Traumberuf Regie
Was passiert eigentlich mit dem Nachwuchs, wenn er größer wird? Felicitas Darschin hat Spielfilm-Regie studiert, macht aber noch viel mehr. Autorin ist sie auch, unterrichtet seit mehr als zehn Jahren, arbeitet als Fotografin und hat neben drei Spielfilmen einige TV-Dokus gedreht. Ihren Hauptberuf jedoch liebt sie ganz besonders und würde ihn gerne noch häufiger ausüben. Sprich: mehr inszenieren!
Frau Darschin, Ihr Langfilmdebüt als Regisseurin haben Sie gleich nach dem Abschluss an der HFF München gegeben. Inzwischen gibt es schon ihren dritten Film. Der sei ja die größte Hürde für junge Talente, heißt es immer wieder. Fühlen Sie sich als Nachwuchs von der Filmbranche gut gefördert?
Jein. Mein Debüt konnte ich erfreulich schnell nach dem Abschluss drehen, wofür ich unter anderem dem BR wirklich dankbar bin. Nun bin ich auch schon 41 – die Pause vor dem dritten Langfilm war also viel zu lang für meinen Geschmack, da juckte es schon weit vorher wieder in den Regie-Fingern. Als ich in München an der HFF studiert habe, wurden, je nach Sender, noch zwischen 10 und 40 Fernsehspiele und Kino-Koproduktionen finanziert und umgesetzt. Dann wurde die Schlagzahl deutlich kleiner – Finanzkrise und dadurch bedingte Branchenkrise seit 2008. Damals waren da vor allem viele Herren um die 50, die das verbleibende Regie-Feld dominierten. Ich war 26.
Und als Neuling bekamen sie dann den Märchenfilm zugeteilt …
Ich bekam sogar die Chance, danach noch einen Film für die Degeto zu machen. Deren Chef Jörn Klamroth war ein mutiger Mann noch vom alten Schlag. Er mochte meinen fantasievollen „Zwerg Nase“ und vertraute mir ein „Problem-Projekt“ an, aus dem eine andere Kollegin bereits ausgestiegen war – eine etwas unentschlossene Komödie. Leider war das Buch nicht so der Burner, aber ich wollte einfach drehen und hätte in meiner Anfangsphase vermutlich zu allem ja gesagt.
Eine Fehlentscheidung?
Ich bereue nichts, aber die Branche bewertet einen da ziemlich streng, vor allem wenn man eigentlich noch ganz andere künstlerische Ambitionen hat als Regisseurin. Insofern hätte ich mir definitiv noch mehr Chancen gewünscht, mich weiter ausprobieren zu dürfen und andere Facetten zu zeigen.
Aus heutiger Sicht war ich wohl etwas zu ungeduldig und habe mich noch nicht getraut, ein Drehbuch abzusagen, was zu wenig hergibt, um sich als junge Regisseurin wirklich sichtbar weitere Sporen zu verdienen. Ich dachte zu dem Zeitpunkt einfach ganz anders und war der Meinung, dass Üben auch sehr wichtig ist. Also dazu Lernen durchs Machen. Die Ausbildung an Filmhochschulen ist ja auch ziemlich vergeistigt. Regie führen ist aber auch ein praktisches Handwerk.
Ich hatte keine Berührungsängste dem Fernsehen gegenüber, während einige meiner Komiliton*innen viele Jahre über ihrem Kino-Debütstoff grübelten und ihn auch erst sehr viel später finanzieren konnten als ich, die ein Fernseh-Märchen als Spielfilmdebüt machen konnte. Und das ist auch nach wie vor künstlerisch mein von mir umgesetzter Lieblingsfilm. Dafür konnten meine Kommiliton*innen aber teilweise zu einem späteren Zeitpunkt, als es auch der Branche wieder besser ging, noch deutlicher zeigen, was ihnen künstlerisch wirklich wichtig ist. Diesen Schritt bin ich dann erst später nochmal gegangen, ja gehe ihn teilweise immer noch.
