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Mit Geld allein hat der Deutsche Film keine Zukunft. Es braucht auch Spielraum, damit schräge Ideen schiefgehen können. Und ein anderes Fördersystem, finden die Teilnehmer*innen beim Kongress in Frankfurt. | Foto © Elisa Grehl

Zwischen Berlinale und „Deutschem Filmpreis“ wurde in Frankfurt weiter an der Zukunft des Deutschen Films gearbeitet. Der Kongress schloss mit einer Erfolgsmeldung. Darum soll es in Zukunft regelmäßig weitergehen.

„Die Berlinale ist vorüber. Die Blamage war ziemlich ungeheuerlich, und der große Preis ging konsequenterweise an den falschen Film. Die Bundesfilmpreise sind auch wieder einmal vergeben. Es war eine prachtvolle Veranstaltung“, schrieb Uwe Nettelbeck in der „Zeit“. Und fand die Entscheidung „eine indiskutable Verwendung fiskalischer Gelder. Mit dem deutschen Film geht es vielleicht wirklich aufwärts, aber nicht mit dem erhofften neuen, sondern mit dem alten, mit dem, den wir satt haben, der abgeschmackt ist und fade. […] Wo sind die Rebellen von damals, die von Oberhausen ihren Namen haben? Sie sind heute müde, in alle Winde verstreut und haben sich fast alle, abgefunden. Für manche ist es schon Zeit geworden, sich um ihre Rente zu kümmern. Das Manifest war glühend und blieb ein Stück Papier. […] Eine Filmhochschule haben wir noch immer nicht, aber dafür sicher bald – wenn die Parlamentarier erst aus der Sommerfrische heimkehren – ein Filmhilfsgesetz, das die Etablierten stützt, dem Ehrgeiz Grenzen zieht und für brave Knaben ein Almosen vorsieht. […] Eine Filmhochschule haben wir noch immer nicht, aber daran liegt es nicht allein. Und man kann ein schlechtes Gesetz nicht für alles verantwortlich machen. Daß die trivialsten Filme das meiste Geld bekommen oder einspielen, ist weder neu noch besonders tragisch und auch kaum zu ändern. […] Die Filmförderung liegt im argen, zugegeben, und höheren Orts wird durch bornierte Funktionäre manches verdorben, zum Zuge kommt das Schlechte, und bei den Produzenten liegen noch immer die alten Rezepte auf dem Tisch. Es kommt aber auch keiner mit neuen.“

Nettelbeck schrieb das 1964, und auch Kritik und Publikum kommen in seiner Bestandsaufnahme zum Deutschen Film (West) nicht davon. Inzwischen hat sich vieles geändert: Ein Filmfördergesetz gibt es, Filmhochschulen sogar mehrere, und die Rebellen von Oberhausen hatten sich bald darauf auch noch gezeigt. Und doch klingt vieles 60 Jahre später seltsam bekannt. Man dürfte getrost alle Hoffnung fahren lassen.

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Der „Spiegel“ sieht sich weiter um hinter den Filmkulissen. Die Branche reagiert wie üblich. Szenenfoto aus „Manta Manta – Zwoter Teil.“ | Foto © Constantin/Bernd Spauke

Nicht alles läuft gut an deutschen Filmsets, das räumt die Branche selbst ein. Und weiß auch warum: Schuld sind immer die anderen. Neu ist das alles nicht, könnte aber noch spannend werden.

Wie verbreitet ist übergriffiges Verhalten im Filmgeschäft? Der „Spiegel“ hatte vorige Woche über mutmaßliche Schikanen am Set von Til Schweiger berichtet (hier der Überblick). Gleich acht Autor*innen fragten zum Wochenende im „Spiegel“ [Bezahlschranke], „inwiefern die mutmaßlichen Übergriffe des Erfolgsregisseurs nur ein Beispiel für ein insgesamt unfaires oder gar toxisches System sind. Schweigers angebliche Ausfälle sollen unter Alkoholeinfluss passiert und von einem Mann gekommen sein, der sich möglicherweise in einer privaten Krise befunden hat. Viele sahen am Set von ,Manta Manta – Zwoter Teil’ aber offenbar einfach zu und taten nichts. Wie vergiftet von Gebrüll, Mobbing und sogar körperlichen Attacken ist der Arbeitsalltag bei Film- und Fernsehproduktionen? Im Filmgeschäft sind viele Menschen in zeitlich befristeten und oft prekären Beschäftigungsverhältnissen engagiert – und offensichtlich ist es auch nach Jahren der Debatte über Machtmissbrauch in der Arbeitswelt nicht ungewöhnlich, dass am Set gepöbelt und im Extremfall sogar geprügelt wird, weil keiner es verhindert.“

