8stundentag

Film ist ohne flexible Arbeitszeit nicht möglich. Wer zum Film geht, entscheidet sich für Flexibilität. Die meisten von uns wollen auf diese Flexibilität nicht verzichten, sie wollen aber auch nicht dafür bestraft werden. In unserer Branche wurden in den letzten Jahrzehnten gravierende Fehler gemacht, nicht absichtlich, sondern aus Mangel an Erfahrung, vielleicht auch aus Leichtsinn. Fehler, die nicht wiederholt werden müssen.

1. Die Ausnahme wird die Regel.
Anfang der 1980er Jahre haben die Sozialpartner Regeln für flexible Arbeitszeiten im Kollektivvertrag für Filmschaffende festgeschrieben. Neben der 40 Stunden Woche (5×8 Stunden) kann eine 60 Stunden Woche angesetzt werden (von Freiwilligkeit keine Rede), in der die Arbeitszeit vom Produzenten zwischen Montag und Samstag in 5×12 oder 6×10 Stunden aufgeteilt werden kann. Was als Ausnahme gedacht war, wurde zur Regel. Dass bei dieser 60 Stunden Woche die 41. bis zur 60. Arbeitsstunde um rund 25% geringer bezahlt wird, als die ersten 40 Stunden, ist absonderlich. In einem harten internationalen Wettbewerb kann es sich aber längst kein Produzent mehr leisten, verbilligte Arbeitszeit herzuschenken. Zu glauben, dass ein Arbeitnehmer in koordinierten Herstellungsprozessen frei über seine Arbeitszeit entscheiden könne, ist, mit Verlaub, kindisch. Weiterlesen

Mechthild Holter gründete Anfang der 90er-Jahre eine der ersten Schauspieler-Agenturen. Ihre Klienten präsentierte sie gleich im ersten Katalog auf etwas andere Weise. Inzwischen vertritt Players auch andere Gewerke wie Regie, Drehbuch und Kamera. | Foto © Mathias Bothor

Mechthild Holter gründete Anfang der 90er-Jahre eine der ersten Schauspieler-Agenturen. Ihre Klienten präsentierte sie gleich im ersten Katalog auf etwas andere Weise. Inzwischen vertritt Players auch andere Gewerke wie Regie, Drehbuch und Kamera. Holter gehört zu den Gründungsmitgliedern des Verband der Agenturen (VdA), der gerade sein 20. Jubiläum feiert.| Foto © Mathias Bothor

Frau Holter, begonnen haben Sie mit Ihrer Agentur in Köln. Wie kam es dazu?

Gemeinsam mit Heike Melba-Fendel und Anja Friehoff haben wir damals die Firma Barbarella Entertainment in Köln gegründet. Barbarella war anfangs eine Marketing-Agentur, die PR-Kampagnen für Filme und TV-Serien und außerdem Events organisierte. Unsere erste Marketingkampagne war „Twin Peaks“ (Casting: Johanna Ray). Nach den ersten Jahren im PR-Bereich hat sich mein Interesse auf die Zusammenarbeit mit Filmkreativen verlagert. Gegen Ende 1992 habe ich die Agentur als Abteilung aufgebaut, zunächst mit Schauspielern. Ziemlich schnell nahm die Betreuungsarbeit ein solches Ausmaß an und machte mir außerdem sehr viel mehr Spaß als Presse- und PR-Arbeit, dass ich beschloss, eine eigene Firma zu gründen. Im April 1994 wurde daraufhin players © in Köln gegründet. 1996/1997 bin ich mit der Firma nach Berlin gezogen.
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Seit diesem Jahr achtet die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg bei ihren Förderprojekten auf faire Arbeitsbedingungen. Dafür erhält ihr Geschäftsführer Carl Bergengruen diese Woche den „Ehrenpreis Inspiration“. | Foto © MFG

Wenn der Bundesverband Schauspiel (BFFS) alljährlich seinen „Deutschen Schauspielpreis“ verleiht, geht es ihm nicht allein um die darstellende Kunst. Eine eigene Kategorie lobt er für Menschen und Institutionen aus, die in besonderer Weise die Schauspielkunst gefördert haben – meist direkt wie der Produzent Günter Rohrbach oder die Regisseurin Isabel Coixet, mitunter auch in einem weiteren Sinne wie der ehemalige Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Oder die „Institution des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, welcher der BFFS im vorigen Jahr diesen „Ehrenpreis Inspiration“ verlieh, als mal wieder besonders heftig über deren Existenzberechtigung diskutiert wurde. Manchmal ist ein Preis auch als politische Stellungnahme zu sehen.

