„Oderbruch“. | Foto © ARD Degeto/Syrreal Dogs/CBS/Stefan Erhard

Die Degeto rief zum Ideenwettbewerb für Geschichten aus dem Osten. Gut gemeint, aber Thema verfehlt?  

Um „die Zusammenarbeit mit ost- und mitteldeutschen Produktionsfirmen zu stärken“ hatte die ARD Degeto zum Ideenwettbewerb für „Ostside-Stories“ aufgerufen. Ein Krimi oder Threiller sollte es sein. Rund 40 Produktionsfirmen reichten ihre Exposés für einen Stoff ein, „der regionale Perspektiven aufgreift und zugleich ein breites Publikum anspricht.“ Das trifft ein aktuelles Thema: Über das Leben im Osten wird bislang vor allem von Filmschaffenden aus dem Westen erzählt – und oft falsch, kritisieren Filmschaffende aus dem Osten. 

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„Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“: In seinem Spätwerk arbeitet sich Edgar Reitz nochmal an der Frage nach der Wahrheit ab. Die ist nicht absolut, findet er mit 92. „Es gibt eine Wahrheit, die gibt es nur in der Wissenschaft, und dann gibt es eine andere, nämlich eine künstlerische Wahrheit.“ | Foto © Weltkino/Ella Knorz

Leibniz ist der richtige Philosoph für unsere Zeit, findet Edgar Reitz. Zehn Jahre lang hat er an seinem Alterswerk gearbeitet: „Ich wollte nicht über Leibniz erzählen, sondern aus ihm heraus“.

Filme macht man für seinen Anteil an der Welt, meint Edgar Reitz. „Ich träume nachts von meinen Figuren, ich wache mit Bildern auf. Die Frage, ob mein Film sich am Markt bewährt, ist mir in solchen Momenten völlig egal. Ich will Filme machen, die berühren, die herausfordern.“  

Zum Beispiel mit Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Vordenker der Aufklärung ist für ihn der richtige Philosoph für unsere Zeit. „Ich habe über zehn Jahre an dem Thema gearbeitet. Anfangs wollte ich ein großes Biopic machen, ein Zeitbild einer nach 30 Jahren Krieg verwüsteten Welt. Aber ich merkte, dass ich damit in Hollywood-Dimensionen komme“. erzählt Reitz im Interview mit Chris Schinke in der „Taz“. 

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„Deutschland ist dank des neuen Produktionsanreizes zurück im internationalen Wettbewerb“, freut sich Jörg Bachmaier. Ein „automatisiertes, steuerbasiertes Modell“ wäre aber auch ihm lieber gewesen. | Foto © Studio Babelsberg

In Studio Babelsberg hat sich der allgemeine Produktionsrückgang besonders deutlich bemerkbar gemacht. CEO Jörg Bachmaier ist trotzdem zuversichtlich. Auf der MediaTech Hub Conference spricht er nächste Woche über die Technik für die Zukunft.

Herr Bachmaier, der Branche geht es bereits im dritten Jahr nicht gut. Wo sehen Sie zurzeit die größten Herausforderungen –  beziehungsweise entscheidenden Stellschrauben?
Zwei große Krisen in der Filmbranche der letzten Jahre – die Covid-Pandemie und der Doppelstreik der Gewerkschaften WGA und SAG-AFTRA in den USA – hatten weltweit Auswirkungen. Die Folgen spüren wir noch heute: Zahlreiche internationale Produktionen wurden verschoben, verkleinert oder ganz gestrichen. Parallel dazu erleben wir eine Marktkonsolidierung, das heißt weniger Projekte, weniger Aufträge, weniger Anbieter durch Zusammenschlüsse von Studios und Produktionsfirmen – und dazu immer engere Budgets. Das verschärft den internationalen Wettbewerb enorm.
Speziell in Deutschland hat die Regierungskrise Ende 2024 die Umsetzung der geplanten Filmförderreform verzögert und Produzenten verunsichert. Gerade für internationale Produktionen ist diese Unsicherheit ein erheblicher Standortnachteil, denn Verlässlichkeit und Planbarkeit sind für unsere Kunden entscheidend. Daher haben wir begrüßt, dass die Bundesregierung im Sommer die Verdoppelung der Fördermittel für Filme und Serien verkündet hat. Auch wenn wir uns ein automatisiertes, steuerbasiertes Modell gewünscht hätten, bietet die nun geplante Lösung die Chance auf eine schnelle und wirksame Entlastung der Branche. 

