Beiträge

Die Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ ist längst keine Nische für den Nachwuchs mehr. Die Filme greifen aktuelle Brennpunkte auf und zeigen an, welche Themen die nächste Generation beschäftigt. Der Dokumentarfilm „Vergiss Meyn Nicht“ basiert auf dem Originalmaterial eines Filmstudenten, der während einer Räumung im Hambacher Forst starb. | Foto © Made in Germany

Wenn alle nur auf den Wettbewerb starren, zieht hinten vielleicht unbemerkt die Zukunft vorbei. Gerade in der kleinsten Sektion bot sich eine echte „Perspektive Deutsches Kino“.

Längst ist die Sektion Perspektive Deutsches Kino kein Nebenschauplatz, bespickt mit deutschen Nischenproduktionen. Jetzt sollte man auch endlich mal die pauschale und oft maulig dahingeworfene Abwertung der Beiträge als „deutsche Perspektivlosigkeit“ ablegen. Leicht haben es die Filme der Sektion dieses Jahr in Konkurrenz mit den Haupt- und Nebensektionen der Berlinale trotzdem nicht gehabt. Wenn im Hauptwettbewerb des Festivals gleich fünf deutsche Filme antreten, ist es ungleich schwerer, Redaktionen und Publikum für die „Perspektive“ zu begeistern. Auch die Nebensektionen fuhren jede Menge Titel aus Deutschland ein. Das Generation-14plus-Programm öffnete mit „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ von Sonja Heiss, die 2007 mit „Hotel Very Welcome“ Perspektive-Teilnehmerin war. Im Berlinale Special zeigte Robert Schwentke seinen „Seneca“-Film. Auch er hatte von der Perspektive bereits eine Chance bekommen. 2003 liefen seine „Eierdiebe“ im Programm. Es gab noch mehr Titel, die von der Aufmerksamkeit für die kleinste Reihe des Festivals (was die Anzahl der Produktionen betrifft), weglenkten. Davon demnächst an anderer Stelle, in einem anderen Text. Um es noch einmal zu betonen: fünf deutsche Filme liefen im Wettbewerb. Zum Teil alte Bekannte mit Dauerabonnement. Wer neue Namen, neue Talente entdecken wollte, musste also die Sektion wechseln.

Weiterlesen

Ernestine Hipper und Christian M. Goldbeck freuten sich sichtlich über ihre „Oscars“ fürs beste Szenenbild. Noch in drei weiteren Kategorien wurde „Im Westen nichts Neues“ ausgezeichnet – auch als bester internationaler Film. | Screenshot

Vier „Oscars“ für „Im Westen nichts Neues“! Da wird das Filmland gleich ein bisschen mitgefeiert. Dabei kann das gar nichts dafür.

Am Montag gab’s nur ein Thema, denn den Titel haben nicht wir uns ausgedacht, sondern German Films, die Außenhandelsorganisation der deutschen Filmbranche. Weil nämlich endlich mal wieder ein Film aus Deutschland den „Oscar“ für den besten internationalen Film gewonnen hat. Und nicht nur das: Insgesamt vier der neun Nominierungen konnte „Im Westen nichts Neues“ verwandeln! „Dies ist ein Meilenstein in der knapp 100-jährigen Geschichte der ,Oscar’-Zeremonie. Die beeindruckende Anzahl von insgesamt vier ,Oscars’ für den Film ist nicht nur ein Zeichen für die herausragende Qualität deutschen Filmschaffens auf internationalem Parkett, sondern auch Anerkennung und Wertschätzung für ein filmisches Werk, dessen politische Aussage nach wie vor zeitlos ist und nicht an Brisanz verliert“, schreibt Simone Baumann, die Geschäftsführerin von German Films heute in einem Newsletter.