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Color Grading an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Bei den „Studenten-Oscars”, dem bedeutendsten Nachwuchsfilmpreis der Welt, können die Hochschüler aus Deutschland schon seit Jahrzehnten mit beeindruckender Regelmäßigkeit punkten. Wenn es an den Debütlangfilm geht, haben sie es dennoch schwer:?Sender, Förderer und Produzenten finanzieren ihre ersten Werke grundsätzlich mit niedrigeren Budgets. Ein eigener Tarifvertrag soll die Situation verbessern – allerdings nur für den Nachwuchs an den sieben größten Filmschulen. | Foto © Simon Weber, HFF

Color Grading an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Bei den „Studenten-Oscars”, dem bedeutendsten Nachwuchsfilmpreis der Welt, können die Hochschüler aus Deutschland schon seit Jahrzehnten mit beeindruckender Regelmäßigkeit punkten. Wenn es an den Debütlangfilm geht, haben sie es dennoch schwer:?Sender, Förderer und Produzenten finanzieren ihre ersten Werke grundsätzlich mit niedrigeren Budgets. Ein eigener Tarifvertrag soll die Situation verbessern – allerdings nur für den Nachwuchs an den sieben größten Filmschulen. | Foto © Simon Weber, HFF

Im Juni hatten die Produzentenallianz und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) das Ergebnis ihrer Tarifverhandlungenverkündet. Der Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende (TV FFS) gilt rückwirkend seit 1. Januar dieses Jahres. Ab 1. September kommt eine neue Regelung hinzu: Erstmals wird es dann auch einen eigenen Tarifvertrag für Debüt- und Abschlussfilmegeben.

Hintergrund sind die besonderen Produktionsbedingungen, die letztlich vom Geld abhängen: Diese Filme haben in der Regel ein deutlich geringeres Budget und kommen nur durch den persönlichen Einsatz der Beteiligten zustande – vom Geräteverleiher, der das Equipment zum Sonderpreis oder quasi als Sponsor zur Verfügung stellt, bis zu Cast und Crew, die umsonst oder für erheblich reduzierte Gagen mitmachen. Ohne sie „würden viele wunderbare Produktionen der letzten Jahre in der Form nicht existieren”, hatte die Schauspielerin Elmira Rafizadeh schon 2011 in einem Blogbeitrag auf out-takes.degeschrieben.

Ihr Lob ist nicht übertrieben: Bei den „Studenten-Oscars”, dem bedeutendsten Nachwuchsfilmpreis der Welt, können die Absolventen deutscher Filmhochschulen mit beeindruckender Regelmäßigkeit schon seit Jahrzehnten punkten. Den „großen” Produktionen gelingt so etwas nur selten.

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Gehen oder weitermachen??Irgendwann im Laufe ihrer Karriere stehen die meisten Künstler erneut vor der Grundsatzentscheidung. Die ZAV-Künstlervermittlung will ihnen dabei mit dem Projekt Transition zur Seite stehen. Die drei Berater kommen selbst aus der Praxis. | Foto © ZAV

Gehen oder weitermachen??Irgendwann im Laufe ihrer Karriere stehen die meisten Künstler erneut vor der Grundsatzentscheidung. Die ZAV-Künstlervermittlung will ihnen dabei mit dem Projekt Transition zur Seite stehen. Die drei Berater kommen selbst aus der Praxis. | Foto © ZAV

Die Eltern hatten Jonas ja gewarnt. Vor der „Schauspielerei” und überhaupt der ganzen brotlosen Kunst. Und ob er sich das auch gut überlegt habe?

Natürlich hatte er das. Oder konnte gar nicht anders. Kunst macht man ja der Kunst wegen. Nicht wegen des Geldes oder wegen des Ruhms … naja, ein bisschen Ruhm ist schon auch nicht schlecht. Aber wen interessieren mit Anfang 20 schon Rentenansprüche oder Krankenversicherung, wenn’s um echte Leidenschaft und Berufung geht?

