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Willkommen bei den Tykwers! In „Das Licht“ wird eine dysfunktionale Familie von ihrer syrischen Haushälterin durchgerüttelt. Dabei ließ sich Tom Tykwer von einem alten Hit inspirieren. | Foto © X-Filme/Frederic Batier

Die Musik ist für Tom Tykwer nicht bloß ein Soundtrack. Für seinen neuen Film nahm sich der Regisseur die „Bohemian Rhapsody“ von Queen als Vorbild. Weil sie „die Musik in all ihren Facetten feiert“. Das wünscht er sich auch fürs Kino.

Fast zehn Jahre lang hat Tom Tykwer an einer Fernsehserie gearbeitet, jetzt ist er zurück im Kino. Und sein neuer Film „Licht“ sei „ein überbordendes Drama, das den Finger in aktuelle gesellschaftliche Befindlichkeiten legt“, findet Valerie Dirk im „Standard“. Untermalt wird das aktuelle Drama von einem alten Pop-Schlager: „Bohemian Rhapsody“ von Queen.   

„Das Lied hat mich mein Leben lang begleitet und hatte immer wieder überraschende Comebacks“, erklärt Tykwer. „Ich nehme an, es hat damit zu tun, dass man spürt, dass es die Musik in all ihren Sprachen, in all ihren Facetten feiert. Es ist ein Song, eine Oper, eine Ballade, Hardrock und irgendwie auch Elektro. Viele Genres, die geheimnisvoll ineinander verwebt werden. Obendrein ist es auch eine intime Erzählung, fast eine Beichte, die sich langsam, kunstvoll erschließt. ,Das Licht’ ist der Versuch, dazu ein Äquivalent fürs Kino zu schaffen. […] Ich habe das Gefühl, das künstlerische Kino erlebt gerade ein Comeback. Ganz schön wilde Filme finden wieder ein breites Publikum, das macht mich total glücklich. Es gab eine Zeit, in der das Publikum fremdgegangen ist, um herauszufinden, was es alles rausholen kann aus diesem Tsunami, der über die Streamer und die Mediatheken – also über dieses neue, serielle Erzählen – auf uns zugeflogen kam. Jetzt haben wir diese neue ästhetische Form begriffen und können einschätzen, was wir davon haben und was nicht. […] Im seriellen Erzählen gibt es die Freiheit, auch mal abbiegen zu können und Umwege zu gehen. Es ist facettenreich und vielstimmig. Das Kino, das vormals eher dem Joch des ökonomischen Erzählens unterworfen war, kann sich jetzt bestimmter Aspekte bedienen, die früher als zu experimentell wahrgenommen wurden. Filme können auch durchaus mal länger sein, weil wir völlig daran gewöhnt sind, uns auch in längeren Erzählungen aufzuhalten, und das sogar genießen. Es geht jetzt alles im Kino, wonach ich mich sehne. Und Filme, die kraftvoll die Möglichkeit des Kinos austarieren, werden gebraucht, um dem Aberwitz unserer Gegenwart einigermaßen gerecht zu werden.“ 

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Das Team von „No Other Land“ (von links) mit seinen „Oscars“: Basel Adra, Rachel Szor, Hamdan Ballal und Yuval Abraham. | Foto © Etienne Laurent/AMPAS

Vor drei Wochen gewann „No Other Land“ den „Oscar“, doch das Team hinter dem Dokumentarfilm ist in Gefahr. Der Koregisseur Hamdan Ballal wurde im Westjordanland schwer verletzt und festgenommen. Vorwürfe richten sich gegen israelische Siedler, Militär und Polizei.

Voriges Jahr auf der Berlinale hatte „No Other Land“ seine Weltpremiere. Seitdem sammelt der Dokumentarfilm Preise bis hin zum „Oscar“. Das israelisch-palästinensische Regie-Quartett aber fürchtet um seine Sicherheit. 

