Die Ansprüche sind gestiegen, aber nicht die Etats. Der Kostendruck bei öffentlich-rechtlichen Fernsehproduktionen hat Folgen: Unfertige Drehbücher und Stress am Set. Entspannter zeigten sich der Regisseur Mark Robson und Produzent Jennings Lang in den Kulissen von „Erdbeben“. Aber das war vor 50 Jahren und außerdem fürs Kino. | Foto © Universal

Die Initiative Fair Film schlägt Alarm: ARD und ZDF sparen seit Jahren auf Kosten der freien Produktionslandschaft! Das wirkt sich auf Arbeit und Qualität aus. Und das „Produzentensterben“ geht weiter.

In einem Offenen Brief an ARD und ZDF schlägt die Initiative Fair Film Alarm: An den Produktionsbedingungen fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen müsse sich „dringend etwas ändern“. Die „Problemanalyse“ sieht das Bündnis von mehr als 30 Berufsverbänden und Organisationen der Branche als hoffentlichen „Auftakt eines gemeinsamen, konstruktiven Dialogs“.

„In dem siebenseitigen Schreiben werden die Probleme der freien Filmszene geschildert, insbesondere schwindende Aufträge, niedrige Budgets, Insolvenzen und die Abwanderung der Mitarbeitenden in andere Branchen. Die hohen Qualitätsansprüche der öffentlich-rechtlichen Sender seien nicht an entsprechend hohe Budgets gekoppelt. ,Es soll aussehen wie Netflix, aber nur einen Bruchteil davon kosten’, heißt es in dem Brief“, berichtet Lara Marmsoler in der „Süddeutschen Zeitung“ [Bezahlschranke]. Und: „ARD und ZDF äußerten sich zu den Vorwürfen aus der Filmbranche auf Anfrage am Montag nicht“.

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Was ist eigentlich Respekt? „Ali G in da House“ scheiterte da vor 20 Jahren schon am Buchstabieren. | Foto © Mars Distribution

Wer selbst nicht weiß, was sich gehört, kann es in Zukunft nachschlagen: Ein „Respect Code Film“ soll für Sicherheit an deutschen Sets sorgen. Wer sich nicht an die Regeln hält, könnte möglicherweise sogar mit Konsequenzen rechnen.

Verdi, die Schauspielgewerkschaft BFFS und die Produktionsallianz verhandeln regelmäßig den Tarifvertrag aus. Jetzt haben sie auch einen „Respect Code Film“(RCF) für die Branche vorgestellt. Der wende sich „gegen jede Form von respektlosem Verhalten, Belästigung, Gewalt, Diskriminierung oder anderes Fehlverhalten und schreibt branchenweite Grundsätze für sicheres Arbeiten und einen respektvollen Umgang bei jeder Art von Film- und Fernsehproduktion fest“, erklärt die Produktionsallianz.

Erarbeitet wurde der Code mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und Vaunet (dem Verband der privaten), Degeto und Netflix, der Deutschen Filmakademie und dem Regieverband. Die Berufsgenossenschaft und die Vertrauensstelle Themis haben beraten. Kurzum: „Die Branche gibt sich […] einen eigens erarbeiteten Verhaltenskodex“, meldeten die „Zeit“ und andere. Was aber nur die halbe Wahrheit ist, denn ein großer Teil der Branche war gar nicht dabei. Von den Berufsverbänden der Filmschaffenden war nur der Regieverband beteiligt.
Und so liest sich der Kodex denn auch so vage wie manches andere Bekenntnis aus den Büroetagen der Branche.

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Die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth. | Foto © Kristian Schuller

In sieben Wochen läuft das Filmfördergesetz aus. Politik und Branche läuft die Zeit davon. Durch den Koalitionsbruch ist die Lage noch unklarer geworden. Dabei drängen alle auf eine schnelle Lösung für alle Teile der großen Reform.

In drei Monaten, am letzten Tag der Berlinale, wird in Deutschland gewählt. Solange regiert die Restkoalition ohne Mehrheit, und unklar ist, welche Pläne sie noch umsetzen kann. Zum Beispiel die große Förderreform, die auch ohne den Bruch in der Regierung, bislang kaum vorankam. Das Filmfördergesetz ist zwar durch den Kulturausschuss des Bundestags, doch das ist erst ein Teil der Strecke – und auch nichts wert, wenn die anderen beiden Säulen nicht stehen. Um die Investitionsverpflichtung ringt die BKM mit Streamern und Mediatheken, bei den Steueranreizen sind sich Bund und Länder uneins, wer das bezahlen soll. Und für beides liegt noch nicht einmal ein Gesetzesentwurf vor.    