Nochmal 20 Jahre später ist die Leidenschaft immer noch da. Bloß an der Berufung sind allmählich Zweifel gewachsen. Ums nicht falsch zu verstehen: Jonas war kein Träumer. Dass die Zahl der Absolventen, die jedes Jahr von öffentlichen und privaten Schauspielschulen ausgespuckt werden, nicht so recht mit der Zahl von Engagements und Rollen zusammenpassen will, hätte er auch ohne Mathe-Leistungskurs bemerkt. Aber wenn man nur mit der richtigen Leidenschaft der Berufung folgt, sollte es schon gehen, dachte er sich. Wie die vielen anderen auch.

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Drei Kamerafrauen, drei Generationen, drei Bereiche – und doch haben Caroline Rosenau, Ulla Barthold und Julia Schlingmann (von links) sehr ­ähnliche Erfahrungen gemacht. Mit ihrem Seminar wollen sie mit Vorurteilen aufräumen und mehr Frauen für die Filmarbeit an der ­Kamera begeistern. | Foto ©?Alex Böhle

Drei Kamerafrauen, drei Generationen, drei Bereiche – und doch haben Caroline Rosenau, Ulla Barthold und Julia Schlingmann (von links) sehr ­ähnliche Erfahrungen gemacht. Mit ihrem Seminar wollen sie mit Vorurteilen aufräumen und mehr Frauen für die Filmarbeit an der ­Kamera begeistern. | Foto ©?Alex Böhle

Frau Rosenau, „Frauen haben es in unserem Berufsfeld schwer”, hat der Berufsverband Kinematografie (BVK) noch vor zwei Jahren erklärt. Rund 300 Directors of Photography zählte der Verband damals zu seinen Mitgliedern, gerade mal 18 davon waren Frauen. Inzwischen ist die Diskussion um Quoten lauter geworden – hat sich etwas geändert?

Caroline Rosenau: Leider nicht wirklich. Es arbeiten immer noch zu wenige Frauen an der Kamera.

Vor zehn Jahren schienen es aber noch weniger.

Caroline Rosenau: Das stimmt. Bis zu den Positionen Kameraassistenz und 2. Kamera geht es inzwischen einigermaßen. Aber ganz oben wird die Luft sehr dünn. Die Branche ist eh schon ein hart umkämpfter Markt, gerade wenn es um die gut budgetierten Projekte geht. Da ist es für Frauen noch mal doppelt so schwer, einen Fuß in die Türe zu bekommen. Die meisten Kamerafrauen drehen Dokumentarfilm oder man begegnet ihnen all zu oft im Low-Budget-Bereich. Bei den großen Spielfilmen finden Sie sie nur selten.

Und dann meist, wenn die Regie auch eine Frau führt …

Ulla Barthold: Ja, aber das wollen wir eben nicht. Die Anfrage „Wir hätten da einen ,Frauendreh’” oder „Jetzt bräuchten wir mal eine Kamerafrau” zum Beispiel für Sendeanstalten oder Produktionsfirmen ist nicht unüblich … Was immer das heißen soll – der Begriff fällt leider immer noch zu oft, und verrät eine unbewußte Einstellung. Es wird zwar viel über Quoten gesprochen, aber wenn es um die Besetzung der Bildgestaltung geht, sind Kamerafrauen oft nicht auf dem Radar.

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Mit ihrem Wettbewerb „Top of the Docs“ ruft die ARD nach herausragenden Dokumentarfilmen. Dabei hat sie jetzt schon keinen Platz für die Werke, die es schon gibt.|Screenshot

Mit ihrem Wettbewerb „Top of the Docs“ ruft die ARD nach herausragenden Dokumentarfilmen. Dabei hat sie jetzt schon keinen Platz für die Werke, die es schon gibt. | Screenshot

Erst neulich hatte sich Volker Herres wieder für Dokumentationen stark gemacht. „Wir waren und sind überzeugt, dass diese Filme auf einen Primetime-Platz gehören, abseits aller Quotenerwartungen“, sagte der ARD-Programmdirektor Anfang Juni dem „Hamburger Abendblatt“. Damit meinte er die  Reihe von „aktuellen und relevanten Dokumentationen“, die im Frühjahr montags um 20.15 Uhr unter dem Titel Was Deutschland bewegt gezeigt wurden.

Was den großen, eigenständigen Dokumentarfilm angeht, sieht es weniger gut aus. Zum Kongress beim Dokfest München hatte der Medienforscher Jörg Langer mal selber ins Programm geschaut: In einer Woche im Januar hatte Das Erste 22 Stunden Sport ausgestrahlt, 21,5 Stunden Soaps, 14 Stunden Krimi – aber nur 7 Stunden Dokumentationen. Dokumentarfilme waren nicht darunter.