Die Fragestellung macht klar, welchen Verdacht das „Spiegel“-Team hegt. Die Antwort der Regisseurin Doris Dörrie deutet zwar eher auf einen Systemfehler hin, doch für sie gibt es „einen Hauptschuldigen in dieser Sache: die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten“. Damit spreche sie „einen zentralen Punkt an: Die meisten Kinofilme in Deutschland sind auf eine Filmförderung angewiesen, von der FFA, der Filmförderungsanstalt, oder von den Landesanstalten. Eine Förderung gibt es aber in der Regel nur mit der Zusage eines Teilbeitrags durch eine Fernsehanstalt. Die mit Rundfunkbeiträgen finanzierten Sender sparen jedoch. Deshalb ist es zuletzt schwieriger geworden, eine Förderung zu bekommen und Filme zu produzieren.“ Der „Spiegel“ merkt an, dass Dörrie „die Partnerin des Constantin-Chefs und Schweiger-Produzenten“ ist. Angemerkt sei außerdem, dass „Manta Manta – Zwoter Teil“ ein Kinofilm ist und mit mehr als vier Millionen Euro gefördert wurde. Eine Senderbeteiligung ist nicht bekannt.  

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Preisgala bei den „First Steps Awards“ im „Theater des Westens“ in Berlin. Festivals und Preise gibt es reihenweise für den Nachwuchs in Deutschland. Doch nach dem Abschluss wird die Luft plötzlich dünn für die neuen Talente. | Foto © Florian Liedl/First Steps

Wenn die Branche wirklich bessere Filme will, sollte sie den Nachwuchs vielleicht einfach mal machen lassen. In einem Appell redet der junge deutsche Film ungewohnten Klartext.

Der Deutsche Film tut sich zurzeit bekanntlich etwas schwer. Am sogenannten Nachwuchs sollte es jedenfalls nicht liegen. Der räumt bei den „Hochschul-Oscars“ regelmäßig ab und punktet auch immer wieder auf Festivals. Beste Voraussetzungen also für eine Branche, die gerne Größeres vorhätte, aber sich doch nicht traut: „Entstand der erste Lang?lm nicht im Rahmen des Studiums, vergingen nach dem Abschluss Im Durchschnitt fünf Jahre bis zur Realisierung“, stellte der Produzentenverband in seiner Nachwuchsstudie 2021 fest. 

Jetzt reden die jungen Talente (zum Teil schon weit über 30) selbst. Und das in ungewohntem Klartext. Im Rahmen des Kongresses Zukunft Deutscher Film (mehr zum Kongress in der nächsten Ausgabe) stellten die Regisseurinnen Eileen Byrne und Pauline Roenneberg am Mittwoch den Appell „Angst essen Kino auf“ vor. „Junger deutscher Film 2023“ nennt sich die Initiative; bis heute haben 434 Filmschaffende aus allen Gewerken unterzeichnet, weitere 357 haben sich solidarisch erklärt, darunter auch viele prominente Namen. Weiterlesen

Fernsehen für Alle: „Fahrenheit 451“. | Foto © Universal

Ein „Zukunftsrat“ soll an einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks arbeiten. Kreative sind nicht dabei. Mehrere Organisationen reagierten gemeinsam: In einem Offenen Brief fordern sie eine breitere Debatte, an der alle mitwirken. 