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Man könne nicht nur vom Widerstand erzählen – die meisten haben doch mitgemacht beim Faschismus, sagt Dennis Gansel. In seinen Filmen sucht er nach den Gründen. Diesmal in einem Panzer an der Ostfront. | Foto © Amazon MGM Studios

Fünf Mann, ein Panzer und ein Befehl: In „Der Tiger“ schickt Dennis Gansel deutsche Soldaten auf eine falsche Heldenreise.

Dennis Gansel hat einen Antikriegsfilm über Wehrmachtsoldaten und ihren Panzer an der Ostfront gedreht. Für den Kinofilm tat er sich mit Amazon zusammen. „Der Tiger“ sei „gewissermaßen die Antwort auf den Netflix-Erfolg ,Im Westen nichts Neues’“, schreibt Andreas Busche im „Tagesspiegel“ [Bezahlschranke]. Doch ihm behagt schon die ganze Idee nicht: „Der Bezug zu Francis Ford Coppolas ,Apocalypse Now’ ist ebenso offensichtlich wie die ideologische Nähe zur Verfilmung des Romans ,Das Boot’ […], mit dem das deutsche Kino Anfang der achtziger Jahre die restaurative Kohl-Ära begleitete.“ 

Diese Sorgen hat Lennart Sämann in der „Taz“ nicht. Er fragt sich aber, ob es wirklich nochmal zwei Stunden Film brauche, „die illustrieren, wie sich Befehlsträger der Wehrmacht eine Opfer-Haltung schaffen?“ 

Aber ja doch, findet Hanns-Georg Rodek in der „Welt“. Schließlich habe Gansel „eine inoffizielle Faschismus-Trilogie gedreht: ,Napola‘ über die NS-Eliteschule, ,Die Welle’ über ein Sozialexperiment, das zeigt, wie in einer Gesellschaft faschistoide Strukturen entstehen – und nun ist er im Herzen der Finsternis angekommen, dem deutschen Vernichtungsfeldzug im Osten. Gemessen an dessen zentraler Bedeutung für unsere Historie gibt es nicht viele deutsche Filme darüber […]. Soldaten wie sie werden später auf Befehlsnotstand plädieren“. 

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Ewige Warterei in „Cast Away“ (© Paramount)

Fast fertig sei die Förderreform. Auch die Investitionsverpflichtung kommt „in Kürze“, verspricht der BKM. Doch bis alle Pläne auch umgesetzt sind, wird es wohl schon wieder Sommer sein.

Der BKM hatte sich vorigen Freitag erneut mit Streamern und Sendern „in sehr konstruktiven Gesprächen ausgetauscht. Den Entwurf für ein Investitionsverpflichtungsgesetz wird Staatsminister Weimer zeitnah vorlegen“, verspricht die Pressemitteilung. Dann wäre endlich vollbracht, was seine Vorgängerin Claudia Roth vor die Jahren angekündigt hatte: die gründliche Reform der Filmförderung für eine stärkere Branche und bessere Filme – der „große Wurf“.

Ganz so grundsätzlich war die Reform doch nicht durchdacht, es ging vornehmlich wieder nur ums Geld und wie es vermeintlich zielführender verteilt werden sollte. Immerhin brachte Roth in letzter Minute noch das neue Filmfördergesetz durch, die Finanzierung indes blieb offen: ein Steueranreizsystem und eine Investitionsverpflichtung für Streamer und Sender waren mal Teil der Reformpläne.

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„Nicht allein das ABC | Bringt den Menschen in die Höh, | Nicht allein im Schreiben, Lesen | Übt sich ein vernünftig Wesen; […] Sondern auch der Weisheit Lehren | Muß man mit Vergnügen hören.“ („Max und Moritz“, 4. Streich). | Illustration © Wilhelm Busch

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien lehnt „jede bevormundende Spracherziehung ab“. Deshalb hat er seiner Behörde das Gendern verboten.

