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Wer früher nachfragt, wird später nicht böse überrascht. Die App „Call it!“ misst die Stimmung am Set – anonym, einfach und tagesaktuell. Bei der btf (bildundtonfabrik) soll das zum Standard werden, erklären Sara Heidelbach (links) und Sarah Van Hoit. | Fotos © Jule Everts | José Puister

In Großbritannien startete „Call It!“ schon 2021 (cinearte 543). Die App soll für gute Arbeitsbedingungen sorgen: Mit einem simplen Ampelsystem bewerten die Nutzer*innen regelmäßig anonym ihren Arbeitstag – etwaige Probleme sollen so früh erkannt werden. Nun liegt die App in zwölf Sprachen vor. Als deutscher Partner ist die btf (bildundtonfabrik) (btf) dabei. Über die ersten Erfahrungen berichten Sara Heidelbach (Herstellungsleitung Fiktion) und Sarah Van Hoit (Human Resources).

Wie sieht Ihre Kooperation aus?
Sarah Van Holt:
Wir unterstützen Kate Wilson und ihre Kolleg*innen bei „Call It!“ in erster Linie mit ganz praktischen Dingen, wie Übersetzung der App ins Deutsche, aber vor allem auch dem Bereitstellen von Informationen zu deutschen Beratungsstellen und Hilfsangeboten. „Call It!“ sollte unserer Meinung nach von möglichst vielen Produzent*innen genutzt werden.

Warum nutzen Sie die App?
Sara Heidelbach:
Bei btf (bildundtonfabrik) haben wir schon seit Jahren eine Vertrauensstelle, an die sich Kolleg*innen mit ganz unterschiedlichen Anliegen jederzeit wenden können, und natürlich auch Angebote wie Themis oder Anlaufstellen von unseren Auftraggebenden. Wir sehen „Call It!“ als wertvolle Unterstützung, unseren Kolleg*innen zusätzlich einen unkomplizierten Weg anzubieten, Erfahrungen, Sorgen und Bedenken zu teilen. Hier kann man täglich völlig anonym auf die Frage „Wie wurdest du heute bei der Arbeit behandelt?“ antworten. Damit können wir als Teamleiter*innen in Echtzeit Stimmungsbilder verfolgen und darauf reagieren und gegensteuern. Zudem kann „Call It!“ bei einer Rückschau auf das Projekt helfen, um Wiederholungen zu vermeiden.

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Gegensätzliche Perspektiven und markige Ansagen gab’s auch in Filmen und den anschließenden öffentlichen Pressekonferenzen. Sie mutierten aber mitunter zu inspirierenden Filmgesprächen. Szenenfoto aus „My Favorite Cake“. | Foto © Hamid Janipour

Auf der Berlinale wurden übrigens auch Filme gezeigt. Als vielfältig, unabhängig und risikobereit wurde das Programm angekündigt. Das sei auch gelungen, findet unsere Autorin. Dabei konnte sie nicht mal alles im Wettbewerb sehen. 

Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin gehen mit einer heftigen Unstimmigkeit zu Ende. Die auf der Abschlussveranstaltung geäußerten Meinungen einzelner Preisträger*innen zum Nahostkonflikt und die Reaktion von Teilen des Publikums darauf werden von einigen als antisemitisch wahrgenommen. Eine kulturelle Großveranstaltung, die nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, also dem 7. Oktober 2023, in Deutschland stattfindet, sollte mit einer solchen Herausforderung rechnen. Die Frankfurter Buchmesse hatte es im Oktober 2023 vorgemacht. Eine Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek löste zum Auftakt der Buchmesse eine scharfe Diskussion aus. In Frankfurt gelang es den Verantwortlichen und dem Publikum, die mitunter als Zumutung empfundenen Einlassungen auszuhalten. Möge es auch in Berlin gelingen.