Ich wollte nach der HFF lieber schnell raus ins Leben und einfach drehen. Und ja, ich war eigentlich auch stolz darauf, dass das Fernsehen mich zunächst mal „haben wollte“. Tatsächlich glaubte man mir dann aber wohl später wiederum nicht so richtig, dass ich „noch mehr“ kann als sowas wie den Degeto-Film, auch wenn das durchaus solides Regiehandwerk war.
Dazu kommt: Bis etwa 2016 war eine schwere Zeit für die Branche insgesamt. Die wenigen Produktionen, die nach den ganzen Einsparungen der Sender übrig geblieben waren, gingen hauptsächlich an erfahrenere Regie-Kollegen – und ja, das waren meistens Männer.
Die Chancen zum Ausprobieren blieben also aus?
In dieser Zeit habe ich zwar nicht nichts gemacht, aber auch nichts, was wirklich zählt im fiktionalen Bereich. Und meine eigenen Stoffe wollte nach dem Degeto-Film auch erstmal keiner haben und umsetzen mit mir. Ich bin in der ganzen Zeit natürlich auch älter geworden. Auch wenn die Branche jede*n bis mindestens 40 noch als „Nachwuchs“ einstuft, ist man dann eigentlich doch schon ganz schön erwachsen, hat Lebensentwürfe, Erwartungen an Honorare und einen gewissen Karrierestatus. Und da ist die Filmbranche schon manchmal irre zäh und legt einem wirklich viele Steine in den Weg, bis sie einen wirklich ernst nimmt.
Können Sie das genauer erklären?
Ich versuche es gerne, ja. Damit das hier aber nicht so eine „Jammer-Nummer“ wird, möchte ich gerne auch mal einschieben, dass ich meinen Beruf sehr liebe. Ich arbeite gerne im Team, Schauspieler*innen und Heads of Department scheinen auch zu verstehen, was ich mit ihnen als filmische Vision erarbeite, und bei meinen Filmprojekten gab es immer viel „Leuchten in den Augen“. In meinen eigenen, aber auch in denen der anderen. Man spürt also tatsächlich irgendwie, dass man etwas richtig macht. Dass man etwas kann und dadurch weitere kreative Energien freisetzt …
Wenn man dann aber jahrelang wieder keinen Film drehen darf, entwickelte Stoffe nie oder erst Jahre später überhaupt gelesen werden von Produzent*innen und Redakteur*innen und man selbst im Serien-Bereich, der zurzeit den Markt beherrscht, zum 50. Mal hört „Frau Darschin, Sie haben ja noch nie Serie gemacht“ – dann fängt man schon manchmal an, an sich zu zweifeln. Warum dreht Kolleg*in XY gerade das und das, ich aber nicht? Viel Erfahrung auf der Ersatzbank lässt so manch eine*n gute*n Spieler*in in unser Branche nur schwer zum Zug kommen.
Und warum drehen die einen und die anderen nicht?
Ich wollte es viele Jahre nicht wahrhaben und bin auch eigentlich keine Pro -Quote-Vorreiterin, aber inzwischen glaube ich leider schon: Für eine gewisse, leider sehr wichtige Zeitspanne in meiner Karriere lag es auch daran, dass ich eine Frau bin. Zum Glück tut sich da ja gerade wieder sehr viel, und die jüngeren Kolleginnen werden mehr gefördert und gezielt eingesetzt. Das ist auch gut so. Wie jede Form von Gerechtigkeit im Leben.
Es gibt aber auch noch einige Regisseurinnen mehr, und natürlich auch Regisseure, die sind im Altersmittelfeld um die 40 und auch irgendwo im Mittelfeld ihrer Vita und warten immer noch auf echte Chancen in ihrer Karriere. Da fände ich es einfach toll, wenn der so oft beschworene Begriff „Diversität“ auch hier noch deutlich mehr Vielfalt und Abwechslung ermöglichen würde. Einfach mal „andere“ Regisseure und Regisseurinnen, auch diejenigen, die Löcher in ihrer Vita haben und vielleicht gerade auch dadurch einen besonders interessanten Blick auf Stoffe und Geschichten haben. Ich bin für alles, was auch die deutsche Film-, Fernseh- und Streamer-Landschaft bunter und noch interessanter werden lässt. Vor und hinter der Kamera.