Während der Sommerpause hat der Kulturstaatsminister seiner Behörde das Gendern verboten, berichtete unter anderem „Die Zeit“. Laut Wolfram Weimer „vertieft das Gendern die Spaltung unserer Gesellschaft. Sprache soll verbinden, nicht trennen.“ Es gehe ihm dabei auch um den Erhalt „unserer Sprachkultur im Land der Dichter und Denker“, erklärte er im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Mutwillige Eingriffe durch das Gendern seien „nicht nur unnötig, sie beschädigen auch die Schönheit unserer Sprache“. Diese Linie „empfehle ich auch jenen Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln arbeiten – von Museen über Stiftungen bis hin zu Rundfunkanstalten“, sagte Weimer der Deutschen Presse-Agentur.

Mit seiner Empfehlung ruderte der BKM gleich wieder zurück, denn das Echo auf den Kulturseiten war überwiegend skeptisch. Lediglich „der FAZ-Feuilleton- Herausgeber Jürgen Kaube [Bezahlschranke] hat ihm applaudiert, weil es ihn stört, beim Lesen immer wieder auf die Existenz von Frauen hingewiesen zu werden. Er findet das unästhetisch“, ätzte Robin Dietje in der „Taz“.  

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Finanzminister Lars Klingbeil (links) und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer haben eine Lösung gefunden: Statt Steueranreiz gibt’s viel mehr Geld für die Filmförderung. Der BKM erklärt den Kurswechsel pragmatisch. Die Investitionsverpflichtung soll auch bald kommen; dann sei die Filmreform abgeschlossen. | Foto © BKM

Noch mehr Geld soll’s nächstes Jahr für die Kultur geben. Wenn alle Pläne aufgehen, kommt auch die Förderreform zum Abschluss. Sie sieht nur etwas anders aus als angekündigt. 

Plötzlich kann alles ganz schnell gehen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Haushalt fürs nächste Jahr verabschiedet. Rund 2,5 Milliarden Euro will die Bundesregierung für Kultur und Medien bereitstellen. Um rund 10 Prozent würde der Etat damit wachsen – der Gesamthaushalt, darauf weist Jörg Häntzschel in der „Süddeutschen Zeitung“ [Bezahlschranke] hin, steigt lediglich um 3,5 Prozent. Das sei ein „Rekordniveau“ und „steht für einen kultur- und medienpolitischen Aufbruch“, so der Beauftragte Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Wolfram Weimer. „So können wir kulturpolitische Vorhaben des Koalitionsvertrags zügig umsetzen“.

Jetzt müssen nur noch Bundestag und Bundesrat zustimmen, dann steht beinahe auch die zweite Säule der großen Förderreform! Sie sieht nur etwas anders aus. Ein großer Teil vom Zuwachs (117 Millionen Euro) ist für die Filmförderung vorgesehen. Die Mittel für die Deutschen Filmförderfonds und den German Motion Picture Fund werden fast verdoppelt auf 250 Millionen Euro. „Dies ermöglicht ein attraktives Anreizsystem, das deutschen und internationalen Produzentinnen und Produzenten langfristige Planungssicherheit bietet“, verspricht Weimer. „Dem Filmstandort Deutschland eröffnet das die Gelegenheit zum dringend nötigen Neustart auf international wettbewerbsfähigem Niveau.“ Zum Vergleich: Die französische Filmförderung CNC hatte 2022 ein Budget von 821 Millionen Euro.

