Gut gemeint wird überschätzt: Für ihre hämische Kritik an der Corona-Politik ernteten Schauspieler*innen einen Shitstorm. | Screenshot
Mit ironischen Statements wollten Schauspieler*innen die Debatte über die Corona-Politik eröffnen. Die Reaktion fiel heftiger aus als erwartet: Zahllose Tweets kritisierten den Tonfall und die Botschaften im „Querdenker“-Stil.
51 Schauspieler*innen und ein Regisseur luden am Donnerstagabend nahezu gleichzeitig ihre Filmbeiträge mit persönlichen Statements hoch. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer in kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland.Ebenso schnell folgte die Reaktion, berichtet „Der Tagesspiegel“: Noch in der Nacht reagierten Kolleg*innen auf die Videos. Unter dem Twitter-Hashtag #allesschlichtmachen und #nichtganzdicht starteten sie eine Gegenaktion. Von „fassungslos“ bis Fremdschämen reichten ihre Reaktionen, im Hintergrund schwebte meist die Frage: „Was hat Euch denn da geritten?“
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2021-04-27 00:47:382021-04-27 00:47:38#allesdichtmachen: War das Kunst oder soll das weg?
Tod im Hangar 7, der geklonte Eiffelturm, die Pyramiden von Taj Mahal, Maos Filmstar-Frau und andere wahre Fake News – Gedanken in der Pandemie 113.
„… you need to react quickly. You need to go after the virus. You need to stop the chains of transmission. You need to engage with communities very deeply. Community acceptance is hugely important. You need to be coordinated. You need to be coherent. You need to look at the other sectoral impacts, the schools and security and economic. […] Be fast. Have no regrets. You must be the first mover. The virus will always get you if you don’t move quickly. And you need to be prepared. And I say this, one of the great things in emergency response and anyone who’s involved in emergency response will know this: If you need to be right before you move, you will never win. Perfection is the enemy of the good when it comes to emergency management. Speed trumps perfection. And the problem in society we have at the moment is everyone is afraid of making a mistake. Everyone is afraid of the consequence of error, but the greatest error is not to move, the greatest error is to be paralyzed by the fear of failure.“ Michael J. Ryan, WHO Health Emergencies Programme, Executive Director, 13. März 2020
„Das Pendel schwingt seit längerem in Richtung Schuld und Strafe. Während man früher alles zuließ, will man heute, als ob man es bereute, alles bestrafen.“
Pascal Bruckner, französischer Philosoph
„Denn die Blicke voll Verachtung, die der Fremde von seinem Bette aus auf sie geworfen hatte, waren ihr empfindlich, wie Messerstiche, durchs Herz gegangen; es mischte sich ein Gefühl heißer Bitterkeit in ihre Liebe zu ihm, und sie frohlockte bei dem Gedanken, in dieser zu seiner Rettung angeordneten Unternehmung zu sterben.“
Heinrich von Kleist, „Die Verlobung in St. Domingo“
Zu den unsympathischsten Charaktereigenschaften der Menschen gehört ihre Neigung zur Nabelschau, also der persönliche Narzissmus.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2021-04-19 22:52:592021-04-19 22:52:59Gedanken in der Pandemie 113: Die Impfung von St. Domingo
Der „Fair Film Award Fiction“ wurde dieses Jahr online vergeben. Lisa Jopt vom Ensemble-Netzwerk moderierte die Preisverleihung und die anschließende Diskussion um faire Produktionsbedingungen. | Screenshot
Die fairsten Fiction-Produktionen des vergangenen Jahres wurden heute ausgezeichnet. Spätestens die anschließende Diskussion zum „Fair Film Award“ machte klar: Es ist eine Frage der Einstellung, nicht des Budgets.
Mehr als 1.400 Filmschaffende haben wieder ihre Stimmen zum „Fair Film Award Fiction“ abgegeben und die Produktionsbedingungen bei den Spielfilm- und Serienprojekten bewertet, an denen sie übers Jahr mitgewirkt hatten. Die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAfF) übertrug die heutige Preisverleihung und die anschließende Diskussionsrunde live, die Aufzeichnung ist auf dem Youtube-Kanal der DAfF zu sehen.
