Wahlprüfsteine für Filmschaffende #3: Die Linke
Ende September ist Bundestagswahl. Damit alle wissen, was sie wählen, wenn sie ihr Kreuzchen machen, hat Initiative Zukunft Kino+Film sieben Parteien acht Fragen gestellt: zu ihren Visionen von der Zukunft des Kinos und der Filmkultur – sogenannte Wahlprüfsteine. Heute antwortet Die Linke.
1. Welchen Stellenwert hat für Ihre Partei die Film- und Kinokultur im Kontext der Künste? Werden Sie sich für eine Erhöhung des Filmetats im Kulturhaushalt einsetzen?
Ja, wir wollen eine Erhöhung des Filmetats, um beispielsweise kommunale Kinos zu fördern, indem regionale Strategien zur Publikumsbindung entwickelt werden. Im Kontext der Künste hat die Film- und Kinokultur für uns einen enorm hohen Stellenwert. Das Medium Film ist eine komplexe grenz- und gattungsüberschreitende Kunstform und kulturelles Bildungsgut. In ihr verschmelzen unterschiedliche Kunstformen wie die Ästhetik spezifischer Bildsprachen, Schauspielkunst, Dramaturgie oder auch Musik. Auch das Kino ist mehr als ein wirtschaftliches Auswertungsfenster. Kino ist ein Ort kultureller Praxis, denn im Kinosaal werden Menschen zusammengeführt, die sich mit geschichtlichen, gesellschaftsrelevanten und politischen Themen auseinandersetzen und durch künstlerisch-ästhetische Wahrnehmungen neue Selbsterfahrungen erleben.
2. Setzen Sie sich mit Ihrer Partei für ein eigenes Ministerium für Kultur ein? Falls ja: Haben Sie vor, die Filmförderungen der BKM und der FFA diesem Ministerium zuzuordnen? Haben Sie vor, die kulturelle Filmförderung zu stärken und falls ja, wie?
Ja, wir fordern seit langem ein*e Bundeskulturminister*in mit Kabinettsrang und ein Kulturministerium, um die Belange der Kultur gegenüber anderen Ressorts sowie auf europäischer Ebene wirksamer vertreten zu können. In diesem Zusammenhang wollen wir die gesamte Filmförderung der BKM und FFA dem Kulturministerium zuordnen.
3. Wie stellen Sie sich eine zukunftsträchtige Förderung der Kinos auf Bundesebene vor? Inwiefern braucht es ein ganzheitliches Konzept zur Förderung der unterschiedlichen Akteur*innen in der Filmauswertung?
Als Linke wollten wir das Kino als Ort kultureller Praxen fördern. Die kulturelle Arbeit in Kinos ist zielgruppenorientiert und muss dezentral und ortspezifisch ausgerichtet werden. Mit einem gesonderten Programm sollte die FFA Kino-Projekte fördern, die regionale Strategien zur Publikumsgewinnung und Publikumspflege entwickeln. Die kultur- und medienpolitische Relevanz von kommunalen Kinos – insbesondere im ländlichen Raum – darf nicht unterschätzt werden. Der flächendeckende Bestand von Kinos muss evaluiert und ein Konzept zur institutionalisierten Unterstützung von kommunalen Kinos erarbeitet werden. Um ein ganzheitliches Förderkonzept zu entwickeln, in dem unterschiedliche Akteur*innen berücksichtigt werden, muss das gesamte komplexe Fördersystem unter die Lupe genommen und branchenübergreifende Gespräche entlang der Kriterien Innovation von Förderzielen, Förderinstrumenten und Förderstrukturen geführt werden.
4. Welche Rolle messen Sie der Filmbildung bei? Welche Strukturen und Ressourcen werden Sie hierfür auf Bundesebene schaffen?
Filmbildung ist ein wichtiger Baustein der Medienbildung. Sie vermittelt Kenntnisse über die visuelle Kultur, hilft Filme als kulturelles Bildungsgut zu verstehen und in ihrer Zeit zu kontextualisieren. Damit trägt Filmbildung dazu bei, dass sich Jung und Alt in der Medienwelt besser orientieren können. Altersgerechte Filmbildung muss im Rahmen von schulischer wie auch außerschulischer Medienbildung verankert werden. Schüler*innen sollen so Kenntnisse für einen kritischen, kreativen und nicht zuletzt genussvollen Umgang mit Filmen vermittelt werden. Dazu muss das filmpädagogische Aus- und Fortbildungsangebot erweitert und regelmäßig ansprechendes Lernmaterial geboten werden. Lokale Kinos könnten dabei zum vorrangigen Ort schulischer wie auch außerschulischer Filmbildung werden.
5. Wird das aktuelle Filmfördergesetz (FFG) den Herausforderungen und Entwicklungen unserer Zeit gerecht? Sollte das deutsche Filmfördersystem reformiert oder grundlegend neu gestaltet werden?
