Beiträge

Ja, wir wissen es: Unser Foto zeigt einen Kleinbilddiafilm. Der hat aber auch 35 Millimeter und sieht ebenso cool aus. | Foto © Pexels auf Pixabay

Die Lage ist unübersichtlich – aber rege. Neue Hilfspakte sollen auch Soloselbständigen helfen, Produktionen werden unterbrochen und schaffen neue Unsicherheiten: Vermehrt erreichen uns Fragen zu Kündigungen und Vertragsauflösungen. Leider können wir zu Einzelfällen keine arbeitsrechtliche Einschätzung abgeben, und verweisen an die Kompetenz von Berufsverbänden, Gewerkschaften und Beratern. Wir wollen aber ab dieser Ausgabe versuchen, anhand der vielen Rückmeldungen doch etwas Überblick zu schaffen: Wo wird noch gedreht und wo nicht? Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Übrigens: Es geht nicht nur um das Leben von Oma und Opa. 

 

Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer sehen durch den Coronavirus auch ihre Existenzgrundlage bedroht. Welche Hilfen der Staat ihnen bietet und was sie selbst tun können, zeigt ein umfassender Überblick im Gründerlexikon. Zwei Maßnahmen werden, wo möglich, als erste Reaktion auf den Krisenmodus empfohlen:
1. Einnahmen vorziehen und Ausgaben zurückstellen: Noch offene Rechnungen sollten schnellstmöglich eingefordert, Betriebsausgaben verzögert und zurückgestellt werden.
2. Überstunden abbauen und Minusstunden aufbauen.

Mal sehen, was draus wird: Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat intern angeregt, ein „unbürokratisch und schnell umsetzbares“ Zuschussprogramm für alle Soloselbstständigen in Berlin aufzulegen, die durch alle bisher aufgelegten Förderprogramme fallen beziehungsweise nicht von Steuerermäßigungen profitieren können. Sie sollten mit jeweils 15.000 Euro unterstützt werden, meldet der „Tagesspiegel“.

Die Regisseurin Bettina Kenter-Götte hat in ihrem Buch „Heart’s Fear – Hartz IV – Geschichten von Armut und Ausgrenzung“ die Nöte von vielen Freischaffenden und Selbstständigen in Deutschland exemplarisch beschrieben – noch ganz ohne Coronakrise. Im Interview mit Radio Lora sprach sie am Dienstag über deren Auswirkungen auf die  freien Bühnen- und Medienschaffenden (ab Minute 26:50).  

Weiterlesen

#wirbleibenzuhause: Auf Youtube melden sich die Nachbarn aus Österreich zu Wort. | Screenshot

Reihenweise schalten Produktionen auf Pause oder werden abgesagt, an anderen Orten wird noch gedreht. Die Lage ist unübersichtlich, Produzent*innen können und müssen noch selbst entscheiden. An vielen Filmschaffenden gehen die versprochenen Hilfsmaßnahmen vorbei. Bei der Suche nach Lösungen kommt auch ein umstrittenes Konzept wieder in die Diskussion. Wir danken Ihnen für Ihre Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare an (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen). 

Zur Einstimmung ein kurzes Video. 

Gestern tagte in Wiesbaden der Krisenstab der Hessischen Landesregierung. Der wurde 2005 geschaffen, um „für die Bewältigung einer landesweiten Lage von politischer Bedeutung“ die Maßnahmen quer durch alle Ressorts zentral zu steuern.

Es ist das erste Mal, dass der Krisenstab zusammengerufen wurde, sagte uns ein leitender Mitarbeiter der Landesverwaltung. „Das gab es bisher in Hessen noch nie und zeigt nochmals den Ernst der Lage.“

„Wir haben vollstes Verständnis für die Entscheidung der Produzenten, die Dreharbeiten vorerst um einige Wochen zu verschieben […] Wir sind es in unserem Projektgeschäft gewohnt, flexibel auf solche Situationen wie Verzögerungen, Verschiebungen oder Abbrüche zu reagieren. Das Personal auf den Projekten wird zum Teil weiterbeschäftigt. Bei einem Teil der Crew handelt es sich um Freelancer, zum Beispiel Handwerker, die auch nicht filmbezogene Aufträge annehmen, bei denen wir nur hoffen können, dass sie uns bei der Wiederaufnahme der Produktion noch zur Verfügung stehen.“ So zitierte die Süddeutsche Zeitung gestern Studio Babelsberg und versuchte einen Überblick der gegenwärtigen Produktionslandschaft. Der Titel ist Programm: „Wir machen weiter, solang es geht“.