Auch die Kulturstaatsministerin freut sich: Das sei „ein so noch nie dagewesener Rekord für den deutschen Film“ und werde „dem deutschen Film weltweit Beachtung bringen und ihm neue Bedeutung verschaffen“, lässt Claudia Roth gleich per Rund-Mail vermelden. Von der Filmförderungsanstalt gratuliert ihr Vorvorgänger und heutiger Förder-Präsident Bernd Neumann: „Dies ist auch eine große Anerkennung für die Qualität des deutschen Filmschaffens und die Kreativität und Kompetenz der Filmschaffenden in Deutschland.“ In Bayern gratuliert Judith Gerlach, die eigentlich das Staatsministerium für Digitales leitet, sich zur Feier aber eigens als „Bayerns Digital- und Filmministerin“ bezeichnen lässt. Das sei nämlich auch „ein großartiger Erfolg auch für den Filmstandort Deutschland“ und „unterstreicht, dass die deutsche und bayerische Filmbranche auch international ganz vorne dabei ist.“

Weiterlesen

Frauen erhalten zwar oft schon in den Filmhochschulen mehr Preise, bei den entscheidenden Schritten in die Karriere werden sie trotzdem übersehen, sagt die Regisseurin Esther Gronenborn: „Wird bei Männern meist das Potenzial betrachtet, so werden Frauen eher danach bewertet, was sie in der Vergangenheit bereits gemacht haben.“ | Foto © Birgit Gudjunsdottir

Am Mittwoch war Weltfrauentag, am Dienstag Equal Pay Day. Die Chancengleichheit ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Aber es geht nicht bloß um Geld, sondern um Sichtbarkeit und falsche Bilder.

18 Prozent war die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen im vorigen Jahr in Deutschland. Soviel weniger verdienten Frauen durchschnittlich für die gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation. Anders ausgedrückt: die ersten 66 Tage im neuen Jahr arbeiten sie praktisch umsonst. So rechnet die europaweite Initiative Equal Pay Day die Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern in Arbeitszeit um. In diesem Jahr fiel er wieder auf den 7. März – genau ein Tag vor dem Weltfrauentag.

Aber die Kunst der gleichen Bezahlung ist übers ganze Jahr ein Thema – besonders in der Filmbranche. Die Regisseurin Esther Gronenborn ist Gründungsmitglied von Pro Quote Film. Im Blog erklärt sie nochmal die Lage:

Weiterlesen

Die Gewinner*innen des „Fair Film Award 2023“ mit Moderatorin in der Kulturbrauerei in Berlin. | Foto © Alena Sternberg

Nach drei Jahren Corona-Pause stieg endlich wieder der Crew Call zur Berlinale. Wichtiger noch: Auch der „Fair Film Award Fiction“ wurde wieder live vergeben. Und von der BKM kam eine Ankündigung, die Hoffnung macht.  

Während die Schutzpatronin des Deutschen Films vormittags die Produzent*innen aufbaut und abends Deutschlands größtes Festival eröffnet,  steigt in der Kulturbrauerei die coolere Party. Nach drei Jahren Zwangspause ins der Pandemie lud Crew United endlich wieder zum Crew Call nach Berlin. Wichtiger noch: Vorab wurde auch der „Fair Film Award Fiction“ wieder live vergeben, moderiert von Sonia Hausséguy. Beim Gala-Dinner wurden die vorbildlichsten Film- und Serienproduktionen des vergangenen Jahres ausgezeichnet. Die Übersicht mit allen bewerteten Produktionen gibt es hier. 

Am Vormittag hatte die Kulturstaatsministerin beim „Produzententag“ skizziert, wie sie sich ein neues, besseres Filmfördergesetz vorstellt. Abends beim „Fair Film Award“, erklärten  Benesch und Judith Frahm, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft. Mit neuen Programmen und Förderungen allein sei es nicht getan, sagten sie in ihrer Keynote zur Preisverleihung. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“.

Weiterlesen

Die einen gehen, die anderen kommen gar nicht erst. Das zeigt: Etwas läuft ganz gewaltig schief in der Filmbranche – doch die kämpft nur gegen die Symptome, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. | Foto © Alena Sternberg

Die Branche hat ein Personalproblem. Mit neuen Programmen und Förderungen ist es nicht getan, finden Fritzie Benesch und Judith Frahm. Die beiden Produktionsstudentinnen haben an der Filmuniversität Babelsberg eine Gesprächsreihe gestartet, die nach mehr fragt, nämlich „wie wir miteinander arbeiten wollen“. In ihrer Keynote zum „Fair Film Award Fiction“ erklärten sie, worauf es wirklich ankommt bei der Neuordnung der deutschen Filmlandschaft:

„Als Studentinnen der Filmuniversität Babelsberg und angehende Producerinnen stehen wir kurz davor, in die Branche einzutreten und können es eigentlich kaum erwarten. Endlich die Menschen bezahlen, mit denen wir arbeiten. Endlich auch mal selbst bezahlt werden. Und Filme machen, die auch gesehen werden. Gleichzeitig blicken wir in eine Branche, deren Strukturen so alt und verkrustet sind, dass es fast unmöglich scheint, darin noch gute, innovative, qualitativ hochwertige Filme zu machen. Strukturen, die von starken Hierarchien geprägt sind und von einem teilweise extrem rauen Umgangston; von der Erwartungshaltung, dass die Arbeit beim Film wichtiger ist, als alles andere. In denen Leidenschaft mit absoluter Opferbereitschaft verwechselt wird. Strukturen, denen ein Förder- und Finanzierungssystem zu Grunde liegt, das den Anforderungen der Realität kaum noch gerecht werden kann. Weiterlesen

Der Storch im Vorspann soll zeigen: An diesem Film haben Filmschaffende aus der Ukraine mitgearbeitet. Zur Berlinale startete DIM Filmhose die Kampagne „Worked on in Ukraine“: Eric Holland (Mitte) und seine Mitgründer*innen (von links) Alisa Voznesenska, Mykyta Pavlov und Hilma Wiberg in Berlin. In Kyjiw machten Yuliia Kasianova und Darya Padenko ihr Selfie vor der U-Bahn-Station. Die ukrainische Hauptstadt war kurz zuvor wieder beschossen worden. | Fotos © DIM Filmhouse

Als „Produktionsfirma der nächsten Generation“ bezeichnet sich das DIM Filmhouse: Ganzheitlich vom Casting bis zur Postproduktion und über Grenzen. Mit Büros in Berlin und Kyjiw will man ukrainischen Filmschaffenden Stimme und Arbeit geben. Gemeinsam mit Filmmakers for Refugees und Crew United startete jetzt die Kampagne „Worked on in Ukraine“: Ein Siegel für Produktionen, die Filmschaffende im Krieg und auf der Flucht unterstützt haben. 

Vor einem Jahr überfiel Russlands Armee die Ukraine. Viele Filmschaffende mussten das Land verlassen, andere blieben – die meisten versuchen, weiterhin zu drehen. In Deutschland überlegte damals Eric Holland, was er tun könnte. Der Amerikaner lebte seit zwei Jahren in Berlin und hatte bereits eine stattliche Filmografie in Musik- und Tonabteilung. Mit seinen Kenntnissen wollte er den Filmschaffenden im Exil helfen. Der Wechsel ins Produzentenfach fiel Holland nicht schwer, sagt er. Er habe lange Jahre im Silicon Valley gearbeitet und viele Erfahrungen mit Start-ups gesammelt. Nun gründete er mit ukrainischen Kolleg*innen selber eines: Als „Produktionsfirma der nächsten Generation“ bezeichnet sich das DIM Filmhouse. Mit Büros in Berlin und Kyjiw will es „eine Brücke für ukrainische Stimmen und Talente zur internationalen Filmlandschaft“ sein, heißt es auf der Website. 

Weiterlesen

In „Walchensee forever“ erzählt Janna Ji Wonders ein Jahrhundert eigener Familiengeschichte. Anja Pohl brachte die Erzählungen mit der Regisseurin in Form: „Als Editorin bin ich die erste Zuschauerin, das heißt, ich versuchte dieses Familiensystem zu begreifen und stellte Fragen, die Janna vielleicht nie gestellt hätte, weil sie die Antwort ja bereits kannte.“ | Foto © Edimotion/Juliane Guder

Beim „Edimotion“ wurden im Oktober wieder Filmschnitt und Montagekunst gefeiert und ausgezeichnet. Den „Schnitt-Preis“ für die beste Dokumentarfilmarbeit gewann die Editorin Anja Pohl für „Walchensee forever“. 

