Corona: Brancheninfo 17
Mit der Arbeitslosenversicherung haben Filmschaffende ihre eigenen Erfahrungen – in der Krise ist es nicht besser. Die Babelsberger Kolleg*innen dürfen jetzt doch in Kurzarbeit, und zum Abschluss fragen wir etwas länger nach, wie die Synchronstudios wieder weiterarbeiten wollen. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können.
Zum leichten Einstieg mal was völlig anderes: Daten sichtbar machen ist für den Berliner Infografiker Christian Laesser Berufsalltag. Nebenbei erforscht er, ob oder wie die Muster in den Daten, die Welt erklären – und bringt Struktur ins Gewirr. Ernsthaft beim „German Media Universe“, unterhaltsamer bei anderen Projekten – etwa, wie unsere Lieblingsserien miteinander verknüpft sind.
Was ist mit den vielen, die nicht soloselbständig sind oder Unternehmer – sondern „auf Produktionsdauer angestellt“? Und die bei Anbruch der Krise noch auf das nächste Projekt warteten? Sollen die jetzt stempeln gehen? Oder gar die „Grundsicherung“ beantragen, bekannter als „Hartz 4“?
In diese Richtung zielen viele Fragen, die uns in den vergangenen drei Wochen erreichten. Das Problem: Mit dem Arbeitslosengeld tickt auch die Uhr – die Anspruchzeiten, die Filmschaffende unter den geltenden Bestimmungen ohnehin nur schwer zusammenbekommen, laufen ab, doch Jobs sind in der Krise bis auf weiteres nicht in Sicht.
Eine Petition schlägt schon seit drei Wochen eine einfache Lösung für die Freien Filmschaffenden und das Arbeitslosengeld vor: Die Uhr läuft nicht weiter ab, sondern der gegenwärtige Zustand wird eingefroren. Und zwar ab dem 18. März (der Tag, an dem die Bundeskanzlerin zur „Social Distancing“ aufgerufen hat) bis zum Tag X, dem offiziellen Ende dieser Maßnahmen. Dieser Zeitraum soll „einfach ,gelöscht’“ werden und nicht in die Berechnungen einfließen – neben dem Anspruch auf Arbeitslosengeld auch Eltern- und Mutterschaftsgeld. Erst nach der nächsten Anstellung bei einer Produktion, bei der man wieder Geld verdienen kann, soll der Anspruch weiter ablaufen.
Soweit die Forderung. Doch die Agentur für Arbeit geht einen anderen Weg. Vorigen Donnerstag hatte sie den Zugang zum Arbeitslosengeld 1 auf zweierlei Weise erleichtert (die letzten beiden Absätze der Pressemitteilung erinnern nur an das, was eh schon gilt):
1. Die Beiträge können gestundet werden: Allerdings nicht sofort: Die örtliche Agentur für Arbeit nimmt zu einem späteren Zeitpunkt Kontakt auf. Wie schnell das gehen soll, ist nicht angegeben. Stundungen sind bis längstens Oktober 2020 möglich.
2. Ausschlussregeln werden gelockert: Wer bereits innerhalb der letzten 12 Monate Arbeitslosengeld bezogen hat und erneut Arbeitslosengeld beantragt hat, kann sich danach erneut freiwillig versichern (bisher war das nicht möglich, wenn die gleiche selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen wurde). Diese Ausnahme gilt bis zum 30. September 2020.
Das war’s aber leider auch schon, bestätigte uns heute die Arbeitsagentur. Wer arbeitslos gemeldet ist (oder das nun tun musste), kann nur zusehen: Die Uhr läuft weiter ab, als wäre nichts geschehen.
Die Filmschaffenden in Babelsberg gehen in Kurzarbeit. Das habe die Geschäftsführung der Central Scope GmbH, eine Tochter der Studio Babelsberg AG, heute der Verhandlungsgruppe der Aktion „Wir sind Babelsberg“ mitgeteilt, teilte wiederum die Aktion mit: Die Arbeitsagentur habe rückwirkend zum 1. April 2020 Kurzarbeitgeld (KUG) bewilligt. Die Geschäftsführung habe angekündigt, „dass die vielen Hundert Kündigungen wieder zurückgenommen werden sollen, um anschließend auf Kurzarbeit umzustellen.“ Eine Aufstockung des KUG auf die vereinbarten Gagen ist nicht vorgesehen.