Manche Kolleg*innen sind zum Beispiel eine Zeit lang nur Mutter gewesen oder haben eine Krankheit überwunden, ihre Eltern gepflegt oder zwischenzeitlich einen ganz anderen Beruf ausgeübt, um schlicht Geld zu verdienen. Und ich kam so eben zwischenzeitlich auch in den Lehrbereich und zur Fotografie. Man ist nicht aussätzig oder verlernt seinen Regieberuf durch so einen zwangsläufigen „Umweg“ in der Vita. Manchmal ist „der Knick“ in der Lebenslinie doch gerade das Interessante!
Ich wette auch, dass genau diese Kandidat*innen sich bei jedem Projekt mindestens doppelt so sehr reinhängen wie alte Hasen, denen die inszenierte vierhundertste Folge von irgendeiner Vorabendserie schon zu den Ohren rauskommt …
Stattdessen folgten Jahre Pause bei der Fiktion und Sie drehten Dokus. Einen Spielfilm konnten Sie schließlich doch noch inszenieren – sogar fürs Kino. War das endlich das Sprungbrett für mehr Anfragen?
Leider nicht (lacht vielsagend). Zur Verteidigung der Branche muss man sich natürlich auch den Film selbst, seinen Erfolg und das Drehbuch näher anschauen. Meinem Team und mir ist eine gute Umsetzung gelungen, und ich konnte auch selber noch ein paar spritzige Dialoge mehr im Buch der Autorin unterbringen. Ich hätte insgesamt aber künstlerisch und dramaturgisch gerne noch einiges anders gemacht und hatte auch im Vorfeld darum gekämpft. Das war dann leider nicht möglich, was sich erst kurz vor dem Dreh herausstellte.
Ich möchte aber niemandem auf den Schlips treten und stehe handwerklich hinter meiner Arbeit an diesem Film und seinen budgetären Möglichkeiten.„Frau Mutter Tier“ war eine Chance für mich als Regisseurin, und ich habe sie ergriffen. Weil ich endlich wieder fiktional drehen wollte. Und mich hat auch gereizt, dass der Film ein „Frauenfilm“ ist. Manche Themen darin kamen am Puls der Zeit aber wahrscheinlich etwas zu spät, da hätten wir an inhaltlicher Schärfe wohl noch mehr rausholen müssen. Trotzdem hat „Frau Mutter Tier“ Charme, weshalb ich zugesagt hatte. Aus unterschiedlichen Gründen, die auch mit der Vermarktung für eine vielleicht zu junge Zielgruppe zu tun haben, war der Film leider kein so großer Erfolg. Als Inszenierungs-Arbeitsprobe kommt er aber in der Regel ziemlich gut an, und die Zusammenarbeit mit Julia Jentsch als Hauptdarstellerin war ein echtes Geschenk für mich. Als Erfahrung, zwischenmenschlich und auch wieder in gewisser Weise als wertvolle Bestätigung für mein „Regie-Selbstbewusstsein“.
Mit kleinen Kindern, zu wenigen Drehtagen und allerlei weiteren Herausforderungen war es kein leichtes Projekt. Gerade deshalb würde ich mir wünschen, dass die Branche da genauer hinschaut: Wenn man mit so einem Budget einen Kinofilm dieser Art stemmen kann, ist jede Serie bestens aufgehoben in den Händen so einer Regisseurin, zum Beispiel. Allein, was die handwerkliche Sicherheit und das nötige Tempo beim Drehen betrifft. Und schnell und immer schneller muss ja heute sowieso alles gehen bei Film und Fernsehen.
Gerade das Tempo steht doch in der Kritik.
Natürlich lebt echte Qualität von mehr als nur Gasgeben am Set. Doch an Budgets und Drehtagen kann ich nichts ändern. Es ist inzwischen einfach so.