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BVC PanelZusammenschnitt des BVC-Panels im Rahmen des Filmfest München.

Die #MeToo-Debatte hat sich mittlerweile längst zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft entwickelt. Ein Thema, das auch bei Film, Fernsehen und am Theater eine zentrale Rolle spielt. In der diesjährigen Podiumsdiskussion soll es deshalb um Machtmissbrauch, etablierte Abhängigkeitsstrukturen und die Frage nach einem Kulturwandel in der Filmbranche gehen. Haben wir uns mit bestimmten Gegebenheiten einfach arrangiert? Akzeptieren wir Diskriminierung auf verschiedenen Ebenen? Wie gehen wir miteinander um? Brauchen wir einen Code of Conduct?

Auf dem Podium diskutierten als Gäste:
Thelma Buabeng (Schauspielerin, Berlin)
Barbara Rohm (Regisseurin und Gründungsmitglied Pro Quote Film, Berlin)
Henning Kamm (Produzent und Geschäftsführer Real Film, Berlin)
Boris Schönfelder (Produzent und Geschäftsführer Neue Schönhauser Filmproduktion, Berlin)

Als Casting Directors waren vom BVC anwesend:
Iris Baumüller (BVC | Köln, Berlin)
Karimah El-Giamal (BVC | Leipzig)
Charlotte Siebenrock (BVC | Berlin)

Moderation: Stephen Sikder (BVC | München)

Der Video-Beitrag gliedert sich in folgende Kapitel (Achtung in der Ecke links oben anklickbar!):

Intro
Kapitel 1: Impulse der Panelisten
Kapitel 2: Kulturwandel unter der Lupe
Kapitel 3: David gegen Goliath
Kapitel 4: Abschlussrunde mit Publikum

Offizielle Website des Bundesverband Casting (BVC): www.castingverband.de

Viel Spaß beim Anschauen: Zur cn-klappe bei casting-network

Einen Platz im Internet suchen alle Fernsehsender. Die RTL-Group hat aber auch im Kino noch einiges vor. | Foto © RTL II

Einen Platz im Internet suchen alle Fernsehsender. Die RTL-Group hat aber auch im Kino noch einiges vor. | Foto © RTL II

Das lineare Fernsehen ist tot. Glauben zumindest die Leute, die sich lieber ihr eigenes Programm über Streaming-Plattformen wie Netflix und Amazon zusammenstellen. Und das werden immer mehr. Auch die linearen Fernsehsender stellen sich auf diese Zukunft ein. Die Öffentlich-Rechtlichen vertrauen anscheinend auf die Kraft ihrer Mediatheken und die Hilfe der Politik. Am 14. Juni hatten die Ministerpräsidenten beschlossen, den Spielraum der Mediatheken zu erweitern, auf Europäischer Ebene gibt es Bestrebungen, die Ländergrenzen bei der Verbreitung niederzureißen (cinearte 396). In beiden Fällen protestieren die Branchenverbände, die das als Nachteil der Urheber sehen.

Unterdessen haben die Privatsender ihre eigenen Pläne vorgestellt. Pro Sieben Sat.1 und der US-Medienkonzern Discovery wollen mit einer gemeinsame Streaming-Plattform mitmischen, die schon in der ersten Jahreshälfte 2019 Filme, Serien und Live-Sportübertragungen zeigen und innerhalb von zwei Jahren zehn Millionen Nutzer gewinnen soll. Dazu bringen sie ihre bisherigen eigenen Internet- und Video-on-Demand-Dienste Maxdome, 7TV und Eurosport Player ein. RTL, ARD und ZDF seien eingeladen mitzumachen, sagte der neue ProSiebenSat.1-Chef Max Conze auf den Screenforce Days am 20. und 21. Juni in Köln.