Denn wie jedes Jahr öffnete die Berlinale 2024 auch wieder weite Horizonte. Das Programm wurde als vielfältig, unabhängig und risikobereit angekündigt. Und so ist es schließlich auch. Die Vielfalt der gezeigten Filme beweist, dass es geht: Verschiedene Perspektiven dürfen nebeneinander stehen und auch in den Dialog treten. Monologe, bisweilen auch markige Ansagen gab es auf den Pressekonferenzen. Sie mutierten aber mitunter zu inspirierenden Filmgesprächen, die – ganz wichtig! – für alle öffentlich zugänglich sind auf Youtube. So erklärte der in Berlin lebende russische Dokumentarist Victor Kossakovsky die großen Zusammenhänge, die wichtig sind fürs Verständnis seines Wettbewerbsbeitrags über Baumaterialien (dazu mehr weiter unten im Text). Dann wurde er dringlich und rief seinen Appell ins Publikum: „Wacht auf! Zement und Zucker ruinieren euer Leben!“ Am Ende gratulierte er den Berliner*innen ausdrücklich zum Erhalt des unbebauten Tempelhofer Feldes. 

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Das Filmfest München meint es offenbar ernst mit der Vielfalt. Bereits zum zweiten Mal lud es zur Tagung. | Foto © Bojan Ritan/Filmfest München

Diversität ist wichtig, da sind sich beim Film viele einig. Doch dazu braucht es auch Geld und Ausbildung. Zum zweiten Mal luden das Münchner Filmfest und die Evangelische Akademie Tutzing zur Tagung. Der Schwerpunkt lag diesmal auf den Filmschulen und der Förderung. 

Über Diversität wird ja viel geredet. Sender, Förderer, Produktionsfirmen melden sich mit Diversitätsbeauftragten und Initiativen, auf zahllosen Panels wird quer durchs Land diskutiert: Wieviel die Bilder und Geschichten in Fernsehen und Kino überhaupt noch mit ihrem Publikum zu  tun haben? Auch das Münchner Filmfest hatte voriges Jahr eingeladen, aber nicht einfach bloß zu einem weiteren Festivalpanel, sondern gleich zu drei Tagen Konferenz mit der Evangelischen Akademie Tutzing am Starnberger See. Um Kreative, Aktivist*innen und Entscheider*innen der Branche zusammenzubringen. „Wir brauchen nicht mehr Worte, sondern konkrete nächste Schritte“, hatten Christoph Gröner und Julia Weigl erklärt, die das Filmfest inzwischen leiten. 

Ende November gab’s Gelegenheit zur Überprüfung: Mit „Inklusion – Vol. 2“ luden Filmfest und Akademie zur Fortsetzung. Als erstes die Bestandsaufnahme: Was hat sich getan in den vergangenen anderthalb Jahren? Ziemlich viel, sollte man doch meinen, nach all den Panels mit aufgeschlossenen Entscheider*innen. Auch das ZDF entfaltet weiter unten in der Mediathek ja schon eine gewisse Art von Vielfalt. Mit der Diversität verhält es sich freilich ein wenig komplexer, erklärt Stacy L. Smith, die schon seit Jahren die Ungleichheiten in Hollywood untersucht, in einer Online-Keynote (hier auf Youtube). Es geht nicht bloß um Sichtbarkeit, sondern um die Perspektive, die die Figur vermittelt, um die Geschichte, die sie mit sich trägt. Wer also schreibt das Drehbuch? Wer entscheidet, ob das Thema das Publikum interessiert? Ob es gefördert werden soll? Nur an wenigen Entscheidungsstellen sitzen Menschen mit eigener Erfahrung. Der Mangel an Vielfalt ist auch ein Problem der Strukturen.

