
Unterhaltungswert hat der »Deutsche Fersehpreis« schon: Marcel Reich-Ranitzky etwa saß 2008 gut zwei Stunden in der Gala, um sich ehren zu lassen, als er plötzlich merkte, dass er Fernsehen gar nicht mag. | Foto © ZDF, Stefan Menne
Irgendwann im vorigen Jahrhundert, kurz vor Ende der Siebziger, tauchte in den Gesprächen während der Großen Pause der Computer auf, und ich fragte, was man damit machen könne. Ein Klassenkamerad, der sich auskannte, erklärte es mir ausführlich: „Briefeschreiben, zum Beispiel. Adressen verwalten oder Rezepte.“ Blöde Idee, entgegnete ich, es gibt doch Schreibmaschine, Karteikasten und Kochbücher! „Wirst schon sehen“, kam die Antwort. „Bald steht in jedem Haushalt so ein Rechner. Und wenn erstmal jeder einen hat, gibt’s auch viele neue Möglichkeiten.“ Das dauerte zwar noch ein bisschen länger als erwartet, aber ich begegnete unterdessen dem Anrufbeantworter (blöde Idee, warum soll ich für ein Heidengeld jemanden zurückrufen, wenn der doch etwas von mir will?) und dem Händi (blöde Idee, warum soll ich für eine Mark fünfzig die Minute – Grundgebühr nicht eingerechnet – unterwegs telefonieren, wenn doch an jeder zweiten Straßenecke eine Telefonzelle steht?). Seitdem halte ich lieber meine Klappe – ich erkenne eine bahnbrechende Innovation ja nicht mal, wenn sie blinkend vor mir steht und mich antutet.
Aber man lernt ja. Zum Beispiel, dass auch blöde Ideen, die die Welt nicht braucht, schon ihren Weg finden. Man muss sie nur machen lassen – beziehungsweise sie richtig vermarkten. Dann kann man auch aus einer alternativen Liebhaberei einen weltumspannenden Konzern basteln, der Heißgetränke zu Wucherpreisen in Pappbechern verkauft (noch so eine blöde Idee – Capuccino gibt’s doch beim Italiener, sogar besser und billiger). Oder lappige Brötchen mit Wurstbelag (am besten gleich zwischen Metzger und Bäckerei). Man kann das hippe urbane Publikum sogar für frühindustrielle Produktionsbedingungen begeistern oder ihm gleich Fäkalien verkaufen. Hauptsache, man klebt ein cooles Logo drauf.