Die Lösungen sei gemeinsam in „konstruktiv geführten“ Gesprächen gefunden worden – gemeinsam werde zurzeit auch nach Lösungen für die freiberuflichen Mitarbeiter gesucht.
Preisgekrönt und auftragslos? Im März wurden die Drehbuchautorin Beate Langmaack und der Showrunner Dennis Schanz mit dem „Grimme-Preis“ ausgezeichnet worden. Doch auf den Jubel folgte die Krise. Wie geht’s den Gewerken?
Was passiert grad mit dem Grundgesetz? Die „Kulturzeit“ aus 3sat berichtete gestern von Protest und Widerstand. vom 6. April. Grundgesetz in Gefahr.
„I love you, but I’ve chosen Ausgangssperre.“ Michael Wolf entdeckt in seiner Kolumne auf Nachtkritik.de dramatische Spielräume in den Corona-Verordnungen.
Können sich die Talentagenturen der Coronavirus-Pandemie anpassen? Fragt das Branchenmagazin „Variety“ auf Englisch.
Rund um die Welt sind Filmschaffende zur Untätigkeit verdammt. Wie gehen Menschen, die mit der ganzen Welt vernetzt arbeiten, mit dieser Situation um? Eine Serie beim Humanistischen Pressedienst.
So zeitlos und gleichzeitig aktuell kann Literatur sein: „Die Pest“ von Albert Camus ist über 70 Jahre alt – und jetzt in Frankreich wieder ein Besteller. Auch bei uns steigen die Verkaufszahlen, berichtet der NDR.
Wie unterstützt Europa die Branche in der Krise? Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle erfasst die Maßnahmen in Echtzeit online. Den „Covid-Maßnahmen-Tracker“ gibt’s kostenlos auf der Website. Der Überblick zu 41 verschiedenen Ländern und pan-europäischen Maßnahmen werde täglich aktualisiert.
Der Förderkalender soll trotz Shutdown beibehalten werden. Das fordern Produzentenallianz, Produzentenverband und Film- und Medienverband NRW heute in einer gemeinsamen Pressemitteilung: „Eine Absage von Förderterminen würde die bereits äußerst schwierige Situation der Filmbranche noch weiter verschärfen. Es droht dann ein Dominoeffekt, der die jetzigen Probleme auch noch weit in das nächste Jahr hineinträgt und alle mittelbar oder unmittelbar an einer Produktion Beteiligten und Filmschaffenden ebenso in Mitleidenschaft zieht.“
Am Konzept wird noch gefeilt, aber soviel steht fest: Die 70. Verleihung des „Deutschen Filmpreises“ wird erstmals live ausgestrahlt: Am 24. April um 22:15 Uhr im Ersten.
Kreativ in der Krise: Das Kurzfilmprojekt „4 Wände Berlin“ entsteht zurzeit auf Initiative des RBB. In jeweils 120 Sekunden inszenieren Filmemacher aus der Hauptstadtregion dafür ihr Leben in häuslicher Einsamkeit, darunter Hans-Christian Schmid und Wim Wenders. 30 Filme sollen es werden, für jeden Tag im April einer. Jeweils um 11 Uhr wird eine neue Episode veröffentlicht, unter anderem im Netz.
Wie laufen die Hilfsprogramme wirklich? Wir haben vier weitere Erfahrungsberichte erhalten:
Ich habe den Antrag am 18. März geschickt.
Am 1. April bekam ich (Gottseidank) einen Bewilligungsbescheid.
Am 6. April habe ich die Dame, die mir diesen gemailt hatte, mal angerufen, bis wann den mit der Auszahlung zu rechnen sei. And here it comes: die Soforthilfe wird laut dem, was ich am Telefon erfuhr, für viele erst in Monaten auf dem Konto sein. Warum?
Ich habe den Antrag am 18. März morgens gestellt, laut Bewilligungsbescheid war das Antrag 156.789 – wie wir wissen, kamen die nächsten drei, vier Tagen 50.000 bis 250.000 Anträge nur in Bayern dazu. Am 6. April waren in Bayern gerade mal 25.000 Anträge bearbeitet, laut der Sachbearbeiterin. Sie meinte, sie arbeiten Tag und Nacht und Wochenende. Die Flut ist nicht zu bewältigen …
Wenn ich also meinen Antrag erst am 1. April bewilligt bekommen habe, das Geld noch mal 7 bis 10 Tage braucht bis aufs Konto, kann das für andere Antragsteller bedeuten, erst in den kommenden zwei bis drei Monaten die Soforthilfe zu bekommen. Definitiv zu spät für viele von uns.