Weiterlesen

Den aktuellen Corona-Stand in Deutschland zeigt eine Karte, die nach den Daten des Robert-Koch-Instituts ständig aktualisiert wird. Sie hängt allerdings mindestens einen Tag hinterher. | Screenshot

Zahlreiche Fragen und Ergänzungen haben wir auf die erste Brancheninfo zum Coronavirus erhalten. Einige werden in der heutigen zweiten Folge beantwortet, auf die anderen werden wir in den kommenden Tagen eingehen. Allerdings: Detaillierte Antworten zu Einzelfällen können wir nicht liefern. Für eine individuelle arbeitsrechtliche Einschätzung verweisen wir an Berufsverbände, Gewerkschaften und Berater. Wir danken Ihnen für Ihre Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. 

Am Montag Nachmittag hat auch die Bundesregierung drastischere Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus erlassen. Das öffentliche Leben wird stark eingeschränkt, Dreharbeiten außerhalb von Studios dürften somit in ganz Deutschland nicht mehr möglich sein.

Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Allgemeine Zeitung berichteten heute dazu.

Eine Übersicht der internationalen und deutschen Risikogebiete hat das Robert-Koch-Institut (RKI) zusammengestellt. Den aktuellen Stand in Deutschland zeigt eine Karte, die auf Basis der Daten des RKI aktualisiert wird, hängt damit allerdings mindestens einen Tag hinterher.

Reisewarnungen und Hinweise gibt das Auswärtige Amt.

Die Probleme der Produzenten mit dem Coronavirus schildert Jan Philip Lange (Junifilm) in Blickpunkt:Film: Ausfallversicherungen greifen nicht bei höherer Gewalt wie einer Pandemie. Er mahnt eine Lösung an: „Wenn Staat und Filmförderungen hier mit den Filmversicherern kooperieren und eine Art branchenspezifische Rückversicherung bilden könnten, wäre meines Erachstens viel gewonnen. Ziel müsste sein, dass die Filmversicherer wieder Deckung im Schadensfall auch durch Corona zusagen können und sich in einem Schadensfall dann an Staat und Förderer als Rückversicherer wenden können.“

Weiterlesen

Zehn Mitglieder hat das Präsidium, das die Arbeit der Filmförderungsanstalt in Berlin überwacht – acht Männer und zwei Frauen. Um den ­Präsidenten Bernd ­Neumann (der von der Allianz Deutscher Produzenten benannt wurde) sitzen fünf Verwerter*innen und zwei Politiker*innen. Die übrigen zwei Plätze sind für diejenigen, die die Filme machen. | Foto © Fridolin Freudenfett, CC BY-SA 3.0

Gleich im ersten Satz seiner Stellungnahme zur anstehenden Novellierung des Filmförderungsgesetzes erinnert der Bundesverband Schauspiel Bühne Film Fernsehen Sprache (BFFS) an Sinn und Zweck der Filmförderung: Die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und der kreativ-künstlerischen Qualität des deutschen Films zu fördern sei die Aufgabe der Filmförderungsanstalt, steht in Paragraf 1 des Filmförderungsgesetzes.

Über beides wird seit mehr als zwei Jahren so  leidenschaftlich diskutiert wie lange nicht mehr. Und wo diskutiert wird, entsteht der Eindruck, es hapert bei beidem, trotz Filmförderung. Da erhält die Fortsetzung einer sehr erfolgreichen Unterhaltungskomödie eine halbe Million Euro Produktionsförderung, der deutsche „Oscar“-Kandidat musste aber (trotz vorheriger Treatmentförderung) ohne Hilfe der FFA?gedreht werden. Nicht jeder erkennt in diesen Strukturen, wie die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films gefördert wird.