Eben darum würde ich manchen Produzent*innen gerne mal den Zahn ziehen, dass jemand, der zuletzt Kino gemacht hat, Serie wiederum nicht kann. Das ist ein reines Vorurteil, weil moderne Kinofilme eben auch nicht mehr unter den Traumbedingungen und Drehverhältnissen an üppigen Drehtagen produziert werden wie früher mal. Ich bin völlig offen für alle Medien und Formate, das Kino sowieso. Der „magische Raum“, den es zu schaffen vermag, ist und bleibt einzigartig. Am Fernsehen mag ich sogar auch die älteren Zielgruppen und deren Sehgewohnheiten, die etwas mit kleinen, heiligen Ritualen zu tun haben. An den Streamern finde ich das Nonlineare toll und vor allem auf internationaler Ebene die Genre-Vielfalt mit ihren ganz unterschiedlichen künstlerischen Handschriften. Tatsächlich haben manche High-End-Serien ja auch eine tolle Atmosphäre, die wiederum an die Sogwirkung des Kinos erinnert. Und da ich auch ein sehr visueller Mensch bin, würde ich auch sehr gerne mal ein Streaming-Serie inszenieren. Stoffe in Entwicklung dafür habe ich sowieso einige.
An Genre-Filme wagt sich ja auch die Branche in Deutschland so langsam heran.
Verschiedene Genres finde ich, sowohl aus narrativen wie ästhetischen Gründen, genauso wichtig wie verschiedene Sichtweisen unterschiedlicher Filmemacher*innen. Das alles hat ja auch mit Diversität zu tun. Nach der schreien alle, wir haben sie aber leider noch lange nicht. Weder bei den Künstler*innen vor und hinter der Kamera, noch bei den Entscheider*innen, die mindestens genauso wichtig sind und immer das Nadelöhr sind, wo man durch muss, um seine Projekte finanziert zu bekommen. Hier müssen wir so viel offener und weniger bürokratisch werden und unser Schubladen-Denken ablegen. Ich finde, dass echte Diversität gar keine Unterscheidungs-Schubladen mehr braucht, weil niemand mehr solche Fragen stellt. Vielleicht träume ich da schon zu weit voraus …
Mehr Vielfalt und Originalität, kurz bessere Filme, soll auch das nächste Filmförderungsgesetz bringen. Wo hakt es da bislang?
Dass es eine Filmförderung gibt, finde ich natürlich generell sehr wichtig. Ich habe selbst nach meinem geförderten Abschlussfilm auch schon mal eine Drehbuchförderung vom FFF Bayern für ein echtes Herzensprojekt bekommen, was mich wahnsinnig gefreut hat. Besonders für Autor*innen sind die Förderungen wichtig, weil sie bei Kinoprojekten meist noch mehr in Vorleistung gehen müssen als ohnehin schon grundsätzlich in ihrem Beruf (ein halb leidendes Lächeln).
Leider gibt es auch einiges daran zu kritisieren. Zum Beispiel dieses ewige unklare Lavieren zwischen Wirtschafts- und Kulturförderung. Projekte mit bestimmten Namen und klarer Ausrichtung aufs große Mainstream-Publikum gehören meines Erachtens einfach in einen anderen Fördertopf als der zweite oder dritte Arthouse-Langfilm von „Nachwuchs“-Regisseur*innen. Klar wollen auch die Förderungen ihr Geld gerne wieder zurückhaben, aber Produzent*innen, die durch ihre bisherigen Erfolge über umfassend Eigenkapital verfügen, sollten einfach mehr zu eigenem Investment gezwungen werden und nicht jedes Mal auch noch bei den Förderungen die Hand aufhalten dürfen. Dadurch wächst vielleicht auch wieder eine gesündere Risikobereitschaft, was Genre-Vielfalt und mutigere Themen und Erzählweisen im Kino betrifft.
Natürlich müssen Filme auch ihr Publikum finden, aber gerade da helfen auch üppigere Marketingbudgets, damit auch der Nischenfilm zumindest die richtige Nische erreicht. Denn auch solche Filme können dann auch wirtschaftliche Erfolge erzielen. Und die „Gremien-Wirtschaft“ ist leider auch wirklich ein Thema bei den Filmförderungen. Manchmal fragt man sich doch, warum ein bestimmter Stoff überhaupt gemacht wird und findet die Antwort dann im „wer“ anstatt im „was“.