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Dreharbeiten zu „Oppenheimer“. Die Menschen im Bild muss man sich wegdenken – auch die großen Stars machen mit beim Streik ihrer Kolleg*innen in Hollywood. Am Donnerstag verließ der gesamte Cast die Premiere des Films. | Foto © Melinda Sue Gordon/Universal

Seit Wochen streiken die Autor*innen. Jetzt ziehen auch die Schauspieler*innen mit: Nach 63 Jahren erlebt die Traumfabrik wieder einen Doppel-Streik.

Die Verhandlungen mit den großen Filmstudios und Streaming-Diensten in den USA sind gescheitert. Nun streikt auch die Schauspiel-Gewerkschaft Screen Actors Guild (SAG-AFTRA). Ihre Forderungen ähneln denen der Screen Writers Guild, die bereits seit Anfang Mai im Ausstand ist. „Es ist der erste Streik der Schauspielgewerkschaft seit vier Jahrzehnten und der erste Doppel-Streik seit 1960“, rechnet „Die Zeit“ mit Agenturmeldungen vor. Damals erwirkten die beiden Gewerkschaften die Einführung von Krankenversicherungs- und Rentenbeiträgen. Vorsitzender des SAG war Ronald Reagan.

Was der Doppel-Streik heute bedeutet, erklärte in der „New York Times“ ein anonymer Agent, „laut dem der Streik der Autoren 80 Prozent der Produktionen zum Stillstand brachte – der Schauspielstreik würde sie nun vollkommen lahmlegen. […] Von den Autoren kam Lob für die Entscheidung. Scott Moore, der unter anderem an den Drehbüchern von ,Bad Moms’ und ,Hangover’ mitwirkte, sagte: ,Die Leute mögen hübsche Gesichter. Schauspieler sehen besser aus als Drehbuchautoren, und wir bekommen vielleicht mehr Aufmerksamkeit.‘“ 

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Erster Streiktag bei Netflix. Die anderen Gewerkschaften zeigen sich solidarisch mit den Drehbuchautor*innen. | Foto © Eric Kelly/WGA

Hollywood liegt lahm. Seit einem Monat streiken die Drehbuchautor*innen. Denn schon längst ist ein Umbruch im Gange, der an ihre Existenz geht. 

Seit Anfang Mai streiken die Drehbuchautor*innen in Hollywood. Worum es geht, hatte Deutschlandfunk Kultur schon damals detailliert beschrieben. 

„Die Gewerkschaft verlangt, dass sogenannte generative KI, etwa ChatGPT, nicht zur Umschreibung bestehender Werke oder zur Neuerschaffung genutzt werden darf. Doch die Hollywoodbosse haben klargestellt, dass sie nicht bereit sind, über diesen Punkt auch nur zu reden“, schreibt Axel Postinett im „Handelsblatt“. Doch die KI ist auch nur Teil eines Umbruchs, der schon längst im Gange ist und das gesamte Gewerk bedroht:

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Mit Geld allein hat der Deutsche Film keine Zukunft. Es braucht auch Spielraum, damit schräge Ideen schiefgehen können. Und ein anderes Fördersystem, finden die Teilnehmer*innen beim Kongress in Frankfurt. | Foto © Elisa Grehl

Zwischen Berlinale und „Deutschem Filmpreis“ wurde in Frankfurt weiter an der Zukunft des Deutschen Films gearbeitet. Der Kongress schloss mit einer Erfolgsmeldung. Darum soll es in Zukunft regelmäßig weitergehen.