Die jeweiligen drei Klassenbesten waren in den beiden Kategorien nominiert: Beim „Spielfilm“ Amusement Park mit „Nebenan“, Bantry Bay mit „Meine Mutter ist verknallt“ und Seven Dogs mit „Frühling – Mit Regenschirmen fliegen“. Bei den Serien auf der Liste: Claussen+Putz mit der 2. Staffel von „Biohackers“, X Filme Creative Pool mit der Miniserie „Tina mobil“ und Bantry Bay mit „Tonis Welt“. Beurteilt wurden Kriterien wie Gagen und Arbeitszeiten, Chancengerechtigkeit und Arbeitsschutz, Professionalität und Arbeitsklima, Umweltverhalten, Umgang mit Drehorten und Motivgebern. In diesem Jahr stand aber auch das Verhalten in der Corona-Krise auf dem Fragebogen (die detaillierten Bewertungen finden Sie auf „Out-takes“). Claussen+Putz und Bantry Bay waren schon mehrmals nominiert worden, vor zwei Jahren hatten beide den „Fair Film Award Fiction“ gewonnen. In diesem Jahr war Bantry Bay sogar in beiden Kategorien nominiert, und Claussen+Putz konnte sich über eine erneute Auszeichnung freuen.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2021-04-16 00:17:462021-04-16 17:03:39„Fair Film Award Fiction 2021“: Eine Frage der Einstellung
Wie will man so eine Pandemie bekämpften? Gedanken in der Pandemie 112.
„Allein dieses Wort ,Ausgangssperre’ müsste verboten werden, denn es sogar irrt dass es draußen gefährlich ist. Dabei ist die wahre Gefahr drinnen.“ Gerhard Scheuch, Aerosol-Forscher
„Wir haben es doch an Ostern gesehen: Plötzlich waren die Werte unten. Einfach nur, weil weniger getestet wurde. Das ist hoch manipulativ.“ Ferdinand von Schirach, am Mittwoch zum Inzidenz-Wert.
Eine Impfdosis gegen Covid-19 kostet 30 Euro. Wir hatten bereits im Sommer und haben heute sechs verschiedene Unternehmen, die Impfstoff herstelllen. Wir haben 80 Millionen Bürger.
Sechsmal 30 Euro mal 80 Millionen sind 14.4 Milliarden Euro. Soviel hätte es gekostet, bei allen sechs Anbietern Impfstoff für je 80 Millionen Deutsche zu bestellen. Plus ein Aufschlag für guten Service und Schnelligkeit, plus ein paar Millionen Dosen von Sputnik und aus China macht zusammen (ohne jeden Rabatt) … sagen wir: 20 Milliarden.
Laut IFO, dem Institut der deutschen Wirtschaft, kostet jede Woche Lockdown den deutschen Staat 25 bis 54 Milliarden Euro.
Wurde hier gut gerechnet? Wurde hier gut gewirtschaftet? Gibt es Anlass, Kanzlerin Merkel zu loben, oder Anlass, wütend auf die Regierung zu sein, und die Regierungsparteien endlich abzuwählen?
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2021-04-15 23:59:012021-04-15 23:59:01Gedanken in der Pandemie 112: Nach fest kommt ab
Die Branche verhandelt zurzeit über einen neuen Tarifvertrag. Bislang noch ohne Ergebnis. Wir nutzen den Stillstand, um die Positionen, Probleme und Folgen zu klären. Den Standpunktder Produzentenallianz erklärt Christoph Palmer, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Herr Palmer, Die Verhandlungen zum TV FFS stehen still. Die Produzentenallianz habe die Forderungen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) abgelehnt und will den alten Tarifvertrag um ein Jahr verlängern. Das erfahren wir von Verdi. Die Produzentenallianz hat sich noch nicht dazu geäußert. Warum? Die Verhandlungen stehen mitnichten still. Wir hatten erst vor Ostern wieder eine gute, substanzielle Verhandlungsrunde und werden diese zeitnah fortsetzen. Wir sind In der Regel zurückhaltend, was die Verlautbarung von Zwischenergebnissen von Verhandlungen betrifft, weil das häufig nichts erleichtert.
