„Coronoia“ – ein Mini-Noir-Filmchen von und mit Robert Sigl. Kamera: Rostislav Stepanek, Musik: Markus Urchs. Auf Youtube. | Screenshot
Lauter gute Nachrichten: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 14.
„Gründonnerstag 29 März 2018. Der Frankfurter Hauptbahnhof wurde von milder Abendsonne geflutet, die wartenden Passagiere an Gleis 9 warfen lange Schatten. Auf die Minute pünktlich um 18 Uhr 30 fuhr Tanja Arnheim mit ICE 375 aus Berlin ein. Als Jerome Daimler, der eine Tüte mit frischen Backwaren in der Hand hielt, Tanja auf Höhe des Bistros aussteigen sah, überlegte er für einen Moment, ob er ihr entgegen laufen sollte, aber dann fand er es charmanter, einfach stehen zu bleiben.“ Leif Randt: „Allegro Pastell“, Anfangssätze
Ein Prozent aller Deutschen ist gerade infiziert. Auch wenn morgen Karfreitag ist und es da noch die ganze Zeit ums Opfer geht, bevor danach dann die Wiederauferstehung dran ist, möchten wir uns heute mal auf ein paar gute Nachrichten konzentrieren.
+++
Wer kennt Robert Sigl? Vermutlich viel zu wenige von Euch, die jetzt lesen. Denn Sigl ist einer der großen Unbekannten des deutschen Kinos, und das selbstredend zu Unrecht. Jetzt hat der Münchner Regisseur einen schönen witzigen stillen Kurzfilm gemacht. Er heißt „Coronoia“, und steht auf YouTube.
Das ist eine gute Gelegenheit, um nachdrücklich auf Sigl Regiedebüt hinzuweisen. Es heißt „Laurin“ und hätte es damals die verdiente Aufmerksamkeit bekommen – die deutsche Filmgeschichte wäre anders und vermutlich besser verlaufen.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2020-04-09 21:49:092020-04-09 21:49:09Gedanken in der Pandemie 14: Abstand und Anstand
Immer wieder erwische ich mich bei der unnützen Überlegung, was ich gerade tun würde oder zu tun hätte, wenn die Zeit nicht so wäre, wie sie gerade ist. Ostern steht an und ich hätte mich über ein paar freie Tage gefreut. Ein paar freie Tage, die die Zeit angehalten hätten. Aber die Zeit ist angehalten worden, das Hamsterrad ist stehen geblieben. Die Flut an Pressevorführungen verebbte auf einen Schlag. Heute ist der vierte Startdonnerstag ohne Kinostarts. Der neue James Bond würde in die zweite Woche gehen. Jetzt würden die Biografien von Marie Curie („Marie Curie – Elemente des Lebens“, Marjane Satrapi) und Harriet Tubman („Harriet – Der Weg in die Freiheit“, Kasi Lemmons) in die Kinos gekommen. Mit „Königin“ (May El-Toukhy, mit Trine Dyrholm) wäre der dänische und mit „Als wir tanzten“ (Levan Akin) der schwedische „Oscar“-Beitrag gestartet. Mit den Kindern wäre man in den Animationsfilm „Mina und die Traumzauberer“ (Kim Hagen Jensen, Tonni Zinck) oder in „Der Junge und die Wildgänse“ (Nicolas Vanier) gegangen. Bis auf den letzten Titel wird alles nur verschoben.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Elisabeth Nagyhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgElisabeth Nagy2020-04-09 20:51:152020-04-09 20:51:15Kino in Zeiten von Corona 3
Der Titel täuscht – sie tat es doch. Mit Mitte 60 erfüllte sich Ulla Geiger den Traum, der sie einst in die Branche gebracht hatte: Sie drehte ihren Debütfilm. Und als alles gut schien, kam das Virus dazwischen: Der Kinostart musste abgesagt werden. Also gibt’s das Werk erstmal als Stream: „Wir drehen keinen Film“.Ihr Erlebnisbericht:
Mit Mitte 60 habe ich meinen Debütfilm gedreht. Eigentlich hatte ich Filmemacherin werden wollen,seit ich 30 Jahre alt war, aber mein Leben hat immer wieder Haken geschlagen und mich woandershin gespült. Nie hatte ich gesagt „Nein, das ist aber jetzt nicht zielführend!“, sondern ich bin mit dem Leben mitgegangen. Dabei habe ich dann so ganz unbemerkt alles gelernt, was ich nun für die Arbeit an diesem Film hatte brauchen können.