Anja Pohl, Glückwunsch zum diesjährigen Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm. Sie sind ja eine sehr erfahrene und vielfach prämierte Editorin, für Regisseurin Janna Ji Wonders war „Walchensee forever“ ihr Langfilmdebüt. Wie haben Sie sich kennengelernt und wie kam es zur Zusammenarbeit?
Als Janna in der HFF studierte, betreute ich ihre Kameraübung in der Schnittphase, ein kurzes Porträt ihrer Großmutter Norma, die am Walchensee das Café Bucherer in zweiter Generation führte, mit fast 90 Jahren:  „Warten auf den Sommer“. Die Vorgabe für diese Filmübung war: 16 Millimeter, Schwarz-Weiß, rein beobachtend. Ich war damals beeindruckt von der Klarheit und meditativen Kraft der Einstellungen und der Umsetzung. Als Janna mich Jahre später fragte, ob ich bei „Walchensee forever“ mitarbeiten würde, sagte ich ohne Zögern: „Ja!“

Die Regisseurin ist hier gleichzeitig auch Protagonistin, porträtiert die Frauen ihrer Familie über mehrere Generationen hinweg – wo lagen hier die Herausforderungen für die Montage?
Ich gebe zu, der Anfang war nicht leicht, und die Herausforderungen vielschichtig.
Es war zwar von Anfang an klar, dass die Frauen der Familie im Zentrum stehen. Aber alleine das Leben von Norma, Jannas Mutter Anna und deren Schwester Frauke war so reich und auch bewegt, dass wir über jede der Frauen einen eigenen Film hätten bauen können. Das bereitete uns einige Kopfschmerzen, Janna naturgemäß mehr, sie ist ja Teil dieses Familien-Psychogramms. Wie lässt sich eine verzweigten Erzählweise zulassen, ohne den „Hauptstamm“ aus den Augen zu verlieren, und das zusammengepackt in einen Dokumentarfilm, der nicht länger als maximal 99 Minuten sein sollte. Es wurden dann 109 Minuten.

Weiterlesen

„Wir müssen weiterhin Geschichten erzählen, denn unsere Stimme muss neben den anderen Stimmen gehört werden“, sagt die Regisseurin Marina Stepanksa. Der russische Angriffskrieg hat auch ihr Leben Sie ist eine von zehn ukrainischen Filmschaffenden, die mit dem diesjährigen „Kieser-Preis“ aisgezeichnet werden. | Screenshot

Die Hilfsplattform „Filmmakers for Ukraine“ wurde in Los Angeles mit dem „Kieser-Preis“. Das Preisgeld ging an Filmschaffende, deren Lebensumstände sich seit Ausbruch des Krieges radikal verändert haben. 

Filmmakers for Ukraine wurde am Freitag in Los Angeles mit dem diesjährigen „Kieser-Preis“ ausgezeichnet. Damit wird die Arbeit der Internetplattform gewürdigt, die ukrainische Film- und Fernsehgemeinschaft, die vom Krieg betroffen ist, mit Ressourcen, Arbeitsplätzen und Geld zur Deckung der Grundbedürfnisse zu versorgen. 

Der Preis ist mit 10.000 US-Dollar dotiert, das Geld wurde über die NGO Filmmakers for Refugees bereits vorab an die eigentlichen Preisträger weitergereicht: Zehn ukrainische Filmschaffende, deren Lebensumstände sich seit Ausbruch des Krieges radikal verändert haben. Mikrostipendien über je 1.000 Dollar sollen sie unterstützen. Die Dokumentarfilmerin Alisa Kovalenko etwa meldete sich mit Kriegsausbruch zur Armee. Auch Roman Liubyi, Regisseur, Kameramann und Editor, soll einberufen werden.  

Weiterlesen

„Im Westen nichts Neues“ ist bereits die dritte Verfilmung Klassikers über die Schrecken des Ersten Weltkriegs. Die ersten beiden wurden mit „Oscars“ und „Golden Globe“ ausgezeichnet. Da rechnet man sich auch für die deutsche Adaption gute Chancen aus. | Foto ©  Netflix/Reiner Bajo

Bei den „Oscars“ sitzt der Rest der Welt am Katzentisch. Dort sorgt er trotzdem jedes Jahr für Spannung, welchen Film Hollywood wohl zum besten Film der Welt erklärt. Für Deutschland soll nun das Weltkriegdrama „Im Westen nichts Neues“ ins Rennen gehen.