„Das klingt nach viel, droht aber angesichts der prekären Situation, in dem sich die deutsche Filmindustrie befindet, wie Tropfen auf heißen Steinen zu verdunsten“, zweifelt Harry Nutt in der „Frankfurter Rundschau“. Die Branche hatte auf Steuererleichterungen gehofft. „Die jedoch hätten Einnahmeverluste bei den Bundesländern zur Folge gehabt, die deshalb gegen fiskalische Eingriffe opponierten. Die nun ausgewiesene Kompensation durch höhere Fördersummen betrachten Experten äußerst skeptisch, weil diese kaum nachhaltig seien.“

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Der neue Kulturstaatsminister will „die Förderlandschaft deutlich aktivieren und umstrukturieren“, verrät aber nicht wie. Und mit der großen Reform lässt auch er sich Zeit (Szenenfoto aus „Comedian Harmonists“, 1997). | Foto © Universum

Jahr 5 der großen Förderreform, Jahr 3 der großen Krise. Und der BKM überlegt noch.

Uns geht’s schon wieder ganz schön gut, erzählte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer vorige Woche der „Rheinischen Post“. Im Interview mit Hagen Strauß und Kerstin Münstermann lobte er erstmal ausgiebig die Arbeit der eigenen Regierung. Im Kabinett herrsche „ernste, fleißige Konzentration, man will pragmatisch Probleme lösen, da ist ganz wenig Ideologie. […] Und in Deutschland startet endlich wieder ein Aufschwung.“ 

Deshalb dauert es eine Weile, bis es um Kultur geht, und in der zweiten Hälfte kommt auch endlich der Film dran. Aber nur ganz kurz. Er wolle „die Förderlandschaft deutlich aktivieren und umstrukturieren“, sagt Weimer, verrät aber nicht mehr. Nur soviel: „Es werden zu viele Filme am Publikum vorbei produziert. Es ergibt keinen Sinn, dass Filme mit viel Geld subventioniert werden und dann nur die Freunde des Regisseurs ihn gucken. Wer Filme macht, sollte vor allem ans Publikum denken.“ 

Da sollte sich der BKM keine Sorgen machen, denn das wurde bereits lange und ausgiebig durchdiskutiert. Und das Referenzpunkte-System im neuen Filmfördergesetz (BKM) wird schon dafür sorgen, dass weniger Experimente gemacht werden. Im Gesetzestext selbst ist die Förderung übrigens nicht an derartige Bedingungen geknüpft.

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Gewerkschaftskundgebung während der Tarifverhandlungen im vorigen Jahr. Die Gagentabelle geht von einer 50-Stunden-Woche aus, doch oft wird noch länger gearbeitet. Sonst könne man in Deutschland keine Filme drehen, lautet die übliche Begründung. | Foto © Christian von Polentz/Verdi

Alle müssen sparen, die Förderreform ist immer noch eine Baustelle. Es soll aber noch einen Grund geben, warum Produktionen im Ausland drehen. 

Dass sich die „Produktionsflucht“ aus Deutschland gerade beschleunigt, sei wohl auch ein bisschen die Schuld der Filmschaffenden, hat Lisa Priller-Gebhardt für die „Süddeutsche Zeitung“ [Bezahlschranke] beim „Bayerischen Filmgipfel“ herausgefunden: „Fragt man unter Produzenten nach weiteren Gründen dafür, dass sie inzwischen um Deutschland einen Bogen machen, dann ist schnell auch vom neuen Tarifvertrag die Rede, der Anfang Mai in Kraft getreten ist. Er umfasst unter anderem eine Begrenzung der Tageshöchstarbeitszeit, Zuschläge für lange Drehtage sowie einen zusätzlichen bezahlten freien Tag je 20 Drehtage, zweimalige Gagenerhöhungen um 2,5 Prozent sowie eine branchenweite betriebliche Altersvorsorge mit vier Prozent Arbeitgeberzuschuss von nächstem Jahr an.“ 

Die größte Interessenvertretung der Produzent*innen kennt die Realitäten besser: „Unsere Branche muss für Fachkräfte und Nachwuchs attraktiv sein, nur so bleibt sie zukunftsfähig“, meldete die Produktionsallianz zum Start des Tarifvertrags. Denn nicht nur wegen der Produktionsflaute hat die Branche Probleme, Nachwuchs zu finden und Fachkräfte zu halten, hatte zum Beispiel vor zwei Jahren Dominique Ott-Despoix im „Fluter“ geschildert. 