„Die Berlinale ist vorüber. Die Blamage war ziemlich ungeheuerlich, und der große Preis ging konsequenterweise an den falschen Film. Die Bundesfilmpreise sind auch wieder einmal vergeben. Es war eine prachtvolle Veranstaltung“, schrieb Uwe Nettelbeck in der „Zeit“. Und fand die Entscheidung „eine indiskutable Verwendung fiskalischer Gelder. Mit dem deutschen Film geht es vielleicht wirklich aufwärts, aber nicht mit dem erhofften neuen, sondern mit dem alten, mit dem, den wir satt haben, der abgeschmackt ist und fade. […] Wo sind die Rebellen von damals, die von Oberhausen ihren Namen haben? Sie sind heute müde, in alle Winde verstreut und haben sich fast alle, abgefunden. Für manche ist es schon Zeit geworden, sich um ihre Rente zu kümmern. Das Manifest war glühend und blieb ein Stück Papier. […] Eine Filmhochschule haben wir noch immer nicht, aber dafür sicher bald – wenn die Parlamentarier erst aus der Sommerfrische heimkehren – ein Filmhilfsgesetz, das die Etablierten stützt, dem Ehrgeiz Grenzen zieht und für brave Knaben ein Almosen vorsieht. […] Eine Filmhochschule haben wir noch immer nicht, aber daran liegt es nicht allein. Und man kann ein schlechtes Gesetz nicht für alles verantwortlich machen. Daß die trivialsten Filme das meiste Geld bekommen oder einspielen, ist weder neu noch besonders tragisch und auch kaum zu ändern. […] Die Filmförderung liegt im argen, zugegeben, und höheren Orts wird durch bornierte Funktionäre manches verdorben, zum Zuge kommt das Schlechte, und bei den Produzenten liegen noch immer die alten Rezepte auf dem Tisch. Es kommt aber auch keiner mit neuen.“

Nettelbeck schrieb das 1964, und auch Kritik und Publikum kommen in seiner Bestandsaufnahme zum Deutschen Film (West) nicht davon. Inzwischen hat sich vieles geändert: Ein Filmfördergesetz gibt es, Filmhochschulen sogar mehrere, und die Rebellen von Oberhausen hatten sich bald darauf auch noch gezeigt. Und doch klingt vieles 60 Jahre später seltsam bekannt. Man dürfte getrost alle Hoffnung fahren lassen.

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Im Writers’ Room von „Breaking Bad“. „Wer Serien kreiert, tut dies schreibend“, sagt der Deutsche Drehbuchverband. | Foto © AMC

Bei deutschen Serien werden die Credits oft noch unscharf benutzt. Der Drehbuchverband hat jetzt einen „Branchenstandard“ für die Berufsbezeichnungen vorgelegt. 

Der Deutsche Drehbuchverband (DDV) will den Wildwuchs an Funktionen in der Serienproduktion lichten. Dazu legte er heute einen Praxisleitfaden vor, der nichts weniger als „Branchenstandard in Deutschland für Credits und Berufsbezeichnungen“ sein soll. Der Leitfaden wurde im Austausch mit der Writers Guild of America (WGA) und der FSE (Federation of Screenwriters in Europe) erarbeitet, „um deutsche Gepflogenheiten den internationalen Standards anzugleichen und zukunftsfähig zu machen“, erklärt der DDV. Das vorangestellte 10-Punkte-Papier fasst das wesentliche Prinzip zusammen: „Im Zentrum der Serienentwicklung steht der/die schreibende Autor*in, der/die unterschiedliche Funktionen und Aufgaben übernehmen kann. Showrunner, Creator und Headwriter sind dabei Funktionen, die Drehbuchautor*innen vorbehalten bleiben. Wer Serien kreiert, tut dies schreibend.“
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Gruppenbild mit BKM. Die Deutsche Filmakademie hat die Nominierungen für die „Lola“ (rechts) bekanntgegeben. 23 Filme stehen in 17 Kategorien in der Endrunde. | Foto © DFA/Eventpress/Sascha Radke

Die Filmakademie hat die Nominierungen zum „Deutschen Filmpreis“ bekanntgegeben. Natürlich gab’s auch wieder Gründe zu mäkeln.