Am Montag war Hamdan Ballal, einer der Vier, im Westjordanland schwer verletzt, dann verhaftet und wieder freigelassen worden, meldet die Österreichische Presseagentur (APA). „Der israelische Co-Regisseur Yuval Abraham zitierte die Anwältin mit den Worten, Ballal sei die ganze Nacht in Handschellen und mit verbundenen Augen festgehalten und von zwei Soldaten verprügelt worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Anwältin sowie die israelische Polizei äußerten sich auf Anfrage zunächst nicht. Israels Armee verwies auf die Polizei.“ 

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Na also – geht doch! Fürs ZDF erzählt Rainer Matsutani die alte Sage vom Rattenfänger modern. „Es gibt keine existentiellere Form des Filmemachens als den Horrorfilm“, findet der Filmemacher. Mit der Quote von „Hameln“ ist er mehr als zufrieden: „Mit über 2 Millionen Klicks innerhalb von 30 Tagen und einer rekordverdächtigen Completion Rate von 70 Prozent hat sie sich zu einer Binge-Sensation entwickelt.“ | Foto © Roland Guido Marx/ZDF/Red Sun Films

Rund um die Welt werden Filme und TV-Serien in den Genres Horror, Science Fiction und Fantasy produziert. Nur in Deutschland tut man sich immer noch schwer – obwohl es an fantastischen Gruselthemen doch eigentlich nicht mangelt. Die Horror-Serie „Hameln“ auf ZDF Neo ist eine der wenigen Ausnahmen. Creator, Regisseur und Showrunner Rainer Matsutani blickt auf eine 30-jährige Karriere als Genre-Filmemacher zurück und gibt Tipps für Filmemacher*innen, die sich für Horror interessieren:

#1 – Du musst dein Genre kennen
Wenn du jemand bist, der/die im Kino ausschließlich deutsches Arthouse oder Komödien anschaut, bist du wahrscheinlich nicht der/die Richtige für das Genre. Es gibt ein etabliertes Horror-Universum, das reich ist an Codes, Mustern und Referenzen. Horror definiert sich über strenge Regeln und Stereotypen, die man kennen muss, um sie lustvoll zu zitieren, variieren und innovativ zu erweitern: wie gestalte ich einen Jump Scare oder wie kommt das Opfer zu Tode? Horror-Konsumenten haben viel gesehen und eine Erwartungshaltung, die du nicht enttäuschen darfst.
Vor einigen Jahren wurde ein deutscher Horrorfilm bei einem Streamer in Auftrag gegeben. Das Drehbuch war solide, aber der Produzent merkte schnell, dass die Regie sich eigentlich nicht im Genre auskannte. Er stellte ihr einige Wochen vor dem Dreh einen Karton voller DVD mit Horror-Klassikern zur Verfügung. Doch der Crash-Kurs hat nicht ausgereicht. Das filmische Ergebnis war von Ahnungslosigkeit und Langeweile geprägt, so dass der Streamer seither keinen deutschen Horror mehr in Auftrag gab.
Also: das Genre muss bereits in deinen Adern fließen, bevor du dich an ein Projekt machst.

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Meet the Shooting Stars 2025! Zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) alljährlich zehn aufstrebende Schauspieltalente vor. Pierpaolo Festa and Antonio Bracco trafen sie zum Speed-Interview.

Jedes Jahr zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) ihre zehn „European Shooting Stars“ vor – die vielversprechendsten jungen Schauspieltalente aus der Alten Welt. In diesem Jahr sind das Marina Makris (Zypern), Besir Zeciri (Dänemark), Maarja Johanna Mägi (Estland), Devrim Lingnau (Deutschland), Elín Hall (Island), Karlis Arnolds Avots (Lettland), Šarunas Zenkevicius (Litauen), Lidija Kordic (Montenegro), Vicente Wallenstein (Portugal) und Frida Gustavsson (Schweden).

Crew United wollte ein bisschen mehr wissen und stellte den Zehn die gleiche Frage: „Was hält eine Crew zusammen?“ Die Antworten gibt’s im Youtube-Kanal auf Englisch (da klingt auch die Frage cooler): Sie offenbaren eine gemeinsame Leidenschaft, doch jede*r bringt eine einzigartige Perspektive ein.

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caption=“Arcata Theatre Lounge, Kalifornen, USA 2009. | Foto CC Bob Doran“

Kurz vor Jahresschluss kam doch noch das neue Filmförderungsgesetz. Die große Reform bleibt aber weiterhin eine Baustelle.  Und auch im FFG sind von den einstigen Plänen nur Bruchstücke geblieben. 

