Die SOFA-Workshops bringen Projekte und Experten aus Ost- und Mitteleuropa zusammen – mit beeindruckenden Ergebnissen. Ganz oben auf dem diesjährigen Programm: Crew United Polen. Es sei auch höchste Zeit dafür, meint Irena Gruca und schildert, wie es der Branche im Nachbarland geht.
Interview: Peter Hartig
Foto von Irena: Daniel Raczy?ski/fotografowie.com
Frau Gruca, Crew United Frankreich steht am Start, jetzt stellen Sie das Projekt Crew United Polen vor. Die polnische Filmbranche brauche eine solche Plattform, sagen Sie. Und irgendwie klingt das dringend.
Ich möchte es anders formulieren: ich bin davon überzeugt, dass die Zeit für die Crew-United-Erweiterung Richtung Polen sehr gut ist. Dieses Jahr, genau genommen im Februar, wurde in Polen das neue Gesetz über Steueranreize im Bereich Filmproduktion verabschiedet und eingeführt. Produzenten von Spielfilmen, Animationen, Dokumentationen und TV-Serien erhalten 30 Prozent Bargeldrabatt oder Erstattung von Kosten, die für Produktionskosten anfallen. Zu welchem Zweck?
Zum einen, die polnische audiovisuelle Industrie weiterzuentwickeln, zum anderen, das polnische Kulturerbe in der Welt zu fördern. Unter künstlerischen Gesichtspunkten waren die letzen Jahre eine Reihe von polnischen Erfolgen. Nun gibt wieder starke wirtschaftliche Gründe, Richtung Polen zu schauen, das wieder konkurrenzfähig wurde – und zwar nicht nur im Bereich der Filmproduktion und -koproduktion, sondern auch als starke Film-Service-Landschaft mit modernster Infrastruktur und hochqualifiziertem Personal. Abgewickelt werden diese Steueranreize durch das Polnische Filminstitut, das Pendant zur deutschen Filmförderungsanstalt. Das Filminstitut lädt bereits internationale Filmproduzenten nach Polen ein, intensive Promotionsmaßnahmen erfolgen auf Festivals weltweit. Das heißt, es kommen ohnehin gute Zeiten auf Polens Filmschaffende zu?
Die Systemlösungen sind natürlich schön und gut, aber für die Situation der einzelnen Filmschaffenden selbst wird zurzeit nicht unbedingt viel getan. Wo können sich Profis, also sowohl Crew als auch Schauspieler*innen, die an einer Zusammenarbeit mit ausländischen Produktionen interessiert sind, über aktuelle Projekte informieren, die internationale Teams suchen? Wo gibt es eine glaubwürdige Stelle, wo sie ihre Leistungen präsentieren können und wo sie sofort gefunden werden können? Da bietet sich ein professionelles Werkzeug wie Crew United eigentlich perfekt an – eine anerkannte internationale Plattform, das aktuelle, vollständige und korrekte Informationen aus dem Bereich der audiovisuellen Produktion in Deutschland, und bald in Frankreich, Luxemburg und Belgien, anbietet. In 23 Jahren hat sich Crew United nicht nur einen Ruf und Anerkennung erarbeitet – wir haben über die Zeit unzählige Rückmeldungen erhalten, wie Jobs, Aufträge und Kooperationen nur dank der Online-Präsenz zustande kamen. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2019-08-07 12:56:252019-08-07 15:06:16Richtung Europa
„Alle vier Jahre gibt es eine Fußballweltmeisterschaft, jedes Jahr einen Sommer, jede Woche zwei neue Netflix-Serien – und die Filmbranche trifft sich alle vier bis fünf Jahre zur FFG-Novelle.“ So richtig glaubt man bei der Deutschen Filmakademie wohl nicht an Besserung. Zumindest nicht durch das FFG. Nun wird es also im „52. Jahr zum 13. Mal“ überarbeitet, derweil „nicht davon auszugehen“ sei, „dass sich die Situation des deutschen Kinos und des deutschen Kinofilms fundamental verbessern wird.“
Derart fatalistisch beginnt die Deutsche Filmakademie ihre Stellungnahme zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG), das 2022 in Kraft treten soll. Vier Punkte macht sie als Problem aus und beginnt gleich mit einem Paukenschlag:
1. Viele deutsche Kinofilme hätten „eine häufig zu niedrige Qualität“ und „fehlende Publikumsaffinität“ (übersetzt: sie sind schlecht gemacht und uninteressant).
Nanu! Streut sich da gerade jemand Asche aufs Haupt? Schließlich stellen doch die Sektionen Drehbuch, Regie und besonders Produktion den größten Teil der Akademie-Mitglieder. Doch von Ideenlosigkeit oder fehlendem Wagemut ist hier nicht die Rede. Das Problem hat für die Filmakademie allein einen betriebswirtschaftlichen Grund: „Viele interessante deutsche Kinofilmprojekte sind zum Zeitpunkt der Finanzierung unterentwickelt und gehen unterfinanziert in die Produktion.“
Also sind nur die Produzent*innen schuld? „Von einem Filmproduzenten spricht man, wenn er die wirtschaftliche und technische Verantwortung für die Produktion trägt, ihre Durchführung organisiert und sie inhaltlich beeinflusst“, erklärt die Wikipedia.
Aber nein, auch sie können in der Erklärkette der Filmakademie auch nichts dafür, denn …
Ich bin jetzt seit über zehn Jahren beim Film. Ich habe mit 17 mein erstes Praktikum gemacht und wusste sofort: Da will ich hin! Die Mischung zwischen laufender Baustelle und Kunst, der Rhythmus, der Typ Mensch, der sich für den Beruf entscheidet – das traf alles meinen Geschmack. Man verdient, subjektiv betrachtet, nicht schlecht, kann im Winter ein paar Wochen wegfahren ohne zu befürchten, den Job zu verlieren, und es ist äußerst vielfältig und abwechslungsreich. Aber der Schein trügt und nicht zu knapp. Vielleicht war ich noch zu jung, um das endlose Spiel zu durchschauen. Vielleicht habe ich mich auch von den unzähligen Wichtigtuern blenden lassen. Den Weitblick hatte ich auf jeden Fall nicht, und jetzt stehe ich da ohne Ausbildung, ohne Abschluss, mit einer Berufsbezeichnung, die man „Set-Aufnahmeleitung“ nennt, und mit der ich woanders nichts anfangen kann.