Doch der Spagat zwischen Kunst und Kasse ist eine ebenso oft gehörte Klage, auf diese Diskussion lässt sich der BFFS nicht ein, sondern stellt seinen Grundsatz dar:?Die beiden Hauptziele lassen sich nur erreichen, wenn die Beschäftigungsbedingungen stimmen: „Was wäre die deutsche Filmwirtschaft ohne die Filmschaffenden? Es ist ihr kreatives Schaffen, ihr Engagement, ihr unternehmerisches Wirken, ihre Beiträge, ihr kreatives Potenzial, das im Wesentlichen den Erfolg, das Wohl und Wehe der deutschen Filmwirtschaft ausmacht.“

Weiterlesen

Die Deutsche Filmakademie fordert einen echten Neuanfang des Fördersystems: „Spätestens jetzt muss allen Beteiligten klar werden, dass die jahrzehntelange Politik des mehr oder weniger ,Immer-weiter-so‘ gescheitert ist.“ | Foto © Florian Liedel, Deutsche Filmakademie

Die Deutsche Filmakademie hatte schon früh Stellung zum anstehenden Filmförderungsgesetz genommen. Im April 2019 hatte sie ein düsteres Bild der deutschen Filmlandschaft skizziert. Das sollte aber noch nicht alles gewesen sein: ein zweiter Teil mit konkreten Vorschlägen sollte folgen, wenn die Diskussion der Kinofilmverbände in der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) gelaufen ist. Auch die Deutsche Filmakademie gehört dem Dachverband von 20 Interessen- und Berufsverbänden an. Darauf nimmt sie in ihrer Stellungnahme allerdings wenig Rücksicht.
Die Ausgangssituation, die die Filmakademie schildert, ist bekannt: Das Publikum, vor allem das Jüngere, zieht es immer weniger ins Kino und erst recht nicht in deutsche Filme. Die Konkurrenz „durch die neuen Formen des ,Home-Entertainments‘ verschärft den Abwärtstrend – und ist selbst für Filmemacher attraktiver. Auf der anderen Seite sinkt das Budget der Filmförderungsanstalt (FFA) und wird noch weiter sinken. Damit habe sie noch weniger Möglichkeiten, „,die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films‘ nach den Vorstellungen der Filmbranche selber zu fördern.“

Kurz: „Der schleichenden finanziellen Krise der FFA entspricht in vielfältiger Weise auch eine inhaltliche Schwächung des Kinofilms.“

Das muss nicht so sein! Die Deutsche Filmakademie glaubt ganz fest an das Kino, der Film sei „als genuine erzählerische Form noch lange nicht ,tot‘“. Andere Länder und hin und wieder ein Erfolgsfilm aus heimischer Produktion machten es ja vor. Auch vor dem Streaming-Boom hat die Filmakademie keine Angst: „In den hervorragenden Beispielen deutscher Serienproduktion für die neuen Plattformen erkennen wir eine Chance für das Kino, da diese Serien von der Kraft und dem Einfallsreichtum deutscher Filmemacherinnen und -macher im globalen Wettbewerb um das Publikum zeugen.“

Kurz: Die Zuschauer*innen würden schon tolle Kinofilme ansehen, die Filmemacher*innen könnten sie schon drehen. An beiden liegt es anscheinend nicht.