Das war knapp! Zwei Tage vor Jahresschluss wurde das neue Filmförderungsgesetz 2025 (FFG) veröffentlicht. Damit können auch in diesem Jahr weiter Filme gefördert werden, und die FFA wird „modernisiert“. Sie verantwortet nun alle Filmförderungsprogramme auf Bundesebene, „schneller und transparenter“ als bisher: die Filmförderung nach dem novellierten FFG, die jurybasierte kulturelle Filmförderung des Bundes, den Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und den German Motion Picture Fund (GMPF).  „Das ist nicht weniger als ein Paradigmenwechsel“, sagte FFA-Vorstand Peter Dinges bei der ersten Pressekonferenz im neuen Jahr, von der  Susanne von Kessel-Doelle bei „Blickpunkt Film“ berichtet: „Einen zentralen Schwerpunkt des neuen Gesetzes bildet die Automatisierung der Förderung. ,Die selektive Förderung alter Prägung hat ausgedient’, erklärte Dinges. ,Das neue System basiert auf Referenzpunkten und macht die Förderung planbar und unbürokratisch.’ Produzenten könnten ihre Mittel nun selbstständig kalkulieren und verwenden, ohne auf Gremienentscheidungen angewiesen zu sein. Die Schwellen für kleinere Projekte – etwa Talentfilme, Kinderfilme oder Dokumentarfilme – wurden bewusst gesenkt. ,Schon ein Festivalpreis oder ein erfolgreicher Kinostart reichen aus, um Förderung zu erhalten’, so Dinges. Diese Maßnahmen sollen vor allem jungen Filmschaffenden zugutekommen und die Vielfalt des deutschen Films stärken.“ Und immerhin: Die erste Säule der großen Förderreform steht.

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Szenenfoto aus „Der Grinch“ (2000). | Foto © Universal

Trotz neuer Versprechen der BKM wird’s wohl nichts mehr mit der ganzen Förderreform. Das FFG hat zwar noch Chancen, aber Investitionsverpflichtung und Steueranreize werden vertagt. Der Vorwurf: Für eine Reform von „von existenzieller Bedeutung“ für Land und Branche habe sich Deutschland oberste Filmförderin ganz schön viel Zeit gelassen. Und reihenweise Fehler gemacht. 

Der Countdown läuft, und alle drängeln. Vier Wochen noch bis Silvester, dann muss ein neues Filmfördergesetz her. Ansonsten droht der Untergang für Deutschlands Filmbranche. So schildert die Produktionsallianz die Aussichten und hat auch allen Grund dafür, nämlich die aktuelle Herbstumfrage unter ihren Mitgliedsfirmen: 77 Prozent der Unternehmen in der Produktionsallianz schätzten die Lage als „schlecht oder sehr schlecht“ ein (im Vorjahr waren es noch 56 Prozent). Nur für 0,5 Prozent ist die sehr gut oder gut. 80 Prozent der Unternehmen im Fiction-Bereich gaben an, das Auftragsvolumen internationaler Streamer sei seit 2022 stark beziehungsweise sehr stark gesunken.  

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Die Ansprüche sind gestiegen, aber nicht die Etats. Der Kostendruck bei öffentlich-rechtlichen Fernsehproduktionen hat Folgen: Unfertige Drehbücher und Stress am Set. Entspannter zeigten sich der Regisseur Mark Robson und Produzent Jennings Lang in den Kulissen von „Erdbeben“. Aber das war vor 50 Jahren und außerdem fürs Kino. | Foto © Universal

Die Initiative Fair Film schlägt Alarm: ARD und ZDF sparen seit Jahren auf Kosten der freien Produktionslandschaft! Das wirkt sich auf Arbeit und Qualität aus. Und das „Produzentensterben“ geht weiter.

In einem Offenen Brief an ARD und ZDF schlägt die Initiative Fair Film Alarm: An den Produktionsbedingungen fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen müsse sich „dringend etwas ändern“. Die „Problemanalyse“ sieht das Bündnis von mehr als 30 Berufsverbänden und Organisationen der Branche als hoffentlichen „Auftakt eines gemeinsamen, konstruktiven Dialogs“.

„In dem siebenseitigen Schreiben werden die Probleme der freien Filmszene geschildert, insbesondere schwindende Aufträge, niedrige Budgets, Insolvenzen und die Abwanderung der Mitarbeitenden in andere Branchen. Die hohen Qualitätsansprüche der öffentlich-rechtlichen Sender seien nicht an entsprechend hohe Budgets gekoppelt. ,Es soll aussehen wie Netflix, aber nur einen Bruchteil davon kosten’, heißt es in dem Brief“, berichtet Lara Marmsoler in der „Süddeutschen Zeitung“ [Bezahlschranke]. Und: „ARD und ZDF äußerten sich zu den Vorwürfen aus der Filmbranche auf Anfrage am Montag nicht“.