Meine berufliche Hinrichtung fand allerdings erst statt, als ich Mutter wurde. Es fing schon damit an, dass mir die Elternzeit durch die Agentur für Arbeit nicht anerkannt wurde, weil ich nicht „unmittelbar vor dem Mutterschutz“ sozialversicherungspflichtig war. Zwischen dem Zeitkonto und dem Mutterschutz lagen etwa zwei Wochen. Ich stand also da mit einem einjährigen Kind, ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Gedanke, wieder in den Job einzusteigen, als wäre nichts gewesen, war absurd: tariflich festgelegte 13-Stunden-Tage (2016), Reisebereitschaft, Bereitschaft zur Arbeit an Wochenenden und Feiertagen sowie Nachtarbeit, kurzfristige und absolute Verfügbarkeit. Das mag alles machbar sein, wenn man ungebunden ist, aber mit Kindern ist das unmöglich.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Josephine Kroetzhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgJosephine Kroetz2019-08-04 06:54:312019-08-22 17:42:46Der berufliche Selbstmord der Frauen
Filmfestivals sind aus der Filmbranche nicht wegzudenken. Sie sind oft die einzige Möglichkeit, abseits vom großen Kinovertrieb und VoD-Markt, Filme einem breiten Publikum bereitzustellen. Und wenn es einmal nicht mit der Einreichung des eigenen Films klappt, sollte man nicht den Netzwerkcharakter von Filmfestivals unterschätzen. Man kommt ins Gespräch mit anderen Filmschaffenden, der Filmszene und den Zuschauern. Bei Panels und Diskussionsrunden kann man noch Aspekte aus der Szene mit in die eigene Karriere oder die nächsten Projekte aufnehmen oder vielleicht sogar neue Mitstreiter*innen für die nächsten Projekte finden. Zusätzlich bieten manche Festivals sogar eigene Weltvertriebe an, mit dem der eigene Film sogar nach dem Festivalzeitraum noch weltweit unterwegs sein kann.
Aber was passiert eigentlich im Hintergrund eines Filmfestivals? Mit welchen Gedanken und Aufgaben setzen sich die Filmfestivalmacher_innen auseinander bevor am ersten Festivaltag der erste Film auf die Leinwand projiziert wird? In dieser Folge des Indiefilmtalk-Podcasts reden wir mit bekannten Filmfestivalmachern über ihre Erfahrungen bei der Arbeit an ihren Filmfestivals, welche Wege sie gehen, um ihre Festivals finanziell stemmen zu können, über ihre Anfänge und den unterschiedlichen Umgang mit den Filmeinreichungen. Zusätzlich schauen wir uns an, wie Ihr „Fakefestivals“ schon im vorhinein ausfindig machen könnt und wie hart es eigentlich wirklich ist, ein Filmfestival zu organisieren.
Die Gäste dieser Folge sind Festivalleiter Sebastian Brose vom „Achtung Berlin“, Alexander Stein vom „Interfilm“ und Paul Andexel von der „Genrenale“.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Yugen Yahhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgYugen Yah2019-08-03 06:12:182019-08-02 15:32:12Indiefilmtalk #52: Was geht ab in der Filmfestivallandschaft?
Siebeneinhalb Seiten »Vorbemerkungen« schickt die AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater ihrer Stellungnahme zur anstehenden Überarbeitung des Filmförderungsgesetzes (FFG) [PDF] voraus. Ein kritischer Blick auf die Branche und das Fördersystem, den wir gekürzt und mit weiterführenden Links wiedergeben:
Der Film- und Kinomarkt befindet sich in einem radikalen Umbruch. Global agierende Streamingplattformen gewinnen an Einfluss bei der Produktion, Finanzierung und Verwertung audiovisueller Inhalte. Dies verändert den Fernseh-, den Video- und den Kinomarkt und fordert alle Unternehmen in diesen Bereichen heraus. Wir beobachten, wie der Weltmarktführer immer aggressiver seine Vorherrschaft auszubauen versucht, während andere global agierende Konzerne stärker an diesem Wachstumsmarkt partizipieren wollen.
Begleitet wird diese Entwicklung von einer zunehmenden Marktkonzentration. Noch in diesem Jahr wird Disney den bisherigen Konkurrenten Fox übernehmen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Streamingmarkt. Auch im Kinomarkt beobachten wir eine immer stärker voranschreitende Marktkonzentration. Die Folgen wirken sich auch auf den nationalen Markt aus, der bei Produktion, Verleih und Kino unverändert stark fragmentiert und von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Am Ende geht es auch darum, dass der (deutsche) Mittelstand sich gegen die stetige Globalisierung halten kann, die verstärkt durch die allumfassende Digitalisierung Tendenzen zu weltweiten Monopolen aufweist.
Während manchen das Gefühl beschleicht, dass allein Serien der Internetgiganten Innovationen wagen, und diese mit immensen Investitionskapital Kreative und Filmhandwerker an sich binden, fehlen trotz Ausbau der Förderung zugkräftige Filme für das Kino. Zurecht beklagte die Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters zu Jahresbeginn das Missverhältnis zwischen Investition und Ertrag. International ist der deutsche Film mit überschaubaren Ausnahmen nicht wettbewerbsfähig. Das Ergebnis ist bekannt: 2018 war insgesamt betrachtet ein katastrophales Kinojahr [Die FFA-Studie „Das Kinojahr 2018 – Marktzahlen aus Deutschland“ als PDF].
Gewinnerbild mit Daniel Philippen | Credit: Holger Borggrefe
Unter dem Motto: Glück – Das Festival des Happy Ends gaben Schauspielervideos, Crew United und die ZAV Künstlervermittlung in Zusammenarbeit mit Casting Network, Cinearte und Out Takes Schauspielerinnen und Schauspielern in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum vierten Mal die Chance, ihre Persönlichkeit in einem kurzen Film (max. drei Minuten) vorzustellen.
