Glanz und Elend des Deutschen Films I: Filmförderung

Geht’s dem Deutschen Film nun gut oder schlecht? Und warum? Die große Antwort haben wir auch nicht, aber viele kleine Ahnungen – und starten eine kleine Serie. | Foto © cinearte

In den vergangenen Wochen ist wieder eifrig um Sinn und Unsinn der deutschen Filmförderung diskutiert worden, auch an dieser Stelle, wo demnächst noch mehr dazu zu lesen sein wird, und oft schwingt in den wohlformulierten und fundierten Meinungen das Urteil mit: Das Fördersystem ist schuld, dass es dem Deutschen Film so schlecht geht!

Nun bin ich gerne dabei, auf Filmförderungen einzuhauen. Nicht, weil mir manche Entscheidungen nicht gefallen – „was auch immer man macht, irgendjemand findet det immer falsch“, hatte schon Rio Reiser erkannt. Sondern weil ich Subventionen generell für bedenklich halte, wo gewirtschaftet werden soll.

Freilich ist mir auch klar, daß manches ohne das nicht möglich wäre. Wenn der Markt noch nicht so weit ist für eine gute Idee, kann’s schon nötig sein, ihr finanziell auf die Beine zu helfen, ob Solarstrom oder Kunst. Bloß ist das mit der Kunst und der Förderung so eine Sache, wenn letztere, um beim Bild zu bleiben, neben Solaranlagen auch Atommeiler und Kohlekraftwerke finanziert … Beim Film geht das, weil die Förderer keine Unterschiede zwischen Atomanlagen und Solarmeilern mehr kennen, sondern nur noch deutsche Filme, denen geholfen werden soll, um auf dem eigenen Markt zu bestehen. Doch weil die Europäische Union solcherartige Wettbewerbsverzerrung nicht gerne sieht, wird rasch mal auf den auch kulturellen Auftrag der Förderung verwiesen.

Was wiederum das ganze Fördersystem des Bundes die vergangenen zehn Jahre über zum Wackeln brachte, weil Mehrraumkinobetreiber erklärten, sie wollten mit Kultur nichts zu schaffen haben und lieber wirtschaften. Die Bundesverfassungsrichter schafften da erst neulich einen salomonischen Spagat, stöhnten aber selbst: Es sei schon ziemlich kompliziert mit der deutschen Filmförderung.

Ich wundere mich auch, warum Projekte, die in Inhalt und Besetzung schon auf den größtmöglichen Kassenerfolg hin gestrickt sind, auch noch fünf und mehr Nullen an Steuermitteln erhalten müssen (und ja: auch die Abgaben von Fernsehsendern und Kinobetreibern kommen letztlich aus derselben Quelle, denn sie werden ja durch Zwangsgebühren eingetrieben beziehungsweise auf die Eintrittspreise umgelegt), während tatsächlich sperrigere Ideen weniger oder gar nichts erhoffen dürfen.

Andererseits erinnere ich mich auch noch gut an Zeiten irgendwann in den 80ern, als Filmförderung und „Deutscher Filmpreis“ (der damals noch „Bundesfilmpreis“ hielt) regelmäßig geschimpft wurden, dass da Zeug unterstützt und ausgezeichnet werde, daß doch keiner sehen wolle. Da kann ich schon verstehen, wenn die Förderinstitutionen, von denen die meisten erst danach gegründet wurden, heute stolz bei jedem Kassenerfolg, an dem sie ihre Finger hatten, gleich eine Pressemeldung verschicken und sich gebärden, als wären sie Koproduzenten.

Wieder andererseits erinnere ich mich auch noch an Gemecker, als „Der Schuh des Manitu“ einen sensationellen Besucherrekord aufstellte – zweiterfolgreichster Film aller Zeiten, gleich nach dem „Schwarzwaldmädel“! Na toll, aber warum der Filmfernsehfonds Bayern solchen Klamauk mit umgerechnet 1,4 Millionen Euro gefördert habe, der doch von selbst soviel Geld einspielte? „Das konnten wir doch damals noch gar nicht wissen“, erzählte mir später einer der Entscheider (und nicht nur der). Michael Herbig, Regisseur, Drehbuchautor, Hauptdarsteller und Produzent, hatte damals zwar eine gutlaufende Fernsehshow, aber keinerlei Kinoerfahrung und war als Regisseur Autodidakt. Anderen Förderungen jedenfalls waren dessen Filmpläne zu riskant gewesen.

Nochmal andererseits könnte den Förderern das alles auch herzlich egal sein. Wenn sie ihr Geld nach wirtschaftlichen Kriterien verteilen, es also lediglich um möglichst hohe Ländereffekte geht, ist es doch einerlei, ob daraus nun seichte Massenunterhaltung entsteht oder sperriger Kunstkram, den nur drei Leute sehen wollen. Hauptsache, die Filmschaffenden sind beschäftigt.