Weiterlesen

„Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses“, meint George Lucas, der auf seiner Skywalker Ranch selbst am Klangerlebnis tüftelte. Doch in der Förderung ist für die große Wirkung kaum etwas vorgesehen. Und als letztes Glied in der Produktionskette bleibt für die Tonarbeit auch nur wenig übrig. | Foto © Skywalker Ranch

Auch die Berufsvereinigung Filmton (BVFT) hat sich zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme konzentriert sie sich „auf künstlerische und vor allem soziale Aspekte, die sich einander bedingen.“ Der künstlerischen Aspekt heißt, erstmal klarzumachen, was die Tonspur alles für den Film leistet. Das ist eine lange Aufzählung und mündet in dem einfachen Satz von George Lucas: „Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses.“

Paradoxerweise machen die Kosten für diese 50 Prozent Wirkung nur einen Bruchteil von dem aus, was auf die Bildherstellung verwendet wird, erklärt die BVFT, die mehr als 400 Filmtonschaffende in Deutschland vertritt. Die Berufsvereinigung betont die kreative und zeitintensive Leistung der vielen spezialisierten Tongestalter*innen und überhaupt den Stellenwert dieser Arbeit: „Die Ton-Postproduktion nimmt insbesondere bei der Produktion von Kinofilmen einen erheblich größeren und zeitlich längeren Teil ein als der Dreh.“

Weiterlesen

Bei der Verleihung des „Fair Film Award Fiction“ (von links): Oliver Zenglein (Crew United, Geschäftsführer), Henning Kamm (Real Film Berlin, Produzent), Ira Wysocki (Real Film Berlin, Herstellungsleiterin), Susan Engnath (Real Film Berlin, Produktionsleiterin), Wolfgang Krenz (Fortune Cookie Film, Produktionsleiter), Rainer Kaufmann (Real Film Berlin, Regisseur), Ulrike Grote (Fortune Cookie Film, Regisseurin und Geschäftsführerin), Ilona Schultz (Fortune Cookie Film, Produzentin und Geschäftsführerin), Mina Avramova (Fortune Cookie Film, Producerin), Michael Becker (SWR, Herstellungsleiter) und Vincent Lutz (Crew United, Geschäftsführer) | Foto: Alena Sternberg

Die Branchenplattform Crew United hat am Eröffnungsabend der Berlinale den FairFilmAward Fiction 2020 im Rahmen des Crew Call Berlin verliehen. Der Preis zeichnet jährlich die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen fiktionaler Formate des zurückliegenden Jahres in den Kategorien Spielfilm und Serie aus.

Rainer Kaufmanns POLIZEIRUF 110 – HEILIG SOLLT IHR SEIN (AT), produziert von der Real Film Berlin GmbH gewinnt den FairFilmAward 2020 Fiction in der Kategorie Spielfilm. In der Kategorie Serie erhält DER LETZTE WILLE (AT), Regie Ulrike Grote und produziert von der Fortune Cookie Film GmbH den Preis für die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Jahr 2019.

Weiterlesen

Immer wieder greift die AfD die Filmbranche an. Der Kampf um die Kultur tobt schon längst. | Montage: cinearte

Bei der Verleihung der „First Steps Awards“ hatte Ulrich Matthes Klartext gesprochen: Die AfD sei „eine rechtsradikale, demokratiefeindliche, parlamentarismusfeindliche, kunstfeindliche, rassistische, antisemitische Partei“, erklärte der Präsident der Deutschen Filmakademie in seiner Eröffnungsrede. Sollte sie irgendwo an die Macht kommen, „wir alle, die wie hier sitzen, wir müssten uns, um es mal etwas flapsig zu sagen, warm anziehen.“

Matthes’ Mahnung stand unter dem Eindruck dramatischer Ereignisse. Am 2. Juni 2019 war der Kasseler Regierungspräsident auf seiner Terrasse mit einem Kopfschuss getötet worden. Als dringend tatverdächtig wurde ein Rechtsextremist festgenommen. Der Mordanschlag auf den CDU-Politiker rüttelte die Parteien auf. Allein die AfD blieb mitleidslos: Schuld sei die Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer Asylpolitik, erklärte der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann. Ohne sie „würde Walter Lübcke noch leben.“

Und als sich im Bayerischen Landtag alle Abgeordneten zum Gedenken an Lübcke erhoben, blieb nur einer sitzen: Ralph Müller von der AfD.
Der Partei hat das nicht geschadet – im Gegenteil: Bei der Landtagswahl in Brandenburg am 1. September verdoppelte sie fast ihr vorheriges Ergebnis und wurde mit 23,5 Prozent der Stimmen zweitstärkste Fraktion. Ebenso am selben Tag in Sachsen, wo der Zulauf auf 27,5 Prozent sogar noch größer war. Acht Tage später hielt Matthes seine Rede.

