.

95 Unternehmen und 414 Filmschaffende hatten geantwortet. Dabei wurden unterschiedliche Fragebögen verwendet, wird eingangs erklärt, „um eventuelle Unterschiede in der Wahrnehmung der Situation festzustellen und die Formulierungen auf die jeweilige Befragtengruppe anzupassen. Es ließen sich aber im Ergebnis keine signifikanten Unterschiede feststellen. Die Antworten beider Zielgruppen ergänzten sich größtenteils.“ 45 Seiten hat das Papier, zehn „Kernfakten“ werden herausgestellt:

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Hinter den Kulissen wird wieder gestritten. Gewerkschaft und Schauspielverband haben mit Netflix verhandelt – mehrere Berufsverbände sehen sich ausgegrenzt. | Foto © Adobe Stock

Gleich dreimal in zwei Wochen hat der Regieverband gegen die Abmachungen zwischen Netflix und Verdi protestiert: Die Berufsverbände würden ausgegrenzt, das Ergebnis sei „ziemlich mau“. Statt der Gewerkschaft antwortete jetzt der Schauspielverband. 

Der Zank um Netflix geht weiter. Der Bundesverband Schauspiel (BFFS) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) hatten mit dem Streamer vor zwei Jahren Gemeinsame Vergütungsregeln (GVR) bei Netflix-Serien ausgehandelt. Vor zwei Wochen meldete Verdi: Netflix zahlt jetzt bei Serien nach Tarif. Und, ach ja, „außerdem werden auch Mindestgagen für Regisseur*innen geregelt, diese fügen sich in die bestehende GVR ein.“

Der Bundesverband Regie (BVR) protestierte. Und das gleich dreimal. Wobei die Vorwürfe gleich bleiben – sie werden aber zunehmend heftiger und ausführlicher vorgebracht.  Verdi repräsentiere nicht die Regie, und das Ergebnis sei „noch dazu ziemlich mau“, hieß es in einer ersten Reaktion (wir berichteten auf „Outtakes“). 

Sechs Tage später wurde der BVR heftiger: „Die Gewerkschaft verkauft die deutschen Regisseurinnen und Regisseure an Netflix“, schrieb der Verband über seine Stellungnahme. Und noch größer darüber: „Raus aus Verdi“. Der Berufsverband, dem rund 450 Fiction-Regisseur*innen angehören, hatte selbst zwei Jahre lang mit Netflix verhandelt. Die Verhandlungen waren vor wenigen Wochen gescheitert, die verpflichtende Schlichtung steht noch an. „Dass Verdi ohne Beteiligung des BVR nun Tarifgagen für die Regie festlege, sei „ein starkes Stück, das dieses Prozedere direkt angreift.“ Was die Regie betrifft, seien die bisherigen Verhandlungsergebnisse von Verdi in Deutschland die schlechtesten in ganz Europa, so der Regieverband. „Offenbar ist es Verdis Ziel, Deutschland als Billiglohnland gegen die europäischen Nachbarn zu positionieren.“ 

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Jella Haase in der neuen Netflix-Serie „Kleo“. Eigentlich eine gute Nachricht: Der Streamer produziert seine Serien jetzt nach Tarif. Drum fragen wir auch nicht, wie es wohl vorher war. | Foto © Netflix/Svenja Terjung

Der Streamingriese Netflix und die Gewerkschaft Verdi haben Mindestgagen für die Beteiligten von Serienproduktionen vereinbart. Man habe damit die „Sozialpartnerschaft für faire Produktionsbedingungen“ ausgebaut.

Netflix will Beteiligte an Serienproduktionen in Deutschland künftig besser bezahlen, meldet „Der Spiegel“ via DPA und mutmaßt sogleich: „Dazu dürfte wohl auch ein Fachkräftemangel beigetragen haben.“ 

Bereits Anfang Juni hatten sich Netflix und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) darauf geeinigt: Seit dem 1. Juli macht der Streamer den Tarif- und den Gagentarifvertrag zwischen Verdi und der Produzentenallianz zur formellen Grundlage bei seinen Serienproduktionen. Das teilte Verdi heute mit. 