Am Freitag, den 28 Juni 2019 präsentierte die hochkarätige Jury in einem vollbesetzten Kinosaal im CinemaxX München die vorausgewählten 15 Self Made Shorties.
Stellvertretend für die vielen tollen Shorties, die es leider nicht in die Auswahl der 15 Nominierten geschafft haben, hat Urs Cordua eine Compilation mit Ausschnitten weiterer Love-Shorties zusammengestellt:
Und wenn Ihr möchtet, gebt doch unter diesem Beitrag einen Kommentar ab und verweist per Link auf Euren Shorty mit Eurem Namen! Bis zum nächsten SMS Self Made Shorties Festival und 1000 Dank an alle, die mitgemacht haben und mitmachen werden.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Tina Thielehttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgTina Thiele2019-07-11 12:19:242019-07-22 16:59:20SMS Self Made Shorties Festival 2019: Glück – Das Festival des Happy Ends
Nicht satisfaktionsfähig für die Bonzen: Sophie Kluges Golden Twenties
Die Relativitätstheorie der Kinokrise: Das bestehende deutsche Filmsystem ist auf ganzer Linie gescheitert, aber die Großkopferten machen weiter. Doch das Ende des deutschen Kinos könnte sein Anfang werden.
Von Rüdiger Suchsland (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen)
Es war alles wie immer beim Filmfest München: Genauso viel Fest wie Film – viel Feiern bei Weißwurst, Schweinsbraten und einem zünftigen Hellen schon am Morgen beim Empfang des FilmFernsehFonds Bayern, Ministerinnenreden und Ministerpräsidentenversprechen unter leuchtend blauem Sonnenhimmel, bis zum nächtlichen Absacker im Schumanns oder bei einer der vielen Premierenpartys.
Dazwischen viele Filme, auch viele gute, ein Best-Of der internationalen Werke der letzten Monate, dazu rund 20 deutsche Kinopremieren in der wichtigsten Reihe, dem Wettbewerb um den »Förderpreis Neues deutsches Kino«, wo tatsächlich ein paar außerordentlich gelungene deutsche Filme liefen. Alles genauso wie schon vor 37 Jahren war, beim ersten Filmfest.
Es war aber auch nichts wie immer. Denn im deutschen Kino herrscht Krise. Krise so hart wie noch nie. Krise, die sich nicht mehr übertünchen lässt. Die Zuschauer bleiben weg, Produzenten und Verleiher leben aus den Beständen, Kinos machen im Dutzend dicht, sogar große Kinoketten wie gerade das Cinestar im Herzen Berlins, am Potsdamer Platz, so wie ein paar hundert Meter weiter der große X-Verleih gerade taumelt.
Viele gute Filmemacher bekommen ihre Filme nicht gefördert oder gerade genug Geld, um nicht gleich bankrott zu sein.
Diese Krise geht so weit, dass man feststellen muss: Das bestehende deutsche Filmsystem ist auf ganzer Linie gescheitert. Es kann und wird so nicht weitergehen.
+ + +
Aber über allem hängt von der Krise scheinbar unberührt eine fette Glocke aus Funktionären, Förderern, Redakteuren und Gremien. Sie lächeln, machen „Business as usual“, und wollen sich nicht einmal rhetorisch infrage stellen. Sie sind eine Clique des bleiernen Weiter-so. Manche von ihnen bekommen mehr Geld, als die meisten Filmemacher, denen sie eigentlich zu dienen hätten, und ohne die es sie nicht gäbe.
Diese Funktionäre geben schon seit Jahren unter der Hand zu, was ihre Entscheidungen jeden Tag beweisen: Dass sie Kunst im Kino eigentlich nicht wollen, allen Experimenten die Luft abschnüren. Über die Jahre haben sie eine engmaschige Günstlingswirtschaft entwickelt, Verhältnisse, die manche einfach korrupt finden, von denen allenfalls zwei Handvoll Adabeis profitieren, während die meisten anderen außen vor bleiben und unterm Tisch an den Resten nagen dürfen.
+ + +
Sehr typisch für diese Verhältnisse war beim Filmfest die Vergabe des neugeschaffenen, mit 100.000 Euro dotierten Preises für internationale Co-Produktionen. Schon vorher hatten viele Gäste gewettet, dass die üblichen Verdächtigen die Preise absahnen würden. Und gehofft, dass es doch anders kommen könnte: »Bitte nicht schon wieder Michael Weber!«, »Nur nicht Match Factory« – genau diese Sätze hatte ich von mehr als einem halben Dutzend Menschen beim Filmfest gehört. Aber
wer gegen solche Befürchtungen noch an das Gute in der Welt glaubte, wurde am Freitag eines Schlechteren belehrt. Die Jury aus Verleihern und Produzenten, zeichnete mit dem Köln ansässigen Weltvertrieb und Co-Produktions-Händler »The Match Factory« genau die aus, die solche Preise am wenigsten nötig haben: die reichste, etablierteste, bestvernetzte Firma, einen Big Player, den schon lange auf dem hohen Ross sitzt und seine Macht genüsslich auskostet.
+ + +
Zugleich hat das Filmfest viel vor: Der Freistaat hat mehr Geld versprochen, und inmitten des Kinosterbens und der Krise spricht man in München über den Bau neuer Abspielstätten mit Kapazitäten von 1500 Zuschauern und Freilichtkinos. Der Krise setzt man Visionen entgegen, die gar nicht unrealistisch sind in Zeiten der Krise etablierter Verwertungsformen und Festivals.
Man tut beim Filmfest auch viel für die Independents, bemüht sich um die Pflege des echten Autorenfilms, darum, dem Neuen, Ungewöhnlichen, Ungesehenen einen Platz zu geben und es sichtbar zu machen.
Zum Beispiel den beiden Beiträgen im Wettbewerb um den Förderpreis: Golden Twenties von Sophie Kluge und Mein Ende. Dein Anfang von Mariko Minoguchi – für viele die beiden besten Filme des Filmfests. Aber Outsider: Ohne Besuch einer Filmhochschule. Ohne deren Geld produziert.