Dass nun alles bis zum Jahresende plötzlich fertig sein soll, mag keiner mehr glauben. Klappen könnte das schon – wenn alle nur wollten, glaubt Julia Maier-Hauff, die Geschäftsführerin des Produzent*innenverbands, in „Blickpunkt Film“. Das müsse es auch, „denn ohne Haushalt und die angekündigten Gesetze wird es zu einer Abwanderung des Filmschaffens in benachbarte Länder und zu Insolvenzen kommen. Wir fürchten den Verlust von mehr als 120.000 Arbeitsplätzen in der Filmproduktion.“ Das wären wohl, nach Zählung des jüngsten Appells, alle Arbeitsplätze der Branche.

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Sind Frauen tatsächlich die schlechteren Kameramänner? Mit einem Artikel entfesselte der Festivalleiter des Camerimage einen Proteststurm. Die meisten Kameraverbände der Welt sehen das nämlich anders. | Foto © cinearte

Seit mehr als 30 Jahren würdigt das Camerimage die Kunst der Bildgestaltung. Doch die ist zu 97 Prozent männlich. Viele wollen das ändern, nur das Festival tut sich schwer. Kurz vor der Eröffnung kam es deshalb zum Eklat. 

Am Samstag eröffnet das Camerimage. Das Festival im polnischen Torun hat sich ganz der Filmkunst der Kinematografie verschrieben, ist seit mehr als 30 Jahren der Treffpunkt für für DoP wie Studierende aus aller Welt, und der „Goldene Frosch“ im Wettbewerb gehört zu den höchsten Ehrungen der Zunft. In diesem Jahr allerdings ist die Stimmung schlecht. Anlass ist ein Gastbeitrag im Fachmagazin „Cinematography World“ [auf Englisch] von Marek Zydowicz, dem Gründer und Leiter des Festivals: 

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70.000 neue Arbeitsplätze könnten durch die große Förderreform entstehen, glauben Produktionsallianz, Produzent*innenverband und Deutsche Filmakademie. Wo aber sollen die herkommen? | Foto © DFA/Hans-Christian Plambeck

Kurz vor der Regierungskrise hatte der Kulturausschuss das neue Filmfördergesetz abgesegnet. Mit einigen Änderungen: Die geplante Altersvorsorge für die Filmschaffenden wurde gestrichen.

Die gute Nachricht zuerst: Der Kulturausschuss [ab 1:31] hat am Mittwoch das neue Filmfördergesetz (FFG) angenommen. Es geht nun zur zweiten Lesung zurück vor den Bundestag. 

Eigentlich hätte der Ausschuss schon früher entscheiden sollen. Doch nach einer Anhörung der Interessengruppen sah man noch einigen Nachbesserungsbedarf und vorschob die Abstimmung auf diese Woche. Dazu hatten die Regierungsparteien einen umfassenden Änderungsantrag vorgelegt, den „Blickpunkt Film“ [Bezahlschranke] im Vorspann so zusammenfasst: „Medialeistungen gerettet, Sperrfristenregelungen deutlich verändert und die sozialen Belange der Beschäftigten gestärkt.“ Was in zwei Fällen richtig sein mag, im letzten aber überhaupt nicht.

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Hinter dem Bauzaun könnte dereinst das erste „Film Crew Haus“ stehen, hoffen Gabriele Stemberger-Hanke, Charlie Palleis, Malte Neumann und Martin Jost (von links). Eigentlich sind sie sogar zu Acht, und es sollen noch viel mehr werden, die an dem Projekt mitarbeiten. | Foto © Rebecca Hanke

Wohnen ist teuer in den Medienstädten. In München will ein Genossenschaftsprojekt Abhilfe schaffen: Bezahlbarer Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“, und Zeitwohnungen für Kolleg*innen aus andren Städten. Fürs „Film Crew Haus“ werden noch weitere Genoss*innen gesucht.

