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#wirbleibenzuhause: Auf Youtube melden sich die Nachbarn aus Österreich zu Wort. | Screenshot

Reihenweise schalten Produktionen auf Pause oder werden abgesagt, an anderen Orten wird noch gedreht. Die Lage ist unübersichtlich, Produzent*innen können und müssen noch selbst entscheiden. An vielen Filmschaffenden gehen die versprochenen Hilfsmaßnahmen vorbei. Bei der Suche nach Lösungen kommt auch ein umstrittenes Konzept wieder in die Diskussion. Wir danken Ihnen für Ihre Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare an (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen). 

Zur Einstimmung ein kurzes Video. 

Gestern tagte in Wiesbaden der Krisenstab der Hessischen Landesregierung. Der wurde 2005 geschaffen, um „für die Bewältigung einer landesweiten Lage von politischer Bedeutung“ die Maßnahmen quer durch alle Ressorts zentral zu steuern.

Es ist das erste Mal, dass der Krisenstab zusammengerufen wurde, sagte uns ein leitender Mitarbeiter der Landesverwaltung. „Das gab es bisher in Hessen noch nie und zeigt nochmals den Ernst der Lage.“

„Wir haben vollstes Verständnis für die Entscheidung der Produzenten, die Dreharbeiten vorerst um einige Wochen zu verschieben […] Wir sind es in unserem Projektgeschäft gewohnt, flexibel auf solche Situationen wie Verzögerungen, Verschiebungen oder Abbrüche zu reagieren. Das Personal auf den Projekten wird zum Teil weiterbeschäftigt. Bei einem Teil der Crew handelt es sich um Freelancer, zum Beispiel Handwerker, die auch nicht filmbezogene Aufträge annehmen, bei denen wir nur hoffen können, dass sie uns bei der Wiederaufnahme der Produktion noch zur Verfügung stehen.“ So zitierte die Süddeutsche Zeitung gestern Studio Babelsberg und versuchte einen Überblick der gegenwärtigen Produktionslandschaft. Der Titel ist Programm: „Wir machen weiter, solang es geht“.

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Zehn Mitglieder hat das Präsidium, das die Arbeit der Filmförderungsanstalt in Berlin überwacht – acht Männer und zwei Frauen. Um den ­Präsidenten Bernd ­Neumann (der von der Allianz Deutscher Produzenten benannt wurde) sitzen fünf Verwerter*innen und zwei Politiker*innen. Die übrigen zwei Plätze sind für diejenigen, die die Filme machen. | Foto © Fridolin Freudenfett, CC BY-SA 3.0

Gleich im ersten Satz seiner Stellungnahme zur anstehenden Novellierung des Filmförderungsgesetzes erinnert der Bundesverband Schauspiel Bühne Film Fernsehen Sprache (BFFS) an Sinn und Zweck der Filmförderung: Die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und der kreativ-künstlerischen Qualität des deutschen Films zu fördern sei die Aufgabe der Filmförderungsanstalt, steht in Paragraf 1 des Filmförderungsgesetzes.

Über beides wird seit mehr als zwei Jahren so  leidenschaftlich diskutiert wie lange nicht mehr. Und wo diskutiert wird, entsteht der Eindruck, es hapert bei beidem, trotz Filmförderung. Da erhält die Fortsetzung einer sehr erfolgreichen Unterhaltungskomödie eine halbe Million Euro Produktionsförderung, der deutsche „Oscar“-Kandidat musste aber (trotz vorheriger Treatmentförderung) ohne Hilfe der FFA?gedreht werden. Nicht jeder erkennt in diesen Strukturen, wie die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films gefördert wird.

Doch der Spagat zwischen Kunst und Kasse ist eine ebenso oft gehörte Klage, auf diese Diskussion lässt sich der BFFS nicht ein, sondern stellt seinen Grundsatz dar:?Die beiden Hauptziele lassen sich nur erreichen, wenn die Beschäftigungsbedingungen stimmen: „Was wäre die deutsche Filmwirtschaft ohne die Filmschaffenden? Es ist ihr kreatives Schaffen, ihr Engagement, ihr unternehmerisches Wirken, ihre Beiträge, ihr kreatives Potenzial, das im Wesentlichen den Erfolg, das Wohl und Wehe der deutschen Filmwirtschaft ausmacht.“

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Die Deutsche Filmakademie fordert einen echten Neuanfang des Fördersystems: „Spätestens jetzt muss allen Beteiligten klar werden, dass die jahrzehntelange Politik des mehr oder weniger ,Immer-weiter-so‘ gescheitert ist.“ | Foto © Florian Liedel, Deutsche Filmakademie