Ohne Fernsehsender. Mit vergleichsweise geringen Fördermitteln ausgestattet. Nicht satisfaktionsfähig für die Bonzen.
Man zeigt beim Filmfest viele solche Filme von Regisseurinnen, die kaum gefördert wurden und die oft keine Filmhochschule besucht haben. Gut so! Hoffentlich macht das Filmfest damit weiter und etabliert sich so als Entdecker der Trends der Zukunft.
Aber in den wichtigen Jury sitzen dann wieder die Repräsentanten der Vergangenheit, die Etablierten, die Großkopferten, die Funktionäre, die gar kein Interesse daran haben, das Neue, Ungefügte, Widerständige auch noch zu prämieren. Das wurde am Abend der Preisverleihung belegt: Zwei Frauen und ein Mann in der Jury gaben drei Männern vier Preise. Jan-Ole Gersters Film Lara ist aus meiner Sicht zwar einer der besten Filme des Wettbewerbs gewesen, und ein verdienter Preisträger. Aber im Konzert der anderen Preiskandidaten dieser als Nachwuchspreises adressierten Auszeichnung, sind dieser Film und seine Macher – ungewöhnlich schnell und gut mit Förder- und Sendergeldern ausgestattet – eine Liga für sich.
Das Gesamtgefüge der Preisvergabe stimmte nicht. Denn alle echten Independents im Wettbewerb blieben unprämiert, die gut finanzierten Filme bekamen auch noch das Geld und die Zusatzaufmerksamkeit. Und um das Geld, um die Aufmerksamkeit geht es am Ende. Beides auszubalancieren, Verzerrungen nicht noch zu verstärken, sondern abzudämpfen ist Aufgabe einer Jury.
+ + +
Das Filmfest München befindet sich mit alldem in einer schizophrenen Situation. Man steht derzeit auf allen Seiten gleichzeitig. Man will es allen recht machen. Das wird nicht mehr lange so weitergehen. Schmusekurs und Harmoniesoße mögen vielen sympathisch sein, und manche Konflikte abdämpfen. Der deutsche Film und sein Nachwuchs aber brauchen Ecken und Kanten, und müssen das gerade auch von einem Festival erwarten können, das den Nachwuchs fördern will. Der nur allererste, aber
unvermeidliche Schritt dafür: Die Juryzusammensetzung muss im kommenden Jahr korrigiert werden. Es muss jüngere, mutigere Preisjurys geben, deren Mitglieder selbst für das Widerständige und Nicht-Etablierte stehen, statt seit Jahren und Jahrzehnten über diverse Pöstchen mit dem Bestehenden, dem auf ganzer Linie gescheiterten deutschen Filmsystem verbandelt zu sein.
Das Filmfest München muss sich entscheiden, auf welcher Seite es steht. Es darf sich nicht kaufen lassen von den Millionen des Freistaats, es darf seine Seele nicht verkaufen und nicht das Kino.
Wir brauchen eine Revolution im deutschen Film! Eine Revolution der Filme gegen die Funktionäre, der Filmemacher gegen die Amigo-Klüngel, der Filmproduzenten gegen die Allianzen der Verhinderung und des Weiter-So, des Kinos gegen die Streaming-Dienste, der neuen Ideen gegen die Krise.
Dann, nur dann könnte das Ende des deutschen Kinos sein Anfang werden.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2019-07-09 10:10:302019-07-09 10:10:30Die zwei Welten des Filmfest München
Wenn Yugen Yah nicht selbst Filme dreht, redet er darüber – übers Filmemachen. Ganz ohne Bilder und mit Gleichgesinnten: Regiekollegen, Produzenten, Schauspielern, Filmwissenschaftlern, möglichst allen in der Filmszene. Seit zwei Jahren betreibt er den Podcast Indiefilmtalk.de mit seinem Co-Host, der Theaterwissenschaftlerin und Moderatorin Susanne Braun, über die eigene Website wie über Spotify und I-Tunes.
„Alle reden gerne über Filme. Selten über das Filme machen. Und noch seltener über das, was zwischendrin passiert“, erklärt Braun auf der Website. Fast 50 Mal haben die beiden inzwischen zum lockeren Gespräch geladen, dazwischen immer mal Sondersendungen mit Paneldiskussionen von größeren Festivals oder Filmhochschulen – fast jede Woche erscheint ein neuer Beitrag. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2019-07-05 13:25:212019-08-02 15:08:47Indiefilmtalk: Filmemachen ohne Bilder
Richtung Europa
out takes, Peter HartigDie SOFA-Workshops bringen Projekte und Experten aus Ost- und Mitteleuropa zusammen – mit beeindruckenden Ergebnissen. Ganz oben auf dem diesjährigen Programm: Crew United Polen. Es sei auch höchste Zeit dafür, meint Irena Gruca und schildert, wie es der Branche im Nachbarland geht.
Interview: Peter Hartig
Foto von Irena: Daniel Raczy?ski/fotografowie.com
Frau Gruca, Crew United Frankreich steht am Start, jetzt stellen Sie das Projekt Crew United Polen vor. Die polnische Filmbranche brauche eine solche Plattform, sagen Sie. Und irgendwie klingt das dringend.
Ich möchte es anders formulieren: ich bin davon überzeugt, dass die Zeit für die Crew-United-Erweiterung Richtung Polen sehr gut ist. Dieses Jahr, genau genommen im Februar, wurde in Polen das neue Gesetz über Steueranreize im Bereich Filmproduktion verabschiedet und eingeführt. Produzenten von Spielfilmen, Animationen, Dokumentationen und TV-Serien erhalten 30 Prozent Bargeldrabatt oder Erstattung von Kosten, die für Produktionskosten anfallen.
Zu welchem Zweck?
Zum einen, die polnische audiovisuelle Industrie weiterzuentwickeln, zum anderen, das polnische Kulturerbe in der Welt zu fördern. Unter künstlerischen Gesichtspunkten waren die letzen Jahre eine Reihe von polnischen Erfolgen. Nun gibt wieder starke wirtschaftliche Gründe, Richtung Polen zu schauen, das wieder konkurrenzfähig wurde – und zwar nicht nur im Bereich der Filmproduktion und -koproduktion, sondern auch als starke Film-Service-Landschaft mit modernster Infrastruktur und hochqualifiziertem Personal. Abgewickelt werden diese Steueranreize durch das Polnische Filminstitut, das Pendant zur deutschen Filmförderungsanstalt. Das Filminstitut lädt bereits internationale Filmproduzenten nach Polen ein, intensive Promotionsmaßnahmen erfolgen auf Festivals weltweit.