Was für „andere Förderungen“ bräuchte es also noch?
Zum Beispiel umfassendere Konzept-Förderungen – regional und überregional. Schon Pitches und Exposés machen wahnsinnig viel Arbeit, weil Geschichten darin bereits weit entwickelt und in ihren Bögen vorausgedacht werden müssen. Dann aber wieder heruntergebrochen werden sollen auf möglichst knappe, „knackige“ Texte, weil ja auch alle so lesefaul geworden sind. Okay, Produzent*innen und Redakteur*innen müssen tatsächlich viel lesen und bewerten. Was ich aber nicht verstehe: Dass diese so wesentlichen ersten Entwicklungsstufen des Schreibens so oft und ganz selbstverständlich nicht bezahlt werden und es dafür auch kaum Fördermöglichkeiten gibt. Ideen haben sozusagen gar keinen Wert in unserer Branche. Man klaut sie, verbiegt sie, fordert sie umfangreich ein, aber will erstmal lange nichts dafür bezahlen.
Da können wir uns noch einiges abgucken an Wertschätzung für Autor*innen und andere kreative Geister. Zum Beispiel in der Werbung; oder in der Wissenschaft, wo man „Patente“ anmelden kann. Man müsste uns Autor*innen deutlich mehr entlasten bei den vielen Projekten, die wir parallel in Vorleistung anschubsen müssen, und sie besser und früher honorieren. Nicht erst, wenn ein Film oder eine Serie finanziert und gedreht wird oder eine Redaktion anbeisst, sondern wirklich in dem Moment, wenn Produzent*innen, mit unseren Stoffen hausieren gehen und sie bei Finanzierungspartner*innen anbieten. Sie also die Rechte an einem Stoff beanspruchen. Leider ist das gerade bei kleineren Produktionsfirmen nicht unbedingt selbstverständlich.
Also: Entwicklungsbudgets müssen her. Auch für kleinere Firmen, hier gibt es ein paar wenige Business-Angel-Programme und ähnliches, aber immer noch viel zu wenig im internationalen Vergleich. Wenn wir eine vielfältigere, qualitativ hochwertigere Filmlandschaft haben wollen, müssen wir am Anfang mehr investieren. Und am Anfang stehen die Geschichten und die Ideen.
Sie unterrichten auch schon lange an Filmhochschulen. 2019 haben Sie außerdem das „Feenlab“ gegründet. Ihre private Talentförderung?
Ja, tatsächlich genau das. In der Branche werde ich selber immer noch zum Teil als „Nachwuchs“ betrachtet und behandelt. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist es mein Herzensanliegen, den Nachwuchs zu unterstützen. Das Konzept ist, ehemalige Student*innen nach deren Abschluss weiter in die Branche mitzunehmen: Ein Storylab für Nachwuchsautor*innen, mit denen ich gemeinsam Geschichten ganz unterschiedlicher Genres entwickle. Vor allem Serien. Das „Feenlab“ mache ich ehrenamtlich, ich habe bisher leider noch keinen Fördertopf dafür entdeckt. Aber das hält uns nicht auf, wir sind schon in der siebten Entwicklung in verschiedenen Konstellationen, und da habe ich sie auch wieder entdeckt: die leuchtenden Augen!
Solange ich also in der privilegierten Situation bin, anderen kreativ etwas mitgeben zu können und selbst zum Weitermachen inspiriert zu werden, bin ich schon ziemlich glücklich. Und wenn ich in Zukunft auch wieder selber mehr als Regisseurin drehen darf, dann bin ich noch glücklicher!
Wie würden Sie sich denn als Regisseurin selber pitchen?