Verdi ist mit relativ zahmen Forderungen angetreten: Die Frage nach höheren Gagen stellte die Gewerkschaft bis zum Sommer zurück. „Top-Priorität“ sollten erträgliche Arbeitszeiten haben. Da ist Ihnen doch Verdi sehr entgegengekommen. Hier sollte man differenzieren. Die Forderungen im Kontext des Gagentarifvertrags halte ich für „verantwortungsvoll“, da sie die finanziell durch Corona sehr belasteten Produktionsunternehmen mit einem Gagenmoratorium etwas entlasten. Es gab in den vergangenen Jahren zudem eine Art Konsens im deutschen Filmgeschäft: Flexibilität der Arbeitszeiten werden durch insgesamt gute Verdienste für die Gewerke am Film kompensiert. Wenn nach einem ausgesprochenen Corona-Krisenjahr 2020, wo insbesondere im zweiten Quartal die Produktionen massiv beeinträchtigt waren, jetzt beim Gagentarifvertrag eine gewisse Zurückhaltung geübt wird, ist das auch der Marktsituation geschuldet. Vergleichbare corona-bedingte Zurückhaltung haben andere Gewerkschaften 2020 auch in anderen Branchen geübt. Demgegenüber sind allerdings die Forderungen im Bereich des Manteltarifvertrags sehr ambitioniert und würden, wenn man sie realisieren würde, zu Mehrkosten führen, die einer Tariferhöhung von mehr als 10 Prozent gleichkämen.
Über die Arbeitszeiten an manchen Sets wurde ja schon vor Corona diskutiert. Nun wird unter den Hygienevorschriften gedreht, die vieles langsamer und umständlicher machen. Ausreichende Ruhezeiten und die Obergrenze von zwölf Arbeitsstunden pro Tag seien da umso wichtiger, sagt Verdi. Produzieren in Corona-Zeiten ist für alle Beteiligten ein Produzieren unter erschwerten Bedingungen. Die Hygienevorschriften verlangen den Filmschaffenden, aber auch den Produzentinnen und Produzenten viel ab. Der bisherige Tarifvertrag regelt natürlich auch Ruhezeiten, im Übrigen auch die gesetzlichen Vorschriften. An dieser Stelle muss aber auch erwähnt werden, dass die Produktionen unter erheblichem Kostendruck stehen. Die Auftraggeber haben sich zwar zur Übernahme der Hygienekosten verpflichtet, in der Praxis tauchen aber Abgrenzungsthemen auf.
Zusätzliche Drehtage sind in der Kalkulation schwer vermittelbar. Die erfreulicherweise erreichten Schutzschirme der Sender und die Ausfallfonds für Kino und Fernsehproduktionen sehen erhebliche Eigenbeteiligungen der Produzentinnen und Produzenten vor. Die Eigenkapitaldecke Ist jedoch traditionell sehr dünn. Wie gesagt: Produzieren in Corona-Zeiten findet unter sehr erschwerten Bedingungen statt. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2021-04-13 15:45:392021-04-13 15:45:39Tarifverhandlungen: „Tarifvertrag ist Goldstandard der Branche“
„No Covid“ heißt die Strategie, zu der nicht nur eine Handvoll Virologen aufrufen, sondern Wissenschaftler*innen der unterschiedlichsten Disziplinen. Etliche Länder seien damit gut durch die Pandemie gekommen. | Screenshot
Merkel gegen Virus, Söder gegen Laschet: Symbolische, kontraproduktive Maßnahmen und autoritäre Tendenzen. Rüdiger Suchslands Gedanken in der Pandemie auf „Out-takes“, Folge 111.
„April is the cruellest month, breeding Lilacs out of the dead land, mixing Memory and desire, stirring Dull roots with spring rain. … Madame Sosostris, famous clairvoyante, Had a bad cold, nevertheless Is known to be the wisest woman in Europe, With a wicked pack of cards. Here, said she, Is your card, the drowned Phoenician Sailor, (Those are pearls that were his eyes. Look!) Here is Belladonna, the Lady of the Rocks, The lady of situations. … Tell her I bring the horoscope myself: One must be so careful these days.“ T. S. Eliot, „The Waste Land; I.The Burial of the Dead“
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2021-04-12 23:47:352021-04-12 23:47:35Gedanken in der Pandemie 111: Der Hase und der Igel
In Indien waren Ende März schon 68 Millionen Menschen geimpft – das sind fast so viele, wie in Deutschland leben. Allerdings leben in Indien fast 1,4 Milliarden Menschen. Die Impfquote ist in beiden Ländern nahezu gleich. Szenenfoto aus „Slumdog Millionär“. | Foto: Pathé Distribution
Die Regelung der Regelung – Gedanken in der Pandemie 110.
„What do you think about South America? I’m going there soon.“ „Is that so! Where’re you going?“ „Uruguay.“ „Well, you go Uruguay and I’ll go mine.“ Marx Brothers, „Animal Crackers“.