Im Mai schließt der Reigen der Preisgalas, wenn in Berlin die „Lola“ vergeben wird. Die Deutsche Filmakademie hat vorige Woche ihre Nominierungen für die höchsten Auszeichnungen im Land bekanntgegeben. Da freuen sich nicht nur die meisten Förderer und überbieten sich gegenseitig: 10 Nominierungen meldet die Mediendeutsche Medienförderung (MDM), 14 die Filmstiftung NRW, 21 die Moin im Hamburg, 29 gar das Medienboard in der Hauptstadt. Wobei sich die Förderer den Ruhm bei etlichen Nominierungen teilen.

Insgesamt sind 23 Titel in der Auswahl, freuen kann sich auch ein Film allein: Das Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“, das bekanntlich ohne Förderung entstand und trotzdem sieben „Baftas“ und vier „Oscars“ gewann. In 12 der 17 Kategorien ist der Film von Regisseur Edward Berger für eine „Lola“ nominiert. 

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Ernestine Hipper und Christian M. Goldbeck freuten sich sichtlich über ihre „Oscars“ fürs beste Szenenbild. Noch in drei weiteren Kategorien wurde „Im Westen nichts Neues“ ausgezeichnet – auch als bester internationaler Film. | Screenshot

Vier „Oscars“ für „Im Westen nichts Neues“! Da wird das Filmland gleich ein bisschen mitgefeiert. Dabei kann das gar nichts dafür.

Am Montag gab’s nur ein Thema, denn den Titel haben nicht wir uns ausgedacht, sondern German Films, die Außenhandelsorganisation der deutschen Filmbranche. Weil nämlich endlich mal wieder ein Film aus Deutschland den „Oscar“ für den besten internationalen Film gewonnen hat. Und nicht nur das: Insgesamt vier der neun Nominierungen konnte „Im Westen nichts Neues“ verwandeln! „Dies ist ein Meilenstein in der knapp 100-jährigen Geschichte der ,Oscar’-Zeremonie. Die beeindruckende Anzahl von insgesamt vier ,Oscars’ für den Film ist nicht nur ein Zeichen für die herausragende Qualität deutschen Filmschaffens auf internationalem Parkett, sondern auch Anerkennung und Wertschätzung für ein filmisches Werk, dessen politische Aussage nach wie vor zeitlos ist und nicht an Brisanz verliert“, schreibt Simone Baumann, die Geschäftsführerin von German Films heute in einem Newsletter.

Auch die Kulturstaatsministerin freut sich: Das sei „ein so noch nie dagewesener Rekord für den deutschen Film“ und werde „dem deutschen Film weltweit Beachtung bringen und ihm neue Bedeutung verschaffen“, lässt Claudia Roth gleich per Rund-Mail vermelden. Von der Filmförderungsanstalt gratuliert ihr Vorvorgänger und heutiger Förder-Präsident Bernd Neumann: „Dies ist auch eine große Anerkennung für die Qualität des deutschen Filmschaffens und die Kreativität und Kompetenz der Filmschaffenden in Deutschland.“ In Bayern gratuliert Judith Gerlach, die eigentlich das Staatsministerium für Digitales leitet, sich zur Feier aber eigens als „Bayerns Digital- und Filmministerin“ bezeichnen lässt. Das sei nämlich auch „ein großartiger Erfolg auch für den Filmstandort Deutschland“ und „unterstreicht, dass die deutsche und bayerische Filmbranche auch international ganz vorne dabei ist.“

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„Das ZDF ist Marktführer im deutschen Fernsehen. Also wird ,Der Schwarm’ gemacht wie übliches ZDF-Fernsehen.“ Schauwerte seien aber schon drin, findet „Der Tagesspiegel“. Frank Schätzing (hier bei den Dreharbeiten) gefällt die Adaption seines Bestsellers trotzdem nicht: „Es pilchert, wo es schwärmen müsste“, findet er. | Foto © ZDF/Michael Habermehl

Das Buch war ein Weltbestseller, das ZDF machte eine Serie daraus: Mehr als 40 Millionen Euro hat „Der Schwarm“ gekostet, diese Woche ging er auf Sendung. Die Quote stimmt jedenfalls.