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Was plant der neue BKM? Irgendwas mit Film halt. Wolfram Weimer (links, mit Ministerpräsident Markus Söder) gab beim „2. Bayerischen Filmgipfel“ erste Auskunft über den Fortgang der Förderreform. Auch dieses Jahr wird sie wohl wieder nicht fertig. | Foto © Joerg Koch/Bayerische Staatskanzlei

So geht deutsche Filmpolitik: Bayerns Ministerpräsident träumt von Hollywood, der Kulturstaatsminister von der Marktwirtschaft, und die Branche wartet weiter auf die Förderreform.

Bislang hat der neue Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) nur allgemeine Grundsatzdiskussionen zur Kulturpolitik angeregt. Vorige Woche wurde Wolfram Weimer beinahe konkret. Bayerns Ministerpräsident Markus hatte vor dem Münchner Filmfest am Freitag zum zweiten „Bayerischen Filmgipfel“ mit Produzent*innen, Sendern und Streamern eingeladen, mit dem BKM als prominentestem Gast. Söders Sorge gilt der „schwächelnden deutschen Filmbranche“, berichtet David Steinitz in der „Süddeutschen Zeitung“ [Bezahlschranke]. „Sie drehe immer weniger daheim und immer mehr im Ausland, weil es dort bessere Konditionen und Steuersparmodelle gebe. Ganz zu schweigen von internationalen Produktionen, besonders aus Hollywood, die auch schon mal zahlreicher nach Deutschland gekommen seien.“  

Bei Söders Plänen bleibt Steinitz skeptisch. Denn der habe „auch in Sachen Filmpolitik schon seit Jahren viel versprochen und wenig geliefert.“ Spannender ist da, was der BKM beim Filmgipfel zu sagen hatte. Schließlich warten so ziemlich alle darauf, dass die Reform der Bundesfilmförderung endlich vollendet wird. Drei Jahre nach der Ankündigung sind Investitionsverpflichtung und Steueranreizsystem immer noch nicht geregelt, obwohl sich die Regierungsparteien doch weitgehend einig schienen. 

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Hauptsache billig. Drehstart zur dritten Staffel von „Charité? in Tschechien 2019. | Foto © MDR/Ufa Fiction/Stanislav Honzík

Die Förderreform lässt weiter auf sich warten. Unterdessen zieht es Produktionen lieber in billigere Nachbarländern. Sogar die öffentlich-rechtlichen Sender ziehen dabei mit.

Während die Feuilletons mit dem neuen Kulturstaatsminister noch die Kultur erörten, drängt die Branche zum Handeln. 22 Berufsverbände und Vereinigungen haben einen Offenen Brief an BKM Wolfram Weimer geschrieben – mit der „dringenden Erwartung, dass Sie zwei zentrale Förderinstrumente aus dem Koalitionsvertrag zügig umsetzen: ,eine gesetzliche Investitionsverpflichtung sowie ein steuerbasiertes Anreizmodell, um die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland durch eine zeitnahe Reform der Filmförderung zu verbessern.’“  

Im ganzen Wortlaut ist der Offene Brief zurzeit nur auf „Blickpunkt Film“ [Bezahlschranke] zu lesen. Darin schließen sich die Unterzeichnenden ausdrücklich einem ähnlichen Appell an. Schon im März, kurz nach der Wahl, hatten mehrere Verbände mit Sitz im FFA-Verwaltungsrat gemahnt [hier bei „Blickpunkt Film“]: „Deutschlands Filmtalente sind auf Weltniveau, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind es derzeit nicht. Deswegen befindet sich die deutsche Filmproduktionslandschaft in einer strukturellen Krise.“ Gemeint ist: Der großen Reform fehlen noch Steueranreize und Investitionsverpflichtung.  