Viele meiner Kollegen dachten, „das wird nie was mit der Soforthilfe hier.“ Aber weit gefehlt! Vor drei Wochen hier in München beantragt (2 Seiten – übersichtlich), nach zwei Wochen eine kurze Mail mit der Nachfrage zur Bankverbindung, daraufhin ein kurzes Telefonat mit dem Zuständigen und ein paar Tage später ist das Geld auf dem Konto.
Ich bin kein großer Politiker-Fan, aber Hut ab – hier wurde ein Versprechen gemacht und gehalten.
Ich habe als Freiberufler in Hessen Corona-Soforthilfe beantragt und musste heute auf eine Frage des Regierungspräsidiums reagieren: „Die Soforthilfe wird nicht zum Ausgleich des eigenen Verdienstes gewährt. Sie dient ausschließlich als Ausgleich für aktuell laufende Verpflichtungen, welche Sie aufgrund des entstandenen Liquiditätsengpasses nicht begleichen können. Bitte teilen Sie mir mit, welche laufenden Kosten bezüglich Ihres Gewerbes nicht beglichen werden können.“
Meine Antwort (leider zu viele Zeichen): „Als Freiberufler, Freelancer, Soloselbstständiger, nennen Sie es, wie Sie möchten, habe ich meine Lebensumstände so angepasst, dass ich, wie auch meine zahlreichen Kolleg*innen, TV-Produktionen etc. als Vollzeit-Arbeitskraft zur Verfügung stehe. Zum Beispiel schaffen wir TV-Kulturgüter wie den „Tatort“, oder aber auch die täglichen Nachrichtenberichterstattungen, welche es ohne Menschen wie uns schlicht und einfach nicht gäbe!
Dieses Lebenskonzept bringt gewisse Freiheiten, aber deutlich mehr Hürden mit sich, weswegen mensch nur durch absolute Hingabe zum Beruf funktionieren kann. Denn: untertarifliche Bezahlung ist allgegenwärtig (sogar bei der ARD), verzögerte Gehaltszahlungen, Lohndumping… dadurch lebt mensch in einer sozialen Ungewissheit, was einerseits den finanziellen Aspekt betrifft, aber auch was das soziale Leben angeht (keine Planbarkeit). Und das am Ende Alles für das „Fernsehprogramm“ der Gemeinschaft!
Zurück zu Ihrer Frage: Es entstand eine Art „Verschmelzung“ zwischen Gewerbe und meinem restlichen Dasein! Mein Büro ist mein Zuhause und mein Zuhause ist ein Campingauto! Ich kann so von weniger als 1000 Euro im Monat leben, was ich als Lebenskunst bezeichne. Zwischen zwei Jobs lebe ich allein von meinen Ersparnissen. Von diesem Geld bezahle ich KFZ-Steuer und -Versicherung, Miete (Stellplatz), Telefon und Internet, Krankenversicherung, Lebensmittel.
Durch diverse angedachte Jobs von März bis Juni wäre mein Lebenskonzept wieder einmal aufgegangen. Der Corona-Pandemie geschuldet, wurden leider all diese Jobs abgesagt beziehungsweise bis auf weiteres verschoben, und ich kann somit die Kosten für mein „Gewerbe = mein Leben“ nicht mehr decken. Ich benötige jetzt Ihre Unterstützung! Bitte!“
Die „unkomplizierte Hilfe“ ist echt traurig!
Ich bin freischaffender Sänger und Schauspieler und hatte in Berlin vor dem 1. April das „Soforthilfepaket 2“ beantragt und auch schnell erhalten. Und dies ist für das eigene Gehalt, also auch die eigenen Lebenshaltungskosten – nicht nur für Betriebskosten. Es muss auch nicht zurückgezahlt werden. Top!
Wenn alles gut geht, wollen die meisten größeren Synchronstudios am 20. April wieder weiterarbeiten. Wie Gesundheitsschutz und Qualitätsstandards eingehalten werden sollen, erklärt Till Völger, Vorstand für den Bereich „Sprache/Synchron“ im Bundesverband Schauspiel (BFFS):
Eine überschaubare Zahl von Leuten, getrennte Räume, wenig bis kein Körperkontakt – die Synchronstudios müssten es doch einfach haben, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen?