Eine Netflix-Produktion soll im nächsten Jahr den „Oscar“ für Deutschland holen. Aus neun Bewerbern hat eine Jury für German Films, die Auslandsvertretung des deutschen Films, den Kandidaten für den besten internationalen Film ausgewählt: „Im Westen nichts Neues“ unter der Regie von Edward Berger, produziert von Amusement Park Films. 

Vorlage ist der gleichnamige Roman von 1928, in dem Erich Maria Remarque die Schrecken des Ersten Weltkriegs aus der Sicht eines jungen Soldaten schildert. Das Buch wurde zu einem Klassiker der Weltliteratur und bereits zweimal in den USA verfilmt. Die Fassung von Lewis Milestone aus dem Jahr 1930, produziert von Carl Laemmle, gewann zwei „Oscars“. Eine Fernsehfassung von Delbert Mann wurde 1980 mit einem „Golden Globe“ ausgezeichnet. 

Weiterlesen

Klaus Lemke mit Cleo Kretschmer 1974 bei Dreharbeiten zu „Die Sweethearts“. „Ich war hässlich und bin nicht an die Mädchen rangekommen“, hat der Regisseur mal seine Berufswahl begründet. So lässig er das auch abtat – mit dem Filmemachen nahm er’s ernster als viele andere. | Foto © Klaus Lemke

Von Filmförderung wollte Klaus Lemke nichts wissen. Lieber drehte er mit Laien und Minibudgets echte Independent-Filme. Am vorigen Donnerstag ist der Regisseur gestorben. Er wurde 81 Jahre alt. Für viele war er bis zuletzt ein Lichtblick in der deutschen Filmlandschaft – das Echo der Nachrufe und Erinnerungen ist groß. 

Der Filmregisseur Klaus Lemke ist am vorigen Donnerstag im Alter von 81 Jahren gestorben. „Er war ein Aufreger bis zuletzt, ein Stachel im Fleisch der deutschen Förderbürokratie, provozierend unabhängig, voller Ideen, Sprüche, Posen, Maulheld und Cowboy mit dem SMS-Triggerfinger, poète maudit, rastlos, furchtlos, produktiv wie keiner. Aber vor allem war er ein toller, energetischer, zärtlicher, witziger filmischer Erzähler, ein immer noch sträflich unterschätzter Regisseur.“ Das Filmmagazin „Revolver“ veröffentlicht online ein Interview, das Marco Abel 2014 mit Klaus Lemke geführt hatte (in der Druckausgabe erschien seinerzeit eine gekürzte Fassung).

In der „Süddeutschen Zeitung“ erinnern sich Wegbegleiter an den „König von Schwabing“ und „einen Mann, der radikal lebte und arbeitete.“   

Weiterlesen

Der beste Film des Jahres ist ein Remake: „Coda“ ist ein anrührender Film, aber gewiss nicht die ganz große Filmkunst. Ohnehin waren die Filmkünste in diesem Jahr aus der Gala verbannt, weil sowas eh niemanden interessiere. | Foto © Apple

Zum ersten Mal gewann ein Streamer den „Oscar“ für den besten Film. Wichtiger als das Medium sind aber die Preisträgerinnen: Die Hauptpreise für Film und Regie gingen an Frauen. Die diesjährige „Oscar“-Gala war eine Feier der Diversität und ein Absage an Kino. 

Am Sonntag war „Oscar“-Nacht, und alle Gewinner und Nominierten sehen Sie hier [auf Englisch].

Am Freitag sah in der „Frankfurter Rundschau“ Daniel Kothenschulte „Hollywood am Scheideweg“, gar „das Ende einer Ära“: „Während die Academy of Motion Picture Arts and Sciences endlich über ein prächtiges Filmmuseum in Los Angeles verfügt, dürfte es seine begehrten ,Oscars‘ im großen Stil an die möglichen Totengräber des Kinos, die Streamingdienste, verteilen. Die Frage ist nur, ob Netflix oder Apple am Ende mit dem Hauptpreis nach Hause gehen.“

Weiterlesen

Vor sieben Jahren erfuhren junge Schauspieler*innen ein Casting als Alptraum. In „The Case You“ erinnern fünf von ihnen das Erlebte. | Foto © Lenn Lamster/Mindjazz Pictures

Im Film „The Case You“ erinnern sich fünf junge Schauspielerinnen an ein Casting, bei dem sie gedemütigt, bedroht und sexuell belästigt wurden. Und vor Gericht klagen sie gegen die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte.