Die aktuelle FFG-Novelle wird den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht. Zwar zielt der Entwurf richtigerweise auf faire Arbeitsbedingungen, Ansätze zur Geschlechtergerechtigkeit, Diversität und Nachhaltigkeit, allerdings bedürfen die genannten Akzentuierungen der Ergänzung und Schärfung, um wirksame Verbesserungen für die Filmbranche, die im Filmbereich Tätigen und letztlich auch das Filmpublikum zu erzielen. Die verkürzte Laufzeit der neuen FFG-Novelle muss aus unserer Sicht dringend für grundlegende Reformen des Filmfördersystems genutzt werden. Filmförderung sollte mehr als den sprichwörtlichen „deutschen Gremienfilm“ sicherstellen und das Kino als demokratiestiftenden Kulturort für künstlerisch-ästhetische Vermittlung, für Unterhaltung, Diskurse, Emotionen, Perspektivwechsel und Lernerfahrungen stärken.
6. Würden Sie die Erstellung einer unabhängigen Studie zur Evaluation der gegenwärtigen Marktlage und zur Praxis der Filmförderung unterstützen?
Ja, wir würden den Auftrag einer unabhängigen Studie unterstützen, um die aktuelle wirtschaftliche Lage und das gesamte Filmfördersystem zu evaluieren.
Siehe auch hierzu auch Antwort auf Frage 3.
7. Welchen Stellenwert haben für Ihre Partei soziale, faire und nachhaltige Arbeitsbedingungen sowie Diversität, Gendergerechtigkeit und Inklusion im Zusammenhang mit der aktuellen Förderpraxis unter Berücksichtigung intersektionaler Fragestellungen?
Einen sehr hohen! Die Linke will Kultur krisenfest gestalten und streitet für gute, existenzsichernde Arbeit und soziale Sicherung im Kulturbereich. Wir setzen uns dafür ein nachhaltigere, geschlechtergerechte und krisenfeste Fördersysteme zu etablieren. Um die soziale Lage von Filmschaffenden zu verbessern, wollen wir bei der Vergabe von Fördermitteln geltende Tariflöhne und soziale beziehungsweise sozialversicherungsrechtliche Standards verpflichtend machen.
Auch fordern wir eine quotierte Vergabe von Filmfördergeldern an Projekte, die in den Gewerken Drehbuch, Produktion und Regie Frauen besetzen, sowie Gender Budgeting und die Einführung von Diversity-Checklisten. Kinos sollten an festen Tagen barrierefreie Filmfassungen mit Untertiteln und Audiodeskription auf ihren Leinwänden zeigen. Wir sind überzeugt, dass sich Geschlechtergerechtigkeit und Diversität positiv auf die Qualität von Filmen auswirkt, denn gesellschaftliche Vielfalt schlägt sich auch in mannigfachen Geschichten und Bildern nieder, so dass neue Zugänge zu Kultur eröffnet und Besucher*innen dazu gewonnen werden. Die Linke will „Kultur für alle“ und kulturelle Teilhabegerechtigkeit realisieren. Aufgrund der Tatsache, dass das deutsche Filmfördersystem durch Steuergelder, Rundfunkbeiträge und Filmabgaben (mit-)finanziert wird, muss es seiner Verantwortung für Bedingungen gerechter Teilhabe und Repräsentation auch gerecht werden.
8. Welche Maßnahmen will Ihre Partei angesichts der aktuellen Entwicklungen ergreifen, um eine vielfältige Film- und Kinokultur in der Zukunft zu ermöglichen?
Bereits vielerorts stattfindende Kürzungen im Kulturbereich auf kommunaler und Länderebene sind Vorboten von Verteilungskämpfen, die mit der veränderten Haushaltslage nach der Coronakrise anstehen. Die Coronakrise verstärkt jedoch auch Problemlagen, die bereits vor der Krise bestanden haben, denn Kultur ist nicht ausreichend finanziert. Vor diesem Hintergrund fordert Die Linke unter anderem eine Vermögensteuer sowie eine Vermögensabgabe zur Bewältigung der Krisenkosten und zur Finanzierung von dauerhaften Förderprogrammen. Kultur muss zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen werden. Wir wollen Kultur als Gemeinschaftsaufgabe und ein Staatsziel Kultur im Grundgesetz verankern. Bund, Länder und Kommunen müssen ausreichend Mittel erhalten, damit sie ihren Aufgaben in der Kulturpflege und Kulturförderung nachkommen, um Tarifflucht zu vermeiden und eine große Vielfalt der kulturellen Angebote im Bestand samt den notwendigen Investitionen dafür sichern können. Die Linke setzt sich deswegen für eine umfassende Steuerreform ein. Einrichtungen und Angebote der öffentlichen Daseinsvorsorge wollen wir damit in einem umfassenden Sinne nachhaltig finanzieren.