Nur bedingt. Der Platz in den Studios ist, gerade bei kleineren Unternehmen, begrenzt. In der Regiekabine sitzen Synchronregisseur*in und Tonmeister*in nebeneinander. Auf der anderen Seite der Scheibe steht der*die Synchronschauspieler*in – und gleich daneben sitzt auch ein*e Cutter*in, zu der im Normalfall kein hinreichender Mindestabstand besteht. Wenn man sich dann bei der Synchronisation in Rage spielt, kann die Aussprache auch mal feuchter werden. Es besteht also das Risiko, dass die Oberflächen rings herum kontaminiert und von den folgenden Kolleg*innen ebenfalls angefasst werden: Pult, Dialogbuch …
Was haben die Synchronstudios unternommen?
Im März hatten wir bereits Corona-Fälle in der Branche, die im Studiobetrieb eine weitere Ausbreitung des Virus befürchten ließen. Als Reaktion darauf haben die meisten Unternehmen unverzüglich entschieden, dass der Sprachaufnahmebetrieb vorerst eingestellt wird. Das verlief sozusagen parallel zu den Regierungsmaßnahmen, die zur Eindämmung verhängt wurden. Der Schnitt findet allerdings vielfach noch statt, das geht weitgehend alleine.
Alle auf einmal?
Die Entscheidung fiel relativ plötzlich, da stehen und standen die meisten Studiobetreiber im gegenseitigen Austausch. Natürlich wurde die Entscheidung nicht einheitlich getroffen, denn derartige Tätigkeiten sind nicht von den Verordnungen erfasst, die aktuell auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes im Sinne des Gesundheitsschutzes erlassen wurden. Es war eine freiwillige Entscheidung: Die Studios konnten schlicht nicht verantworten, weiterzumachen. Nach heutigem Stand weiß ich nur von einem Unternehmen, das den Sprachaufnahmebetrieb wieder aufgenommen hat, allerdings mit verschärften Maßnahmen zum Gesundheitsschutz.
Wie gehen die mit den geschilderten Problemen um?
An Lösungen arbeiten alle. Eine diskutierte und auch schon angewendete Möglichkeit besteht darin, dass Trennwände aus Plexiglas zwischen den einzelnen Gewerken aufgestellt werden. Es gibt darüber hinaus Überlegungen, statt einer Papierfassung des Dialogbuchs einen Bildschirm zu verwenden, über den der Text übertragen wird. Auch bei An- und Abreise der einzelnen Schauspieler*innen müssen zeitliche Abstände geschaffen werden. Normalerweise gibt es fliegende Wechsel zwischen den Synchronschauspieler*innen, nun müssten wir Pausen einlegen, damit ein direkter Kontakt ausgeschlossen wird. Schwierig sind Ensemble-Aufnahmen, die müssen künftig einzeln aufgenommen und dann zusammengeschnitten werden. Dass fünf oder gar zehn Leute vor dem Mikro stehen, daran ist momentan nicht zu denken. Selbstverständlich müssen die Oberflächen regelmäßig gereinigt, der Poppschutz auf dem Mikrofon gewechselt beziehungsweise desinfiziert werden.
Ach, gibt es doch wieder genug Desinfektionsmittel?
Das wurde mir für Flächendesinfektionsmittel bestätigt, ja. Darüber hinaus soll darauf geachtet werden, dass sich die Kolleg*innen die Hände waschen und den Sicherheitsabstand einhalten. Natürlich kann das nicht einheitlich für alle Unternehmen gesagt werden, das ist aber die überwiegende Marschroute in den Synchronstudios.
Wie weiß man, was hilft? Gibt es eine Art Checkliste?
Eine spezielle Checkliste, wie man sich bei einer Filmproduktion zu verhalten hat, gibt es nicht. Dafür sind die Arten der Tätigkeiten auch zu unterschiedlich. Die Handlungsabläufe im Synchronstudio kann man zum Beispiel nicht mit denen beim Dreh vergleichen und umgekehrt. Für die Maßnahmen in den Synchronstudios haben viele Unternehmen die Betriebsärzte einbezogen und lassen sich von ihnen beraten.
Offizielle Kontrollen gibt es nicht?