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Leila Fatima Keita hat das Thema Abtreibung in einem Desktop-Film montiert. Ihr war wichtig, „dass der Film zwar eine emotionale Note hat, das Thema jedoch auch aus politischer, medizinischer und sozialer Perspektive beleuchtet wird.“ Raum für die Kunst fand sie dabei trotzdem. | Foto © Juliane Guder/Edimotion

Um Filmschnitt und Montagekunst dreht sich das Edimotion im Köln. Beim Festival werden die „Schnitt-Preise“ in mehreren Kategorien verliehen. Die Editorin Leila Fatima Keita wurde den Kurzfilm „The Silence of 600 Million Results“ ausgezeichnet. 

Die Protagonistin deines Films „The Silence of 600 Million Results“ erfährt, dass sie ungeplant schwanger geworden ist und wir erleben ihre Suche nach Antworten zu der Frage, wie sie damit umgehen soll, über die Bildschirme ihres Laptops und ihres Smartphones. Welche Herausforderungen gab es für dich bei diesem Desktop-Film?
Sophie Lahusen hat mir für den Schnitt zahlreiche Videos und Fotos zur Verfügung gestellt. Zusätzlich entstand auch einiges an Footage durch Bildschirmaufnahmen, die ich im Schnittraum erstellt habe. Im Laufe des Montageprozesses erhielten wir Erfahrungsberichte von Menschen, die eine Abtreibung erlebt haben – sowohl in Audio- als auch in Videoform. Diese Berichte haben wir versucht, organisch mit dem übrigen Material zu verweben.
Anfangs arbeiteten wir ausschließlich mit deutschsprachigem Material. Da wir jedoch wollten, dass der Film auch international gesehen werden kann, haben wir nach einer Pause nochmals neu begonnen und eine englische Version produziert. Bei Desktop-Filmen ist es immer eine Herausforderung, zusätzliche Untertitel zu integrieren, da oft bereits viel Schrift auf dem Bildschirm vorhanden ist.  Weiterlesen

Was ist eigentlich Respekt? „Ali G in da House“ scheiterte da vor 20 Jahren schon am Buchstabieren. | Foto © Mars Distribution

Wer selbst nicht weiß, was sich gehört, kann es in Zukunft nachschlagen: Ein „Respect Code Film“ soll für Sicherheit an deutschen Sets sorgen. Wer sich nicht an die Regeln hält, könnte möglicherweise sogar mit Konsequenzen rechnen.

Verdi, die Schauspielgewerkschaft BFFS und die Produktionsallianz verhandeln regelmäßig den Tarifvertrag aus. Jetzt haben sie auch einen „Respect Code Film“(RCF) für die Branche vorgestellt. Der wende sich „gegen jede Form von respektlosem Verhalten, Belästigung, Gewalt, Diskriminierung oder anderes Fehlverhalten und schreibt branchenweite Grundsätze für sicheres Arbeiten und einen respektvollen Umgang bei jeder Art von Film- und Fernsehproduktion fest“, erklärt die Produktionsallianz.

Erarbeitet wurde der Code mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und Vaunet (dem Verband der privaten), Degeto und Netflix, der Deutschen Filmakademie und dem Regieverband. Die Berufsgenossenschaft und die Vertrauensstelle Themis haben beraten. Kurzum: „Die Branche gibt sich […] einen eigens erarbeiteten Verhaltenskodex“, meldeten die „Zeit“ und andere. Was aber nur die halbe Wahrheit ist, denn ein großer Teil der Branche war gar nicht dabei. Von den Berufsverbänden der Filmschaffenden war nur der Regieverband beteiligt.
Und so liest sich der Kodex denn auch so vage wie manches andere Bekenntnis aus den Büroetagen der Branche.

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Ulla Geiger (am Mikrofon) und Sonia Hasséguy (links daneben) mit Team bei der Kinopremiere zum Streaming-Release von „Wir drehen keinen Film“ 2022. | Foto © privat

Mit Mitte 60 hatte sich Ulla Geiger ihren Filmtraum erfüllt. Auf „Outtakes“ berichtete sie vor vier Jahren selbst von der Arbeit am Debütfilm. Am 22. Oktober ist sie gestorben. Ein Nachruf.

Ulla Geiger gehörte vielleicht nicht zu den prominentesten Gesichtern der Filmbranche, aber sie hinterließ einen prägenden Eindruck bei jenen, die sie kannten und mit ihr arbeiteten. Es ist mir ein tiefes Bedürfnis, von einer Künstlerin und Kollegin Abschied zu nehmen, die mit ihrer Authentizität und ihrem künstlerischen Ansatz viele Menschen – mich eingeschlossen – berührt hat.