Das heißt, es kommen ohnehin gute Zeiten auf Polens Filmschaffende zu?
Die Systemlösungen sind natürlich schön und gut, aber für die Situation der einzelnen Filmschaffenden selbst wird zurzeit nicht unbedingt viel getan. Wo können sich Profis, also sowohl Crew als auch Schauspieler*innen, die an einer Zusammenarbeit mit ausländischen Produktionen interessiert sind, über aktuelle Projekte informieren, die internationale Teams suchen? Wo gibt es eine glaubwürdige Stelle, wo sie ihre Leistungen präsentieren können und wo sie sofort gefunden werden können? Da bietet sich ein professionelles Werkzeug wie Crew United eigentlich perfekt an – eine anerkannte internationale Plattform, das aktuelle, vollständige und korrekte Informationen aus dem Bereich der audiovisuellen Produktion in Deutschland, und bald in Frankreich, Luxemburg und Belgien, anbietet. In 23 Jahren hat sich Crew United nicht nur einen Ruf und Anerkennung erarbeitet – wir haben über die Zeit unzählige Rückmeldungen erhalten, wie Jobs, Aufträge und Kooperationen nur dank der Online-Präsenz zustande kamen. Weiterlesen
FFG 2022 – Stellungnahmen 7: Deutsche Filmakademie
out takes, Peter HartigSchlecht gemacht und am Publikum vorbei!?So harsch urteilt die Deutsche Filmakademie über den deutsche Filme. Schuld habe das gegenwärtige Fördersystem. | Foto © Deutsche Filmakademie, Franziska Krug
„Alle vier Jahre gibt es eine Fußballweltmeisterschaft, jedes Jahr einen Sommer, jede Woche zwei neue Netflix-Serien – und die Filmbranche trifft sich alle vier bis fünf Jahre zur FFG-Novelle.“ So richtig glaubt man bei der Deutschen Filmakademie wohl nicht an Besserung. Zumindest nicht durch das FFG. Nun wird es also im „52. Jahr zum 13. Mal“ überarbeitet, derweil „nicht davon auszugehen“ sei, „dass sich die Situation des deutschen Kinos und des deutschen Kinofilms fundamental verbessern wird.“
Derart fatalistisch beginnt die Deutsche Filmakademie ihre Stellungnahme zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes (FFG), das 2022 in Kraft treten soll. Vier Punkte macht sie als Problem aus und beginnt gleich mit einem Paukenschlag:
1. Viele deutsche Kinofilme hätten „eine häufig zu niedrige Qualität“ und „fehlende Publikumsaffinität“ (übersetzt: sie sind schlecht gemacht und uninteressant).
Nanu! Streut sich da gerade jemand Asche aufs Haupt? Schließlich stellen doch die Sektionen Drehbuch, Regie und besonders Produktion den größten Teil der Akademie-Mitglieder. Doch von Ideenlosigkeit oder fehlendem Wagemut ist hier nicht die Rede. Das Problem hat für die Filmakademie allein einen betriebswirtschaftlichen Grund: „Viele interessante deutsche Kinofilmprojekte sind zum Zeitpunkt der Finanzierung unterentwickelt und gehen unterfinanziert in die Produktion.“
Also sind nur die Produzent*innen schuld? „Von einem Filmproduzenten spricht man, wenn er die wirtschaftliche und technische Verantwortung für die Produktion trägt, ihre Durchführung organisiert und sie inhaltlich beeinflusst“, erklärt die Wikipedia.
Aber nein, auch sie können in der Erklärkette der Filmakademie auch nichts dafür, denn …
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Der berufliche Selbstmord der Frauen
Josephine Kroetz, Unsere GästeDer Branche gehen die Arbeitskräfte aus. Das liegt nicht nur daran, dass mehr gedreht wird. Einige kehren der Branche einfach den Rücken. Warum? Ein Erfahrungsbericht mit Vorschlägen. | Foto © Archiv
Ich bin jetzt seit über zehn Jahren beim Film. Ich habe mit 17 mein erstes Praktikum gemacht und wusste sofort: Da will ich hin! Die Mischung zwischen laufender Baustelle und Kunst, der Rhythmus, der Typ Mensch, der sich für den Beruf entscheidet – das traf alles meinen Geschmack. Man verdient, subjektiv betrachtet, nicht schlecht, kann im Winter ein paar Wochen wegfahren ohne zu befürchten, den Job zu verlieren, und es ist äußerst vielfältig und abwechslungsreich. Aber der Schein trügt und nicht zu knapp. Vielleicht war ich noch zu jung, um das endlose Spiel zu durchschauen. Vielleicht habe ich mich auch von den unzähligen Wichtigtuern blenden lassen. Den Weitblick hatte ich auf jeden Fall nicht, und jetzt stehe ich da ohne Ausbildung, ohne Abschluss, mit einer Berufsbezeichnung, die man „Set-Aufnahmeleitung“ nennt, und mit der ich woanders nichts anfangen kann.
Meine berufliche Hinrichtung fand allerdings erst statt, als ich Mutter wurde. Es fing schon damit an, dass mir die Elternzeit durch die Agentur für Arbeit nicht anerkannt wurde, weil ich nicht „unmittelbar vor dem Mutterschutz“ sozialversicherungspflichtig war. Zwischen dem Zeitkonto und dem Mutterschutz lagen etwa zwei Wochen. Ich stand also da mit einem einjährigen Kind, ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Gedanke, wieder in den Job einzusteigen, als wäre nichts gewesen, war absurd: tariflich festgelegte 13-Stunden-Tage (2016), Reisebereitschaft, Bereitschaft zur Arbeit an Wochenenden und Feiertagen sowie Nachtarbeit, kurzfristige und absolute Verfügbarkeit. Das mag alles machbar sein, wenn man ungebunden ist, aber mit Kindern ist das unmöglich.