In Deutschlands Großstädten fehlen Wohnungen, heißt es in den Nachrichten – und zwar ziemlich viele. Bei den Mieten liegen die Medienstädte Hamburg, Berlin, München, Köln ganz oben – sofern überhaupt etwas frei wird. Was bei der Wohnungssuche hilft, ist „ein geregeltes Einkommen“ – aber das haben Filmschaffende bekanntlich nicht und deshalb alle dasselbe Problem, weiß Rebecca Hanke. Kein Vermieter möchte seine Wohnung an Filmschaffende vergeben. Zu einer Wohnung war die Szenenbildassistentin durch Kontakte schließlich trotzdem gekommen; aber die Frage nach dem „bezahlbaren Wohnraum“ in München ließ sie nicht wieder los. 

Von da war es nicht weit bis zum Gedanken an eine Genossenschaft, in der viele gleichberechtigt in das gemeinsame Vorhaben investieren: Zeit, Ideen und auch ein bisschen Geld. Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“ ist Hankes Idee – ein „Film Crew Haus“. Aber nicht nur für die Genossenschaftler*innen selbst. Im Haus soll es auch Gästeappartements geben, die an Kolleg*innen aus anderen Städten für die Dauer eines Drehs vermietet werden. Soweit die Idee. 

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Statt Vier-Tage-Woche gibt’s zwar nur einen freien Tag im Monat, aber die Tarifpartner sind zufrieden: Bernhard F. Störkmann (BFFS), Björn Böhning (Produktionsallianz) und Matthias von Fintel (Verdi) nach einem Jahr Verhandlung. | Foto © Produktionsallianz

Ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Nach neun Runden und einmal Scheitern haben sich Produktionsallianz und Gewerkschaften endlich geeinigt. Für Verdi ist das Ergebnis „der größte Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten“.

Am Ende kam es doch zu einer Einigung beim neuen Tarifvertrag. Nur wenige Tage, nachdem die Tarifkommission bei Verdi das Scheitern der Verhandlungen erklärt hatte, setzten sich Gewerkschaften und Produktionsallianz wieder zusammen. In der neunten Verhandlungsrunde wurde vorigen Samstag endlich ein Abschluss erreicht, und die Tarifkommission hat den noch am selben Tag „beraten und angenommen“, meldet Verdi. Das Ergebnis sei ein „Paket von Tarifverbesserungen, die zusammen den größten Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten bringen.“ Und auch die Produktionsallianz zeigt sich zufrieden. 

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Mit Kundgebungen hatte Verdi die Tarifverhandlungen begleitet. Beim vorläufigen Ergebnis machte die Gewerkschaft große Zugeständnisse – ihre Tarifkommission hat das abgelehnt. | Foto © Christian von Polentz/Verdi

Fast ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Vorige Woche erklärte Verdi die Verhandlungen für gescheitert. Bis es weitergeht, gilt das Arbeitszeitgesetz – mit 48-Stunden-Woche.

Über acht Runden hatten Gewerkschaften und Produktionsallianz um den nächsten Tarifvertrag (TV FFS) für auf Produktionsdauer Beschäftigte gerungen. Nach zehn Monaten hatte man sich endlich „auf Eckpunkte einer vorläufigen Tarifeinigung verständigt“, meldete die Filmunion in Verdi im Juli, der Schauspielverband BFFS und die Produktionsallianz nannten es beide einen „Durchbruch“.

Doch die Freude war nicht überall und kam zu früh. Die Tarifkommission von Filmschaffenden in Verdi hat vorige Woche die Einigung als „unzureichend bewertet. Damit wird auch das Scheitern der Tarifverhandlungen beschlossen“, teilte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) mit. Die Produktionsallianz habe daraufhin weitere Verhandlungen angeboten. Ein Termin stehe noch nicht fest. Die Produktionsallianz selbst hat sich noch nicht geäußert.  

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Dreharbeiten zu „Downhill“ in Tirol 2020. Als Kulisse war Österreich zwar schon vorher beliebt, durch das neue Anreizsystem werde der internationale Werbe- und Markenwert aber gesteigert, meinen die Förderungen. | Foto © Jaap Buitendijk/20th Century Fox

In Österreich hat die Förderreform schon vor zwei Jahren stattgefunden. Und gilt als Erfolgsmodell: Das neue Anreizsystem FISAplus brachte nicht nur einen Standorteffekt von 300 Prozent, sondern auch mehr „internationale Sichtbarkeit“, erklären Nina-Anica Keidies und Juliane Buchroithner von der Film Commission ABA – Film in Austria. 