Das Ziel „Filmemacherin“: 1981, mit 30 Jahren, lag ich in letzten Zügen meines Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in München, hatte aber keine Lust mehr auf die anvisierte Kunsterzieher-Laufbahn. Das Studium war aber nicht umsonst gewesen. Ich hatte meine optische Wahrnehmung gesteigert und war durch fotografische Maltechniken zu einer Detailfieslerin geworden.
Die verrückten Filme von Carlos Saura hatten es mir damals angetan – ein Faktor für meinen Entschluss, Filmemacherin zu werden. Ich überlegte, ob ich mit einem Studium an der HFF meinen Eltern weiter auf der Tasche liegen sollte – ich hatte ja schon zehn Jahre studiert. Also entschied mich, das Filmhandwerk von der Pike auf zu lernen. Ich machte ein Praktikum bei einer Kinderserie, und wurde dort noch für eine kleine Rolle engagiert, die ich eigentlich gar nicht wollte. Ich wollte beim Film alles machen nur nicht Schauspielerin, nicht zuletzt aus Trotz gegen meine Mutter, die, selbst ehemals Schauspielerin und Sängerin, immer sagte: „Kind, du gehörst vor die Kamera!“ Wie witzig, dass sie irgendwie recht behalten hat, ich bin ja auch Schauspielerin geworden!
Mehr und mehr Gedanken drehen sich um die Welt nach der Krise. Die Soforthilfen werden in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Baden-Württemberg will jetzt Vorbild sein für eine einheitliche Regelung, die auch die Lebenshaltungskosten anerkennt. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können.
Gestern war Weltgesundheitstag – und der Geburtstag von Francis Ford Coppola. Darum hatte der Regisseur seine Stimme auch einem italienischen Automobilhersteller geliehen, für eine Hoffnungsbotschaft an seine „Landsleute“.
Über Nachhaltigkeit will kaum einer reden in der Krise. Dabei ist sie die Krisenwissenschaft par excellence. Sie verrät, warum wir mit alten Rezepten nicht weiterkommen, schreibt der Sozialwissenschaftler Davide Brocchi auf „Spektrum“.
Endlich macht mal einer wieder klare Ansagen, was noch geht oder nicht. Die Münchner „Bild“ hat’s heute getitelt. | Screenshot
Die Schönen, die Reichen und die Mächtigen. Und Super-Söder: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 13. Von Rüdiger Suchsland
„Gerechtigkeit sei eine Folgeerscheinung von Erfolg. Immer sei die gerechte Sache identisch mit der erfolgreichen. … Recht und Ethik, behaupte ein gewisser norddeutscher Philosoph namens Immanuel Kant, stünden außer jeden Verhältnisses: Recht und Boden aber, Recht und Klima, Recht und Volk, das meine er, der Otto Klenk aus München, die seien zweieinig, nicht zu trennen.“ Lion Feuchtwanger, „Erfolg“
„Bald wieder Fans im Stadion?“ Das sind doch tröstliche Aussichten! Nun erreicht darbende Fußballfans die wohl wichtigste Nachricht der letzten Wochen. Wenn alles gut läuft wird es bald nicht nur wieder Bundesliga-Fußball in Form von Geisterspielen geben, sondern auch echte Fans im Stadion. Denn der Mediziner Fritz Sörgel will in einer, wie es heißt „noch nie dagewesenen Studie“ Dauerkartenbesitzer von Bundesligavereinen auf Corona-Antikörper testen. Damit soll überprüft werden, wie hoch die Infizierung der Fans mit dem Corona-Virus ist, und ob der Fußball wirklich als Verstärker des Virus fungiert.