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Indiefilmtalk #52: Was geht ab in der Filmfestivallandschaft?
Yugen YahHeute reden wir mit den Festivalleitern Alexander Stein (Interfilm-Festival), Paul Andexel (Genrenale) und Sebastian Brose (Achtung Berlin) über die Festivalarbeit, wie sich die Festivallandschaft verändert, was „Fakefestivals“ sind und über vieles mehr. | Foto © Genrenale
Filmfestivals sind aus der Filmbranche nicht wegzudenken. Sie sind oft die einzige Möglichkeit, abseits vom großen Kinovertrieb und VoD-Markt, Filme einem breiten Publikum bereitzustellen. Und wenn es einmal nicht mit der Einreichung des eigenen Films klappt, sollte man nicht den Netzwerkcharakter von Filmfestivals unterschätzen. Man kommt ins Gespräch mit anderen Filmschaffenden, der Filmszene und den Zuschauern. Bei Panels und Diskussionsrunden kann man noch Aspekte aus der Szene mit in die eigene Karriere oder die nächsten Projekte aufnehmen oder vielleicht sogar neue Mitstreiter*innen für die nächsten Projekte finden. Zusätzlich bieten manche Festivals sogar eigene Weltvertriebe an, mit dem der eigene Film sogar nach dem Festivalzeitraum noch weltweit unterwegs sein kann.
Aber was passiert eigentlich im Hintergrund eines Filmfestivals? Mit welchen Gedanken und Aufgaben setzen sich die Filmfestivalmacher_innen auseinander bevor am ersten Festivaltag der erste Film auf die Leinwand projiziert wird? In dieser Folge des Indiefilmtalk-Podcasts reden wir mit bekannten Filmfestivalmachern über ihre Erfahrungen bei der Arbeit an ihren Filmfestivals, welche Wege sie gehen, um ihre Festivals finanziell stemmen zu können, über ihre Anfänge und den unterschiedlichen Umgang mit den Filmeinreichungen. Zusätzlich schauen wir uns an, wie Ihr „Fakefestivals“ schon im vorhinein ausfindig machen könnt und wie hart es eigentlich wirklich ist, ein Filmfestival zu organisieren.
Die Gäste dieser Folge sind Festivalleiter Sebastian Brose vom „Achtung Berlin“, Alexander Stein vom „Interfilm“ und Paul Andexel von der „Genrenale“.
FFG 2022 – Stellungnahmen 6: AG Kino
out takes, Peter HartigDas Kino ist wieder mal in Gefahr – die Streamingdienste machen sich immer breiter. Die AG Kino plädiert für die Bewahrung der Kinokultur. Wie beides zusammen geht, machen derweil andere vor: Die britische Arthouse-Kette Curzon Cinemas stellt zeigt ihre Filme parallel auch als Bezahlstream. | Foto © Screenshot
Siebeneinhalb Seiten »Vorbemerkungen« schickt die AG Kino – Gilde deutscher Filmkunsttheater ihrer Stellungnahme zur anstehenden Überarbeitung des Filmförderungsgesetzes (FFG) [PDF] voraus. Ein kritischer Blick auf die Branche und das Fördersystem, den wir gekürzt und mit weiterführenden Links wiedergeben:
Der Film- und Kinomarkt befindet sich in einem radikalen Umbruch. Global agierende Streamingplattformen gewinnen an Einfluss bei der Produktion, Finanzierung und Verwertung audiovisueller Inhalte. Dies verändert den Fernseh-, den Video- und den Kinomarkt und fordert alle Unternehmen in diesen Bereichen heraus. Wir beobachten, wie der Weltmarktführer immer aggressiver seine Vorherrschaft auszubauen versucht, während andere global agierende Konzerne stärker an diesem Wachstumsmarkt partizipieren wollen.
Begleitet wird diese Entwicklung von einer zunehmenden Marktkonzentration. Noch in diesem Jahr wird Disney den bisherigen Konkurrenten Fox übernehmen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Streamingmarkt. Auch im Kinomarkt beobachten wir eine immer stärker voranschreitende Marktkonzentration. Die Folgen wirken sich auch auf den nationalen Markt aus, der bei Produktion, Verleih und Kino unverändert stark fragmentiert und von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Am Ende geht es auch darum, dass der (deutsche) Mittelstand sich gegen die stetige Globalisierung halten kann, die verstärkt durch die allumfassende Digitalisierung Tendenzen zu weltweiten Monopolen aufweist.
Während manchen das Gefühl beschleicht, dass allein Serien der Internetgiganten Innovationen wagen, und diese mit immensen Investitionskapital Kreative und Filmhandwerker an sich binden, fehlen trotz Ausbau der Förderung zugkräftige Filme für das Kino. Zurecht beklagte die Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters zu Jahresbeginn das Missverhältnis zwischen Investition und Ertrag. International ist der deutsche Film mit überschaubaren Ausnahmen nicht wettbewerbsfähig. Das Ergebnis ist bekannt: 2018 war insgesamt betrachtet ein katastrophales Kinojahr [Die FFA-Studie „Das Kinojahr 2018 – Marktzahlen aus Deutschland“ als PDF].
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SMS Self Made Shorties Festival 2019: Glück – Das Festival des Happy Ends
out takes, Tina ThieleGewinnerbild mit Daniel Philippen | Credit: Holger Borggrefe
Unter dem Motto: Glück – Das Festival des Happy Ends gaben Schauspielervideos, Crew United und die ZAV Künstlervermittlung in Zusammenarbeit mit Casting Network, Cinearte und Out Takes Schauspielerinnen und Schauspielern in Deutschland, Österreich und der Schweiz zum vierten Mal die Chance, ihre Persönlichkeit in einem kurzen Film (max. drei Minuten) vorzustellen.
Am Freitag, den 28 Juni 2019 präsentierte die hochkarätige Jury in einem vollbesetzten Kinosaal im CinemaxX München die vorausgewählten 15 Self Made Shorties.