Das ist eine schöne Frage. Es ist ja immer am schwierigsten, sich selbst zu „vermarkten“ … Ich bin auf jeden Fall eine leidenschaftliche Kämpferin. Für Gerechtigkeit und Qualität. Menschliche Aspekte sind mir sehr wichtig. Bei Filmprojekten verbringt man ja sehr viel Zeit miteinander und wird für einige Monate zu einer Rund-um-die-Uhr-Familie. Man kann sich auf mich verlassen, ich passe auf die Menschen in meinem Team gut auf. Ich kann andere anstecken, mitreißen, inspirieren, begeistern. Ich bin detailverliebt, denn das macht das magische Medium Film auch sehr aus, finde ich. Dazu gehören intensive Sitzungen mit Bildgestalter*in, Kostümbildner*in, Szenenbildner*in und den Postproduktions-Gewerken in der Vor- und Nachbereitung. Da habe ich sehr viele Ideen und fordere die auch von anderen ein. Ich kann vermitteln, was mir wichtig ist, und stelle diese Vision auch in einen nachvollziehbaren Produktions-Kontext. Ich kann aber auch pragmatische Entscheidungen treffen und Kalkulationen verstehen. Bin also kein Produktionsleiter-Alptraum.
Und ich bin total offen für ordentliche „Brot-und-Butter-Projekte“ – also bestehende und bewährte Formate oder deren Ableger. Auch wenn ich einige eigene Stoffe in der Pipeline habe, die mich künstlerisch stark repräsentieren und Ausflüge in das Horror-, Abenteuer- und Thriller-Genre wagen, weil mich all das auch als Zuschauerin am meisten interessiert, so bin ich doch gleichzeitig auch mehr als bereit, mich als als Regisseurin auf bestehende funktionierende Formate einzulassen. Zum Beispiel Krimi-Serien. Ja, ich würde wahnsinnig gerne mal eine Krimi-Serie inszenieren. Und ich weiß, dass ich das kann.
Wie denkt denn die Autorin und Fotografin als Regisseurin: in Bildern oder Worten?
Hmm. Meine ausgeprägte Fähigkeit, visuell zu denken, inspiriert mich auf jeden Fall berufsübergreifend. Seit ich auch als Fotografin arbeite, wurde ich zum Beispiel viel schneller und entschlossener beim „Auflösen“ im Filmbereich. Auch die Dokus haben mir dabei geholfen. Man musste in kurzer Zeit „on the fly“ entscheiden, welche Bilder man wirklich für den Schnitt braucht, und die dann sehen und drehen. Die Vorbereitungszeit wie beim Spielfilm hatte man bei den Fernsehdokus einfach nicht. In der Fotografie ist es genauso. Es schult sozusagen die Sinne.
An sich trenne ich aber meine verschiedenen Berufsfelder. Drehbuch ist wieder ein ganz anderes Handwerk, in dem ich Handlung, Stimmung und so weiter kompakt präsentieren muss. Aber es sind auch wieder Bilder, die natürlich aus den Worten beim Leser entstehen sollen. Also hängt doch alles irgendwie zusammen, und natürlich beeinflussen mich sicher auch meine verschiedenen Tätigkeiten und Erfahrungen in meiner Regiearbeit. Weil ich mich einfach immer weiter intensiv mit Film und Medien beschäftigt habe, sie von verschiedenen Seiten kennenlernen konnte und auch durch das unterrichten an Filmhochschulen immer drangeblieben bin. Auch wenn ich alle meine Berufsfelder mit Leidenschaft ausübe, wird die Spielfilm-Regie immer mein Herzensberuf bleiben.
Tolles und erfreulich offenes und ehrliches Interview! Dass man in dieser Branche großes Durchhaltevermögen und scheinbar endlose Energiereserven braucht, dürfte niemanden überraschen. Umso mehr beeindruckt es, dass Frau Darschin trotz der Widrigkeiten noch mit solcher Freude am Werk ist! Denn darin zeigt sich echte Leidenschaft für das Medium und ich bin mir sicher, so etwas ist auch auch im den Filmen spürbar und hebt sie für die Zuschauer vom uninspirierten Einheitsbrei ab. Gerne mehr davon! In dem Sinne viel Erfolg für alle kleineren und größeren zukünftigen Projekt!