Und behaupten möchte ich: Die Förderung ist nicht schuld am Elend des Deutschen Films, der eh zeitloses Thema zu sein scheint, ob 1949, 1983, 2001 oder 2011. Also schon zu Zeiten, als es noch gar keine Förderung gab, was vermuten lassen sollte, dass die Förderung jedenfalls nicht alleine schuld ist … Doch Moment mal! Was ist das denn für ein Elend, wenn doch der Zuschaueranteil deutscher Kinofilme bei 26,2 Prozent liegt, und sich damit seit einigen Jahren nach oben bewegt hat? Wenn so viele deutsche Filme erstaufgeführt werden wie nie zuvor? Wenn die Filmförderungsanstalt einigermaßen wohlbegründet das Gegenteil behaupten kann?

Gut, es sind immer nur ein paar wenige Werke, und meistens leichte Komödien, die für die Traumquoten sorgen. Aber das ist auch in anderen Ländern und in anderen Marktsegmenten so. Auf einen Bestseller kommen Hunderte anderer Bücher, auf einen Mac zwanzig Windows-Rechner. „Keiner weiß, warum manches hinhaut und anderes nicht“, sagt die Figur der Bella in „Notting Hill“. Und wer’s weiß, wäre vermutlich der glücklichste Produzent auf Erden.

Ich bin es nicht und kann deshalb wie alle anderen auch nur mutmaßen. Aber ein paar Begegnungen und Beobachtungen sind mir über die Jahre hängengeblieben, lose Fragmente, die zusammen doch die Ahnung einer Erklärung bieten könnten. Und damit’s nicht zu lang wird, dafür aber spannend, mache ich eine kleine Serie daraus und verteile die Folgen, zusammenhanglos und wohlformuliert, auf die kommenden Tage und freue mich schon auf die Kommentare. Die Entscheidung zum „Schuh des Manitu“ war eine dieser Anekdoten. Die nächste ist noch älter:

[Fortsetzung folgt]

 

 

4 Kommentare
  1. Urs Bender sagte:

    Vielleicht sollte sich der Autor mit dem Begriff „Darlehen“ etwas eindringlicher auseinandersetzen und seinen Text an entsprechenden Stellen überarbeiten.

    Das große Problem der Förderung und Haushaltsabgabe ist aber ihre Direktheit. Der Bürger spürt quasi die Verbindung von Abgabe und Produkt. Eigentlich sollte man sich auch fragen, wer letztendlich das Programm der privaten Sendewirtschaft finanziert? Firmen, die zB Werbespots aus ihrem Gewinn begleichen, ganz sicher nicht. Im Preis einer Ware sind im Schnitt 20% Werbekosten enthalten. Nun kann man sich den Spaß machen und schauen, wie viel man im Monat für den Einkauf von Waren aufbringt und wie viel davon dann ins „Dschungelcamp“ fließt. Das Argument, der Bürger sollte nur dafür zahlen, was er auch sehen möchte zieht in meinen Augen also auch nicht bei den Privaten.

    Richtig ist, dass die Förderung nur sehr wenig an der Qualität der Filme ändern kann. Hier bin ich schon lange zu dem Schluss gekommen, dass wir Deutschen die Filme bekommen, die wir verdient haben bzw. in der Breite sehen wollen. Das ist Schade für einige die etwas mehr Qualität erhoffen, aber man kann im Leben nicht alles haben, oder weiterhin Produkte aus anderen Ländern genießen.

  2. Lukas sagte:

    Bin zwar auf die kommenden Artikel zum Thema Filmförderung gespannt, werde aber das Gefühl nicht los, dass man auch über die hiesige Ausblidung und Hervorbringung von Drehbuchautoren sprechen müsste. Ich hege den starken Verdacht, dass die deutschen Filmhochschulen an der ganzen Misere nicht ganz unbeteiligt sind.

  3. aaw sagte:

    Ausgenommen wenigen Ausnahmen hat der deutsche Film seit den 70ern nichts nennenwertes hervorgebracht. Die einzigen deutschen Filmregisseure die international respektiert und bekannt sind, sind Werner Herzog (in die USA ausgewandert, weil seine Filme hier keiner sehen moechte. Dort ist er ein Star und Kult), Wim Wenders (hat ebenfalls seine besten Filme in den USA realisiert) und Fassbinder (der sich immer wieder aufs amerikanische Kino bezogen hat). Was sagt uns dass? Ich glaube in Deutschland herrscht ein Gefuehl der Enge, Angst und Buergerlichkeit, wodurch nur Fernsehfilme zustande kommen aber kein Kino. Daher sehnen sich die grossen Visionaere nach den weiten Westen. Traurig, denn zu beginn des Films war deutsches Kino noch gross. Wo sind heut zu Tage unsere Fritz Langs und Friedrich Murnaus?

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