Sörgel ist Professor für Pharmakologie und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Er könnte zum Retter der Fans werden. Denn er will eine Studie an Dauerkartenbesitzern durchführen, um bald wieder Konzerte, Theatervorführungen, Lesungen und eben auch Fußballspiele vor Publikum möglich zu machen.
Sörgels Argument ist sachlich, aber auch psychologisch: Wenn man den Leuten ein Jahr lang verbietet, auf Konzerte zu gehen, sollte man das mit Daten belegen können“, sagt Sörgel in der „Zeit“: „Auch wir Mediziner sollten uns fragen: Wie kriegen wir es in den Griff, dass das Volk nicht durchdreht?“
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2020-04-08 21:07:062020-04-08 21:07:06Gedanken in der Pandemie 13: „Dann sollen sie doch Kuchen essen!“
Der Schauspieler Peter Schneider hat eine beeindruckende Filmografie. Doch wenn es um die soziale Absicherung geht, erlebt er das Gleiche wie viele seiner Kolleg*innen. In einem Brandbrief erklärt er verständlich, woran es hakt.
Ich möchte diese für viele existentiell bedrohliche Situation zum Anlass nehmen und Sie gerne auf ein seit Jahren existierendes Grundproblem unseres Berufsstandes hinweisen. Vielleicht können wir ja in einen Austausch kommen.
Kurz zu mir: Ich bin 1975 in Leipzig geboren, absolvierte nach dem Abitur 1995 ein Musikstudium und von 1998-2002 ein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig, welches ich mit Diplom abschloss. Seitdem bin ich vor allem als Schauspieler, aber auch als Musiker, Komponist und musikalischer Leiter an verschiedenen Theatern in Deutschland tätig. Unter anderem arbeitete ich an der Volksbühne Berlin, dem HAU Berlin, am Schauspiel Leipzig, Chemnitz, Zittau und Rudolstadt, dem TdjW Leipzig, den Staatstheatern Schwerin, Karlsruhe, den Theatern Heilbronn und Plauen-Zwickau und an den Bühnen der Städte Halle, Gera und Altenburg.
Seit einer intensiven Zusammenarbeit mit Edgar Reitz 2001 bis 2002 („Heimat 3″) arbeitete ich in über 80 Film- und Fernsehproduktionen mit. So spielte ich zum Beispiel die Hauptrollen in Philipp Kadelbachs Neuverfilmung von „Nackt unter Wölfen“ („Deutscher Fernsehpreis 2015“ als bester Fernsehfilm) oder aber auch in Hans Weingartners hochgelobtem Psychodrama „Die Summe meiner einzelnen Teile“. Für diese wurde ich 2012 für den „Deutschen Filmpreis“ in der Kategorie „beste darstellerische Leistung männliche Hauptrolle“ und 2013 für den „Preis der deutschen Filmkritik“ nominiert. Ebenfalls 2013 erhielt Mareille Kleins Film „Gruppenfoto“, in dem ich die Hauptrolle spiele den „Max-Ophüls-Preis“. Ich bin Mitglied der Deutschen und der Europäischen Filmakademie.
Wie sie meiner Vita entnehmen können, bin ich beruflich sehr viel rumgekommen. Weil ich nie irgendwo fest engagiert war, habe ich so als „Solokämpfer“ in Hunderten verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet. Da mich solche Dinge interessieren, habe ich mich aufgrund meiner individuellen beruflichen Entfaltung intensiv mit dem Sozialversicherungsrecht und meinem sozialversicherungsrechtlichen Status beschäftigt. Ich möchte Ihnen gerne erklären, wo seit Jahren ein Problem für uns sogenannte „freiberufliche Schauspieler*innen“ liegt, das nun in dieser Krise für viel mehr von uns als sonst existentielle Probleme mit sich bringt. Anmerken möchte ich, dass wir quantitativ im deutschen Künstlerkanon, aber auch im Schauspielbereich vom Status her eine Minderheit sind (geschätzt 10.000 Leute), weshalb wir aber auch keine große Lobby haben und es wenig Erfahrungen mit uns gibt.