Weiterlesen

Ja, warum eigentlich? Vor dem Symposium hatten sich die Filmschaffenden ausführlich Gedanken gemacht, was sie sich vom Genossenschaftsmodell versprechen: Stichpunkte und Einstimmung für die Veranstaltung. | Foto © Christian Dosch.

Geht es um die Zukunft des Deutschen Kinos, ist bald nur noch von einem die Rede: Geld! Berufsverbände klagen über schlechte Bezahlung, Filmemacher suchen nach Investoren, Produzenten über zu knappe Budgets, Sender über den Rotstift der Politik, die Filmförderungsanstalt bangt um ihre Finanzierung. Immer mehr Filme wollen ins Kino (153 meldet die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) für 2018). Die wenigsten erreichen sechsstellige Zuschauerzahlen (45 meldet die Filmförderungsanstalt (FFA) für 2018).

Die meisten ringen um Fördertöpfe und Senderbeteiligung. Doch da setzt man erstmal auf Sicherheit. Das Fernsehen produziert Krimiserien nach Großstädten und Reisezielen. Die FFA will lieber einen höher budgetierten „Spitzenfilm“ fördern, der „die Erwartungen des Publikums erfüllt und wirtschaftlich erfolgreich sein kann.“ Wie soll da noch Wildes, Neues, Anderes entstehen? Das die Erwartungen des Publikums überrascht, andere Perspektiven eröffnet und das Kino weiterbringt. Und vielleicht trotzdem auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Oder wenigstens finanziert wird.

Filmemacher*innen proben schon längst eigene Möglichkeiten, um ihre Vorstellungen vors Publikum zu bringen, jenseits von Sendern und Förderern. No oder Low Budget, Crowd Funding, die Hilfe von Freunden und Kollegen machen es möglich. In Nordrhein-Westfalen gibt’s dann wiederum sogar ein Förderprogramm für solche Low-Budget-Filme … das ist sicherlich gut gemeint, sollte aber zu denken geben. Und bei aller Leidenschaft für die Sache: Wie lange lässt sich so arbeiten, wenn auch noch die Miete gezahlt werden soll?

Weiterlesen

22 Jahre lang war Cornelia Ackers beim Bayerischen Rundfunk für den „Polizeiruf 110“ ­verantwortlich. Als Redakteurin hatte sie ungewöhnliche und beliebte ­Ermittlerfiguren mitentwickelt. ­Diesen Monat ­wurde sie ­abgesetzt. Die Gründe liegen im Dunkeln. | Foto © BR, Markus Kovalin

… und die Lügen, die wir Gegenwart nennen – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogängers, 209. Folge.

„Die Menschen zu zeigen ohne Maske, ohne Schminke, sie mit den Augen des Apparats zu packen im Moment des Nicht­spie­lens.“
Dziga Vertov

Eigent­lich ist Michael Klier kein Doku­men­tar­filmer, obwohl er von Anfang an auch doku­men­ta­risch gear­beitet hat. Kliers Filme lohnen immer den Besuch, und den zweiten, dritten Blick. Diese Kurzfilme aber, geist­reiche Refle­xionen über das Kino und die Cine­philie, seiner­zeit für die längst abge­wi­ckelte Film­re­dak­tion des WDR entstanden, kennt kaum einer. Und bei manchem, was man hier sieht, zum Beispiel Casting-Aufnahmen Unbe­kannter, die in den 1980ern zu Stars wurden, fragt man sich eh, wo der Mann dieses großar­tige Material her hat. „Lohnens­wert wäre eine DVD mit Kliers WDR-Filmen unter anderem über Jean-Marie Straub, Roberto Rossel­lini, und Godards Kame­ramänner“, schrieb vor ein paar Jahren Hans Helmut Prinzler.