Denn ohne die „rauscht die Produktion von TV-Serien und Kinofilmen am heimischen Markt vorbei in Länder wie Spanien, Italien, Polen, Ungarn, Tschechien oder eben Österreich“, schreibt Achim Rohnke, Geschäftsführer des Verbands Technischer Betriebe für Film & Fernsehen (VTFF), in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ [Bezahlschranke]. Da sieht er auch die Öffentlich-Rechtlichen in der Verantwortung: 

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Eigentlich hätte eine obligatorische betriebliche Altersvorsorge für Filmschaffende sogar im neuen Filmfördergesetz stehen sollen. Der Kulturausschuss des Bundestags hat sie wieder gestrichen. Jetzt kommt sie wenigstens als Tarifvertrag. Szenenfoto aus „Jetzt oder nie“ (2000). | Foto © Wild Bunch

Ab Juli haben Filmschaffende Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge – „bei allen Dreharbeiten obligatorisch, verbindlich“. Das ist gewaltiger Fortschritt bei der sozialen Absicherung. Ausnahmen gibt es freilich weiterhin. 

Mit den Beschäftigungsverhältnissen der Branche tut sich das deutsche Sozialsystem bekanntlich schwer. Besonders die Rente macht vielen Filmschaffenden Sorgen. Ab 1. Juli wird’s besser! Dann tritt der neue Tarifvertrag über eine betriebliche Altersvorsorge in Kraft, auf den sich Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und Schauspielverband (BFFS) mit der Produktionsallianz geeinigt hatten. Damit werde die „betriebliche Vorsorge bei allen Dreharbeiten obligatorisch, verbindlich“, erklärt Heinrich Schafmeister vom BFFS 

Dafür setzt man auf ein bewährtes System: die Pensionskasse Rundfunk (PKR). Allen Filmschaffenden, die in einer Filmproduktion mitwirken, steht für diese Zeit eine Zahlung in die betriebliche Altersvorsorge bei der PKR zu. Das heißt: die Produktionsfirmen zahlen einen Betrag in Höhe von 4 Prozent der vereinbarten Gage (zusätzlich zur Gage!) bei der PKR ein, die Filmschaffenden zahlen den gleichen Betrag als Eigenanteil. Eine entsprechende Regelung muss aber in den Arbeitsvertrag eingefügt werden.  

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Der neue Kulturstaatsminister hat einen Artikel geschrieben. Die Kulturseiten lesen es als „seine ultimative Antrittsrede“. Darin geht es weniger um die Kultur, sondern um der Kampf darum.(Szenenfoto aus „Das weiße Band“, 2009). | Foto © X-Filme

Die Kunst wird von allen Seiten bedroht und muss geschützt worden, warnt der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer. Die Gefahren schätzt er allerdings recht unterschiedlich ein.

Der Kulturkampf hat längst begonnen, weiß Wolfram Weimer. In einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ [Bezahlschranke] sieht sich der neue Kulturstaatsminister in der Verantwortung: „Wenn Kulturkämpfe ausgefochten werden, geht es selten um Kultur. Es geht um Macht. Verhandelt wird über Deutungsmacht, welche Ideen, Perspektiven, welche Kunst und Wissenschaft erwünscht ist und welche nicht. […] Linke wie Rechte wollen die Kunst politisieren, haben sich aber ein denkbar ungeeignetes Objekt ausgesucht. Die Korridore des Sagbaren, Erkundbaren und Darstellbaren gilt es zu weiten, anstatt sie zu verengen. […] Nach wie vor entsteht Kunst auf dem Resonanzboden einer vielfältigen Gesellschaft mit unzähligen mentalen Strömungen und schert sich nicht um Vorgaben, Vereinnahmungen oder Verbote. Gerade deshalb muss sie gefördert werden. […] Der Staat kann […] als Mäzen auftreten, sollte sich aber inhaltlicher Einmischung enthalten. Er degradiert ansonsten die Künste zur Platzanweiserin der jeweiligen politischen Korrektheit.“ 

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Die Erwartung an Vertrauenspersonen sind hoch. Sie sollen die Abläufe in der Filmproduktion kennen, beratungssicher sein und vor allem unabhängig. „Das ist nicht einfach“, sagt Thomas Biniasz. | Foto © Pexels

Im September startet die erste Weiterbildung zur Vertrauensperson – sogar mit Zertifikat. Thomas Biniasz und Christine von Fragstein von Fair Play Film + Kultur haben die  Weiterbildung entwickelt, die Produktionsallianz ist Co-Veranstalterin.