Das möchte ich ändern. Und anhand meiner Situation erklären, worum es mir geht. Die Ausgangssituation ist komplex und kompliziert.
Mit der Arbeitslosenversicherung haben Filmschaffende ihre eigenen Erfahrungen – in der Krise ist es nicht besser. Die Babelsberger Kolleg*innen dürfen jetzt doch in Kurzarbeit, und zum Abschluss fragen wir etwas länger nach, wie die Synchronstudios wieder weiterarbeiten wollen. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können.
Zum leichten Einstieg mal was völlig anderes: Daten sichtbar machen ist für den Berliner Infografiker Christian Laesser Berufsalltag. Nebenbei erforscht er, ob oder wie die Muster in den Daten, die Welt erklären – und bringt Struktur ins Gewirr. Ernsthaft beim „German Media Universe“, unterhaltsamer bei anderen Projekten – etwa, wie unsere Lieblingsserien miteinander verknüpft sind.
Was ist mit den vielen, die nicht soloselbständig sind oder Unternehmer – sondern „auf Produktionsdauer angestellt“? Und die bei Anbruch der Krise noch auf das nächste Projekt warteten? Sollen die jetzt stempeln gehen? Oder gar die „Grundsicherung“ beantragen, bekannter als „Hartz 4“?
Und was kommt dann? Im „After Corona Club“ des NDR debattieren Fachleute aus Psychologie und Wirtschaft, Soziologie und Politik, Wissenschaft und Medizin über unsere Zukunft. | Screenshot
Zuballern im tollen Netz: Bazooka halt. Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 12.
„Ich kann und will mein Gewissen nicht nach der diesjährigen Mode maßschneidern.“
Lillian Hellman
Was sich gerade ereignet, ist der Wunschtraum eines jeden Verschwörungstheoretikers: Voll-Überwachung, Ausgangsverbote, Bargeld gilt als schmutzig und könnte da kontaminiert auch bald verboten werden …
Das Bemerkenswerte aber: Dies alles hat mit Verschwörung und Paranoia überhaupt nichts zu tun, denn die Lieblingsfrage des Verschwörungstheoretiker lautet: Cui Bono? Wem nützt es?
Aber auch wenn sich auf diese Frage keine Antworten ergeben, muss man auf der anderen Seite konstatieren, dass viele, die jetzt mit großem Vergnügen dem zustimmen, was die Wissenschaftler sagen und die Regierungen tun, doch ein bisschen in diesem Vergnügen zumindest an altkluge Kinder erinnern, an Heranwachsende, die stolz darauf sind, dass sie alles 150prozentig erfüllen, was die Erwachsenen ihnen vorgeben. Der Stolz, endlich dazu zu gehören, endlich erwachsen zu sein – den kann man in diesem Verhalten auch erkennen.
Und wer widerspricht, der ist natürlich „kindisch“.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Suchslandhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Suchsland2020-04-07 21:01:052020-04-08 09:56:56Gedanken in der Pandemie 12: Bang Boom Bang
Gedanken in der Pandemie 14: Abstand und Anstand
Rüdiger Suchsland, Unsere Gäste„Coronoia“ – ein Mini-Noir-Filmchen von und mit Robert Sigl. Kamera: Rostislav Stepanek, Musik: Markus Urchs. Auf Youtube. | Screenshot
Lauter gute Nachrichten: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 14.
„Gründonnerstag 29 März 2018. Der Frankfurter Hauptbahnhof wurde von milder Abendsonne geflutet, die wartenden Passagiere an Gleis 9 warfen lange Schatten. Auf die Minute pünktlich um 18 Uhr 30 fuhr Tanja Arnheim mit ICE 375 aus Berlin ein. Als Jerome Daimler, der eine Tüte mit frischen Backwaren in der Hand hielt, Tanja auf Höhe des Bistros aussteigen sah, überlegte er für einen Moment, ob er ihr entgegen laufen sollte, aber dann fand er es charmanter, einfach stehen zu bleiben.“
Leif Randt: „Allegro Pastell“, Anfangssätze
Ein Prozent aller Deutschen ist gerade infiziert. Auch wenn morgen Karfreitag ist und es da noch die ganze Zeit ums Opfer geht, bevor danach dann die Wiederauferstehung dran ist, möchten wir uns heute mal auf ein paar gute Nachrichten konzentrieren.