Zur Jury gehörten in diesem Jahr Castingstudio Simone Bär (Transit, Dark, Babylon Berlin), Nathalie Mischel (Casting Director des Hessischen Rundfunks), die Filmproduktion Claussen + Putz (Polizeiruf 110 – Tatorte, Die kleine Hexe, Der verlorene Bruder), Regisseur Hans Steinbichler (Winterreise, Landauer – Der Präsident, Das Tagebuch der Anne Frank), Jana Brandt, Fernsehfilmchefin des Mitteldeutschen Rundfunks (Weissensee, Charité, Hubert ohne Staller) und als Vertreter der Schauspielkunst Kevin Patzke (erster Preisträger des letzten SMS Festivals 2017) unter der Schirmherrschaft des Festivalpräsident Edgar Selge (Polizeiruf 110, Unterwerfung, Poll).
Im Folgenden ein paar Impressionen der Veranstaltung, Stimmen, weitere Eindrücke und natürlich die Gewinner-Shorties:
Der Gewinnerfilm bei der Vorführung im Cinemaxx | Credit: Alena Sternberg
1. Platz SMS Self Made Shorties 2019: Henrike Fehrs
2. Platz SMS Self Made Shorties 2019: Ela Paul
Platz 2:
3. Platz SMS Self Made Shorties 2019: Ragna Guderian
Stellvertretend für die vielen tollen Shorties, die es leider nicht in die Auswahl der 15 Nominierten geschafft haben, hat Urs Cordua eine Compilation mit Ausschnitten weiterer Love-Shorties zusammengestellt:
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PS: Leider ist es uns nicht möglich, alle 619 SMS-Shorties zu veröffentlichen. Weitere 100 Lieblinge der Jury könnt Ihr aber hier sehen:
https://www.schauspielervideos.de/ecasting/ergebnis/sms-festival-2019
Und wenn Ihr möchtet, gebt doch unter diesem Beitrag einen Kommentar ab und verweist per Link auf Euren Shorty mit Eurem Namen! Bis zum nächsten SMS Self Made Shorties Festival und 1000 Dank an alle, die mitgemacht haben und mitmachen werden.
Das 5. Self Made Shorties – Festival ist eine Veranstaltung von Crew United & Schauspielervideos in Kooperation mit casting-network und Out Takes, unterstützt von Cinearte, dem Int. Filmfest München und cernodesign.
Konzeption und Beratung: ZAV Künstlervermittlung.
Glück auf für Eure Shorties im Netz!
Die zwei Welten des Filmfest München
out takes, Rüdiger SuchslandNicht satisfaktionsfähig für die Bonzen: Sophie Kluges Golden Twenties
Die Relativitätstheorie der Kinokrise: Das bestehende deutsche Filmsystem ist auf ganzer Linie gescheitert, aber die Großkopferten machen weiter. Doch das Ende des deutschen Kinos könnte sein Anfang werden.
Von Rüdiger Suchsland (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen)
Es war alles wie immer beim Filmfest München: Genauso viel Fest wie Film – viel Feiern bei Weißwurst, Schweinsbraten und einem zünftigen Hellen schon am Morgen beim Empfang des FilmFernsehFonds Bayern, Ministerinnenreden und Ministerpräsidentenversprechen unter leuchtend blauem Sonnenhimmel, bis zum nächtlichen Absacker im Schumanns oder bei einer der vielen Premierenpartys.
Dazwischen viele Filme, auch viele gute, ein Best-Of der internationalen Werke der letzten Monate, dazu rund 20 deutsche Kinopremieren in der wichtigsten Reihe, dem Wettbewerb um den »Förderpreis Neues deutsches Kino«, wo tatsächlich ein paar außerordentlich gelungene deutsche Filme liefen.
Alles genauso wie schon vor 37 Jahren war, beim ersten Filmfest.
Es war aber auch nichts wie immer. Denn im deutschen Kino herrscht Krise. Krise so hart wie noch nie. Krise, die sich nicht mehr übertünchen lässt.
Die Zuschauer bleiben weg, Produzenten und Verleiher leben aus den Beständen, Kinos machen im Dutzend dicht, sogar große Kinoketten wie gerade das Cinestar im Herzen Berlins, am Potsdamer Platz, so wie ein paar hundert Meter weiter der große X-Verleih gerade taumelt.
Viele gute Filmemacher bekommen ihre Filme nicht gefördert oder gerade genug Geld, um nicht gleich bankrott zu sein.
Diese Krise geht so weit, dass man feststellen muss: Das bestehende deutsche Filmsystem ist auf ganzer Linie gescheitert.
Es kann und wird so nicht weitergehen.
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Aber über allem hängt von der Krise scheinbar unberührt eine fette Glocke aus Funktionären, Förderern, Redakteuren und Gremien. Sie lächeln, machen „Business as usual“, und wollen sich nicht einmal rhetorisch infrage stellen.
Sie sind eine Clique des bleiernen Weiter-so. Manche von ihnen bekommen mehr Geld, als die meisten Filmemacher, denen sie eigentlich zu dienen hätten, und ohne die es sie nicht gäbe.
Diese Funktionäre geben schon seit Jahren unter der Hand zu, was ihre Entscheidungen jeden Tag beweisen: Dass sie Kunst im Kino eigentlich nicht wollen, allen Experimenten die Luft abschnüren. Über die Jahre haben sie eine engmaschige Günstlingswirtschaft entwickelt, Verhältnisse, die manche einfach korrupt finden, von denen allenfalls zwei Handvoll Adabeis profitieren, während die meisten anderen außen vor bleiben und unterm Tisch an den Resten nagen dürfen.
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Sehr typisch für diese Verhältnisse war beim Filmfest die Vergabe des neugeschaffenen, mit 100.000 Euro dotierten Preises für internationale Co-Produktionen.
Schon vorher hatten viele Gäste gewettet, dass die üblichen Verdächtigen die Preise absahnen würden. Und gehofft, dass es doch anders kommen könnte: »Bitte nicht schon wieder Michael Weber!«, »Nur nicht Match Factory« – genau diese Sätze hatte ich von mehr als einem halben Dutzend Menschen beim Filmfest gehört.
