Letzte Hoffnung fürs FFG
In sieben Wochen läuft das Filmfördergesetz aus. Politik und Branche läuft die Zeit davon. Durch den Koalitionsbruch ist die Lage noch unklarer geworden. Dabei drängen alle auf eine schnelle Lösung für alle Teile der großen Reform.
In drei Monaten, am letzten Tag der Berlinale, wird in Deutschland gewählt. Solange regiert die Restkoalition ohne Mehrheit, und unklar ist, welche Pläne sie noch umsetzen kann. Zum Beispiel die große Förderreform, die auch ohne den Bruch in der Regierung, bislang kaum vorankam. Das Filmfördergesetz ist zwar durch den Kulturausschuss des Bundestags, doch das ist erst ein Teil der Strecke – und auch nichts wert, wenn die anderen beiden Säulen nicht stehen. Um die Investitionsverpflichtung ringt die BKM mit Streamern und Mediatheken, bei den Steueranreizen sind sich Bund und Länder uneins, wer das bezahlen soll. Und für beides liegt noch nicht einmal ein Gesetzesentwurf vor.
Dass nun alles bis zum Jahresende plötzlich fertig sein soll, mag keiner mehr glauben. Klappen könnte das schon – wenn alle nur wollten, glaubt Julia Maier-Hauff, die Geschäftsführerin des Produzent*innenverbands, in „Blickpunkt Film“. Das müsse es auch, „denn ohne Haushalt und die angekündigten Gesetze wird es zu einer Abwanderung des Filmschaffens in benachbarte Länder und zu Insolvenzen kommen. Wir fürchten den Verlust von mehr als 120.000 Arbeitsplätzen in der Filmproduktion.“ Das wären wohl, nach Zählung des jüngsten Appells, alle Arbeitsplätze der Branche.
Soviel Hoffnung hat Christine Peitz im „Tagesspiegel“ nicht, denn unklar ist, was aus dem Haushaltsentwurf für 2025 wird. Ohne den bleibt auch Kulturetat auf dem alten Stand. Eigentlich sollte er um 2 Prozent wachsen (beziehungsweise die Inflation ausgleichen) – immerhin 50 Millionen Euro.
„In Roths Behörde herrscht selber Unklarheit, in den nächsten Tagen wisse man hoffentlich mehr. Knifflig wird es vor allem bei der Filmförderung, denn das aktuelle Filmfördergesetz läuft nach bereits zwei Verlängerungen Ende Dezember definitiv aus. […] Kein Gesetz, keine Filmabgaben: Es wäre eine Katastrophe. […] Jetzt droht die Reform dem Koalitionsbruch zum Opfer zu fallen. Gegen Schwergewichte wie die Asylreform, den Kalte-Progression-Ausgleich oder das Rentenpaket sind die Belange der Filmbranche dann doch nur Peanuts.“ Was sich auch im Überblick beim Deutschlandfunk zeigt.
Zur Eile mahnt auch nochmal Achim Rohnke, Geschäftsführer des Verbands technischer Betriebe Film und Fernsehen (VTFF). „Wenn bis Ende dieses Jahres nicht ein kleines (parlamentarisches) Wunder passiert, rauscht die Film- und Fernsehbranche in ein Volldesaster hinein: Insolvenzen, Arbeitsplatzabbau, beschleunigter wirtschaftlicher Niedergang“, warnt Rohnke auf „Medienpolitik“. Der BKM wirft er „Politikversagen“ vor: „Nach mehr als zwei Jahren eifriger Arbeit an der Neuaufstellung der Branche stehen Politik und Film- und TV-Schaffende nicht vor einem vollendeten Reformwerk, sondern vor einem Gesetzestorso. […] Noch düsterer sieht es für die Investitionsverpflichtung und das steuerliche Anreizmodell aus. Zwei Jahre nach schwer hin und her rollender Reformdiskussion, vollmundigen Ankündigungen und kunstvollen Rückziehern von Claudia Roth, Brandbriefen, flammenden Appellen und Notrufen von Filmschaffenden, Produzenten und den technisch-kreativen Dienstleistern der Branche, haben diese wichtigen Reformvorhaben noch nicht einmal den Aggregatzustand einer Kabinettsvorlage erreicht. […]
Viele Unternehmen kämpfen um die nackte Existenz, die ersten rutschen in die Insolvenz. Angesichts der gebrochenen Reformversprechen präsentiert sich das anstehende Produktionsjahr 2025 für die technisch-kreativen Unternehmen nicht als Verheißung, sondern als Blick in den Abgrund. Deshalb muss die Politik jetzt im Sprint erledigen, was auf der Langstrecke offenbar nicht zu schaffen war.“
Bei den beiden anderen Säulen hatten auch die Bundesländer vorige Woche gedrängt, berichtet Helmut Hartung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ [Bezahlschranke] – „mit einem Schreiben an eine Bundesregierung, die es seit Mittwoch so nicht mehr gibt. […] Die Länder fordern die Bundesregierung auf, endlich ,einen geeinten Vorschlag zur weiteren Beratung inklusive einer verbindlichen Zeitschiene zu übermitteln, damit wir vor Einleitung des Bundesratsverfahrens hierzu in konstruktiven Austausch kommen und gemeinsam eine tragbare Lösung erarbeiten können’.“
Strittig ist nicht nur die Finanzierung der Steuererleichterungen: „Durch die vorgesehene zusätzliche Investitionsabgabe von Streamingdiensten und Sendern […] von bis zu 20 Prozent sei die Mitfinanzierung der Länderförderungen durch die Plattformen gefährdet. Bei allen regionalen Filmförderern sind ARD-Anstalten, das ZDF oder auch Netflix & Co. beteiligt. Deshalb sehen die Bundesländer beide Finanzierungsmodelle als Einheit.“