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Schauspieler (wie hier David Krumholtz in der Krimiserie „Numbers“) werden oft nur für einzelne Drehtage verpflichtet. Das kostet die ­Produktionsfirmen mehr Geld für Sozialabgaben. Billiger wird’s, wenn die Einzeltage zusammengezählt werden. Doch dieser Praxis wurde jetzt höchstrichterlich ein Ende gesetzt. | Foto © Paramount

Schauspieler (wie hier David Krumholtz in der Krimiserie „Numbers“) werden oft nur für einzelne Drehtage verpflichtet. Das kostet die ­Produktionsfirmen mehr Geld für Sozialabgaben. Billiger wird’s, wenn die Einzeltage zusammengezählt werden. Doch dieser Praxis wurde jetzt höchstrichterlich ein Ende gesetzt. | Foto © Paramount

Im EU-Vergleich steht Deutschland zwar erst auf Rang 8, auf sein Sozialsystem ist das Land dennoch stolz. Rund ein Fünftel ihres Einkommens zahlen Arbeitnehmer in die Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung, die Arbeitgeber geben den selben Betrag hinzu. Dafür sind die Arbeitnehmer dann gegen jegliche vorstellbaren Widrigkeiten abgesichert. Zumindest in der Theorie. Der Haken: Das System basiert auf einem klassischen ständigen Beschäftigungsverhältnis, das nicht in allen Branchen der Standard ist. An den Sets der Film- und Fernsehproduktionen sind die nur auf Produktionsdauer oder gar „unständig” angestellten Beschäftigten in der Überzahl. Auf 25.000 wird ihre Zahl meist beziffert, zuletzt benutzte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) diese Zahl bei den aktuellen Tarifverhandlungen.

Dauert ihr Engagement eine Woche oder länger, ist alles gut, dann zahlen sie ganz normal ihre anteiligen Sozialbeiträge – das gilt in der Regel für die auf Produktionsdauer angestellten Filmarbeiter. Anders verhält es sich mit der „berufsmäßigen unständigen Beschäftigung” – vor allem Schauspieler sind davon betroffen, die nur für einzelne Drehtage engagiert werden. Für die „Unständigen” gelten klare Kriterien: Die unständige Beschäftigung darf nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sein, die „Unständigen” sind in der Regel nicht ständig beim selben Arbeitgeber beschäftigt und das weniger als eine Woche. Dabei zählen nur die konkreten Arbeitstage (Drehtage), egal, wie viele Stunden der Beschäftigte an einem Tag tatsächlich arbeitet.

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Die Löhne steigen!?Um 6,9 Prozent, in drei Jahresschritten, vor Abgaben und Steuern. Klingt trotzdem noch gut. Bis man die durchschnittliche Netto-Inflationsrate von 1,7 Prozent in Rot über den Brutto-Zuwachs legt. | Grafik © cinearte

Die Löhne steigen!?Um 6,9 Prozent, in drei Jahresschritten, vor Abgaben und Steuern. Klingt trotzdem noch gut. Bis man die durchschnittliche Netto-Inflationsrate von 1,7 Prozent in Rot über den Brutto-Zuwachs legt. | Grafik © cinearte

Deutschlands Film- und Fernsehproduzenten klangen auch schon mal begeisterter. Als „Kompromisspaket“ bezeichnet die Produzentenallianz den neuen Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende, den sie am 29. Mai mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und den Berufsverbänden für Filmton (BVFT), Montage (BFS) und  Schauspiel (BFFS) ausgehandelt hat: „Die Arbeitgeberseite musste bei der Höchst-Arbeitszeit deutliche Zugeständnisse machen“, räumte die Produzentenallianz in einer ersten Pressemitteilung nach der Einigung ein. Dafür habe sie „aber im Gegenzug viel weitergehende, überzogene Tarifforderungen der Arbeitnehmerseite abwehren und eine ungewöhnlich lange Laufzeit der Tarifverträge erreichen“ können.

Das Verhandlungsergebnis ist noch nicht endgültig, sondern muss auf beiden Seiten noch intern bis Ende Juni beraten werden. Insofern ist die Vereinbarung auch nicht öffentlich, sondern nur in den Auszügen bekannt, die beide Seiten in eigenen Presseerklärungen als wichtig herausgestellt haben. Auch dieser Artikel ist davon betroffen.

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Grosses-VerdienstkreuzDie #MeToo Diskussion um Dieter Wedel weckt Erinnerungen – Nicht immer muss es Vergewaltigung sein, wenn das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern im Beruf eine Rolle spielt. Einblick in das Innere von Arte, ARD und ZDF.