„Libertad o Muerte.“ Staatlicher Wahlspruch von Uruguay
Vor genau zwei Jahren erschien das erste Album von Billie Eilish „When we all fall asleep where do we go“, mit den großartigsten Liedern dieses letzte Prä-Pandemie-Jahres: „Ilomilo“, „You should see me in a crown“ und „Bury a friend“. Es ist ein einziger Horror – also genaugenommen ein überaus unterhaltsames und musikalisch exzellentes Spiel mit akustischen und filmischen Horror-Effekten.
Notizen während der Abschaffung des Denkens und Strategien der Konterrevolution – Gedanken in der Pandemie 109.
„Man braucht nur genau hinzusehen dann weiß man bescheid.“ Rolf Dieter Brinkmann, („ … der Berliner Polizei gewidmet“)
„Leer setzen solche Abende ein und ruhig, sie hatten beide Zeit, beschäftigten sich, ohne wirklich etwas zu tun. Ihre Arbeit, die Geld brachte, hatten sie erledigt, er hatte nicht gemerkt, wann, es spielte keine Rolle, der Tag war weg, vorbei, von sich aus hätte er nicht sagen können, wie verbracht, und das war auch unwichtig.“ Rolf Dieter Brinkmann, „Keiner weiß mehr“
Frohe Ostern! Ostern, klar jetzt liegen die Metaphern so richtig auf der Straße. Osterspaziergang, Wiederauferstehung, und so weiter … Auf die Wiederauferstehung hoffen wir seit über einem Jahr. Zur Osterspaziergang fällt mir nur ein, dass ich heute zweimal auf Facebook mit Boris Palmer durch Tübingen spaziert bin.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2021-04-01 23:45:462021-04-01 23:45:46Gedanken in der Pandemie 109: Ideologe und Pandemie
#allesdichtmachen: War das Kunst oder soll das weg?
out takes, Peter HartigGut gemeint wird überschätzt: Für ihre hämische Kritik an der Corona-Politik ernteten Schauspieler*innen einen Shitstorm. | Screenshot
Mit ironischen Statements wollten Schauspieler*innen die Debatte über die Corona-Politik eröffnen. Die Reaktion fiel heftiger aus als erwartet: Zahllose Tweets kritisierten den Tonfall und die Botschaften im „Querdenker“-Stil.
51 Schauspieler*innen und ein Regisseur luden am Donnerstagabend nahezu gleichzeitig ihre Filmbeiträge mit persönlichen Statements hoch. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer in kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland. Ebenso schnell folgte die Reaktion, berichtet „Der Tagesspiegel“: Noch in der Nacht reagierten Kolleg*innen auf die Videos. Unter dem Twitter-Hashtag #allesschlichtmachen und #nichtganzdicht starteten sie eine Gegenaktion. Von „fassungslos“ bis Fremdschämen reichten ihre Reaktionen, im Hintergrund schwebte meist die Frage: „Was hat Euch denn da geritten?“
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Gedanken in der Pandemie 113: Die Impfung von St. Domingo
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeEin bisschen suspekt sei der „Talk im Hangar 7“ ja, weil er vom krawalligen Red-Bull-Fernsehsender „Servus TV“ gemacht wird. Aber auch interessant, weil hier mal ganz anders über Corona debattiert wird. Krawalliger irgendwie. | Foto © Servus TV
Tod im Hangar 7, der geklonte Eiffelturm, die Pyramiden von Taj Mahal, Maos Filmstar-Frau und andere wahre Fake News – Gedanken in der Pandemie 113.