Deutschland hofft auf die große Förderreform, in Österreich gab’s die bereits vor zwei Jahren. Die Presseberichte klingen begeistert: Vor allem das neue Anreizprogramm FISAplus sorge für „Aufbruchstimmung“ und „Rückenwind“ im Land. Was heißt das in Zahlen?
Nina-Anica Keidies: Die anfänglichen Erwartungen wurden bei FISAplus weit übertroffen. Seit Anfang 2023 wurden mit FISAplus 113 Projekte mit einem Gesamtzuschuss von rund 109,9 Millionen Euro genehmigt, wodurch 2.900 Drehtage und ein Österreich-Effekt von rund 347 Millionen Euro entstanden. Dadurch wurde ein Gesamtumsatz von rund einer Milliarde Euro erwirkt, inklusive indirekter und induzierter Effekte. Auch ein erheblicher Beschäftigungseffekt konnte festgestellt werden.
Juliane Buchroithner: Durch das neue Anreizsystem FISAplus wird zudem der Werbe- und Markenwert für Österreich gesteigert. Entlang der Wertschöpfungskette sind bereits deutliche Effekte bemerkbar. Jeder Euro an Förderung durch das neue Anreizsystem löst rund 3 Euro an direkten Produktionsausgaben im Land aus. 

Der Direktor des ÖFI sieht Filme aus Österreich inzwischen gar als internationale Marke. Aber Erfolge hatten die doch auch vorher schon vorzuweisen – allein zwei „Oscars“ für den besten internationalen Film 2008 und 2013. Wo lag das Problem?

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Mehr als 30.000 Euro hat „Daughters of the Sun“ an Spenden gesammelt, das Geld ging an die neun Protagonistinnen des Dokumentarfilms. | Foto © Mokum

Dokumentarfilme zeigen uns die Welt, und hinterher fühlen wir uns manchmal hilflos. ShareDoc will das ändern: Mit einem QR-Code können Dokumentarfilme Spenden sammeln und zugleich für sich selber werben.

Ein QR-Code macht den Unterschied. So wirbt ShareDoc für sein Anliegen unter Dokumentarfilmer*innen: Die Welt nicht nur zu zeigen, sondern auch beim Helfen zu helfen. Denn „nichts ist frustrierender, als helfen zu wollen, aber nicht können.“ 

Anne-Marie Borsboom nennt das den „postdokumentarischen Blues“, wenn auf die Erkenntnis ein Gefühl der Ohnmacht folgt. Das Dilemma ist bekannt. Viele Dokumentarfilme verraten jetzt schon im Abspann oder auf der Website, wo es Möglichkeiten gibt, zu spenden oder sich gar persönlich zu engagieren. ShareDoc macht das zum Programm: 54 Dokumentarfilme sind inzwischen auf der Website vertreten – nicht als Stream, sondern vor allem mit einem Zweck: weiterzuwirken. 

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Gleich fünffach gewann „Das Lehrerzimmer“ im vorigen Jahr den „Deutschen Filmpreis“, unter anderem als bester Film. Kurz zuvor hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (2. von rechts) ihre Ideen für eine bessere Förderung skizziert und Hoffnungen geweckt. | Foto © Deutscher Filmpreis/Eventpress

Acht Punkte hatte BKM Claudia Roth angekündigt, drei Säulen sind es geworden. Oder vielleicht auch vier. Bei der großen Reform der Filmförderung ist noch einiges offen und vieles in Bewegung. Ein Überblick zum Zwischenstand. 

Die erste Säule steht. Das war erstmal die gute Nachricht inmitten all der Skepsis, ob’s noch was wird mit dem angekündigten großen Wurf, mit dem es wieder aufwärts gehen soll beim Deutschen Film. Ein Jahr hat Claudia Roth, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), auf sich warten lassen seit ihrem Acht-Punkte-Plan zur großen Reform der deutschen Filmförderung und FFA. 

Die Erwartungen sind hoch. Die große Reform wird schon seit Jahren erwartet und wurde zweimal verschoben. Und der Branche geht inzwischen überhaupt nicht gut. Streamer und Sender fahren ihre Produktionen herunter, den Kinos fehlt immer noch Publikum, Firmen melden Insolvenz, Filmschaffende verlassen die Branche – die Auftragslage sei „katastrophal“. Beziehungsweise „desaströs“. Sagen nicht nur viele Betroffene, sondern bestätigt auch ein Blick in die Datenbank von Crew United. 