#MeToo – Ein Wort in eigener Sache

Immer wieder werde ich an meine Zeit beim Fernsehen erinnert, wenn von #MeToo die Rede ist. Aber dann denke ich, nein, vergewaltigt hat dich ja keiner. Tatsächlich bin ich kein Vergewaltigungsopfer, aber es gibt ja noch x andere Bereiche außerhalb des körperlichen, wie Männer ihre Überlegenheit ausdrücken können. Oder hoffen wir: konnten, denn es wäre wirklich an der Zeit, dass diese Zeit vorbei ist. #MeToo sollte also um Dimensionen erweitert werden.
Ein Beispiel, weil wir gerade über Dieter Wedel sprechen:

Der große Bellheim – Mein Nein und die Folgen

Frauen als Geliebte und Intrigantin

Als ich von 1992 bis 1997 stellvertretende Programmgeschäftsführerin und Prokuristin der ARTE Deutschland TV GmbH war, war ich auch (und zwar: stimmberechtigtes) Mitglied der Programmkonferenz. Dort stimmten die beteiligten Sendeanstalten und „Glieder“ der ARTE-Familie über die Programme ab, die zur Sendung oder Produktion gelangen sollten – oder eben nicht. Durchaus gab es Nein-Voten. Und ich wollte ein solches für den eingereichten Film des ZDF „Der Große Bellheim“ erreichen. Das war ein Fernsehspielvierteiler von Dieter Wedel, in dem Mario Adorf den großen Bellheim spielte. Dieser setzte seine Macht u.a. für eine viel jüngere Geliebte ein. Mich störte, dass außer vielleicht Leslie Malton, die ja schon immer ziemlich souverän auftrat, keine Frauenrolle mit auch nur irgendeiner Bedeutung besetzt war.

Es ging über die vier langen Teile der Serie hauptsächlich um große, oft auch körperlich voluminöse Männer. Es ging um ihre Kämpfe gegen- und miteinander – und um das große Geld. Frauen spielten entweder die Rolle der Geliebten wie Renan Demirkan, oder die der Intrigantin wie Leslie Malton. Ansonsten suhlten sich Kamera und Regie in der Inszenierung der nie enden wollenden Tatkraft und Virilität der Herren.

Bayern Verdienstorden
Bayerischer Verdienstorden Herren

Wir schrieben das Jahr 1992

Wir schrieben das Jahr 1992, und die Programmkonferenz von Arte war bis auf eine Ausnahme (mich) mit Männern besetzt. Ich artikulierte meine Bedenken und sagte, so sollten heutzutage Frauen nicht mehr dargestellt zu werden. Das Geschrei nach meinem Redebeitrag mit der Bitte der Rückstellung des „Großen Bellheim“ war laut und groß. Es war so groß, dass es bis zum Direktor „Europäische Satellitenprogramme“ des ZDF, Dr. hc. Heinz Ungureit gelangte.
Das Gerücht kam ihm also zu Ohren, von diensteifrigen Vasallen von Straßburg nach Mainz getragen. Z.B. von dem späteren und noch amtierenden Redaktionsleiter Kino- und Fernsehfilm der Arte GEIE – und nebenbei Honorarprofessor für Medienwissenschaft an der Uni Konstanz – Dr. Andreas Schreitmüller. (Ämterhäufung wäre ebenfalls ein #MeToo-Thema). Der eigentlich freundliche Heinz Ungureit regte sich über meine ihm zugetragenen Äußerungen auf. Und zwar derartig, dass er mir den Garaus machen wollte. Ich erhielt eine Einladung nach Mainz – denn das Opfer geht zum Schafott, klar. Während unserer mehr als einstündigen Unterredung, die fast durchgängig eine Strafpredigt war, musste Ungureit viele Herzpillen schlucken. Denn er konnte sich über die Unverschämtheit, diesen großen Film so runterzumachen, überhaupt nicht mehr einkriegen.

Er sprach mir jegliche Kompetenz ab

Er sprach mit jegliche Kompetenz ab, Filme zu bewerten. Überhaupt sprach er mir jegliche Kompetenz für meinen Job ab. Und er versprach, er werde das Mögliche dafür tun, dass ich bald entlassen werde. Mit Hinweis auf meine Zeugnisse und bisherigen Leistungen für Arte versuchte ich, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Er aber blieb sich sicher, dass ich die falsche – und eben: Frau – auf dem so wichtigen Posten war. Schließlich war ich die einzige Frau in der deutschen Arte-Hierarchie, die etwas zu sagen hatte. Wehe, wenn sie ihren Mund aufmachte. Übrigens gibt es noch heute keine einzige deutsche Frau in der Programmkonferenz von Arte, geschweige denn in der Hierarchie. Und noch ein Übrigens: Es ging nicht immer nur um Frauenrollen, es ging hauptsächlich um den Einsatz der Gebühren für Arte. Das ist ein anderes Thema. Auch darüber sagte ich oft meine Meinung.