Einen „Zukunftsrat“ hat die Rund­funk­kommission der Länder am 8. März ins Leben gerufen. Acht Expert*innen sollen bis zum Herbst Empfehlungen für die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seine Nutzung und Akzeptanz erarbeiten: Drei Medienmanager*innen und fünf Professor*innen (drei davon für Jura) sollen den Weg in die Zukunft weisen.

Das stößt auf Widerspruch, berichtete „Menschen machen Medien“ vorige Woche. Die die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse (Agra) werte es als eine „verpasste Chance und einen großen Fehler“, dass niemand aus dem „Maschinenraum“ der Anstalten dabei sei.

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In der Fernseh-Fiktion kommen Frauen ab 47 kaum mehr vor. Und falls doch, sind die Drehbücher erstaunlich einfallslos. In Wirklichkeit gibt es viel buntere Geschichten zu erzählen, findet die Schauspielerin Esther Esche (2. von links). Szenenfoto aus „Katie Fforde: Ein Haus am Meer“ (2020). | Foto © ZDF/Rick Friedman

Bei der Chancengleichheit klemmt’s auch vor der Kamera. Erst recht, wenn Frau in die Jahre kommt. Kuschen, kochen, kümmern – mehr fällt Film und Fernsehen nicht ein zur Zielgruppe weiblich ab 47. Dabei ist das ein Viertel der Menschen im Land und macht ganz andere Sachen. Eine Initiative ruft deshalb auf: „Let’s change the Picture“!

Die Schauspielerin Esther Esche ist über 50 und bekommt oft Rollen angeboten, „die ihrer Meinung nach ein negatives Bild von nicht mehr ganz so jungen Frauen zeichnen“. Ziemlich vorsichtig kündigt Caro Korneli da ihr Gespräch mit der Schauspielerin auf Deutschlandfunk Kultur an. Denn was Esche aufzählt, sind Klischees, die selbst vor 50 Jahren nicht mehr jung waren: „Betrogene Anwaltsgattinnen, frustrierte Ehefrauen, Alkoholikerinnen habe ich auch schon gemacht, Witwen, Frauen, die es irgendwie noch auf die Reihe kriegen, wenn der Mann gestorben ist, ihr Dasein zu fristen […]. Häufig sind die Figuren, die ich angeboten bekomme, ,Fleischbeilage’ – er ist der Hauptact, und sie ist die Wasserträgerin.“

Sie staune bei Filmen nur, „warum die Geschichten so rar sind um Frauen jenseits eines bestimmten Alters, jenseits der 50. Und da frage ich mich, gibt es jetzt kein Interesse seitens der Geschichtenerzähler, also der Filmemacher und der Redakteure, oder ist es vielleicht das mangelnde Interesse des Publikums?“

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Frauen erhalten zwar oft schon in den Filmhochschulen mehr Preise, bei den entscheidenden Schritten in die Karriere werden sie trotzdem übersehen, sagt die Regisseurin Esther Gronenborn: „Wird bei Männern meist das Potenzial betrachtet, so werden Frauen eher danach bewertet, was sie in der Vergangenheit bereits gemacht haben.“ | Foto © Birgit Gudjunsdottir

Am Mittwoch war Weltfrauentag, am Dienstag Equal Pay Day. Die Chancengleichheit ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Aber es geht nicht bloß um Geld, sondern um Sichtbarkeit und falsche Bilder.

18 Prozent war die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen im vorigen Jahr in Deutschland. Soviel weniger verdienten Frauen durchschnittlich für die gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation. Anders ausgedrückt: die ersten 66 Tage im neuen Jahr arbeiten sie praktisch umsonst. So rechnet die europaweite Initiative Equal Pay Day die Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern in Arbeitszeit um. In diesem Jahr fiel er wieder auf den 7. März – genau ein Tag vor dem Weltfrauentag.