„… you need to react quickly. You need to go after the virus. You need to stop the chains of transmission. You need to engage with communities very deeply. Community acceptance is hugely important. You need to be coordinated. You need to be coherent. You need to look at the other sectoral impacts, the schools and security and economic. […] Be fast. Have no regrets. You must be the first mover. The virus will always get you if you don’t move quickly. And you need to be prepared. And I say this, one of the great things in emergency response and anyone who’s involved in emergency response will know this: If you need to be right before you move, you will never win. Perfection is the enemy of the good when it comes to emergency management. Speed trumps perfection. And the problem in society we have at the moment is everyone is afraid of making a mistake. Everyone is afraid of the consequence of error, but the greatest error is not to move, the greatest error is to be paralyzed by the fear of failure.“
Michael J. Ryan, WHO Health Emergencies Programme, Executive Director, 13. März 2020
„Das Pendel schwingt seit längerem in Richtung Schuld und Strafe. Während man früher alles zuließ, will man heute, als ob man es bereute, alles bestrafen.“
Pascal Bruckner, französischer Philosoph
„Denn die Blicke voll Verachtung, die der Fremde von seinem Bette aus auf sie geworfen hatte, waren ihr empfindlich, wie Messerstiche, durchs Herz gegangen; es mischte sich ein Gefühl heißer Bitterkeit in ihre Liebe zu ihm, und sie frohlockte bei dem Gedanken, in dieser zu seiner Rettung angeordneten Unternehmung zu sterben.“
Heinrich von Kleist, „Die Verlobung in St. Domingo“
Zu den unsympathischsten Charaktereigenschaften der Menschen gehört ihre Neigung zur Nabelschau, also der persönliche Narzissmus.
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„Fair Film Award Fiction 2021“: Eine Frage der Einstellung
out takes, Peter HartigDer „Fair Film Award Fiction“ wurde dieses Jahr online vergeben. Lisa Jopt vom Ensemble-Netzwerk moderierte die Preisverleihung und die anschließende Diskussion um faire Produktionsbedingungen. | Screenshot
Die fairsten Fiction-Produktionen des vergangenen Jahres wurden heute ausgezeichnet. Spätestens die anschließende Diskussion zum „Fair Film Award“ machte klar: Es ist eine Frage der Einstellung, nicht des Budgets.
Mehr als 1.400 Filmschaffende haben wieder ihre Stimmen zum „Fair Film Award Fiction“ abgegeben und die Produktionsbedingungen bei den Spielfilm- und Serienprojekten bewertet, an denen sie übers Jahr mitgewirkt hatten. Die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAfF) übertrug die heutige Preisverleihung und die anschließende Diskussionsrunde live, die Aufzeichnung ist auf dem Youtube-Kanal der DAfF zu sehen.
Die jeweiligen drei Klassenbesten waren in den beiden Kategorien nominiert: Beim „Spielfilm“ Amusement Park mit „Nebenan“, Bantry Bay mit „Meine Mutter ist verknallt“ und Seven Dogs mit „Frühling – Mit Regenschirmen fliegen“. Bei den Serien auf der Liste: Claussen+Putz mit der 2. Staffel von „Biohackers“, X Filme Creative Pool mit der Miniserie „Tina mobil“ und Bantry Bay mit „Tonis Welt“. Beurteilt wurden Kriterien wie Gagen und Arbeitszeiten, Chancengerechtigkeit und Arbeitsschutz, Professionalität und Arbeitsklima, Umweltverhalten, Umgang mit Drehorten und Motivgebern. In diesem Jahr stand aber auch das Verhalten in der Corona-Krise auf dem Fragebogen (die detaillierten Bewertungen finden Sie auf „Out-takes“). Claussen+Putz und Bantry Bay waren schon mehrmals nominiert worden, vor zwei Jahren hatten beide den „Fair Film Award Fiction“ gewonnen. In diesem Jahr war Bantry Bay sogar in beiden Kategorien nominiert, und Claussen+Putz konnte sich über eine erneute Auszeichnung freuen.
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Gedanken in der Pandemie 112: Nach fest kommt ab
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeSzenenfoto aus „Ring 2“. | Foto © UIP
Wie will man so eine Pandemie bekämpften? Gedanken in der Pandemie 112.
„Allein dieses Wort ,Ausgangssperre’ müsste verboten werden, denn es sogar irrt dass es draußen gefährlich ist. Dabei ist die wahre Gefahr drinnen.“
Gerhard Scheuch, Aerosol-Forscher
„Wir haben es doch an Ostern gesehen: Plötzlich waren die Werte unten. Einfach nur, weil weniger getestet wurde. Das ist hoch manipulativ.“
Ferdinand von Schirach, am Mittwoch zum Inzidenz-Wert.
Eine Impfdosis gegen Covid-19 kostet 30 Euro. Wir hatten bereits im Sommer und haben heute sechs verschiedene Unternehmen, die Impfstoff herstelllen. Wir haben 80 Millionen Bürger.