+++
Wer kennt Robert Sigl? Vermutlich viel zu wenige von Euch, die jetzt lesen. Denn Sigl ist einer der großen Unbekannten des deutschen Kinos, und das selbstredend zu Unrecht. Jetzt hat der Münchner Regisseur einen schönen witzigen stillen Kurzfilm gemacht. Er heißt „Coronoia“, und steht auf YouTube.
Das ist eine gute Gelegenheit, um nachdrücklich auf Sigl Regiedebüt hinzuweisen. Es heißt „Laurin“ und hätte es damals die verdiente Aufmerksamkeit bekommen – die deutsche Filmgeschichte wäre anders und vermutlich besser verlaufen.
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Kino in Zeiten von Corona 3
Elisabeth Nagy, Unsere GästeZu Ostern sollte „Der Junge und die Wildgänse“ in die Kinos kommen. Das geht jetzt nicht. Weitere Filme weichen fürs erste aufs Streaming aus. | Foto © Capelight
Immer wieder erwische ich mich bei der unnützen Überlegung, was ich gerade tun würde oder zu tun hätte, wenn die Zeit nicht so wäre, wie sie gerade ist. Ostern steht an und ich hätte mich über ein paar freie Tage gefreut. Ein paar freie Tage, die die Zeit angehalten hätten. Aber die Zeit ist angehalten worden, das Hamsterrad ist stehen geblieben. Die Flut an Pressevorführungen verebbte auf einen Schlag. Heute ist der vierte Startdonnerstag ohne Kinostarts. Der neue James Bond würde in die zweite Woche gehen. Jetzt würden die Biografien von Marie Curie („Marie Curie – Elemente des Lebens“, Marjane Satrapi) und Harriet Tubman („Harriet – Der Weg in die Freiheit“, Kasi Lemmons) in die Kinos gekommen. Mit „Königin“ (May El-Toukhy, mit Trine Dyrholm) wäre der dänische und mit „Als wir tanzten“ (Levan Akin) der schwedische „Oscar“-Beitrag gestartet. Mit den Kindern wäre man in den Animationsfilm „Mina und die Traumzauberer“ (Kim Hagen Jensen, Tonni Zinck) oder in „Der Junge und die Wildgänse“ (Nicolas Vanier) gegangen. Bis auf den letzten Titel wird alles nur verschoben.
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Making-of: Wir drehen keinen Film!
Ulla Geiger, Unsere GästeDie Kamerafrau will eigentlich ganz großes Kino machen, aber mit Kurt wird es auch schon schräg genug? Beim Dreh im Brautmodengeschäft erklärt Ulla Geiger (vorne) die Szene, dann wird improvisiert. | Foto © Ulla Geiger
Der Titel täuscht – sie tat es doch. Mit Mitte 60 erfüllte sich Ulla Geiger den Traum, der sie einst in die Branche gebracht hatte: Sie drehte ihren Debütfilm. Und als alles gut schien, kam das Virus dazwischen: Der Kinostart musste abgesagt werden. Also gibt’s das Werk erstmal als Stream: „Wir drehen keinen Film“. Ihr Erlebnisbericht:
Mit Mitte 60 habe ich meinen Debütfilm gedreht. Eigentlich hatte ich Filmemacherin werden wollen, seit ich 30 Jahre alt war, aber mein Leben hat immer wieder Haken geschlagen und mich woandershin gespült. Nie hatte ich gesagt „Nein, das ist aber jetzt nicht zielführend!“, sondern ich bin mit dem Leben mitgegangen. Dabei habe ich dann so ganz unbemerkt alles gelernt, was ich nun für die Arbeit an diesem Film hatte brauchen können.