Aber die Kunst der gleichen Bezahlung ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Die Regisseurin Esther Gronenborn ist Gründungsmitglied von Pro Quote Film. Im Blog erklärt sie nochmal die Lage:

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„Das ZDF ist Marktführer im deutschen Fernsehen. Also wird ,Der Schwarm’ gemacht wie übliches ZDF-Fernsehen.“ Schauwerte seien aber schon drin, findet „Der Tagesspiegel“. Frank Schätzing (hier bei den Dreharbeiten) gefällt die Adaption seines Bestsellers trotzdem nicht: „Es pilchert, wo es schwärmen müsste“, findet er. | Foto © ZDF/Michael Habermehl

Das Buch war ein Weltbestseller, das ZDF machte eine Serie daraus: Mehr als 40 Millionen Euro hat „Der Schwarm“ gekostet, diese Woche ging er auf Sendung. Die Quote stimmt jedenfalls.

Das Thema trifft den Nerv der Zeit, die Vorlage war ein Weltbestseller – da kann ja nichts schiefgehen. Und außerdem braucht Deutschland eh mehr High-End-Serien mit 2,5 Millionen Euro Förderung. Gestern startete das ZDF seine neue Mini-Serie „Der Schwarm“ nach dem Roman von Frank Schätzing. Vorab war der Öko-Thriller schon in der Mediathek zu sehen. 

Fast zwei Jahrzehnte wartete das 1.000 Seite starke Buch auf seine Verfilmung. Die vergeblichen Anläufe in Hollywood beschreibt René Meyer bei „Heise“. Stattdessen wurde das Werk zur Serie, zur teuersten deutschen bisher: Mehr als 40 Millionen Euro hat sie gekostet, finanziert im europäischen Senderverbund, zu einem Drittel getragen vom ZDF. Zufrieden ist Meyer mit dem Ergebnis nicht: „Biedere und farblose Unterhaltung, kühl und distanziert, mit blassen Charakteren und wenigen Höhepunkten. Wie eine ZDF-Serie aus der Zeit, als der Roman entsteht.“  

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Die Gewinner*innen des „Fair Film Award 2023“ mit Moderatorin in der Kulturbrauerei in Berlin. | Foto © Alena Sternberg

Nach drei Jahren Corona-Pause stieg endlich wieder der Crew Call zur Berlinale. Wichtiger noch: Auch der „Fair Film Award Fiction“ wurde wieder live vergeben. Und von der BKM kam eine Ankündigung, die Hoffnung macht.  

Während die Schutzpatronin des Deutschen Films vormittags die Produzent*innen aufbaut und abends Deutschlands größtes Festival eröffnet,  steigt in der Kulturbrauerei die coolere Party. Nach drei Jahren Zwangspause ins der Pandemie lud Crew United endlich wieder zum Crew Call nach Berlin. Wichtiger noch: Vorab wurde auch der „Fair Film Award Fiction“ wieder live vergeben, moderiert von Sonia Hausséguy. Beim Gala-Dinner wurden die vorbildlichsten Film- und Serienproduktionen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Die Übersicht mit allen bewerteten Produktionen gibt es hier. 

Am Vormittag hatte die Kulturstaatsministerin beim „Produzententag“ skizziert, wie sie sich ein neues, besseres Filmfördergesetz vorstellt. Abends beim „Fair Film Award“, erklärten  Benesch und Judith Frahm, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft. Mit neuen Programmen und Förderungen allein sei es nicht getan, sagten sie in ihrer Keynote zur Preisverleihung. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“.

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Die einen gehen, die anderen kommen gar nicht erst. Das zeigt: Etwas läuft ganz gewaltig schief in der Filmbranche – doch die kämpft nur gegen die Symptome, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. | Foto © Alena Sternberg

Die Branche hat ein Personalproblem. Mit neuen Programmen und Förderungen ist es nicht getan, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“. In ihrer Keynote zum „Fair Film Award Fiction“ erklärten sie, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft:

