Corona: Brancheninfo 11

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Eine Online-Plattform sammelt Ideen von Kinos für Kinos, die durch die Krise helfen sollen.? | Foto © Kur-Theater Hennef

Ab heute sollen die Hilfen fließen. Derweil schafft die Diskussion ums Kurzarbeitergeld weiter Unsicherheit, und manche halten es gar für Zeit, den Stillstand zu beenden. Die gute Nachricht: Die Lage der Filmarbeiter ist Dauerthema in den Medien.  Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare.

 

Die Kurve zeigt weiterhin steil nach oben, die Diskussion, wie es weitergehen soll, ist schon im Gange. Der Virologe  Alexander Kekulé macht Vorschläge, wie der Stillstand beendet werden könne.

Die Produzentin Meike Kordes mahnt, die Zeit nach der Krise nicht aus den Augen zu verlieren – und schon jetzt geplante Fördersitzungen abzuhalten.

Die Corona-Epidemie kostet zahlreiche Leben, die drohende Wirtschaftskrise aber auch, meint der Regisseur Dietrich Brüggemann („3 Zimmer Küche Bad“) in seinem Blog. Das zweite Szenario hält er „für deutlich gravierender“. 

Covid-19 ist schlimm. Manche meinen, es gibt Schlimmeres, und möchten sich dem Coronavirus mit dem Wirtschaftswunder entgegenstemmen. »Ein interessantes Experiment!“ meint Thomas Fischer in seiner „Spiegel“-Kolumne.

Politik in Zeiten von Corona darf sich nicht in Krisenbewältigung erschöpfen. Sie muss auch Zukunft gestalten, meint der Politik-Professor Hans-Jörg Sigwart: Die aktuelle Krise erfordere eine demokratische und eine zur Utopie fähige Politik.

Damit all die Anzeigen und Anträge möglichst schnell bearbeitet werden, hat die Arbeitsagentur in Hamburg inzwischen die 40-Stunden-Woche für ihre Mitarbeiter aufgehoben. Freiwillige durften auch am Samstag arbeiten, die zuständige Abteilung wurde mit Kollegen aus anderen Bereichen verstärkt. Trotzdem dauere es 10 bis 15 Werktage, bis Unternehmen eine Rückmeldung bekommen.

Die Kinos sind seit zwei Wochen geschlossen, aber schon bahnen sich große Veränderungen an: Die Branche hat Existenzängste, Spendenaktionen werden gestartet und Festivals finden online statt: Wie sich die Filmbranche gegen die Krise wehrt.

„Kino kommt zurück“, da sind sich die Betreiber einer neuen Plattform sicher. Unter dem Hashtag  #zurückinskino sammeln sie Ideen von Kinos für Kinos, die durch die Krise helfen sollen.

 

Läden zu, Partys abgesagt, Aufträge weg: In der Corona-Krise hoffen viele Freiberufler auf die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Eine Petition sammelt hunderttausende Unterschriften, und ein Berliner Verein verlost jetzt 30 mal 6.000 Euro.

In Österreich ist die Filmbranche am Limit: „Wir brauchen ein Budget für den Notfall“ mahnt Roland Teichmann, Chef des Österreichischen Filminstituts.

Drehstopp, Verschiebung, ausbleibende Honorare – wie die Corona-Krise TV-Autoren trifft, beschreibt der „Tagesspiegel“.

Die meisten Gewerke am Set haben meist nur befristete Verträge und zählen nicht als Soloselbständige. Darum haben sie bislang auch keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse. Auch Kurzarbeitergeld kommt für viele von ihnen nicht in Frage, denn viele Produktionen wurden einfach gestoppt und die Beschäftigten nach Hause geschickt, berichtet der RBB.

 