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Die Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth. | Foto © Kristian Schuller

In sieben Wochen läuft das Filmfördergesetz aus. Politik und Branche läuft die Zeit davon. Durch den Koalitionsbruch ist die Lage noch unklarer geworden. Dabei drängen alle auf eine schnelle Lösung für alle Teile der großen Reform.

In drei Monaten, am letzten Tag der Berlinale, wird in Deutschland gewählt. Solange regiert die Restkoalition ohne Mehrheit, und unklar ist, welche Pläne sie noch umsetzen kann. Zum Beispiel die große Förderreform, die auch ohne den Bruch in der Regierung, bislang kaum vorankam. Das Filmfördergesetz ist zwar durch den Kulturausschuss des Bundestags, doch das ist erst ein Teil der Strecke – und auch nichts wert, wenn die anderen beiden Säulen nicht stehen. Um die Investitionsverpflichtung ringt die BKM mit Streamern und Mediatheken, bei den Steueranreizen sind sich Bund und Länder uneins, wer das bezahlen soll. Und für beides liegt noch nicht einmal ein Gesetzesentwurf vor.    

Dass nun alles bis zum Jahresende plötzlich fertig sein soll, mag keiner mehr glauben. Klappen könnte das schon – wenn alle nur wollten, glaubt Julia Maier-Hauff, die Geschäftsführerin des Produzent*innenverbands, in „Blickpunkt Film“. Das müsse es auch, „denn ohne Haushalt und die angekündigten Gesetze wird es zu einer Abwanderung des Filmschaffens in benachbarte Länder und zu Insolvenzen kommen. Wir fürchten den Verlust von mehr als 120.000 Arbeitsplätzen in der Filmproduktion.“ Das wären wohl, nach Zählung des jüngsten Appells, alle Arbeitsplätze der Branche.

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Im Hambacher Forst kam vor sechs Jahren der Kunststudent Steffen Meyn ums Leben. Er hatte die Proteste gegen den Kohletagebau dokumentiert, bis er während der Räumung tödlich verunglückte. Aus seinen Aufnahmen entstand die Kinodokumentation „Vergiss Meyn nicht“. Auch technisch war die Montage eine besondere Aufgabe für Ulf Albert: Meyn hatte mit einer 360-Grad-Kamera gedreht. | Foto © Juliane Guder/Edimotion

Mitte Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Höhepunkt des Festivals ist die Vergabe der „Schnitt-Preise“ in mehreren Kategorien. Ulf Albert eröffnet unsere diesjährige Interview-Reihe mit den Preisträger*innen. Der Editor wurde für seine Arbeit an dem Dokumentarfilm „Vergiss Meyn nicht“ ausgezeichnet.

„Vergiss Meyn nicht“ ist ein besonderes Projekt: Drei ehemalige Kommilitonen von der Kunsthochschule für Medien in Köln haben auf Basis des Materials von Steffen Meyn diesen Film entwickelt – ihrem Freund, der im Hambacher Forst mit einer 360-Grad-Kamera über viele Monate die Proteste begleitend gefilmt hatte und dort bei einer Stürmung zu Tode kam. Du hast Steffen Meyn nicht gekannt und warst selbst auch nicht in der Community der Protestierenden präsent. Wie bist Du zu dem Projekt gekommen und wie wichtig war Dein frischer Blick?
Der Film wurde von Melanie Andernach und Made In Germany Film produziert. Ich kannte Melanie schon von einem anderen Projekt, und als sie diesen Film vorbereitete, hat sich an mich erinnert und mich angerufen.
Mein Blick auf das Material von Steffen und das Konzept der drei Regiesseur*innen war dann schon recht wichtig. Als ich einstieg, gab es als ersten Eindruck eine ungefähr zwei Stunden lange Szenensammlung von Steffens Material, wodurch ich dann ein bisschen wusste, was den Dreien wichtig war und was besonders spannend sein könnte. Sie mussten mir aber auch viel erzählen über Steffen und seine Mission im Wald – und durch diesen Dialog mit mir haben sie dann auch selbst noch einmal viel reflektiert. Weiterlesen

 

Hinter dem Bauzaun könnte dereinst das erste „Film Crew Haus“ stehen, hoffen Gabriele Stemberger-Hanke, Charlie Palleis, Malte Neumann und Martin Jost (von links). Eigentlich sind sie sogar zu Acht, und es sollen noch viel mehr werden, die an dem Projekt mitarbeiten. | Foto © Rebecca Hanke

Wohnen ist teuer in den Medienstädten. In München will ein Genossenschaftsprojekt Abhilfe schaffen: Bezahlbarer Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“, und Zeitwohnungen für Kolleg*innen aus andren Städten. Fürs „Film Crew Haus“ werden noch weitere Genoss*innen gesucht.