„Als Studentinnen der Filmuniversität Babelsberg und angehende Producerinnen stehen wir kurz davor, in die Branche einzutreten und können es eigentlich kaum erwarten. Endlich die Menschen bezahlen, mit denen wir arbeiten. Endlich auch mal selbst bezahlt werden. Und Filme machen, die auch gesehen werden. Gleichzeitig blicken wir in eine Branche, deren Strukturen so alt und verkrustet sind, dass es fast unmöglich scheint, darin noch gute, innovative, qualitativ hochwertige Filme zu machen. Strukturen, die von starken Hierarchien geprägt sind und von einem teilweise extrem rauen Umgangston; von der Erwartungshaltung, dass die Arbeit beim Film wichtiger ist, als alles andere. In denen Leidenschaft mit absoluter Opferbereitschaft verwechselt wird. Strukturen, denen ein Förder- und Finanzierungssystem zu Grunde liegt, das den Anforderungen der Realität kaum noch gerecht werden kann. Weiterlesen

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (links) und MFG-Geschäftsführer Carl Bergengruen beim „Deutschen Produzententag 2023“. | Foto © Filmstiftung NRW/Severin Wohlleben

Die BKM hat eine filmpolitische Grundsatzrede gehalten. Das war Zeit, denn Claudia Roth ist seit mehr als einem Jahr im Amt, und das neue Filmförderungsgesetz wird dringlich erwartet. Die große Reform soll es werden, die dem Deutschen Film zu neuem Schwung verhilft.

Auf dem „Deutschen Produzententag“ stellte die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien am Donnerstag voriger Woche acht Eckpunkte für eine Reform der Filmförderung vor. Als Beispiel, was möglich sein sollte, nahm Claudia Roth den aktuellen deutschen Vorzeigeerfolg: Der  nämlich „konfrontiert uns mit der Frage, warum unser gut ausgestattetes deutsches Fördersystem selten vergleichbare Erfolge erzielt. Denn, wie wir alle wissen: ,Im Westen nichts Neues’ ist eine Netflix-Produktion“, sagte Roth auf dem „Deutschen Produzententag“. Ihr Fazit: „Ziel einer Reform der Filmförderung kann deshalb nur sein, sie effizienter, sie schneller und ganzheitlicher zu machen.“   

„Ganzheitlich“ ist ein großes Wort. Erst recht, wenn dabei ein Teil der Filmlandschaft ignoriert wird, der schon seit Jahren rapide wächst: Festivals sind längst zu einer eigenen wichtigen Auswertungs- und Werbeschiene geworden und haben offenbar auch keine Probleme, ihr Publikum zu finden. In den Eckpunkten der BKM werden sie nicht mal erwähnt – was allerdings auch keine Neuigkeit ist. Obwohl es doch, sechstens, darum gehe, „auch die Sichtbarkeit deutscher Filme zu erhöhen.“ Und wo doch die BKM ihre Ankündigung selbst nicht ohne Grund vor der Kulisse ihrer Berlinale machte. 

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Seit Jahrzehnten ringt die Branche um bessere Arbeitsbedingungen. Meist vergeblich, weil’s angeblich nicht anders geht. In der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“ kommen sie zu anderen Antworten. Auf dem Podium (von links): Judith Frahm, Fritzie Benesch, Christine Günther, Katja Rivas Pinzon und Oliver Zenglein. | Foto © Oliver Dietze

Wenn wir gute Filme machen wollen, muss auch das Umfeld stimmen. Gute Idee. Beim Max-Ophüls-Festival wurde diskutiert, wie das aussehen sollte. 

Für den deutschsprachigen Filmnachwuchs ist Saarbrücken die erste Adresse: Schon drei Wochen vor der Berlinale präsentiert der Max-Ophüls-Preis „junge Talente aus Deutschland, Österreich und der Schweiz“. Allein um die Entdeckung geht’s dem Nachwuchs offenbar nicht mehr. Mit Problemen in der Filmkunst hatten sich schon frühere Panels beschäftigt. Doch hier ging’s um Grundsätzliches: um „soziale Nachhaltigkeit und wie wir miteinander arbeiten wollen“. Und das Panel war gut besucht an einem Samstagmorgen um 10. 