Das Ziel „Filmemacherin“: 1981, mit 30 Jahren, lag ich in letzten Zügen meines Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in München, hatte aber keine Lust mehr auf die anvisierte Kunsterzieher-Laufbahn. Das Studium war aber nicht umsonst gewesen. Ich hatte meine optische Wahrnehmung gesteigert und war durch fotografische Maltechniken zu einer Detailfieslerin geworden.
Die verrückten Filme von Carlos Saura hatten es mir damals angetan – ein Faktor für meinen Entschluss, Filmemacherin zu werden. Ich überlegte, ob ich mit einem Studium an der HFF meinen Eltern weiter auf der Tasche liegen sollte – ich hatte ja schon zehn Jahre studiert. Also entschied mich, das Filmhandwerk von der Pike auf zu lernen. Ich machte ein Praktikum bei einer Kinderserie, und wurde dort noch für eine kleine Rolle engagiert, die ich eigentlich gar nicht wollte. Ich wollte beim Film alles machen nur nicht Schauspielerin, nicht zuletzt aus Trotz gegen meine Mutter, die, selbst ehemals Schauspielerin und Sängerin, immer sagte: „Kind, du gehörst vor die Kamera!“ Wie witzig, dass sie irgendwie recht behalten hat, ich bin ja auch Schauspielerin geworden!
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Corona: Brancheninfo 18
out takes, Peter Hartigcaption=“Abwarten und Ruhe bewahren. Was macht das Virus aus der Gesellschaft? | Foto © Lucas Werkmeister, CC BY 4.0 (cropped)“
Mehr und mehr Gedanken drehen sich um die Welt nach der Krise. Die Soforthilfen werden in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Baden-Württemberg will jetzt Vorbild sein für eine einheitliche Regelung, die auch die Lebenshaltungskosten anerkennt. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können.
Gestern war Weltgesundheitstag – und der Geburtstag von Francis Ford Coppola. Darum hatte der Regisseur seine Stimme auch einem italienischen Automobilhersteller geliehen, für eine Hoffnungsbotschaft an seine „Landsleute“.
Über Nachhaltigkeit will kaum einer reden in der Krise. Dabei ist sie die Krisenwissenschaft par excellence. Sie verrät, warum wir mit alten Rezepten nicht weiterkommen, schreibt der Sozialwissenschaftler Davide Brocchi auf „Spektrum“.
Damit „alles anders“ wird, darf nichts mehr so bleiben, wie es ist, meint Christof Wackernagel und schreibt „über die Unmöglichkeit, Ungerechtigkeit gerecht zu verteilen“.
Wir sind eine Gesellschaft, die kein Bewusstsein für Krisen hat. Katastrophen fanden stets woanders statt. Bis jetzt. Meint die „Taz“.
Corona-Impfstoffe in Afrika testen? Die Überlegung zweier Ärzte regt Frankreich auf.
Die Münchner Uniklinik braucht dringend Plasmaspender*innen! Geheilte Covid-19-Patient*innen haben bereits Antikörper gegen das Corona-Virus gebildet, die möglicherweise bei lebensbedrohlichen Infektionen anderer Infizierter helfen kann.
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Gedanken in der Pandemie 13: „Dann sollen sie doch Kuchen essen!“
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeEndlich macht mal einer wieder klare Ansagen, was noch geht oder nicht. Die Münchner „Bild“ hat’s heute getitelt. | Screenshot
Die Schönen, die Reichen und die Mächtigen. Und Super-Söder: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 13. Von Rüdiger Suchsland
„Gerechtigkeit sei eine Folgeerscheinung von Erfolg. Immer sei die gerechte Sache identisch mit der erfolgreichen. … Recht und Ethik, behaupte ein gewisser norddeutscher Philosoph namens Immanuel Kant, stünden außer jeden Verhältnisses: Recht und Boden aber, Recht und Klima, Recht und Volk, das meine er, der Otto Klenk aus München, die seien zweieinig, nicht zu trennen.“
Lion Feuchtwanger, „Erfolg“
„Bald wieder Fans im Stadion?“ Das sind doch tröstliche Aussichten! Nun erreicht darbende Fußballfans die wohl wichtigste Nachricht der letzten Wochen. Wenn alles gut läuft wird es bald nicht nur wieder Bundesliga-Fußball in Form von Geisterspielen geben, sondern auch echte Fans im Stadion. Denn der Mediziner Fritz Sörgel will in einer, wie es heißt „noch nie dagewesenen Studie“ Dauerkartenbesitzer von Bundesligavereinen auf Corona-Antikörper testen. Damit soll überprüft werden, wie hoch die Infizierung der Fans mit dem Corona-Virus ist, und ob der Fußball wirklich als Verstärker des Virus fungiert.