Aber
wer gegen solche Befürchtungen noch an das Gute in der Welt glaubte, wurde am Freitag eines Schlechteren belehrt. Die Jury aus Verleihern und Produzenten, zeichnete mit dem Köln ansässigen Weltvertrieb und Co-Produktions-Händler »The Match Factory« genau die aus, die solche Preise am wenigsten nötig haben: die reichste, etablierteste, bestvernetzte Firma, einen Big Player, den schon lange auf dem hohen Ross sitzt und seine Macht genüsslich auskostet.
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Zugleich hat das Filmfest viel vor: Der Freistaat hat mehr Geld versprochen, und inmitten des Kinosterbens und der Krise spricht man in München über den Bau neuer Abspielstätten mit Kapazitäten von 1500 Zuschauern und Freilichtkinos. Der Krise setzt man Visionen entgegen, die gar nicht unrealistisch sind in Zeiten der Krise etablierter Verwertungsformen und Festivals.
Man tut beim Filmfest auch viel für die Independents, bemüht sich um die Pflege des echten Autorenfilms, darum, dem Neuen, Ungewöhnlichen, Ungesehenen einen Platz zu geben und es sichtbar zu machen.
Zum Beispiel den beiden Beiträgen im Wettbewerb um den Förderpreis: Golden Twenties von Sophie Kluge und Mein Ende. Dein Anfang von Mariko Minoguchi – für viele die beiden besten Filme des Filmfests. Aber Outsider: Ohne Besuch einer Filmhochschule. Ohne deren Geld produziert.
Ohne Fernsehsender. Mit vergleichsweise geringen Fördermitteln ausgestattet. Nicht satisfaktionsfähig für die Bonzen.
Man zeigt beim Filmfest viele solche Filme von Regisseurinnen, die kaum gefördert wurden und die oft keine Filmhochschule besucht haben. Gut so! Hoffentlich macht das Filmfest damit weiter und etabliert sich so als Entdecker der Trends der Zukunft.
Aber in den wichtigen Jury sitzen dann wieder die Repräsentanten der Vergangenheit, die Etablierten, die Großkopferten, die Funktionäre, die gar kein Interesse daran haben, das Neue, Ungefügte, Widerständige auch noch zu prämieren.
Das wurde am Abend der Preisverleihung belegt: Zwei Frauen und ein Mann in der Jury gaben drei Männern vier Preise. Jan-Ole Gersters Film Lara ist aus meiner Sicht zwar einer der besten Filme des Wettbewerbs gewesen, und ein verdienter Preisträger. Aber im Konzert der anderen Preiskandidaten dieser als Nachwuchspreises adressierten Auszeichnung, sind dieser Film und seine Macher – ungewöhnlich schnell und gut mit Förder- und Sendergeldern ausgestattet – eine Liga für sich.
Das Gesamtgefüge der Preisvergabe stimmte nicht. Denn alle echten Independents im Wettbewerb blieben unprämiert, die gut finanzierten Filme bekamen auch noch das Geld und die Zusatzaufmerksamkeit.
Und um das Geld, um die Aufmerksamkeit geht es am Ende. Beides auszubalancieren, Verzerrungen nicht noch zu verstärken, sondern abzudämpfen ist Aufgabe einer Jury.
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Das Filmfest München befindet sich mit alldem in einer schizophrenen Situation. Man steht derzeit auf allen Seiten gleichzeitig. Man will es allen recht machen.
Das wird nicht mehr lange so weitergehen. Schmusekurs und Harmoniesoße mögen vielen sympathisch sein, und manche Konflikte abdämpfen. Der deutsche Film und sein Nachwuchs aber brauchen Ecken und Kanten, und müssen das gerade auch von einem Festival erwarten können, das den Nachwuchs fördern will. Der nur allererste, aber
unvermeidliche Schritt dafür: Die Juryzusammensetzung muss im kommenden Jahr korrigiert werden. Es muss jüngere, mutigere Preisjurys geben, deren Mitglieder selbst für das Widerständige und Nicht-Etablierte stehen, statt seit Jahren und Jahrzehnten über diverse Pöstchen mit dem Bestehenden, dem auf ganzer Linie gescheiterten deutschen Filmsystem verbandelt zu sein.
Das Filmfest München muss sich entscheiden, auf welcher Seite es steht. Es darf sich nicht kaufen lassen von den Millionen des Freistaats, es darf seine Seele nicht verkaufen und nicht das Kino.
Wir brauchen eine Revolution im deutschen Film! Eine Revolution der Filme gegen die Funktionäre, der Filmemacher gegen die Amigo-Klüngel, der Filmproduzenten gegen die Allianzen der Verhinderung und des Weiter-So, des Kinos gegen die Streaming-Dienste, der neuen Ideen gegen die Krise.
Dann, nur dann könnte das Ende des deutschen Kinos sein Anfang werden.
Indiefilmtalk: Filmemachen ohne Bilder
out takes, Peter HartigSeit zwei Jahren bringt der Podcast Indiefilmtalk Filmemacher zum lockeren Gespräch zusammen. In Folge 46 sprachen Regisseur Dominik Balkow, Schauspielerin Vivien Andree und Produzent und Schauspieler Andreas Berg über die Beziehung zwischen Regie und Schauspiel. | Foto © Yugen Yah
Wenn Yugen Yah nicht selbst Filme dreht, redet er darüber – übers Filmemachen. Ganz ohne Bilder und mit Gleichgesinnten: Regiekollegen, Produzenten, Schauspielern, Filmwissenschaftlern, möglichst allen in der Filmszene. Seit zwei Jahren betreibt er den Podcast Indiefilmtalk.de mit seinem Co-Host, der Theaterwissenschaftlerin und Moderatorin Susanne Braun, über die eigene Website wie über Spotify und I-Tunes.
„Alle reden gerne über Filme. Selten über das Filme machen. Und noch seltener über das, was zwischendrin passiert“, erklärt Braun auf der Website. Fast 50 Mal haben die beiden inzwischen zum lockeren Gespräch geladen, dazwischen immer mal Sondersendungen mit Paneldiskussionen von größeren Festivals oder Filmhochschulen – fast jede Woche erscheint ein neuer Beitrag.
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