Es war bereits die fünfte Veranstaltung in der Diskussionsreihe „Ausnahmezustand Film?!“, die Judith Frahm und Fritzie Benesch erst im November an der Filmuniversität Babelsberg gestartet hatten. Der Titel klingt reißerisch, trifft aber nur die Realität. Darauf stimmten die beiden Produktionsstudentinnen mit ein paar Zahlen aus Großbritannien ein („Varieté“ [auf Englisch] berichtete ausführlich): Neun von zehn Menschen, die dort in der Filmbranche arbeiten, hätten Probleme mit mentaler Gesundheit. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Angststörung zu leiden, sei doppelt so hoch wie in der übrigen Bevölkerung, 20 Prozent mehr Menschen seien  im Vergleich zur Gesamtbevölkerung an einer Depression erkrankt. „Das fanden wir ganz schön krass und dachten, wir öffnen mal mit diesen kleinen Zahlen unsere Gespräche.“

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Zum 50. Geburtstag durften Ernie, Bert und Grobi sogar die Tagesthemen besuchen. Viel mehr sind von der Originalbesetzung der „Sesamstraße“ aber auch nicht übrig. | Foto © WDR/Birgit Grigo

Vor 50 Jahren lief im deutschen Fernsehen erstmals die „Sesamstraße“. Nicht nur bei der ARD gibt das Grund zum Feiern. Vom wilden Geist des Originals ist allerdings kaum mehr etwas zu spüren. 

Wir dürfen das neue Jahr mit einer guten Nachricht beginnen: Vor 50 Jahren lief im deutschen Fernsehen erstmals die „Sesamstraße“. Was laut Statistik heißt, dass mehr als zwei Drittel der Menschen im Land mit den bunten Plüschmonstern groß geworden sind. Entsprechend wird das Jubiläum nicht nur im Fernsehen begeistert gefeiert. Beim Kinderkanal mit einer Jubiläumsausgabe, bei den „Tages­themen“ waren Ernie, Bert und Grobi zu Gast, in einer Sonder­sendung durfte das Krümel­monster sogar einen Kommentar sprechen. 

„Die große Kunst der ,Sesamstraße’ ist es, sich und ihren Grundwerten auch nach 2.931 Folgen treu geblieben zu sein – und trotzdem stets mit der Zeit zu gehen“, erklärt bei „DWDL“ den Erfolg. „Der stetige Wandel der ,Sesamstraße’ ist ein ganz hervorragender Beleg dafür, dass Fernsehen immer auch Produkt seiner jeweiligen Zeit sein muss – und eben keine Nostalgie-Maschine, mit der es sich in die Vergangenheit zurückflüchten lässt.“

Schöner hätte es die ARD selbst nicht sagen können. Jedoch: „Bei so viel Enthusiasmus gerät schnell in Vergessenheit, dass in der frühen Ge­schichte der ,Sesamstraße’ nicht alles reibungslos verlief“, schreibt Elisa Schüler in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „War die Kindersendung vom 8. Januar 1973 an zunächst in der synchronisierten amerikanischen Originalfassung zu sehen, bot insbesondere die Darstellung der rauen Straße in New York Anlass zur Diskussion.“

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„Es war ein kleines Märchen“: Bei „Ein Bett für Papa“ wanderte Juls Dekarchuk durch mehrere Stationen. Es war „einer der besten Monate in meinem Leben“, sagt die ukrainische Filmemacherin. | Foto © Juls Dekarchuk

Beim Pilotprojekt „Train to Work“ sollten Filmschaffende aus der Ukraine die Arbeitsweise an den hiesigen Filmsets kennenlernen – und hinterher ihre Erfahrungen schildern. 

Ich bin Juls Dekarchuk, ukrainische Filmemacherin, und ich möchte Sie zu einer kleinen Geschichte über einen der besten Monate in meinem Leben einladen. Ich finde, ein einfaches „Danke“ würde nicht ausreichen, um auszudrücken, wie dankbar ich der Degeto, Pyjama Pictures, dem „Train-to-Work“-Projekt, Crew United, dem EBFP-Filmteam und all den Menschen bin, die ukrainische Filmemacher*innen  unterstützen.  