Das Thema trifft den Nerv der Zeit, die Vorlage war ein Weltbestseller – da kann ja nichts schiefgehen. Und außerdem braucht Deutschland eh mehr High-End-Serien mit 2,5 Millionen Euro Förderung. Gestern startete das ZDF seine neue Mini-Serie „Der Schwarm“ nach dem Roman von Frank Schätzing. Vorab war der Öko-Thriller schon in der Mediathek zu sehen. 

Fast zwei Jahrzehnte wartete das 1.000 Seite starke Buch auf seine Verfilmung. Die vergeblichen Anläufe in Hollywood beschreibt René Meyer bei „Heise“. Stattdessen wurde das Werk zur Serie, zur teuersten deutschen bisher: Mehr als 40 Millionen Euro hat sie gekostet, finanziert im europäischen Senderverbund, zu einem Drittel getragen vom ZDF. Zufrieden ist Meyer mit dem Ergebnis nicht: „Biedere und farblose Unterhaltung, kühl und distanziert, mit blassen Charakteren und wenigen Höhepunkten. Wie eine ZDF-Serie aus der Zeit, als der Roman entsteht.“  

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Die Gewinner*innen des „Fair Film Award 2023“ mit Moderatorin in der Kulturbrauerei in Berlin. | Foto © Alena Sternberg

Nach drei Jahren Corona-Pause stieg endlich wieder der Crew Call zur Berlinale. Wichtiger noch: Auch der „Fair Film Award Fiction“ wurde wieder live vergeben. Und von der BKM kam eine Ankündigung, die Hoffnung macht.  

Während die Schutzpatronin des Deutschen Films vormittags die Produzent*innen aufbaut und abends Deutschlands größtes Festival eröffnet,  steigt in der Kulturbrauerei die coolere Party. Nach drei Jahren Zwangspause ins der Pandemie lud Crew United endlich wieder zum Crew Call nach Berlin. Wichtiger noch: Vorab wurde auch der „Fair Film Award Fiction“ wieder live vergeben, moderiert von Sonia Hausséguy. Beim Gala-Dinner wurden die vorbildlichsten Film- und Serienproduktionen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Die Übersicht mit allen bewerteten Produktionen gibt es hier. 

Am Vormittag hatte die Kulturstaatsministerin beim „Produzententag“ skizziert, wie sie sich ein neues, besseres Filmfördergesetz vorstellt. Abends beim „Fair Film Award“, erklärten  Benesch und Judith Frahm, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft. Mit neuen Programmen und Förderungen allein sei es nicht getan, sagten sie in ihrer Keynote zur Preisverleihung. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“.

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Kulturstaatsministerin Claudia Roth (links) und MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen beim „Deutschen Produzententag 2023“. | Foto © Filmstiftung NRW/Severin Wohlleben

Die BKM hat eine filmpolitische Grundsatzrede gehalten. Das war Zeit, denn Claudia Roth ist seit mehr als einem Jahr im Amt, und das neue Filmförderungsgesetz wird dringlich erwartet. Die große Reform soll es werden, die dem Deutschen Film zu neuem Schwung verhilft.

Auf dem „Deutschen Produzententag“ stellte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien am Donnerstag voriger Woche acht Eckpunkte für eine Reform der Filmförderung vor. Als Beispiel, was möglich sein sollte, nahm Claudia Roth den aktuellen deutschen Vorzeigeerfolg: Der  nämlich „konfrontiert uns mit der Frage, warum unser gut ausgestattetes deutsches Fördersystem selten vergleichbare Erfolge erzielt. Denn, wie wir alle wissen: ,Im Westen nichts Neues’ ist eine Netflix-Produktion“, sagte Roth auf dem „Deutschen Produzententag“. Ihr Fazit: „Ziel einer Reform der Filmförderung kann deshalb nur sein, sie effizienter, sie schneller und ganzheitlicher zu machen.“   