Sörgel ist Professor für Pharmakologie und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Er könnte zum Retter der Fans werden. Denn er will eine Studie an Dauerkartenbesitzern durchführen, um bald wieder Konzerte, Theatervorführungen, Lesungen und eben auch Fußballspiele vor Publikum möglich zu machen.
Sörgels Argument ist sachlich, aber auch psychologisch: Wenn man den Leuten ein Jahr lang verbietet, auf Konzerte zu gehen, sollte man das mit Daten belegen können“, sagt Sörgel in der „Zeit“: „Auch wir Mediziner sollten uns fragen: Wie kriegen wir es in den Griff, dass das Volk nicht durchdreht?“
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Sozialversicherung – Grundproblem eines Berufsstands
Peter Schneider, Unsere GästeIn der Netflix-Serie „Dark“ trat Peter Schneider weltweit auf. Doch die Nöte seines Berufsstands kennt er auch. | Foto © Julia Terjung, Netflix
Der Schauspieler Peter Schneider hat eine beeindruckende Filmografie. Doch wenn es um die soziale Absicherung geht, erlebt er das Gleiche wie viele seiner Kolleg*innen. In einem Brandbrief erklärt er verständlich, woran es hakt.
Ich möchte diese für viele existentiell bedrohliche Situation zum Anlass nehmen und Sie gerne auf ein seit Jahren existierendes Grundproblem unseres Berufsstandes hinweisen. Vielleicht können wir ja in einen Austausch kommen.
Kurz zu mir: Ich bin 1975 in Leipzig geboren, absolvierte nach dem Abitur 1995 ein Musikstudium und von 1998-2002 ein Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig, welches ich mit Diplom abschloss. Seitdem bin ich vor allem als Schauspieler, aber auch als Musiker, Komponist und musikalischer Leiter an verschiedenen Theatern in Deutschland tätig. Unter anderem arbeitete ich an der Volksbühne Berlin, dem HAU Berlin, am Schauspiel Leipzig, Chemnitz, Zittau und Rudolstadt, dem TdjW Leipzig, den Staatstheatern Schwerin, Karlsruhe, den Theatern Heilbronn und Plauen-Zwickau und an den Bühnen der Städte Halle, Gera und Altenburg.
Seit einer intensiven Zusammenarbeit mit Edgar Reitz 2001 bis 2002 („Heimat 3″) arbeitete ich in über 80 Film- und Fernsehproduktionen mit. So spielte ich zum Beispiel die Hauptrollen in Philipp Kadelbachs Neuverfilmung von „Nackt unter Wölfen“ („Deutscher Fernsehpreis 2015“ als bester Fernsehfilm) oder aber auch in Hans Weingartners hochgelobtem Psychodrama „Die Summe meiner einzelnen Teile“. Für diese wurde ich 2012 für den „Deutschen Filmpreis“ in der Kategorie „beste darstellerische Leistung männliche Hauptrolle“ und 2013 für den „Preis der deutschen Filmkritik“ nominiert. Ebenfalls 2013 erhielt Mareille Kleins Film „Gruppenfoto“, in dem ich die Hauptrolle spiele den „Max-Ophüls-Preis“. Ich bin Mitglied der Deutschen und der Europäischen Filmakademie.