Wie es besser werden soll, skizziert der Referentenentwurf, den die BKM im Februar zur Berlinale vorstellte. Dann hatten die vielen Interessengruppen der Branche Zeit für ihre Stellungnahmen. Ende Mai verabschiedete das Kabinett den Gesetzentwurf, der zum nächsten Jahr in Kraft treten soll. Diesmal war die Frist für Stellungnahmen etwas knapper, denn laut Plan (wir berichteten auf „Outtakes“) soll das Gesetz im Juni durch den Bundestag, der es wiederum durch den Kulturausschuss schickt. Und dann schaut auch noch der Bundesrat, was er davon hält. Kurzum: Es kann sich noch einiges ändern – schon zwischen Referentenentwurf und Kabinettsvorlage gibt es „umfangreiche Änderungen“, die Marc Mensch bei „Spot“ dokumentiert hat.

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Im schwäbischen Laupheim wurde einst Carl Laemmle geboren, der 1912 die Universal Filmstudios gründete und nebenbei auch Hollywood. Ein großes Vorbild für die Produktionsallianz. Seit 2017 vergibt sie mit der Stadt Laupheim den „Carl-Laemmle-Produzentenpreis“ für ein Lebenswerk und stellt damit „zugleich die besondere Leistung der Produzent*innen im kreativen und wirtschaftlichen Prozess des Filmschaffens heraus.“ | Foto © Carl Laemmle Produzentenpreis/Severin Wohlleben

Die Produktionsallianz ehrt alljährlich ein Lebenswerk. Für 16 Filmverbände ist das Anlass, an die Arbeitsbedingungen zu erinnern. Für ihre Kritik kriegen sie heftig Gegenwind. Ein Faktencheck.

Martin Moszkowicz wurde am Donnerstag mit dem „Carl-Laemmle-Produzentenpreis“ geehrt. Laemmle hatte irgendwie Hollywood gegründet, darum gilt der Preis für nicht weniger als das Lebenswerk eines Produzenten. Das sind bei Moskowicz, der bis vor kurzem die Constantin Film leitete, mehr als 300 Produktionen von „Fack ju Göhte“ bis „Die drei Musketiere“, die auch beim Publikum gut ankommen.  

Gegen die Ehrung hatte sich die Filmunion in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) schon im März empört (cinearte 719). Kurz vor der Preisverleihung meldeten sich nun 16 weitere Organisationen und Berufsverbände aus gleichem Grund. „Für uns als Filmschaffende hat diese Ehrung leider einen bitteren Beigeschmack“, schrieben sie am Montag in einem gemeinsamen Offenen Brief:
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„Im Dokumentarfilm heißt es immer, dass ich mich einem vertiefenden Blick widme“, sagt Dokfest-Leiter Daniel Sponsel. Das sei schon etwas anderes als die täglichen Nachrichten. | Foto © Dokfest München

Dem Zustand der Demokratie widmet sich das Dokfest München in diesem Jahr mit Themenreihen und Eröffnungsfilm. Der Ton in der Gesellschaft ist rauer geworden, sagt Festivalleiter Daniel Sponsel: „Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm.“ 

Viel Politik zeigt die Homepage des Dokfests. Digitale Überwachung im Eröffnungsfilm, die Fokus-Themenreihe blickt auf den Zustand europäischer Demokratien, ein weitere widmet sich Filmemacher*innen, die im Exil leben und aktuell nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Ähnliches findet man sogar auf Festivals, die sich eher dem Spielfilm verschrieben haben. Fühlt sich die Filmwelt zurzeit besonders aufgefordert?
Wir als Dokumentarfilmfestival fühlen uns seit jeher gefordert, in bestimmten Bereichen Aspekte des gesellschaftlich Politischen abzudecken. Das spiegelt das Programm der letzten Jahre eigentlich immer wieder. Vielleicht hat das nochmal ein Stück weit zugelegt, weil tatsächlich der Ton in der Gesellschaft rauer geworden ist, die Konflikte größer, die Lagerbildung ist expliziter geworden. Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm. Dieser Anspruch gilt möglicherweise nicht für alle Filmfestivals – ob jetzt ein Trickfilmfestival oder ein Kurzfilmfestival das so leisten kann, weiß ich nicht, aber wir als Dokumentarfilmfestival auf jeden Fall. Weiterlesen