Seit vor fünf Jahren die „MeToo-Bewegung“ loslegte, ist klar: Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe sind auch in der Filmbranche kein Einzelfall. In dem Dokumentarfilm „The Case You“, der zurzeit im Kino läuft, erinnert sich eine Gruppe junger Schauspielerinnen an ein Casting, bei dem sie gedemütigt, bedroht und sexuell belästigt wurden. Der Film war voriges Jahr mit dem „Deutschen Dokumentarfilmpreis“ (in der Kategorie Kultur) und beim Dokfest München mit dem „Student Award“ ausgezeichnet worden. 

Was damals geschah, beschreibt Gabi Sikorski im „Filmdienst“: „Am Anfang stand eine seriös wirkende Casting-Einladung, das Drehbuch war beigefügt. Für die jungen Schauspielerinnen bot sich 2015 die Chance auf eine kleine oder größere Rolle. Mehr als 300 Mädchen und junge Frauen stellten sich vor; viele von ihnen waren noch keine 18 Jahre alt, manche unter 16. Die meisten waren naiv; der Traum von der Filmkarriere wischte alle Bedenken weg. Was dann allerdings auf die Frauen zukam, war ebenso überraschend wie schrecklich. Im Rahmen des Vorsprechens mussten sie sich entkleiden oder wurden dazu genötigt. Männer und Frauen aus dem Team begrapschten sie am ganzen Körper. Sie wurden angebrüllt, bedroht und geschlagen, alles ohne Vorbereitung oder Begründung. Viele weinten, doch niemand kam ihnen zu Hilfe. Ihre offenkundige Hilflosigkeit war Teil des Kalküls.“ 

Weiterlesen

Ein junges Paar erwartet sein erstes Kind. „Klondike“ könnte ein Familienfilm sein. Doch draußen vor der Tür tobt schon der Krieg: es ist 2014 im Osten der Ukraine. Maryna Er Gorbach inszenierte nach eigenem Drehbuch, in Sundance wurde sie im Januar für die beste Regie ausgezeichnet. | Foto © Kedr Film

Die 72. Berlinale war ein Jahr mit starken Dokumentarfilmen und einem Blick auf mehrere Brennpunkte. Der Blick führte bis in die Ukraine und bis nach Myanmar. Unter anderem.

Ein Film ist ein Erlebnis. Ein Film ist ein Erlebnis, das wenn man es teilt, mehr wird. Das gilt sicherlich auch für das Theater, für Konzerte und für Ausstellungen. Was man an diesem Teilen hat, das wird erst klar, wenn man ein Ereignis nicht mehr teilen kann. Filme werden fürs Kino gemacht. Kino ist per Definition schon ein gemeinschaftliches Erlebnis. Nicht nur, weil wir etwas gemeinsam erleben, sondern weil wir uns im Anschluss über den Film austauschen können. Oft gerät man in hitzige Debatten (wir berichteten). Man schleift an den eigenen Eindrücken und arbeitet sie dabei noch deutlicher heraus. In der Reaktion der anderen erkennt und versteht man seine eigene besser. Genau das konnte die 71. Berlinale nicht liefern.

Weiterlesen

Seit 20 Jahren macht die Perspektive Deutsches Kino den Filmnachwuchs auf der Berlinale sichtbar. Sieben Filme kamen dieses Jahr in die Auswahl. Dabei fällt mehreres auf. Szenenfoto aus dem Eröffnungsfilm „Wir könnten genauso gut tot sein“. | Foto © Jan Mayntz/Heartwake Films

Die Perspektive Deutsches Kino auf der Berlinale entwickelt sich weiter. Ein Blick auf neue Drauf-Sichten, die auch einen Rück-Blick in die Vergangenheit offenlegen.