Wie sie meiner Vita entnehmen können, bin ich beruflich sehr viel rumgekommen. Weil ich nie irgendwo fest engagiert war, habe ich so als „Solokämpfer“ in Hunderten verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet. Da mich solche Dinge interessieren, habe ich mich aufgrund meiner individuellen beruflichen Entfaltung intensiv mit dem Sozialversicherungsrecht und meinem sozialversicherungsrechtlichen Status beschäftigt. Ich möchte Ihnen gerne erklären, wo seit Jahren ein Problem für uns sogenannte „freiberufliche Schauspieler*innen“ liegt, das nun in dieser Krise für viel mehr von uns als sonst existentielle Probleme mit sich bringt. Anmerken möchte ich, dass wir quantitativ im deutschen Künstlerkanon, aber auch im Schauspielbereich vom Status her eine Minderheit sind (geschätzt 10.000 Leute), weshalb wir aber auch keine große Lobby haben und es wenig Erfahrungen mit uns gibt.
Das möchte ich ändern. Und anhand meiner Situation erklären, worum es mir geht. Die Ausgangssituation ist komplex und kompliziert.
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Corona: Brancheninfo 17
out takes, Peter HartigFernsehserien und der Beitrag ihrer Autoren. Der Infografiker Christian Laesser bringt Muster in die Daten. | Grafik © Christian Laesser
Mit der Arbeitslosenversicherung haben Filmschaffende ihre eigenen Erfahrungen – in der Krise ist es nicht besser. Die Babelsberger Kolleg*innen dürfen jetzt doch in Kurzarbeit, und zum Abschluss fragen wir etwas länger nach, wie die Synchronstudios wieder weiterarbeiten wollen. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können.
Zum leichten Einstieg mal was völlig anderes: Daten sichtbar machen ist für den Berliner Infografiker Christian Laesser Berufsalltag. Nebenbei erforscht er, ob oder wie die Muster in den Daten, die Welt erklären – und bringt Struktur ins Gewirr. Ernsthaft beim „German Media Universe“, unterhaltsamer bei anderen Projekten – etwa, wie unsere Lieblingsserien miteinander verknüpft sind.
Was ist mit den vielen, die nicht soloselbständig sind oder Unternehmer – sondern „auf Produktionsdauer angestellt“? Und die bei Anbruch der Krise noch auf das nächste Projekt warteten? Sollen die jetzt stempeln gehen? Oder gar die „Grundsicherung“ beantragen, bekannter als „Hartz 4“?
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Gedanken in der Pandemie 12: Bang Boom Bang
Rüdiger Suchsland, Unsere GästeUnd was kommt dann? Im „After Corona Club“ des NDR debattieren Fachleute aus Psychologie und Wirtschaft, Soziologie und Politik, Wissenschaft und Medizin über unsere Zukunft. | Screenshot
Zuballern im tollen Netz: Bazooka halt. Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 12.
„Ich kann und will mein Gewissen nicht nach der diesjährigen Mode maßschneidern.“
Lillian Hellman
Was sich gerade ereignet, ist der Wunschtraum eines jeden Verschwörungstheoretikers: Voll-Überwachung, Ausgangsverbote, Bargeld gilt als schmutzig und könnte da kontaminiert auch bald verboten werden …
Das Bemerkenswerte aber: Dies alles hat mit Verschwörung und Paranoia überhaupt nichts zu tun, denn die Lieblingsfrage des Verschwörungstheoretiker lautet: Cui Bono? Wem nützt es?
Aber auch wenn sich auf diese Frage keine Antworten ergeben, muss man auf der anderen Seite konstatieren, dass viele, die jetzt mit großem Vergnügen dem zustimmen, was die Wissenschaftler sagen und die Regierungen tun, doch ein bisschen in diesem Vergnügen zumindest an altkluge Kinder erinnern, an Heranwachsende, die stolz darauf sind, dass sie alles 150prozentig erfüllen, was die Erwachsenen ihnen vorgeben. Der Stolz, endlich dazu zu gehören, endlich erwachsen zu sein – den kann man in diesem Verhalten auch erkennen.
Und wer widerspricht, der ist natürlich „kindisch“.
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