Demnach will Netflix sogar noch weiter gehen: „Filmschaffende mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung über den bestehenden Gagentarifvertrag hinaus: Bei Folgenbudgets über 1,2 Millionen Euro werden die Mindestgagen um 5 Prozent angehoben und bei Folgenbudgets über 2,5 Millionen Euro um 7,5 Prozent. Außerdem werden auch Mindestgagen für Regisseur*innen geregelt, diese fügen sich in die bestehende GVR ein.“ Gemeinsame Vergütungsregeln (GVR) zu erfolgsbasierten Zusatzvergütungen hatten Netflix und Verdi bereits vor zwei Jahren beschlossen. Es sei „das erste Abkommen dieser Art mit einem Streamingdienst in Deutschland und daher ein Meilenstein für die Film- und Fernsehbranche“, meinte Verdi damals. 

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Wenn’s vor der Kamera intim wird, geht es oft nicht sehr professionell zu, finden die meisten Schauspieler*innen in einer Befragung. Intimitätskoordinator*innen am Set halten die meisten für sinnvoll. Szenenfoto aus „Uhrwerk Orange“ (1971). | Foto © Warner Bros.

Der Bundesverband Schauspiel hatte Kolleg*innen nach ihren „Erfahrungen mit Nacktheit und simuliertem Sex“ befragt. Die Antworten zeichnen kein gutes Bild von der Branche.

Auf dem Münchener Filmfest hatte der Bundesverband Schauspiel (BFFS) am Donnerstag einen neuen Beruf vorgestellt: „Intimacy Coordinating und die Professionalisierung der Darstellung von Intimität“. Die Aufzeichnung ist im Youtube-Kanal des BFFS zu sehen. 

Bei der Veranstaltung stellte der Verband auch die Ergebnisse einer Umfrage vor. Der BFFS hatte Kolleg*innen nach ihren „Erfahrungen mit Nacktheit und simuliertem Sex“ befragt, die Daten wurden am Institut für Medienforschung der Universität Rostock ausgewertet, das auch hinter den Diversitätsstudien der Malisa-Stiftung und den Diversitätsberichten des Regieverbands steht.

Dem BFFS hatten 417 Schauspieler*innen geantwortet. Neunmal so viele Mitglieder hat der Verband nach eigenen Angaben – so richtig „repräsentativ“ sind die Ergebnisse also nicht. Sie zeichnen gleichwohl ein Bild der Branche („die Ergebnisse sind binär, da nur wenige non-binäre Personen unter den Befragten waren und so kein auswertbares Sample geschaffen werden konnte“, wird eingangs erklärt). „Die Ergebnisse sind ernüchternd, nein, sie sind erschütternd“, schreibt Joachim Huber im „Tagesspiegel“.  

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Am Anfang wollte Katharina Mückstein auf Instagram nur ihre eigenen Erfahrungen in der Branche schildern. Dann sammelte die Regisseurin die Berichte, die ihr Kolleg*innen zuschickten. Sie zeigen ein System an Übergriffen und Machtmissbrauch. | Screenshot

Österreich hat vorige Woche seine Filmpreise verliehen. Doch die Branche beschäftigt Anderes: Auf Instagram berichten Betroffene von Übergriffen und Machtmissbrauch an Filmsets und Theaterbühnen.

Nach fünf Jahren hat „#MeToo“ auch Österreich  erreicht, berichtete Magdalena Miedl vorige Woche beim ORF.  Den Anstoß gab die Regisseurin Katharina Mückstein. Auf Instagram hatte sie aufgerufen, über sexualisierte Übergriffe und Gewalt in der Kulturbranche zu sprechen. „Die Fälle, die über Mücksteins Instagram-Account bekannt werden, rangieren von unangenehm bis zu schwer traumatisierend – und in vielen Fällen sind sie ein Zeichen äußerster Respektlosigkeit und Unprofessionalität: Da ist etwa der renommierte Regisseur und Professor, der in der Schauspielausbildung sagt, dass Schauspieler ,bei Sexszenen eine echte Erektion haben müssen, und das auszuhalten oder auch zu genießen zum Berufsbild einer Schauspielerin’ gehöre. Da ist auch der Schauspieler, der eine Kollegin überredet, zum Textlernen in sein Hotelzimmer zu kommen, und ihr dann Nackenmassage und Oralverkehr vorschlägt. Wieder andere Fälle seien zu heftig, um sie wörtlich auf ihrem Instagram-Kanal zu teilen, so Mückstein […] Das Echo ist gewaltig, die Medienberichte zahlreich, die Reaktionen heftig – und vielfach auch verständnislos.“