Die Deutsche Filmakademie hatte schon früh Stellung zum anstehenden Filmförderungsgesetz genommen. Im April 2019 hatte sie ein düsteres Bild der deutschen Filmlandschaft skizziert. Das sollte aber noch nicht alles gewesen sein: ein zweiter Teil mit konkreten Vorschlägen sollte folgen, wenn die Diskussion der Kinofilmverbände in der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) gelaufen ist. Auch die Deutsche Filmakademie gehört dem Dachverband von 20 Interessen- und Berufsverbänden an. Darauf nimmt sie in ihrer Stellungnahme allerdings wenig Rücksicht.
Die Ausgangssituation, die die Filmakademie schildert, ist bekannt: Das Publikum, vor allem das Jüngere, zieht es immer weniger ins Kino und erst recht nicht in deutsche Filme. Die Konkurrenz „durch die neuen Formen des ,Home-Entertainments‘ verschärft den Abwärtstrend – und ist selbst für Filmemacher attraktiver. Auf der anderen Seite sinkt das Budget der Filmförderungsanstalt (FFA) und wird noch weiter sinken. Damit habe sie noch weniger Möglichkeiten, „,die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films‘ nach den Vorstellungen der Filmbranche selber zu fördern.“

Kurz: „Der schleichenden finanziellen Krise der FFA entspricht in vielfältiger Weise auch eine inhaltliche Schwächung des Kinofilms.“

Das muss nicht so sein! Die Deutsche Filmakademie glaubt ganz fest an das Kino, der Film sei „als genuine erzählerische Form noch lange nicht ,tot‘“. Andere Länder und hin und wieder ein Erfolgsfilm aus heimischer Produktion machten es ja vor. Auch vor dem Streaming-Boom hat die Filmakademie keine Angst: „In den hervorragenden Beispielen deutscher Serienproduktion für die neuen Plattformen erkennen wir eine Chance für das Kino, da diese Serien von der Kraft und dem Einfallsreichtum deutscher Filmemacherinnen und -macher im globalen Wettbewerb um das Publikum zeugen.“

Kurz: Die Zuschauer*innen würden schon tolle Kinofilme ansehen, die Filmemacher*innen könnten sie schon drehen. An beiden liegt es anscheinend nicht.

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„Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses“, meint George Lucas, der auf seiner Skywalker Ranch selbst am Klangerlebnis tüftelte. Doch in der Förderung ist für die große Wirkung kaum etwas vorgesehen. Und als letztes Glied in der Produktionskette bleibt für die Tonarbeit auch nur wenig übrig. | Foto © Skywalker Ranch

Auch die Berufsvereinigung Filmton (BVFT) hat sich zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme konzentriert sie sich „auf künstlerische und vor allem soziale Aspekte, die sich einander bedingen.“ Der künstlerischen Aspekt heißt, erstmal klarzumachen, was die Tonspur alles für den Film leistet. Das ist eine lange Aufzählung und mündet in dem einfachen Satz von George Lucas: „Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses.“

Paradoxerweise machen die Kosten für diese 50 Prozent Wirkung nur einen Bruchteil von dem aus, was auf die Bildherstellung verwendet wird, erklärt die BVFT, die mehr als 400 Filmtonschaffende in Deutschland vertritt. Die Berufsvereinigung betont die kreative und zeitintensive Leistung der vielen spezialisierten Tongestalter*innen und überhaupt den Stellenwert dieser Arbeit: „Die Ton-Postproduktion nimmt insbesondere bei der Produktion von Kinofilmen einen erheblich größeren und zeitlich längeren Teil ein als der Dreh.“

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Mehrmals bekennen sich ARD und ZDF in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zur Filmförderung des Bundes. Sie fordern aber auch, sie an „die neuen ­Herausforderungen“ anzupassen. | Foto: ZDF

Mehrmals bekennen sich ARD und ZDF in ihrer gemeinsamen Stellungnahme zur Filmförderung des Bundes. Sie fordern aber auch, sie an „die neuen ­Herausforderungen“ anzupassen. | Foto: ZDF

„Der Kinofilm ist wesentlicher Bestandteil unserer Kultur und des gesellschaftlichen Diskurses. Er spiegelt unsere Gesellschaft und unser Zusammenleben, er eröffnet uns neue Perspektiven und fordert uns heraus.“ Schöner hätte es die AG Kino nicht schreiben können. Doch wer da so vom Kino schwärmt, ist das Fernsehen, öffentlich-rechtlich: ARD und ZDF [PDF].