In Babelsberg stehen rund 800 Filmschaffende im Regen. In den Studios sollten in diesen Wochen zwei Hollywood-Blockbuster gedreht werden. Hinter den Arbeitstiteln verbergen sich „Die Matrix 4“ (Regie: Lana Wachowski, Produktion: Warner Brothers) und „Uncharted“  (Regie: Ruben Fleischer, Produktion: Warner Brothers). Wie die meisten Filmproduktionen im Land, wurden auch diese in der vorvergangenen Woche gestoppt.
Während jedoch in deutschen Filmproduktionen Kurzarbeit-Modelle versucht werden, wurden rund 800 Filmschaffende außerordentlich gekündigt. So die Darstellung der Betroffenen. Rund 330 von ihnen haben sich unter dem Titel „Wir sind Babelsberg“ zusammengetan. In einer Online-Pressekonferenz informierten sie heute über ihre Lage: Demnach sei die Aufforderung zur Kündigung von den amerikanischen Produzenten ausgegangen. Diese Erklärung hätten die Filmschaffenden von der Geschäftsleitung von Studio Babelsberg erhalten. Das Studio ist, wie bei seinen internationalen Großprojekten üblich, über  Tochtergesellschaften als Koproduzent beteiligt. Dadurch erhalten die Produktionen auch Unterstützung aus dem Deutschen Filmförderfonds 2 (DFFF 2). „Uncharted“ hat unter dem Arbeitstitel „Girona“ mehr als 21 Millionen Euro zugesprochen bekommen, für „Matrix 4“ sollen es unter dem Arbeitstitel „Project Ice Cream“ sogar 25 Millionen Euro sein – die Liste des DFFF führt diesen Film noch nicht auf.
Zwei Gesprächsrunden mit Studio Babelsberg seien bislang gescheitert, so die Filmschaffenden. Das Studio beruft sich auf die Arbeitsverwaltung Brandenburg. Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG, erklärte heute: „Da angesichts der aktuellen Lage nicht mit Sicherheit prognostiziert werden kann, wann, ob oder in welchem Umfang die Arbeiten wieder aufgenommen werden können, mussten die zeitlich befristeten Arbeitsverhältnisse der freien Filmschaffenden gekündigt werden. Leider steht uns für die zeitlich befristeten Arbeitsverhältnisse das Instrument der Kurzarbeit nach heutigem Kenntnisstand nicht zur Verfügung. Wir sind im ständigen Dialog mit den betroffenen Filmschaffenden und unseren langjährigen US-amerikanischen Partnern und bemühen uns mit Nachdruck, Lösungen zu finden.“
Die Interessengemeinschaft „Wir sind Babelsberg“ habe sich „gegenüber der Presse hierzu teilweise mit falschen und unzutreffenden Behauptungen geäußert“, so Woebcken. Nach Darstellung der betroffenen Filmschaffenden habe das Studio erklärt, dass man die US-Produzenten in Hollywood nicht erreichen könne. Außerdem hätten sie noch keine Auszahlung der zugesagten Filmförderung erhalten.
Zumindest im Falle von „Matrix 4“ dürfte ein Teil des Geldes schon abgerufen werden, denn es wurde bereits in der zweiten Woche gedreht, erklärten die Filmschaffenden in ihrer Pressekonferenz und erinnerten an die öffentliche Zusage der Kulturstaatsministerin („Wir lassen niemanden im Stich!“) und die versprochenen schnellen und unbürokratischen Hilfen.
Die Filmschaffenden hoffen auf ein neuerliches Gespräch mit Ergebnis. „Wir wollen mit Studio Babelsberg gemeinsam als Stimme gehört werden, um auf die besonderen  Bedingungen in der Branche aufmerksam zu machen“, betonten sie. Es sei „wichtig, dass nicht nur Firmen, sondern auch Filmschaffende unterstützt werden.“
Ende dieser Woche will man die „Konsequenzen ziehen“. Was heißen könnte: klagen. Sonst laufen die Widerspruchsfristen aus, und die Kündigungen wären wirksam.  Für die Filmschaffenden von „Wir sind Babelsberg“ die schlechtere Lösung: „Die Gerichte sind, soweit wir wissen, momentan immer weniger imstande, schnell Verfahren zu führen. Viele wären daher vermutlich schon pleite, bevor es zu einer gerichtlichen Einigung kommt.“

Die Corona-Pandamie belastet auch Studio Hamburg. Die NDR-Tochter hat alle TV- und Kinoproduktionen auf Eis gelegt, da keine Dreharbeiten im öffentlichen Raum stattfinden dürfen, und will ab April Kurzarbeit anmelden. Betroffen sind rund 500 Mitarbeiter*innen.

Die Bundesregierung verspricht, freischaffende Kreative nicht im Stich zu lassen. Die aktuellen Vorschläge sind aber viel zu bürokratisch. Künstler brauchen ein Äquivalent zum Kurzarbeitergeld – und das wäre ganz einfach, schreibt die Kunstzeitschrift „Monopol“.

Vor „falschen rechtlichen Hinweise“, warnt der Bundesverband Schauspiel (BFFS). Die würden zur Zeit an mehreren Stellen gegen den neuen Kurzarbeits-Tarifvertrag „gestreut“, von Personen, die „nicht über die notwendige fachliche Kompetenz verfügen.“
Das Problem ist uns bekannt, wir hatten darum am Freitag in der Brancheninfo empfohlen, erst die Einschätzung aus der Branche abzuwarten, insbesondere die Stellungnahmen der anderen Berufsverbände. Auf offene Fragen und Unklarheiten hatte in den vergangenen nicht nur ein Fachanwalt für Arbeitsrecht hingewiesen – auch ein Anwalt, der die Seite der Produzentenallianz vertritt, nannte die Umsetzung der Vereinbarungen „nach wie vor sehr problematisch.“
Da beide offenbar über die notwendige fachliche Kompetenz für ihre Kritik verfügen, ist die Antwort auch heute nicht klar, zugleich reißen die Fragen von Seiten Betroffener nicht ab. Gerne würden wir gemeinsam Licht ins Dunkel bringen und den BFFS darum gebeten, auf die angesprochenen Kritikpunkte zu antworten. Eine Entgegnung lag uns bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Der BFFS hat aber für Mittwoch eine Online-Pressekonferenz mit dem komplettem Vorstand angesetzt, um die aktuelle Lage für Schauspieler*innen in Deutschland darzustellen.

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