Die Antworten von Kollegin Darschin kommen so richtig von Herzen hab ich das Gefühl! Ich mag so ehrliche Menschen, davon gibt´s zu wenige in unserer Branche. Alle sind immer so vorsichtig und haben Angst, dass sie gleich auf irgendwelchen schwarzen Listen stehen, wenn sie mal was kritisieren. Insofern: Respekt! Ich würde gerne mit Frau Darschin hinter der Kamera zusammen arbeiten
Hier erzählt eine, die – trotz der unvermeidlichen Durststrecken – ihren Idealismus nicht verloren hat, nach dem Motto: Wenn ich gerade keinen Regieauftrag habe, entwickle ich eben selbst Film- und Serienstoffe – allein oder mit anderen. Das klingt nach einer guten Überlebensstrategie. Vielleicht ist auch ein bisschen Trotz dabei. Oder um es mit den Worten von John Ford zu sagen: „Man wechselt nicht das Thema, sondern höchstens das Pferd!“
Unsere Filmbranche lobt sich ja nur allzu gerne selbst – mit Preisen, Festivals und Fördertöpfen. Hier berichtet in ihren Interview Antworten mal jemand über die andere Seite, den steinigen Weg im Hintergrund. Und über den Mut, nicht aufzugeben. Diese Offenheit sollte belohnt werden! Und erreicht hoffentlich die richtigen. Ich als Produzentin werde jedenfalls zu dieser Regisseurin Kontakt aufnehmen
Ein wirklich tolles Interview!
Es ist wirklich frustrierend, wie das aktuelle Filmförderungsgesetz die kreative Filmkunst in Deutschland behindert. Es kann nicht sein, dass Mainstream-Filme mit großen Namen ständig Vorrang erhalten, während mutige, künstlerisch wertvolle Projekte am Rande stehen und um Krümel kämpfen. Wir brauchen dringend eine vielfältigere Filmlandschaft.
Vielen Dank fürs Ansprechen!
Danke für das ehrliche und lehrreiche Interview!
Besonders die Tipps, dass man auch beim Karrierestart aufpassen muss, welchen Filmprojekten man sich annimmt, um im Nachhinein nicht darauf festgenagelt zu werden, haben mir gefallen. Es ist sicher nicht einfach, direkt nach der Uni zu Projekten nein zu sagen. Wie Felicitas es beschreibt, ist es aber wohl besser, anfangs lieber länger auf Chancen zu warten, damit man diese Projekte in seiner Vita hat und somit anderen Leuten der Branche zeigen kann, was in einem steckt. Dass man abgestempelt wird, wenn man erst Mal „kleinere/bodenständigere“ Projekte annimmt und sich hocharbeiten will und das dann nicht so gut klappt, ist sehr schade und ich finde auch, dass das nichts über einen als Regisseur*in aussagen sollte. Denn wie es auch Felicitas beschreibt, wollte sie ja viel machen und viel „üben“, um noch besser zu werden. Das ist eine gute Arbeitsmoral und sollte nicht „bestraft“ werden.
Ich wünsche Felicitas viel Erfolg und hoffe, dass sich noch mehr Gelegenheiten bieten, um außergewöhnliche Stoffe und Genre-Stoffe umzusetzen.
Danke für den tollen Artikel und die spannenden Einblicke!
Ein sehr sympathisches und mutiges Interview!
Ich drücke die Daumen für neue Projekte.
Was für ein toller Artikel! Liebe Fe – du bringst es voll auf den Punkt – und lass dich nicht von all den missgünstigen Kommentaren runterziehen. Alle negativen Kommentare sollten eine Bestätigung sein, dass du voll ins Schwarze getroffen hast!
Sehr erhellende Eindrücke darüber, wie selbst engagierte HFF Absolvent*innen von der Branche an den Rand gedrängt werden, wenn sie nicht gerade geborene Arschkriecher sind. Danke für das ehrliche Interview!
Ein sehr interessantes und spannendes Interview. Licht und Schatten wurden hier konstruktiv und sachlich zur Sprache gebracht!
Es war inhaltlich sehr informativ und sollte für die Branche Wegweisend sein!