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Die BKM stockt die Förderung für Serien auf – eine „Zweckentfremdung vom Kulturmillionen“ nennt das die AG Verleih. Und fragt, wozu das überhaupt gut sein soll? Szenenfoto aus „Berlin Station“, gefördert über den German Picture Motion Fund, kurz GMPF. | Foto © Studio Babelsberg

15 Millionen Euro will die BKM für die Produktion von Serien drauflegen. Für Kinos und Filmverleih fehlt derweil das Geld. 

Eigentlich ist sowas ja eine gute Nachricht: 15 Millionen Euro mehr will die Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM) für die Produktion von Serien ausgeben. Das kündigte Claudia Roth vorigen Freitag beim Deutschen Produzententag der Produzentenallianz in Berlin an. Stutzig macht allenfalls die Begründung in der Pressemitteilung der BKM: „Sie machte deutlich, dass es sich um eine letztmalige Erhöhung aufgrund einer besonders hohen Nachfrage in diesem Bereich handelt.“

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Nur selten sind Schauspieler*innen mit Behinderung in Hauptrollen zu sehen. Mit der RTL-Komödie „Weil wir Champions sind“ scheint das Thema endlich auch im Mainstream-Fernsehen angekommen zu sein und soll „Mut machen für weitere Projekte dieser Art.“ | Foto © Constantin TV/ Tom Trambow

In Film und Fernsehen sind Menschen mit Behinderung noch viel zu selten zu sehen. Schon beim Einstieg in die Branche stehen sie vor hohen Hürden. „Cast me in“ soll Schauspieler*innen mit Behinderung  und Entscheider*innen zusammenbringen.

In Film und Fernsehen sind Menschen mit Behinderung noch weitgehend unsichtbar. Etwa 6 Prozent der Menschen in Deutschland haben eine sichtbar schwere Behinderung – vor und hinter der Kamera sind sie deutlich unterrepräsentiert. Das zeigte im vergangenen Jahr die Umfrage zur „Vielfalt im Film“: In den Berufen mit „Besetzungsmacht“ (die entscheiden, wer vor und hinter der Kamera arbeiten darf), sind Schwerbehinderte gerade mal mit 2,5 Prozent vertreten. „Gestaltungsmacht“ (also welche Geschichten erzählt werden) haben 2,1 Prozent. Da überrascht es nicht, dass auch vor der Kamera lediglich 2 Prozent der Schauspieler*innen sichtbar schwerbehindert sind.

Das wiederum trifft aber nicht mal auf 0,4 Prozent der Protagonist*innen und Hauptakteur*innen in Film und Fernsehen zu, sagt die Fortschrittsstudie zur audiovisuellen Diversität „Sichtbarkeit und Vielfalt“, die die Malisa-Stiftung im Februar vorgestellt hatte. 

Der Zugang zum Film wird ihnen aber auch nicht leicht gemacht. Die meisten staatlichen Schauspielschulen verlangen fürs Studium nicht nur Talent, Schulabschluss und Beherrschung der deutschen Sprache, sondern (weiter hinten, im Kleingedruckten) auch ein ärztliches Attest über einen „unbedenklichen“ oder „physisch und psychisch stabilen Gesundheitszustand“.  Die gängigsten „5 Mythen über Schauspieler*innen mit Behinderung“ hatten Judyta Smykowski und Jonas Karpa vor drei Jahren auf „Leidmedien“ auseinandergenommen. 

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