Wenn am Set was schieflief, will keiner etwas gewusst haben. Oder weiß noch ganz andere Sachen zu erzählen. Da wär’s doch ganz gut, wenn die Produktion schon vorher wüsste, wo etwas klemmt. | Foto © Adobe Stock

Regeln, Workshops und Ansprechstellen sollen für ein sicheres Arbeitsklima sorgen. Ob dann auch wirklich alles gut läuft beim Dreh, ist eine andere Frage. Eine App soll den täglichen Überblick verschaffen. „Call It!“ fragt Cast und Crew anonym nach Problemen und Stimmung am Set und gibt Produktionen die Chance, rasch zu reagieren, sagt Kate Wilson, die die App mit Jules Hussey und Delyth Thomas entwickelt hat. 

Frau Wilson, „Call It!“ soll für gute Arbeitsbedingungen beim Film sorgen: Die App fragt, wie es auf der Arbeit war – geantwortet wird nach einem simplen Ampelsystem, wie man es aus dem Supermarkt kennt. Reicht das? Schließlich geht es laut Ihrer Website um eine ganze Menge: „Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsbedingungen, inakzeptable Verhaltensweisen und Schutzmaßnahmen sowie Fälle von Mobbing, Belästigung und Diskriminierung“.
Die App stellt drei verschiedene Fragen: Zuerst die allgemeine Frage „Wie wurden Sie heute am Arbeitsplatz behandelt?“ Hier können Sie tatsächlich mit dem Ampelsystem angeben, ob es gut, okay oder schlecht war. 
Die zweite fragt, ob Sie Bedenken haben in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsschutz oder Arbeitsbedingungen – oder (und das ist wichtig) ob Sie bestätigen, dass Sie keine dieser Bedenken haben.
Die dritte Frage ist, ob Sie Mobbing oder Belästigung erlebt haben. Wenn Sie mit „Ja“ antworten, erhalten Sie eine Liste von Diskriminierungsarten (wie sexuelle Belästigung, Rassismus oder Ableismus) und können ankreuzen, ob eine dieser Arten auf Ihre Erfahrung zutrifft.  

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Wer früher nachfragt, wird später nicht böse überrascht. Die App „Call it!“ misst die Stimmung am Set – anonym, einfach und tagesaktuell. Bei der btf (bildundtonfabrik) soll das zum Standard werden, erklären Sara Heidelbach (links) und Sarah Van Hoit. | Fotos © Jule Everts | José Puister

In Großbritannien startete „Call It!“ schon 2021 (cinearte 543). Die App soll für gute Arbeitsbedingungen sorgen: Mit einem simplen Ampelsystem bewerten die Nutzer*innen regelmäßig anonym ihren Arbeitstag – etwaige Probleme sollen so früh erkannt werden. Nun liegt die App in zwölf Sprachen vor. Als deutscher Partner ist die btf (bildundtonfabrik) (btf) dabei. Über die ersten Erfahrungen berichten Sara Heidelbach (Herstellungsleitung Fiktion) und Sarah Van Hoit (Human Resources).

Wie sieht Ihre Kooperation aus?
Sarah Van Holt:
Wir unterstützen Kate Wilson und ihre Kolleg*innen bei „Call It!“ in erster Linie mit ganz praktischen Dingen, wie Übersetzung der App ins Deutsche, aber vor allem auch dem Bereitstellen von Informationen zu deutschen Beratungsstellen und Hilfsangeboten. „Call It!“ sollte unserer Meinung nach von möglichst vielen Produzent*innen genutzt werden.

Warum nutzen Sie die App?
Sara Heidelbach:
Bei btf (bildundtonfabrik) haben wir schon seit Jahren eine Vertrauensstelle, an die sich Kolleg*innen mit ganz unterschiedlichen Anliegen jederzeit wenden können, und natürlich auch Angebote wie Themis oder Anlaufstellen von unseren Auftraggebenden. Wir sehen „Call It!“ als wertvolle Unterstützung, unseren Kolleg*innen zusätzlich einen unkomplizierten Weg anzubieten, Erfahrungen, Sorgen und Bedenken zu teilen. Hier kann man täglich völlig anonym auf die Frage „Wie wurdest du heute bei der Arbeit behandelt?“ antworten. Damit können wir als Teamleiter*innen in Echtzeit Stimmungsbilder verfolgen und darauf reagieren und gegensteuern. Zudem kann „Call It!“ bei einer Rückschau auf das Projekt helfen, um Wiederholungen zu vermeiden.

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