Im Winter unseres Missvernügens… – Monika Grütters bricht eine erste Lanze für die kulturelle Filmförderung, wider die Fürsten der herrschenden Verhältnisse, und sie könnte für die deutschen Film- und Fernsehbonzen noch zur eisernen Lady werden – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 127. Folge
»Es freut mich, dass wir gemeinsam Wege gefunden haben, um kreative und künstlerische Aspekte bei der wirtschaftlichen Filmförderung noch stärker zu berücksichtigen. Denn ich bin überzeugt: Langfristig zahlt es sich aus, nicht immer allein die Maximierung des Ertrags, sondern auch den Mut zum Experiment, mehr neue, gute Ideen zu fördern.« – Monika Grütters, 11.2.16, Empfang der Produzentenallianz
Der Tag war nicht blendend gesetzt. Oder gerade doch, denn vielleicht haben wir alle Monika Grütters ein bisschen unterschätzt.
Jedenfalls war mit der Pressemitteilung der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM) klar, dass es in den Feuilletons und Filmzeitschriften der Republik erst einmal untergehen würde, dass erst recht die – überraschenden – zustimmenden Reaktionen und die gar nicht überraschenden eiligen Ablehnungsbescheide der sogenannten »deutschen Filmbranche« erst einmal ins Leere verpuffen würden.
Es war auch klar, dass mit ihr ein Gesprächsthema für die Berlinale gesetzt war, ein Thema, das an den folgenden Tagen an vielen der kleinen runden Stehtische der Filmbranche auftauchte und heiß diskutiert wurde.
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Was war geschehen? Das BKM hatte ein paar »Eckpunkte« zur Kulturellen Filmförderung und zur Stärkung des künstlerisch und kulturell herausragenden deutschen Kinofilms veröffentlicht.
Als Zielsetzung benennt Grütters »ein unabhängigeres Arbeiten als bisher« und das Vermeiden künstlerischer Kompromisse, die »so gering wie möglich« gehalten werden sollen.
Die für 2016 zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel für Maßnahmen der kulturellen Filmförderung (15 Mio. €) sollen hauptsächlich in die Produktionsförderung der BKM im Bereich des Langfilms (Spiel-, Dokumentar-, Kinderfilm) fließen. Darüber hinaus steht die gezielte Stärkung der unabhängigen Stoffentwicklung für Spiel- und Dokumentarfilme im Fokus, um frühzeitig Kinoqualität zu fördern und zu sichern, sowie die Unterstützung des Abspiels zur
Sichtbarmachung dieser Filme.
Die Maßnahmen sehen eine »deutliche Aufstockung der Mittel für die Produktionsförderung« ebenso vor, wie zukünftig getrennte Fördertöpfe für Spiel-, Dokumentar- und Kinderfilm, die Vervierfachung der bisherigen Förderhöchstsumme auf bis zu 1 Mio. Euro, um »dem sogenannten Fördertourismus entgegen zu wirken.«
Auch die Drehbuchförderung wird quantitativ und qualitativ ausgebaut, völlig neu ist die Einführung einer Stoffentwicklungsförderung »für Dokumentarfilme, die die ausführliche und fundierte Recherche für besonders kinorelevante programmfüllende Dokumentarfilme von Autorenfilmern unterstützt.«
Die Förderpraxis wird flexibler durch Erhöhung der Einreichtermine und Einführung eigenständiger unabhängiger Jurys und die Verkleinerung der bisherigen Jurys.
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Zwei Probleme hat das Papier aus meiner Sicht: Vom Fernsehen ist gar nicht die Rede. Dabei muss vor allem die Stellung und Beteiligung der Sender an der Förderung verändert werden.
Das zweite ist die Aufstockung der Verleihförderung. Gegen Aufstockungen ist im Prinzip nichts zu sagen. Aber die Verleiher sind die einzigen, die überhaupt noch Geld im Kino verdienen. Wenn man sie fördern will, sollte man die Herausgabe bestimmter Filme fördern, von Filmen, deren Sichtbarkeit gewünscht ist. Nicht die aller Filme.
Und wenn Grütters schreibt, die bisherigen Antragsvoraussetzungen für Verleihförderungen würden »gemeinsam mit der Branche überprüft und an die Marktentwicklungen der letzten Jahre (insb. im Hinblick auf die Digitalisierung) angepasst«, dann ist das schön formuliert. Gemeint ist: Die vielgelobte Digitalisierung schadet den kleinen Verleihern. Jetzt können alle Star Wars spielen.
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