In Deutschlands Großstädten fehlen Wohnungen, heißt es in den Nachrichten – und zwar ziemlich viele. Bei den Mieten liegen die Medienstädte Hamburg, Berlin, München, Köln ganz oben – sofern überhaupt etwas frei wird. Was bei der Wohnungssuche hilft, ist „ein geregeltes Einkommen“ – aber das haben Filmschaffende bekanntlich nicht und deshalb alle dasselbe Problem, weiß Rebecca Hanke. Kein Vermieter möchte seine Wohnung an Filmschaffende vergeben. Zu einer Wohnung war die Szenenbildassistentin durch Kontakte schließlich trotzdem gekommen; aber die Frage nach dem „bezahlbaren Wohnraum“ in München ließ sie nicht wieder los. 

Von da war es nicht weit bis zum Gedanken an eine Genossenschaft, in der viele gleichberechtigt in das gemeinsame Vorhaben investieren: Zeit, Ideen und auch ein bisschen Geld. Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“ ist Hankes Idee – ein „Film Crew Haus“. Aber nicht nur für die Genossenschaftler*innen selbst. Im Haus soll es auch Gästeappartements geben, die an Kolleg*innen aus anderen Städten für die Dauer eines Drehs vermietet werden. Soweit die Idee. 

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Mit Kundgebungen hatte Verdi die Tarifverhandlungen begleitet. Beim vorläufigen Ergebnis machte die Gewerkschaft große Zugeständnisse – ihre Tarifkommission hat das abgelehnt. | Foto © Christian von Polentz/Verdi

Fast ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Vorige Woche erklärte Verdi die Verhandlungen für gescheitert. Bis es weitergeht, gilt das Arbeitszeitgesetz – mit 48-Stunden-Woche.

Über acht Runden hatten Gewerkschaften und Produktionsallianz um den nächsten Tarifvertrag (TV FFS) für auf Produktionsdauer Beschäftigte gerungen. Nach zehn Monaten hatte man sich endlich „auf Eckpunkte einer vorläufigen Tarifeinigung verständigt“, meldete die Filmunion in Verdi im Juli, der Schauspielverband BFFS und die Produktionsallianz nannten es beide einen „Durchbruch“.

Doch die Freude war nicht überall und kam zu früh. Die Tarifkommission von Filmschaffenden in Verdi hat vorige Woche die Einigung als „unzureichend bewertet. Damit wird auch das Scheitern der Tarifverhandlungen beschlossen“, teilte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) mit. Die Produktionsallianz habe daraufhin weitere Verhandlungen angeboten. Ein Termin stehe noch nicht fest. Die Produktionsallianz selbst hat sich noch nicht geäußert.  

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Mehr als 30.000 Euro hat „Daughters of the Sun“ an Spenden gesammelt, das Geld ging an die neun Protagonistinnen des Dokumentarfilms. | Foto © Mokum

Dokumentarfilme zeigen uns die Welt, und hinterher fühlen wir uns manchmal hilflos. ShareDoc will das ändern: Mit einem QR-Code können Dokumentarfilme Spenden sammeln und zugleich für sich selber werben.

Ein QR-Code macht den Unterschied. So wirbt ShareDoc für sein Anliegen unter Dokumentarfilmer*innen: Die Welt nicht nur zu zeigen, sondern auch beim Helfen zu helfen. Denn „nichts ist frustrierender, als helfen zu wollen, aber nicht können.“ 

Anne-Marie Borsboom nennt das den „postdokumentarischen Blues“, wenn auf die Erkenntnis ein Gefühl der Ohnmacht folgt. Das Dilemma ist bekannt. Viele Dokumentarfilme verraten jetzt schon im Abspann oder auf der Website, wo es Möglichkeiten gibt, zu spenden oder sich gar persönlich zu engagieren. ShareDoc macht das zum Programm: 54 Dokumentarfilme sind inzwischen auf der Website vertreten – nicht als Stream, sondern vor allem mit einem Zweck: weiterzuwirken. 

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