Ruf der Feministin

Dieses erste Ereignis brachte mir den Ruf der Feministin ein. Die Männer hatten dafür immer nur ein abschätziges, hämisches Lachen bereit. Es führte auch dazu, dass mann mir meinen Doktortitel überhäufig an den Kopf warf. Sie wissen schon: Mann betont das „Frau Doktor“ so, dass es wie eine Beschimpfung klingt. Mann kannte dann oft nicht mal mehr meinen Nachnamen, sondern beließ es bei dem fast ausgespuckten Titel.

Sie sind eine sehr kompetente Person

Mann nahm mich mal beiseite. Das war etwas später und wahrscheinlich wieder aufgrund einiger für angepasste Herren aufmüpfig klingende Äußerungen. Nach einem sehr üppigen Bankett setzte mann mich an einen etwas abseitigen Tisch und sprach: „Frau Dr. Landbeck, Sie sind eine sehr kompetente Person. Aber Ihr Job gehört uns, dem Bayerischen Rundfunk.“ Das kam aus dem Mund von Thomas Jansing, der damals in der Intendanz tätig war. Später stieg er zum Unterhaltungschef des BR auf und leitet heute die „Sternstunden“, eine – Ironie des Schicksals – Benefizaktion des BR.

Arts et Lettres
Ordre des Arts et des Lettres

Frauen in Hotelbetten

Auch hörte ich, das war noch etwas später, aus dem Mund des damaligen stv. WDR-Fernsehspielchefs Michael Schmid-Ospach, man könne durchaus „betriebsinterne Kündigungen“ aussprechen.
In ihrer Gesamtheit und schließlich in Gestalt des inzwischen verstorbenen Dr. Klaus Wenger zermürbte mich diese geballte Herrenriege so, dass ich dann selbst kündigte. Nur einer entschuldigte sich bei mir für sein Verhalten: das war Heinz Ungureit.
Übrigens gab es beim ZDF einen wichtigen Mann, der reihenweise Frauen in Hotelbetten zog. Das war ein offenes Geheimnis – wahrscheinlich, indem er sie mit Karrierechancen lockte, denn seine Schönheit kann es nicht gewesen sein. Dr. Walter Konrad, Chef der europäischen Satellitenprogramme beim ZDF, Nachfolger von Dr. Ungureit in dieser Position. Richtig böse konnte der werden – das war kurz vor meiner Kündigung im Jahr 1997 – wenn frau sich weigerte, mit ihm selbiges Bett zu teilen. Richtig böse.

Und noch ein Übrigens

Und noch ein Übrigens: Alle genannten Herren sind bzw. waren Ordensträger: sie erhielten und/oder das Bundesverdienstkreuz, den Ordre des Arts et des Lettres, den Bayerischen Verdienstorden und sicher noch viel mehr Ehrungen.
So sieht das also aus mit #MeToo. Es geht viel weiter, viel tiefer – ich könnte noch viel mehr Episoden erzählen. Aber diese reichen ja vielleicht schon mal, um einen Einblick in die schöne deutsche (Fernseh)Welt zu gewähren. Übrigens wundert mich natürlich nicht, dass der Saarländische Rundfunk die Aussagen von Frauen über „Fehlgriffe“ des Dieter Wedel tief in den Akten verschwinden ließ (siehe die aktuelle ZEIT).

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Seite von Schreibwerkberlin: https://schreibwerk-berlin.com/metoo-ard-zdf/

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Anfang April hatten Filmemacher und andere zur Zukunft des deutschen Films getagt. Nun ist das offizielle Ergebnispapier erschienen.

Als Edgar Reitz vor zwei Jahren Schirmherr des LICHTER Filmfest Frankfurt war und grundlegende Reformen im deutschen Filmsystem forderte, machte er öffentlich, was fast allen Beteiligten schon seit längerem bekannt ist: Das System von Filmherstellung und -verbreitung in Deutschland befindet sich in einer Sackgasse. Es ist auf der Produktionsseite von verknöcherten Strukturen, langen Entscheidungswegen und faulen künstlerischen Kompromissen gekennzeichnet und auf der Distributionsseite von einem grundlegenden Wandel der Medienwelt betroffen.