Sechsmal 30 Euro mal 80 Millionen sind 14.4 Milliarden Euro. Soviel hätte es gekostet, bei allen sechs Anbietern Impfstoff für je 80 Millionen Deutsche zu bestellen. Plus ein Aufschlag für guten Service und Schnelligkeit, plus ein paar Millionen Dosen von Sputnik und aus China macht zusammen (ohne jeden Rabatt) … sagen wir: 20 Milliarden.
Laut IFO, dem Institut der deutschen Wirtschaft, kostet jede Woche Lockdown den deutschen Staat 25 bis 54 Milliarden Euro.
Wurde hier gut gerechnet? Wurde hier gut gewirtschaftet? Gibt es Anlass, Kanzlerin Merkel zu loben, oder Anlass, wütend auf die Regierung zu sein, und die Regierungsparteien endlich abzuwählen?
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Tarifverhandlungen: „Tarifvertrag ist Goldstandard der Branche“
out takes, Peter Hartig„Produzieren in Corona-Zeiten ist für alle Beteiligten ein Produzieren unter erschwerten Bedingungen“, sagt Christoph Palmer, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen. | Foto © Produzentenallianz
Die Branche verhandelt zurzeit über einen neuen Tarifvertrag. Bislang noch ohne Ergebnis. Wir nutzen den Stillstand, um die Positionen, Probleme und Folgen zu klären. Den Standpunktder Produzentenallianz erklärt Christoph Palmer, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Herr Palmer, Die Verhandlungen zum TV FFS stehen still. Die Produzentenallianz habe die Forderungen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) abgelehnt und will den alten Tarifvertrag um ein Jahr verlängern. Das erfahren wir von Verdi. Die Produzentenallianz hat sich noch nicht dazu geäußert. Warum?
Die Verhandlungen stehen mitnichten still. Wir hatten erst vor Ostern wieder eine gute, substanzielle Verhandlungsrunde und werden diese zeitnah fortsetzen. Wir sind In der Regel zurückhaltend, was die Verlautbarung von Zwischenergebnissen von Verhandlungen betrifft, weil das häufig nichts erleichtert.
Verdi ist mit relativ zahmen Forderungen angetreten: Die Frage nach höheren Gagen stellte die Gewerkschaft bis zum Sommer zurück. „Top-Priorität“ sollten erträgliche Arbeitszeiten haben. Da ist Ihnen doch Verdi sehr entgegengekommen.
Hier sollte man differenzieren. Die Forderungen im Kontext des Gagentarifvertrags halte ich für „verantwortungsvoll“, da sie die finanziell durch Corona sehr belasteten Produktionsunternehmen mit einem Gagenmoratorium etwas entlasten. Es gab in den vergangenen Jahren zudem eine Art Konsens im deutschen Filmgeschäft: Flexibilität der Arbeitszeiten werden durch insgesamt gute Verdienste für die Gewerke am Film kompensiert. Wenn nach einem ausgesprochenen Corona-Krisenjahr 2020, wo insbesondere im zweiten Quartal die Produktionen massiv beeinträchtigt waren, jetzt beim Gagentarifvertrag eine gewisse Zurückhaltung geübt wird, ist das auch der Marktsituation geschuldet. Vergleichbare corona-bedingte Zurückhaltung haben andere Gewerkschaften 2020 auch in anderen Branchen geübt. Demgegenüber sind allerdings die Forderungen im Bereich des Manteltarifvertrags sehr ambitioniert und würden, wenn man sie realisieren würde, zu Mehrkosten führen, die einer Tariferhöhung von mehr als 10 Prozent gleichkämen.
Über die Arbeitszeiten an manchen Sets wurde ja schon vor Corona diskutiert. Nun wird unter den Hygienevorschriften gedreht, die vieles langsamer und umständlicher machen. Ausreichende Ruhezeiten und die Obergrenze von zwölf Arbeitsstunden pro Tag seien da umso wichtiger, sagt Verdi.
Produzieren in Corona-Zeiten ist für alle Beteiligten ein Produzieren unter erschwerten Bedingungen. Die Hygienevorschriften verlangen den Filmschaffenden, aber auch den Produzentinnen und Produzenten viel ab. Der bisherige Tarifvertrag regelt natürlich auch Ruhezeiten, im Übrigen auch die gesetzlichen Vorschriften. An dieser Stelle muss aber auch erwähnt werden, dass die Produktionen unter erheblichem Kostendruck stehen. Die Auftraggeber haben sich zwar zur Übernahme der Hygienekosten verpflichtet, in der Praxis tauchen aber Abgrenzungsthemen auf.