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Wie hältst du’s mit dem Tarifvertrag? Die Filmförderungsanstalt (FFA) wollte es wissen, die Produzentenallianz ließ anders fragen, und antworten konnte jeder, wie er wollte. Ergebnis: 72 Prozent der Produktionsunternehmen orientieren sich „immer“ oder „überwiegend“ am Gagentarifvertrag. Die FFA druckte das anstelle einer echten statistischen Auswertung nach. | Grafik © cinearte

Seit zwei Jahren hat die Filmförderungsanstalt (FFA) des Bundes eine weitere Aufgabe erhalten, nämlich „darauf hinzuwirken, dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal zu sozialverträglichen Bedingungen beschäftigt wird.“

Wie und wann das geschehen soll, wird nicht erklärt. Lediglich eine konkrete Handlungsanweisung gibt das Filmförderungsgesetz (FFG) [PDF] von 2017 der FFA: Der jährliche Förderbericht soll fortan „eine statistische Auswertung der Informationen zur Anwendbarkeit von Branchentarifverträgen oder vergleichbaren sozialen Standards“ enthalten, besagt Paragraf 169.

Doch der Geschäftsbericht 2017, der erste unter dem aktuellen Gesetz, enthielt nichts dergleichen. Die „genannten Daten werden mit der Schlussprüfung erhoben, normalerweise zwei bis drei Jahre nach der Förderzusage“, erklärte die FFA im Mai auf Nachfrage von cinearte. „Eine statistische Auswertung ist also frühestens 2019 möglich und wird dann im entsprechenden Förderbericht veröffentlicht.“  

Der Geschäftsbericht 2018 erschien am 11. Juli dieses Jahres – wieder ohne die verlangte Statistik, weil „belastbare Daten aus den seit 2017 geförderten Produktionen erst frühestens Mitte 2019 vorliegen werden“, schreibt die FFA wieder als Erklärung dazu. Um der Verpflichtung des Paragrafen 169 dennoch nachzukommen, griff sie einfach auf die „Produzentenstudie 2018“ zurück, die bereits im vorigen Herbst erschienen ist, und druckte den „entsprechenden Abschnitt“ einfach nach [PDF].

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Schlecht gemacht und am Publikum vorbei!?So harsch urteilt die Deutsche Filmakademie über den deutsche Filme. Schuld habe das ­gegenwärtige Fördersystem. | Foto © Foto: Deutsche Filmakademie, Franziska Krug

Schlecht gemacht und am Publikum vorbei!?So harsch urteilt die Deutsche Filmakademie über den deutsche Filme. Schuld habe das ­gegenwärtige Fördersystem. | Foto © Deutsche Filmakademie, Franziska Krug

„Alle vier Jahre gibt es eine Fußballweltmeisterschaft, jedes Jahr einen Sommer, jede Woche zwei neue Netflix-Serien – und die Filmbranche trifft sich alle vier bis fünf Jahre zur FFG-Novelle.“ So richtig glaubt man bei der Deutschen Filmakademie wohl nicht an Besserung. Zumindest nicht durch das FFG. Nun wird es also im „52. Jahr zum 13. Mal“ überarbeitet, derweil „nicht davon auszugehen“ sei, „dass sich die Situation des deutschen Kinos und des deutschen Kinofilms fundamental verbessern wird.“

Derart fatalistisch beginnt die Deutsche Filmakademie ihre Stellungnahme zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG), das 2022 in Kraft treten soll. Vier Punkte macht sie als Problem aus und beginnt gleich mit einem Paukenschlag: 

1. Viele deutsche Kinofilme hätten „eine häufig zu niedrige Qualität“ und „fehlende Publikumsaffinität“ (übersetzt: sie sind schlecht gemacht und uninteressant). 

Nanu! Streut sich da gerade jemand Asche aufs Haupt? Schließlich stellen doch die Sektionen Drehbuch, Regie und besonders Produktion den größten Teil der Akademie-Mitglieder. Doch von Ideenlosigkeit oder fehlendem Wagemut ist hier nicht die Rede. Das Problem hat für die Filmakademie allein einen betriebswirtschaftlichen Grund: „Viele interessante deutsche Kinofilmprojekte sind zum Zeitpunkt der Finanzierung unterentwickelt und gehen unterfinanziert in die Produktion.“

Also sind nur die Produzent*innen schuld? „Von einem Filmproduzenten spricht man, wenn er die wirtschaftliche und technische Verantwortung für die Produktion trägt, ihre Durchführung organisiert und sie inhaltlich beeinflusst“, erklärt die Wikipedia. 