Vorige Woche waren in der Brot­fa­brik in Berlin Kliers Kino­por­trät­filme zu sehen. Wenn man da Truffaut zuhört, wie er über die Frauen spricht, den kleinen Schwes­tern der Nouvelle Vague begegnet, die Kame­ramänner Renato Berta und William Lubt­chansky von ihrer Arbeit und den Konflikten mit Godard sprechen hört und Henri Alekan über die Arbeit mit Wim Wenders und Jean Cocteau, und Rossel­lini als Philo­so­phen entdeckt, wenn man Jean-Marie Straub und Danielle Huillet im römischen Exil entdeckt, dann ersteht eine Film-Land­schaft aus vergan­gener Zeit wieder auf.

Auch ein Diskurs übers Kino, den gerade Deutsch­land braucht: „Die Themen und Fragen, die von den ,Film­schaf­fenden‘ darin formu­liert werden, sind noch – oder wieder hoch­ak­tuell.“ schreibt Klier, der die Vorfüh­rung der Porträts wie einen einzelnen langen Episoden-Film angelegt hat.

Weiterlesen

Regisseur Lothar Herzog und Produzentin Romana Janick drehten ihren Abschlussfilm ,1986‘ in Weißrussland. Was da alles auf eine*n zukommt, ist Gesprächsthema im Indiefilmtalk. | Foto © Hofer Filmtage

Vom Produktionsweg bis hin zu einem fertigen Film ist es in der Regel ein sehr aufwendiger und aufreibender Prozess, der mit viel Freude, aber auch einer Unmenge an Arbeit verbunden ist. Wird das Filmprojekt zusätzlich im Ausland produziert, kommen zur Aufgabenliste oft noch weitere Fallstricke in der Produktion dazu. So auch bei „1986“, dem Abschlussfilms von Regisseur Lothar Herzog und Produzentin Romana Janick an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB). Beim Dreh in Weißrussland mussten sie sich mit den Gegebenheiten im Land arrangieren, mit Problemen bei den Drehgenehmigungen und mit einem betrunkenen Setfahrer auseinandersetzen.

Der Stress zahlte sich aus. Nicht bloß in den Erfahrungen, die alle dabei gesammelt haben – der Film wurde zu verschiedenen Filmfestivals eingeladen und gewann auf den Hofer Filmtagen den »Goldpreis«.

In dieser Sonderfolge des Indiefilmtalks, die in Kooperation mit der DFFB entstand, sprechen Janick und Jamila Wenske, die leitende Dozentin für Produktion an der DFFB, über Romanas Weg zum Film und an eine Filmhochschule – und natürlich über ihre Arbeit „1986“.

Für das Drama „Euphoria“ arbeiteten Produzenten aus Großbritannien, Schweden und Deutschland zusammen – da können mit dem ­deutschen System der Regieassistenz nur wenige etwas anfangen, meint Benedict Hoermann (hinten): „Man kann sich weltweit an jedes Set stellen, und sofort sind die Verantwortlichkeiten und Abläufe klar.“ | Foto © Jürgen Olcyk, Tatfilm

Assistant Director oder Regieassistent? Fast die ganze Filmwelt arbeitet nach dem ersten System, doch in Deutschland tut man sich noch schwer damit. Dabei sei es besser für die wachsenden­ ­Erfordernisse geeignet, meint Benedict Hoermann von der Assistant Directors Union.

Herr Hoermann, im Frühjahr hat sich die Assistant Directors Union (ADU) als eigenständiger Berufsverband vorgestellt. Sie vertreten die Interessen der (Assistant Directors (AD) und Regieassistent*innen. Gehören sie nicht in den Bundesverband Regie?

Das hat mit unserer Entstehungsgeschichte zu tun. Die ADU gibt es schon länger, und anfangs ging es uns nicht darum, einen Berufsverband zu gründen …

Sondern?