„Ganzheitlich“ ist ein großes Wort. Erst recht, wenn dabei ein Teil der Filmlandschaft ignoriert wird, der schon seit Jahren rapide wächst: Festivals sind längst zu einer eigenen wichtigen Auswertungs- und Werbeschiene geworden und haben offenbar auch keine Probleme, ihr Publikum zu finden. In den Eckpunkten der BKM werden sie nicht mal erwähnt – was allerdings auch keine Neuigkeit ist. Obwohl es doch, sechstens, darum gehe, „auch die Sichtbarkeit deutscher Filme zu erhöhen.“ Und wo doch die BKM ihre Ankündigung selbst nicht ohne Grund vor der Kulisse ihrer Berlinale machte. 

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Festivals und Kinos sind natürliche Verbündete, meinen Tanja C. Krainhöfer und Joachim Kurz. Es brauche Strukturen, damit beide enger zusammenarbeiten können. | Foto © Kenneth Hujer

Die Kinos suchen ihr Publikum, die Festivals hingegen können nicht klagen. Selbst in Zeiten von Pandemie und Lockdown sind neue hinzugekommen. Tanja C. Krainhöfer und Joachim Kurz untersuchten in einem Sammelband*, wie die Festivals die Krisen meisterten – und welche Chancen und Perspektiven sie für die Filmkunst zeigen.

[*Tanja C. Krainhöfer und Joachim Kurz (Hg.): „Filmfestivals – Krisen, Chancen, Perspektiven“. Edition Text + Kritik, 2022. Mehr zum Thema gibt’s auf der Website zum Buch, die weiter ausgebaut werden soll.]

Über das beeindruckende Wachstum, den anhaltenden Wandel der Festivallandschaft und welche Funktionen Filmfestivals heute übernehmen, darüber hatten wir bereits vor drei Jahren gesprochen. Dann kam Corona. Die Kinos mussten schließen, die Festivals standen zunächst vor ähnlichen Problemen, fanden dann schnell alternative Wege. Aber ist ein Festival ohne Kino überhaupt vorstellbar?
Tanja C. Krainhöfer:
Zweifelsohne ist das Kino ein natürliches Habitat eines Filmfestivals, aber wenn kein Kino zur Verfügung steht, bedienen sich Festivals anderer Orte, um stattfinden zu können und so ihre Anliegen oder ihren Zweck zu erfüllen. Dies wurde während der Pandemie mehr als deutlich: kein Hinterhof war zu klein, kein Parkdeck zu hoch, keine Industriehalle zu abwegig und selbst die Herausforderungen, virtuelle Räume zu beziehen, wurden selten gescheut. Was jedoch wesentlicher ist, ist die Haltung, die der Festivalsektor in der Pandemie bewiesen hat. Es ging darum Zugänge zur Filmkultur zu schaffen. Die damit verbundenen Bestrebungen haben sich bis heute noch weiter ausdifferenziert und mit Sicherheit werden sich noch weitere Optionen erschließen – onsite wie online.
Joachim Kurz: Andererseits muss man schon feststellen, dass ein Kinoraum für ein Festival der Idealzustand ist und nach Möglichkeit – sofern vorhanden – genutzt werden sollte. Weil es nur im Kino optimale Bedingungen zur Projektion eines Films gibt. Es wäre definitiv sehr wünschenswert, dass Filmfestivals in ländlichen Räumen ohne Kino die Gemeinden so sehr begeistern, dass bei ihnen die Idee wächst, dass ein Kino am Ort vielleicht doch keine so schlechte Idee wäre – und zwar nicht nur als Kultur-, sondern auch als Begegnungsort.