Zusätzliche Drehtage sind in der Kalkulation schwer vermittelbar. Die erfreulicherweise erreichten Schutzschirme der Sender und die Ausfallfonds für Kino und Fernsehproduktionen sehen erhebliche Eigenbeteiligungen der Produzentinnen und Produzenten vor. Die Eigenkapitaldecke Ist jedoch traditionell sehr dünn. Wie gesagt: Produzieren in Corona-Zeiten findet unter sehr erschwerten Bedingungen statt. Weiterlesen
Gedanken in der Pandemie 111: Der Hase und der Igel
Rüdiger Suchsland, Unsere Gäste„No Covid“ heißt die Strategie, zu der nicht nur eine Handvoll Virologen aufrufen, sondern Wissenschaftler*innen der unterschiedlichsten Disziplinen. Etliche Länder seien damit gut durch die Pandemie gekommen. | Screenshot
Merkel gegen Virus, Söder gegen Laschet: Symbolische, kontraproduktive Maßnahmen und autoritäre Tendenzen. Rüdiger Suchslands Gedanken in der Pandemie auf „Out-takes“, Folge 111.
„April is the cruellest month, breeding
Lilacs out of the dead land, mixing
Memory and desire, stirring
Dull roots with spring rain.
…
Madame Sosostris, famous clairvoyante,
Had a bad cold, nevertheless
Is known to be the wisest woman in Europe,
With a wicked pack of cards. Here, said she,
Is your card, the drowned Phoenician Sailor,
(Those are pearls that were his eyes. Look!)
Here is Belladonna, the Lady of the Rocks,
The lady of situations.
…
Tell her I bring the horoscope myself:
One must be so careful these days.“
T. S. Eliot, „The Waste Land; I.The Burial of the Dead“
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Gedanken in der Pandemie 110: „Vorsichtig gesagt, verwirrend“
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeIn Indien waren Ende März schon 68 Millionen Menschen geimpft – das sind fast so viele, wie in Deutschland leben. Allerdings leben in Indien fast 1,4 Milliarden Menschen. Die Impfquote ist in beiden Ländern nahezu gleich. Szenenfoto aus „Slumdog Millionär“. | Foto: Pathé Distribution
Die Regelung der Regelung – Gedanken in der Pandemie 110.
„What do you think about South America? I’m going there soon.“
„Is that so! Where’re you going?“
„Uruguay.“
„Well, you go Uruguay and I’ll go mine.“
Marx Brothers, „Animal Crackers“.
„Libertad o Muerte.“
Staatlicher Wahlspruch von Uruguay
Vor genau zwei Jahren erschien das erste Album von Billie Eilish „When we all fall asleep where do we go“, mit den großartigsten Liedern dieses letzte Prä-Pandemie-Jahres: „Ilomilo“, „You should see me in a crown“ und „Bury a friend“. Es ist ein einziger Horror – also genaugenommen ein überaus unterhaltsames und musikalisch exzellentes Spiel mit akustischen und filmischen Horror-Effekten.
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Gedanken in der Pandemie 109: Ideologe und Pandemie
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeIn Tübingen sind die Kinos wieder geöffnet. Die Branche hofft auf den Modellversuch. | Symbolfoto © Adobe Stock
Notizen während der Abschaffung des Denkens und Strategien der Konterrevolution – Gedanken in der Pandemie 109.
„Man braucht nur
genau
hinzusehen
dann weiß man bescheid.“
Rolf Dieter Brinkmann, („ … der Berliner Polizei gewidmet“)
„Leer setzen solche Abende ein und ruhig, sie hatten beide Zeit, beschäftigten sich, ohne wirklich etwas zu tun. Ihre Arbeit, die Geld brachte, hatten sie erledigt, er hatte nicht gemerkt, wann, es spielte keine Rolle, der Tag war weg, vorbei, von sich aus hätte er nicht sagen können, wie verbracht, und das war auch unwichtig.“
Rolf Dieter Brinkmann, „Keiner weiß mehr“
Frohe Ostern! Ostern, klar jetzt liegen die Metaphern so richtig auf der Straße. Osterspaziergang, Wiederauferstehung, und so weiter … Auf die Wiederauferstehung hoffen wir seit über einem Jahr. Zur Osterspaziergang fällt mir nur ein, dass ich heute zweimal auf Facebook mit Boris Palmer durch Tübingen spaziert bin.
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