Hier geht es ja um Licht und Schatten in der Branche. Umso wichtiger, dass Leute ehrlich berichten. Wenn für Frauen in der Branche endlich ein wenig Licht zu sehen ist, ist das großartig und hat einen Grund! Also ein riesiges Dankeschön an alle Vorkämpfer*Innen und Wegbereiter*Innen! Dennoch geht es immer noch zu wenig um Inhalte und Fähigkeiten. Vorleistungen von Filmemachern sind ein eigens spannendes Thema. Danke für die Anregung, da würde ich mich über einen eigenen Artikel freuen. Inkognito Bashing ist einfach nur peinlich. Ich bin gespannt auf Euer eigenes ehrliches Interview, liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren!
Mutiges Interview! Klasse! Zu den Kommentatoren hier: Meine Güte, ist ja klar, dass die ersten Kommentare wieder von so plump negativen Mecker-Leuten kommen, die keine eigenen echten Argumente auf den Punkt bringen können. Wie schade! Aber klar, wer aneckt, wird sofort angegriffen. Ich bewundere den Mut für die offenen Worte meiner Kollegin. Chapeau! Und nein, ich werde mich hier nicht in einen für die heutige Zeit so krankhaft typischen Kommentar Bashing Diskurs verwickeln lassen…. Jeder, der die tiefe Ehrlichkeit dieser Frau als KI abkanzelt, ist wahrscheinlich selber eine. Oder hat eben einfach keinerlei Erfahrung mit echter Wahrhaftigkeit. Fräulein Hannah wiederum scheint genau zu wissen, wie die Filmwelt funktioniert und dass eine gute Ausbildung reicht. Na dann, viel Glück und Verstand allen hier! Ich habe schon lange nicht mehr so ein tolles Interview gelesen. Danke auch an Herrn Hartig und Crew United, dass sie auch schwierige Themen – und mutige Menschen anpacken und ihnen eine Plattform geben. Weiter so!
„Wie würden Sie sich denn als Regisseurin selber pitchen?
Das ist eine schöne Frage. Es ist ja immer am schwierigsten, sich selbst zu „vermarkten“ … Ich bin auf jeden Fall eine leidenschaftliche Kämpferin. Für Gerechtigkeit und Qualität. Menschliche Aspekte sind mir sehr wichtig. Bei Filmprojekten verbringt man ja sehr viel Zeit miteinander und wird für einige Monate zu einer Rund-um-die-Uhr-Familie. Man kann sich auf mich verlassen, ich passe auf die Menschen in meinem Team gut auf. Ich kann andere anstecken, mitreißen, inspirieren, begeistern. Ich bin detailverliebt, denn das macht das magische Medium Film auch sehr aus, finde ich.“
Das hätte von einer Ai kommen können, mehr 0815 geht nicht. Der Artikel soll eigentlich das Problem, dass vor allem junge aufstrebende Filmemacher noch viel zu viel Hürden zu überwinden haben, darstellen, doch Kollegin Darschin schadet der ganzen Aussage. Ich sehe absolut kein Problem bei der Filmförderanstalt, nur weil sie immer noch Probleme hat, dass ihre Filme finanziert werden. Am Ende sind das Bürgergelder und damit sollten nur Stimmen gefördert werden, die sich nicht so binarisch anhören wie Kollegin Darschin – sie hatte mehr als eine Chance, um zu zeigen, was sie drauf hat.
So peinlich. Das man sich als frau wieder hier in die Opferrolle stellen muss. Das ist nicht für alles die Lösung. Diese Frau hatte eine der besten Filmausbildungen Deutschlands, konnte mindestens 4 Jahre lang for free unzählige Filme machen und die Technik der Schule nutzen und konnte schon 3 Spielfilme umsetzten und heult rum…. Keiner hält sie davon ab ein „Proof of Concept“ Kurzfilm zu machen, den sie nutzt um ihren Spielfilm/Serienpiloten zu pitchen. Ja die Förderung ist leider kacke aber der Grund das so Talentlose Regisseure keine Projekte bekommen ist das wenigste übel