Wie kam es zur Zusammenarbeit?
Thomas Biniasz:
In Kooperation mit der Produktionsallianz veranstalten wir ja bereits Workshops zum Thema Leadership. Nun gibt es seit vorigem Herbst den Respect Code Film, den die Produktionsallianz mit Verdi, dem BFFS und vielen weiteren Sendern und Verbänden initiiert hat …

… und der unter anderem und vor allem Vertrauenspersonen am Set vorsieht.
Thomas Biniasz:
Und weil es bislang keine zertifizierte Weiterbildung zur Vertrauensperson gibt, gingen wir auf die Produktionsallianz zu und wir entschieden, das gemeinsam in die Welt bringen. Die inhaltliche Arbeit kommt vor allem von Christine und mir. Wobei wir viele Gespräche mit Produktionen und Geschäftsführenden führten und schauten, ob das auch für sie passt.

Den RCF haben Sender, Streamer und Verbände unterschrieben. Darin ist zwar viel geregelt, aber doch mit sehr viel „kann“ und „sollte“. Wie verbindlich ist denn da eine Weiterbildung für Vertrauenspersonen? Oder ein Zertifikat?
Christine von Fragstein:
Der RCF ist ja zuerst mal eine Selbstverpflichtung und eine Handlungsabsicht. Und jetzt kommen im Zuge der ganzen Diskussion aus der Branche schon viele Wünsche. Die Produktionsallianz entwickelt zurzeit eine Handlungsempfehlung für Filmproduktionen aus dem Respect Code Film. Und darin ist der Einsatz von externen Vertrauenspersonen ein ganz wichtiger Baustein. Der Gedanke: Damit schaffen wir einen „Safe Space“ und können auch ein Stück weit dieses Schweigen und diese Angst, die oft herrscht, durchbrechen. Die Weiterbildung ist also ziemlich maßgeblich zur Erfüllung des RCF.

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Wenn das Fernsehen von Ostdeutschland erzählt, wimmelt es meist von Klischees und Stereotypen. „Es fehlt einfach an Entdeckungslust, am Blick für Überraschendes, an Neugierde“, findet der Drehbuchautor Torsten Schulz. Das war mal anders (Szenenfoto aus „Polizeiruf 110: Vor aller Augen“, 2013). | Foto © RBB/Conny Klein

35 Jahre nach der Wiedervereinigung hat der Westen immer noch ein schräges Bild vom Osten. Film und Fernsehen tragen eifrig dazu bei – an den Entscheidungspositionen sind Ostdeutsche eine verschwindende Minderheit. Das muss sich ändern, fordert das  Netzwerk Quote-Ost noch einmal in einem Offenen Brief.   

Wieso gilt Diversität eigentlich nicht für Ostdeutsche? In einem Offenen Brief fordert das Netzwerk Quote-Ost mehr Ostdeutsche in Entscheidungs­positionen. 35 Jahre nach der Wiedervereinigung seien sie gerade in der Film- und Fernsehbranche noch „erschreckend“ unterrepräsentiert: „Es handelt sich hier ganz klar um eine strukturelle Benachteiligung.“ 

Den Brief gab’s zwar schon im Februar zur Bundestagswahl, doch nun ging er auch an den neuen Kulturstaatsminister und findet mehr Beachtung. Michael Hanfeld hält die Forderungen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ [Bezahlschranke] für „ziemlichen Nonsens“: „Quotenvorgaben bedeuten das Ende der Kreativität und der Kunstfreiheit“ und führten eh „auf den Holzweg“.  

Ganz so einfach macht es sich Torsten Schulz nicht. Er ist Professor für Drehbuch an der Filmuniversität Babelsberg und Mitbegründer der Initiative. „Grundsätzlich und von Hause aus“ sei er selbst „immer noch gegen solche Quoten. […] Aber die Ungerechtigkeiten erscheinen mir hier zu massiv und verfestigt“, erklärt er im Interview mit Michael Pilz in der „Welt“ [Bezahlschranke]. 

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