Viele Menschen haben auf Aspekte dieser Herausforderungen Antworten gegeben. Dennoch wird häufig aneinander vorbeigeredet. Missverständnisse und Misstrauen verhindern eine offene Debatte. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt. Wir haben in Frankfurt Filmschaffende aus den verschiedensten Bereichen der Branche zusammengebracht und sie darum gebeten, zu diskutieren und konkrete Vorschläge zu erarbeiten. Vorschläge, die ein breites Spektrum von Themen abdecken und dabei deutlich machen, dass an vielen Stellen Grundlegendes verändert werden muss, damit in diesem Land ein Aufbruch in Film und Kino beginnen kann.

Das vorliegende Papier ist das Ergebnis dieses Prozesses. Es wurde in drei Arbeitsgruppen erstellt, die in teilweise wechselnder Zusammensetzung unabhängig voneinander gearbeitet und dabei Impulse aus dem Kongressprogramm aufgenommen haben. Es enthält zahlreiche Positionen zu verschiedenen Aspekten des Filmbetriebs, die naturgemäß nicht von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kongresses geteilt werden.

Wir sind überzeugt, dass dieses Papier einen Weg aufzeigt, in welche Richtung sich die Verhältnisse ändern können. Es versteht sich als Motor für weitere Diskussionen, vor allem aber soll es ein Aufruf zu konkreten Taten sein. In diesem Sinne wünschen wir uns, dass möglichst viele, denen das Kino am Herzen liegt – ob sie am Kongress teilgenommen haben oder nicht –, sich diesem Aufruf anschließen, auch wenn sie nicht jeden einzelnen Vorschlag des Papiers unterstützen.

Die VeranstalterInnen

Hier geht es zum Ergebnispapier:
http://www.lichter-filmfest.de/media/frankfurterpositionen_zukunftdeutscherfilm.pdf

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Wir verleihen am 3. Mai 2018 in Kooperation mit dem DOK.fest München und mit Unterstützung der Pensionskasse Rundfunk erstmals den FairFilmAward Non-Fiction. Er zeichnet die Produktionsfirma aus, welche die fairsten Produktions- und Arbeitsbedingungen bei der Herstellung von Dokumentarfilmen in den Jahren 2016/17 ermöglichte. Der Preis wird verliehen im Namen zahlreicher Branchenverbände.

Gestern, am 22.4.2018, ist die Bewertungsphase abgelaufen, in der alle an nonfiktionalen Projekten im Zeitraum vom 1.1.2016 bis heute beteiligten Filmschaffenden und Dienstleister die Produktionsfirmen bewerten konnten. Eine Bewertung setzt sich aus jeweils sieben Teilnoten zu folgenden Bereichen zusammen: Chancengerechtigkeit, Gleichbehandlung und Diversität – Vertrag, Gagen und Entgelte – Kommunikation und Arbeitsklima – Arbeitszeiten und Arbeitsschutz – Professionalität und Qualifizierung – Umgang mit Protagonist.innen – Nachhaltigkeit, Solidarität und Perspektiven

Nominiert für den 1. FairFilmAward Non Fiction sind:

# Florianfilm Gmbh

# Flare Film GmbH

# Zero One Film GmbH

Das Gesamtergebnis finden Sie hier: https://www.crew-united.com/survey/2018_FairFilmAward_NonFiction_Produktionen.htm

Der Gewinner wird bei der Verleihung FFA Non-Fiction & VFF Dokumentarfilm-Produktionspreis am 3. Mai im Anschluss an die Konferenz GANZ GROSSES KINO – Die Konferenz zur Zukunft des deutschen Kinodokumentarfilms am 03. Mai 2018 – bekanntgegeben. Tickets für die Konferenz am Vormittag gibt es unter https://konferenz-ganz-grosses-kino.eventbrite.de.

Die Deutschen gehen zu selten ins Kino. Und wenn sei es doch tun, sehen sie die falschen Filme. Am besten sollten sie richtig erzogen werden. | Foto © cinearte

Die Deutschen gehen zu selten ins Kino. Und wenn sei es doch tun, sehen sie die falschen Filme. Am besten sollten sie richtig erzogen werden. | Foto © cinearte

Beim Kongress „Zukunft Deutscher Film“ haben Filmemacher und Fachleute Vorschläge erarbeitet, was besser gemacht werden könnte. Wir stellen die Handlungsempfehlungen vorab vor. Zum Abschluss sprach Claudia Dillmann über „Distribution und Kinokultur“: Weiterlesen