Die meisten von uns sind Quereinsteiger. Regieassistenz ist ja kein Ausbildungsberuf. Die Chance, von anderen zu lernen, ist kaum gegeben. Wir sind Autodidakten. Ich selbst bin 2001 in diesen Beruf „reingerutscht“, hatte aber nie die Chance, mich wirklich intensiv mit anderen Regieassistent*innen auszutauschen. oder von anderen zu lernen. So kam ich vor Jahren auf die Idee, eine Plattform zu schaffen, auf der sich Regie­assistenten und AD begegnen und Erfahrungen jeglicher Art austauschen können.

Wozu ein Berufsverband ja unter anderem ebenfalls da ist.

Natürlich. Wenn der Verband einer Berufsgruppe den nötigen Stellenwert einräumt. Für mich war der BVR die Interessenvertretung der Regisseur*innen. Wie intensiv dort die Lobbyarbeit für die Berufsgruppe Regieassistenz betrieben wird, war mir nicht klar.
Nichtsdestotrotz habe ich eine andere Auffassung von meiner Arbeit als der BVR. Dort wird dIe Regieassistenz noch als die künstlerische „rechte Hand“ der Regisseur*innen verstanden. Ich hingegen habe mich schon früh mit dem angelsächsischen AD-System identifiziert, bei dem ich die Regie nicht nur kreativ, sondern überwiegend logistisch und organisatorisch unterstütze.

Weiterlesen

Die Arbeitstage sind lang, die Bezahlung schlecht, die Ausbildung bleibt auf der Strecke. Als Filmland liefert Deutschland keine gute Rolle ab. Kein Wunder, dass hier die Arbeitskräfte ausgehen. | Foto © Jana Cerno

Herr Zenglein, viele Filmschaffende klagen über die schlechte Bezahlung. Dabei ist laut Tarif die Vergütung für die einzelnen Gewerke wie Kamera, Beleuchtung und Ton ganz ordentlich. Die Wochengage für einen Tonmeister liegt laut Verdi bei 1.607 Euro und für einen erfahrenen Kameramann bei 2.999 Euro. Sieht die Realität so viel anders aus?

Filmschaffende arbeiten projektbezogen und damit überwiegend in befristeten Arbeitsverhältnissen. In der Regel sind sie nur einen Teil des Jahres in Lohn und Brot. Die Beschäftigungsverhältnisse dauern im Schnitt zwischen zwei bis zehn Wochen. Davor und danach sind meist lange Zeiten der Arbeits- und/oder Beschäftigungslosigkeit. Selbst wenn man eigentlich genügend Angebote bekommt, kann man zwei Drittel nicht wahrnehmen, weil sie sich mit den bereits zugesagten oder gerade stattfindenden Projekten überschneiden. 

Aber wer regelmäßig Jobs bekommt und Tarifgage erhält, fährt doch eigentlich ganz gut?

Zunächst einmal ist zu sagen, dass die Tarifgage, die als Einstiegs-Gage für Berufsanfänger gilt, an sich schon viel zu niedrig ist, um über das Jahr inklusive Krankheit, Weiterbildung, Urlaub und Altersvorsorge genug zu verdienen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Tarifvertrag keine Allgemeinverbindlichkeit hat und für die vielen Solo-Selbstständigen von Haus aus keine Anwendung findet. Aber auch da, wo er eingehalten werden müsste, wird er regelmäßig unterlaufen. Fälschung von Stundenzetteln auf Ansage gehört zur gängigen Praxis.

Die Tarifgagen sind also zu niedrig und finden ohnehin kaum Anwendung? Weiterlesen

Im Berliner Kino „Babylon“ wurden wieder herausragende Einzelleistungen im Deutschen Fernsehen ausgezeichnet. | Foto © DAFF

Zum siebten Mal vergab die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAFF) am 16. November 2019 in Berlin im Kino „Babylon“ den unabhängigen Branchenpreis für herausragende Einzelleistungen im Deutschen Fernsehen. Insgesamt 100 Prominente, aber auch bisher unbekannte Fernsehmitwirkende waren nominiert für die Auszeichnungen der Akademie. Hier sind die Nominierten und (fett gedruckt) die  Gewinner*innen – wir gratulieren!