Nein. Die Verordnungen der Länder betreffen keine derartigen Tätigkeiten, weshalb auch niemand von den Ordnungsbehörden ins Studio kommt und die Bedingungen kontrolliert. Da geht es uns wie allen anderen an ihren Arbeitsplätzen. Die Verordnung von Berlin listet beispielsweise dezidiert auf, welche Tätigkeiten nicht erlaubt sind. Filmproduktionen zählen grundsätzlich nicht dazu. Allerdings war auch nicht zu erwarten, dass die zuständigen Stellen die speziellen Arbeitsbedingungen in der Filmbranche auf dem Schirm hatten, als sie die Verordnungen formuliert und erlassen haben. Das heißt: Zu Filmproduktionen gibt es keine Aussagen …
… für Außenaufnahmen gibt es keine Genehmigung, im Studio darf weitergedreht werden.
Ähnlich widersprüchlich ist es an den Theatern: Die Vorstellungen sind abgesagt, die Proben wurden aber teilweise noch eine Zeit lang unverändert fortgeführt.
Wie schlimm steht es um die Synchronstudios?
Ich bin zwei bis drei Mal die Woche im Kontakt mit verschiedenen Synchronproduzenten. Die aktuell überwiegende Haltung ist, dass man die Maßnahmen erstmal durchstehen wird. Durch Kurzarbeit konnte bei den Festangestellten einiges abgefangen werden. Manche Produzenten haben schon massive wirtschaftliche Probleme, von den Synchronschauspieler*innen ganz zu schweigen. Wenn allerdings weitere Einschränkungen hinzukommen und eine Produktion auch unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen bis auf weiteres nicht möglich ist, dann werden die meisten Studios in ernstzunehmende Existenznöte geraten.
Die Aufträge sollten aber genügend da sein? Was synchronisiert wird, ist ja schon abgedreht …
Doch bezahlt wird meist erst bei Lieferung, wodurch schon jetzt finanzielle Engpässe entstehen können. Die Studios müssen dann in Vorleistung gehen – eine an sich schon fragwürdige Methode. Der allgemeine Plan ist aber zurzeit: Wenn der allgemeine „Lockdown“ am 20. April gelockert wird und wenn die Sicherheit stimmt, soll es wieder losgehen. Dabei müssen wir auch berücksichtigen, dass etliche in unserem Bereich auch zu Risikogruppen gehören.
Wie wollen Sie damit umgehen?
Dazu sind verschiedene Möglichkeiten im Gespräch. Möglich wäre zum Beispiel ein Extratag nur für diese Kolleg*innen, sodass die Infektionsgefahr noch weiter drastisch reduziert wird.
Und falls Ihre Planung nicht aufgeht?
Ja, die Lage verändert sich täglich – die Einschränkungen könnten auch schärfer werden. Für diesen Fall müssen wir über Alternativen nachdenken. In einem Punkt sind sich aber die allermeisten einig: Ein sogenanntes „Cloud-Dubbing“ wird auf jeden Fall abgelehnt.
Also der*die Synchronschauspieler*in sitzt im Home-Office in der Küche und lädt die Aufnahme in die Cloud hoch?
Richtig. Das hat mehrere Nachteile: Das Home-Office ist in der Regel kein Studio. Wir bekommen dann ein massives Qualitätsproblem. Das Problem schlechter Synchronfassungen kennen wir schon, mit Cloud-Dubbing besteht die sehr hohe Gefahr eines massiven Qualitätsverfalls. Das betrifft ja schon die Akustik. Und man sitzt alleine da, die ganzen anderen Gewerke im Studio werden ausgeklammert. Als Synchronschauspieler brauche ich aber dieses Zusammenspiel, ich brauche die Rückmeldung von der Regie, vom Schnitt, vom Ton. Wenn das wegfällt, geht ganz viel verloren. Da tun wir uns, den Rezipienten und damit letztlich auch den Kunden künstlerisch keinen Gefallen.
Was wäre die Alternative?
Eine Möglichkeit bestünde in einer Variante des sogenannten „Remote-Dubbing“. Alle sind beteiligt, aber an verschiedenen Orten. Ton und Synchronschauspieler*in sind beispielsweise in jeweils einem eigenen Raum, Schnitt und Ton sind zugeschaltet – es muss aber eine gute, saubere Verbindung sein.
Auch da fehlt der unmittelbare Kontakt, den Sie brauchen.
Das stimmt, die Alternative des Remote-Dubbing ist alles andere als ideal, aber ich habe wenigstens ein Feedback. Übergangsweise geht das. Es braucht aber die entsprechende Soft- und Hardware. Große Betriebe können sich das leisten, kleinere nicht so ohne weiteres.