Die Berlinale kehrte nach einer Streaming-Runde zurück in die Kinos. Mit Präsenz. Auch das Programm wurde, zumindest gefühlt, nicht wirklich ausgedünnt. Anders in der Sektion Perspektive Deutsches Kino, die dieses Jahr ihre 21. Ausgabe ausrichtete. Obwohl, bereits 2020, mit der Übernahme der Berlinale-Leitung von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek wurde das Gesamtprogramm in einigen Sektionen gestrafft. Aus einem Program mit gut ein Dutzend junger Filme wurde die Anzahl auf unter 10 gedrückt. Im letzten Jahr beschränkte sich die Sektion auf sechs Filme. Dieses Jahr wurden nun sieben Werke gezeigt. Plus ein Gast. In den vergangenen Jahren umfasste die Auswahl zusätzlich den Gewinner des „Max-Ophüls-Preises“, das wäre dieses Jahr „Moneyboy“ von C.B. Yi gewesen. Aufgrund der Einschränkungen gab es dieses Jahr jedoch nur einen „Gast der Perspektive“, das war der Roland Gräfs „Fallada – letztes Kapitel“, ein Defa-Film von 1988. 

Eingereicht werden können Spiel- und Dokumentarfilme, Experimentales und Animationsfilme oder eine Mischung daraus. Auf ihrer Profil-Seite heißt es: „Die Perspektive Deutsches Kino unterstützt Persönlichkeiten, die selbstbewusst nach dem eigenen künstlerischen Ausdruck suchen und dazu auch Nebenwege fernab der Hauptstraße gehen. Unerwartetes, originelle Ideen und die Freude am Ausprobieren sind die Kriterien, die unsere Filmauswahl bestimmen.“ Sieben Filme kamen in die Auswahl. Zwei Dokumentarfilme, ein Halbstünder und vier Spielfilme. Dabei fällt auf … zum einen, dass überwiegend Frauen Regie führten. Bis auf eine Ausnahme. Es fällt auf, dass die Auswahl ein Auge auf Genre-Filme setzte. Thematisch setzte man auf die Bearbeitungen von gesellschaftlichen Spannungen oder auf den Blick in die Vergangenheit und deren Aufarbeitung. Die Perspektive Deutsches Kino konnte für Filmemacher und Filmemacherinnen ein Sprungbrett sein. Hin zum Publikum, hin zu einem Kinoeinsatz. Vier der Filme haben bereits einen deutschen Verleih und werden im Laufe des Jahres hoffentlich in unsere Kinos kommen. Eine Selbstvorstellung der Sektion im Interview mit der Sektionsleiterin Linda Söffker kann man auf der Berlinale-Seite hier lesen.

Weiterlesen

Boulevard mit Maske: Die Schauspielerinnen Charlotte Gainsbourg und Emmanuelle Béart geben fleißig Autogramme. Die Berlinale ist nun mal ein Publikumsfest und will das Kino feiern. | Foto © Berlinale

Die Berlinale läuft – ganz in echt und unter Pandemiebedingungen.

In Berlin laufen die 72. Filmfestspiele. Über Filme wird zunächst kaum diskutiert – umso mehr über Sinn und Unsinn eines Festivals in der Pandemie, schreibt Tim Caspar Boehme in der „Taz“. „Der Ton ist mittlerweile ähnlich schrill, wie man ihn längst andernorts in Teilen der sozialen Medien beklagt. […] Darüber geraten zwei normative Appelle auf Kolli­sionskurs: Die Frage nach der Verantwortung für die Gesundheit anderer steht plötzlich gegen die Rettung des Kinos. Zweierlei Dinge mithin, die man besser separat betrachten sollte. […] Durch eine Onlinelösung wie im vergangenen Jahr hätte die Berlinale womöglich riskiert, mit einem weit weniger namhaften Programm dazustehen. Das sind für ein Filmfestival ernsthafte Schwierigkeiten, erst recht für eines der drei wichtigsten, zu denen die Berlinale mit Cannes und Venedig zählt. In übergeordneter Perspektive geht es zudem um die Zukunft des Kinos, für die die Berlinale ein Zeichen setzen soll. Eine Absage des Festivals oder eine Streaminglösung, so die Befürchtung, könnten sich verheerend auf die Bereitschaft auswirken, grundsätzlich wieder und öfter ins Kino zu gehen.“ 

Weiterlesen