Bildgestaltung:
Philipp Haberlandt | Beat
Jakub Bejnarowicz | Parfum
Carlo Jelavic| Tatort: Das Nest

Casting:
Franziska Aigner | Der große Rudolph
Daniela Tolkien | Der Pass
Stefany Pohlmann | Nichts zu verlieren

Dokumentarfilm:
Britt Beyer & Vassili Silovic (Regie) & Volker Heise (Idee und Konzept) | 24h Europe – The Next Generation
Garry Keane & Andrew McConnell & (Regie) & Mick Mahon (Schnitt) & Brendan J. Byrne & Christian Beetz (Produzent) | GAZA – Leben an der Grenze
Regina Schilling (Regie) & Thomas Kufus (Produzent) | Kulenkampffs Schuhe

Drehbuch:
Alexander Adolph | Der große Rudolph
Jan Peter & Frédéric Goupil | Krieg der Träume
Dietrich Brüggemann | Tatort: Murot und das Murmeltier
Weiterlesen

Mit seinen Kurzfilmen an der Filmakademie in Ludwigsburg hatte Martin Busker reihenweise Preise gewonnen. Dann drehte er erstmal acht Jahre lang Serien, ehe er nun sein Kinodebüt vorlegt: Die Tragikomödie „Zoros Solo“ um einen ­schlitzohrigen Flüchtlingsjungen aus Afghanistan und eine strenge Chorleiterin. |Foto © Felix Meinhardt

Mit seinen Kurzfilmen an der Filmakademie in Ludwigsburg hatte Martin Busker reihenweise Preise gewonnen. Dann drehte er erstmal acht Jahre lang Serien, ehe er nun sein Kinodebüt vorlegt: Die Tragikomödie „Zoros Solo“ um einen ­schlitzohrigen Flüchtlingsjungen aus Afghanistan und eine strenge Chorleiterin. |Foto © Felix Meinhardt

Herr Busker, im Sommer beim Filmfest, wurden Sie in Ihrer Heimatstadt Emden ganz schön gefeiert. Mit „Zoros Solo“ gewannen Sie Regie- und Nachwuchspreis, der NDR berichtete von „jubelndem Applaus und stehenden Ovationen“. War das nun Lokalstolz oder haben Sie tatsächlich einen Nerv getroffen?

Ich habe geahnt, dass ich in meiner Heimatstadt mit großem Stolz und Jubel erwartet werde. Aber dass die 600 Zuschauer auf der Festivalpremiere so ausrasten, haben meine Kollegen und ich nicht erwartet. Schließlich war es für uns die erste Vorführung vor Publikum und man ist extrem nervös, ob der Humor des Films zündet und später auch die Taschentücher gezückt werden. Dann passierte es tatsächlich ständig, dass die Stimmung so abhob, dass man mitunter vor Lachen und Zwischenapplaus den Ton des Films nicht mehr hören konnte. Der Funke zum Publikum war in großem Maß übergesprungen und das hat uns sehr glücklich gemacht. 

Gespannt war ich dann vor dem Screening im ausverkauften Kurhaus auf der Nordseeinsel Norderney, wo das Festival ebenfalls stattfindet. Hier kennt mich niemand, und somit gab es auch keinen Lokalbonus. Doch das Publikum, übrigens überwiegend im Rentenalter, hatte ebenso schallend gelacht, an den dramatischen Stellen die Luft angehalten und uns am Ende mit langem Beifall bedacht. 

Ich spürte, dass mir das gelungen war, wofür ich angetreten bin: ich wollte einen Film machen, der ganz normale Menschen unterhaltsam mit Humor, Herz und Hirn an ein wichtiges Gesellschaftliches Thema heranführt und sie begeistert. Die Festivalpremiere dazu in Emden zu machen, war für mich eine wundervolle Sache, denn die Idee, Regisseur zu werden begann in mir bereits als Teenager zu keimen, als ich im Nebenjob Karten beim Festival abgerissen habe und Bernhard Wicki unwissend nach seinem Ticket fragte.

Weiterlesen