Mein Weg zum Film begann mit einem Online-Kurs, der alles veränderte und mich dazu brachte, mich ein für alle Mal ins Videomachen zu verlieben. Während ich Werbevideos für soziale Medien drehte, habe ich mich immer gefragt, wie „große Filme“ gemacht werden, aber selbst in meinen kühnsten Träumen konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich bei einem so großartigen Filmprojekt wie „Ein Bett für Papa“ in Deutschland mitmachen würde, und das so schnell.  

Meine Geschichte beginnt also mit einem mutigen Mädchen, einem großartigen Projekt, das von der Degeto unterstützt wird, einem unterstützenden Kurator Denis Glebik, der durch alle Prozesse führt, und einem Videotelefonat mit den Produzenten Ina-Christina Kersten und Sebastian Gleinig, die an dieses Mädchen glauben und ihr die Chance geben, herauszufinden, wozu sie fähig ist.

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In der Ukraine hatte Lena Shramko ihre eigene Werbeproduktion. Bei „Train to Work“ sammelte sie als Kostümbildassistentin bei einer vollbesetzten Serie ganz neue Erfahrungen. | Foto © Lena Shramko

Beim Pilotprojekt „Train to Work“ sollten Filmschaffende aus der Ukraine die Arbeitsweise an den hiesigen Filmsets kennenlernen – und hinterher ihre Erfahrungen schildern. 

Mein Name ist Lena Shramko. Ich bin 42 Jahre alt und komme aus Kyjiw, Ukraine.

In Kyjiw war ich Produzentin und alleinige Eigentümerin der Filmgesellschaft Gulliver Cinema, die sich seit 1998 auf Werbung spezialisiert hat! Wir haben eine unglaubliche Anzahl von Projekten für sehr große und nicht sehr große Kunden gedreht. Ich habe auch eine gewisse Ausbildung als Regisseur, selbst kreative Texte geschrieben und für kleine Kunden gedreht. Unsere Projekte waren ziemlich bekannt, und bis 2010 waren wir Teilnehmer in Cannes bei den „Cannes Lions“, haben unsere Arbeit gezeigt und weitere akquiriert. Wir waren immer an der Spitze der Filmindustrie in der Ukraine. Sie können sich unser Showreel auf Youtube ansehen.

Im Moment ist mein Büro in Kiew nicht in Betrieb, da der Krieg irreparable Schäden verursacht hat: Eine Rakete explodierte in unserem Büro. Gott sei Dank sind meine Mitarbeiter*innen am Leben und helfen unserem Land so gut wie möglich.

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Serafima Chala hat als Garderobiere bei Sabotage Films an „Ostsee für Sturköppe“ mitgewirkt. Als „eine lebenslange Erfahrung“ beschreibt sie die Arbeit im Team.  | Foto © Serafima Chala

Beim Pilotprojekt „Train to Work“ sollten Filmschaffende aus der Ukraine die Arbeitsweise an den hiesigen Filmsets kennenlernen – und hinterher ihre Erfahrungen schildern. 

Seit dem Überfall auf die Ukraine befinden sich auch viele Filmschaffende auf der Flucht. Um ihnen den Einstieg in die deutsche Film- und Fernsehbranche zu ermöglichen, hatte die ARD-Produktionstochter Degeto im Sommer das Pilotprojekt „Train to Work“ gestartet: Bis zu vier Wochen wirkten Ukrainer*innen bei Auftragsproduktionen mit, um die Arbeitsweise an den hiesigen Filmsets kennenzulernen. Die Idee zu „Train to Work“ hatte Nikolai Nikitin von der School of Film Advancement (Sofa). Für die kurzfristige Umsetzung sorgten das Branchennetzwerk Crew United und dessen Hilfsportal Filmmakers for Ukraine. Koordinator und begleitender Ansprechpartner der ukrainische Location Manager Denys Rudenko.

Eine Bitte gab’s an die Teilnehmer*innen: Sie sollten nach Drehschluss ihre Erfahrungen schildern. Unsere Reihe eröffnet Serafima Chala. Sie hat als Garderobiere bei Sabotage Films an „Ostsee für Sturköppe“ mitgearbeitet: 

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