Aber nein, auch sie können in der Erklärkette der Filmakademie auch nichts dafür, denn …

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Aufwendige Greenscreen-Aufnahmen in Babelsberg. Manchen Filmschaffenden aber steht das Wasser bis zum Hals. Die Grünen wollen nun den Arbeits- und Produktionsbedingungen mehr Gewicht in Förderung und Filmpolitik geben. | Foto © Studio Babelsberg

Aufwendige Greenscreen-Aufnahmen in Babelsberg. Manchen Filmschaffenden aber steht das Wasser bis zum Hals. Die Grünen wollen nun den Arbeits- und Produktionsbedingungen mehr Gewicht in Förderung und Filmpolitik geben. | Foto © Studio Babelsberg

Etwas in der Branche bewegt sich doch: Jahrelang verhallten die Klagen über die Lage der Filmschaffenden unerhört in einem gleichgültigen Nirgendwo, da fand die Filmförderungsanstalt zum Jahresbeginn im neuen Filmförderungsgesetz (FFG) plötzlich eine neue Aufgabenbeschreibung: Sie habe „darauf hinzuwirken, daß in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal zu sozialvertraglichen Bedingungen beschäftigt wird.“

Keine Panik: Das habe nicht mehr zu bedeuten als ein paar Euro für Workshops und Publikationen, erklärte die Kulturstaatsministerin Monika Grütters vor dem Bundestag – womit sie nicht nur die Position der CDU verkörpert, sondern zumindest faktisch auch die der SPD als Regierungspartner und Miturheber des neuen FFG.

Dennoch: Erstmals stehen nun die Arbeitsbedingungen in den Statuten einer deutschen Filmfördereinrichtung [PDF], noch dazu der machtvollsten. Und dass sie nun bis in deren Hallen erklingen, ist das Werk vieler. Berufsverbände, Politiker und Gewerkschaft hatten in den Stellungnahmen zum Gesetzentwurf darauf gedrängt.

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Verarschen können wir uns selber??Die BKM kann’s besser. | Foto © API, Michael Tinnefeld für Deutsche Filmakademie

Im neuen Jahr soll auch ein neues Filmförderungsgesetz (FFG) gelten, und offenbar gefällt allen, was am 10. November nach zweiter und dritter Lesung im Bundestag beschlossen wurde. Natürlich hat die Opposition zu meckern: Es sei „die Chance vertan, die deutsche Filmlandschaft vielfältiger und gerechter zu gestalten“, sagt die filmpolitische Sprecherin der Grünen, doch schon ihr Kollege von der Linken gibt sich koalitionsbereiter und nennt es „zaghafte Schritte in die richtige Richtung.“

Im Dezember soll das neue Gesetz auch den Bundesrat passieren und gibt dann für die nächsten fünf Jahre die Rahmenbedingungen für die Filmförderungsanstalt (FFA) vor. Und womöglich nicht nur für die, denn auch Fördereinrichtungen der Länder orientieren sich mehr oder weniger daran. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Monika Grütters, selbst nannte das Gesetz „ausgewogen und gelungen“ und lobte bei der Gelegenheit den Deutschen Film: Mit einem Besucheranteil von 27,5 Prozent habe er 2015 nicht nur das beste Ergebnis seit Erfassung dieser Daten erzielt, lässt sie in einer Pressemitteilung verbreiten, sondern auch internationale Strahlkraft. Beleg dafür ist das Mantra dieses Sommers: „Toni Erdmann“, „der jetzt für einen Auslands-,Oscar‘ nominiert ist.”

Hier irrt die Kulturstaatsministerin: Nominiert ist noch gar keiner, „Toni Erdmann“ ist lediglich als deutscher Kandidat eingereicht worden – neben denen von 84 weiteren Ländern. Über die fünf Nominierungen wird bekanntlich immer erst im Januar entschieden. Bislang ist die Strahlkraft, was den „Oscar“ angeht, also eher nur national und ein kühner Wunsch. Stattdessen hätte Grütters ja darauf hinweisen können, dass der Film von Maren Ade auch bei den „Europäischen Filmpreisen“ im Dezember antritt, die auch ganz schön international sind. Da ist „Toni Erdmann“ sogar richtig nominiert und das gleich in sechs Kategorien.

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