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Seit Jahrzehnten ringt die Branche um bessere Arbeitsbedingungen. Meist vergeblich, weil’s angeblich nicht anders geht. In der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“ kommen sie zu anderen Antworten. Auf dem Podium (von links): Judith Frahm, Fritzie Benesch, Christine Günther, Katja Rivas Pinzon und Oliver Zenglein. | Foto © Oliver Dietze

Wenn wir gute Filme machen wollen, muss auch das Umfeld stimmen. Gute Idee. Beim Max-Ophüls-Festival wurde diskutiert, wie das aussehen sollte. 

Für den deutschsprachigen Filmnachwuchs ist Saarbrücken die erste Adresse: Schon drei Wochen vor der Berlinale präsentiert der Max-Ophüls-Preis „junge Talente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz“. Allein um die Entdeckung geht’s dem Nachwuchs offenbar nicht mehr. Mit Problemen in der Filmkunst hatten sich schon frühere Panels beschäftigt. Doch hier ging’s um Grundsätzliches: um „soziale Nachhaltigkeit und wie wir miteinander arbeiten wollen“. Und das Panel war gut besucht an einem Samstagmorgen um 10. 

Es war bereits die fünfte Veranstaltung in der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“, die Judith Frahm und Fritzie Benesch erst im November an der Filmuniversität Babelsberg gestartet hatten. Der Titel klingt reißerisch, trifft aber nur die Realität. Darauf stimmten die beiden Produktionsstudentinnen mit ein paar Zahlen aus Großbritannien ein („Varieté“ [auf Englisch] berichtete ausführlich): Neun von zehn Menschen, die dort in der Filmbranche arbeiten, hätten Probleme mit mentaler Gesundheit. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Angststörung zu leiden, sei doppelt so hoch wie in der übrigen Bevölkerung, 20 Prozent mehr Menschen seien  im Vergleich zur Gesamtbevölkerung an einer Depression erkrankt. „Das fanden wir ganz schön krass und dachten, wir öffnen mal mit diesen kleinen Zahlen unsere Gespräche.“

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Das Metaverse – für viele „das nächste heiße Ding“. John Canning hat vor 30 Jahren das Buch gelesen, für ihn ist das Konzept ein alter Hut. Aber deshalb nicht weniger interessant – denn die Technik sei inzwischen weiter und die Zukunft längst im Gange. | Foto © MTH Conference

John Canning ist Metaverse-Enthusiast. Der Elektroingenieur und Filmproduzent arbeitet seit über 30 Jahren mit interaktiven und immersiven Medien. Canning ist überzeugt: Filmschaffende sollten dringend die Möglichkeiten des Metaverse erkunden. Warum, erklärt er nächste Woche in seiner Keynote auf der MediaTech Hub Conference 22. Konferenzleiter Peter Effenberg hat vorab mit ihm gesprochen. 

John Canning, wir sprechen heute darüber, warum Filmschaffende das Metaverse erforschen sollten. Vom Metaverse wird zurzeit ja viel geredet, aber es ist auch schwer greifbar. Wie würden Sie das Metaversum definieren?
Ich habe tatsächlich angefangen, es als das „M-Wort“ zu bezeichnen, weil es von so vielen schlechtgeredet wird. Ich persönlich gehöre zu den Menschen, die alt genug sind, um „Snow Crash“ von Neal Stephenson gelesen zu haben, als es veröffentlicht wurde. Deshalb bin ich schon lange mit dem Konzept des Metaverse vertraut, das der Autor Stephenson damals begründet hat. Doch erst jetzt wird es plötzlich populär als „das nächste große Ding“.
Ich finde, es ist wichtig, darüber nachzudenken, wofür die Menschen das Metaverse nutzen wollen: Wohin gehen wir als nächstes? Es ist wichtig zu verstehen, dass wir nicht nächste Woche oder nächstes Jahr etwas auf den Markt bringen werden, das „das Metaverse“ heißt. Sondern es ist die Weiterentwicklung, die Evolution dessen, was wir bisher gemacht haben.

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