Vorige Woche tagte die Televisionale zum ersten Mal in Weimar. Der neue Standort wurde mit einer weiteren Premiere gefeiert: Der Komponist Fabian Kratzer hat für die Preisverleihung eine neue Hymne geschrieben.
Fabian Kratzer entführte die Zuschauer bei der ersten Televisionale in Weimar mit der Uraufführung seiner eigens dafür komponierten Hymne in eine magische Klangwelt. Diese Hymne soll als kraftvolles Symbol und Nachhall für die Gemeinschaft und den kreativen Austausch und Aufbruch der Talente einen wieder erkennbaren Resonanzraum verleihen. Sie hat noch keinen Namen, aber soll nun regelmäßig im Einsatz der Televisionale sein und die emotionale Tiefe der Veranstaltung unterstreichen. Urs Spörri, der künstlerische Leiter der Televisionale, betont, wie wichtig das Gewerk rund um die Musik auf dem Festival war und ist und spricht auch von der zentralen Rolle der Filmmusik, als den „Herzschlag“ eines jeden Films!
So kam das eine zum anderen, und ein Preis wurde für die Musik wieder neu etabliert. Angeregt von Alexander Thies, Vorstandsvorsitzender der IAMA (International Academy of Media & Arts) und des „Deutschen Filmmusikpreises“, der seit 2014 alljährlich in Halle an der Saale verliehen wird. Thies überreichte denn auch in Weimar in Kooperation mit dem BDF (Bundesverband der Deutschen Film- und Fernsehmusik) den „VFF Fernsehfilmmusikpreis“. Der Preis ging an die Komponisten Lorenz Daangel und Fabian Zeidler und den Produzenten Ingo Fliess für die Musik zum ZDF-Film „Rosenthal“. Weiterlesen
Ende Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Beim Festival werden auch die „Schnitt-Preise“ in drei Kategorien vergeben. Für seine Arbeit am Spielfilm „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ wurde der Editor Andrew Bird ausgezeichnet. Über die ungewöhnliche Arbeit sprach er mit Dietmar Kraus,Kurator bei Edimotion.
Zum Film: „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ handelt von einer iranischen Familie, in der die Konflikte des Landes auf engstem Raum ausgefochten werden: Der Unterdrückungsstaat findet im Familienoberhaupt Iman einen zunächst zögerlichen, später willfährigeren Umsetzer seiner Schnelljustiz. Seine Ehefrau Najmeh unterstützt anfangs das Regime, doch im Laufe des Films nähert sie sich immer mehr der Position ihrer Töchter Rezvan und Sana an. Diese solidarisieren sich mit den Protesten auf der Straße und lehnen sich gegen das Patriarchat drinnen und draußen auf.
Lieber Andrew, bevor Du bei Edimotion für Deine Montageleistung an „Die Saat des heiligen Feigenbaums” ausgezeichnet wurdest, war der Film bereits für über 100 internationale Preise nominiert worden, und konnte mehr als 30 gewinnen. Dazu zählen der „Sonderpreis der Jury“ in Cannes 2024, die silberne „Lola“ beim „Deutschen Filmpreis“ 2025, sowie eine „Oscar“-Nominierung. Aber bevor es zu diesen Erfolgen kommen konnte, standen sowohl die Dreharbeiten als auch der Schnittprozess unter großem Druck. Wie kam es dazu, dass Du einen so brisanten Film, der heimlich gedreht werden musste, geschnitten hast? Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Dietmar Kraushttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgDietmar Kraus2025-12-11 11:41:052025-12-11 10:54:23Schnitt-Preis Spielfilm: Andrew Bird
Beim Festival „Edimotion“ wurden in Köln die besten Montage-Arbeiten des Jahres ausgezeichnet. Die „Schnittpreise“ werden in drei Kategorien ausgelobt.Der „Förderpreis Schnitt“ ging an Jakob Michal und Kaspar Ferdinand Haußig für die Montage ihres dokumentarischen Kurzfilms „Tough Moves“, bei dem Michal auch Regie führte. Der Film führt in die Welt eines besonderen Sports: desSchachboxens – und erzählt von der Berliner Familie Rolle, in der Vater Robert, ein bekannter Boxer, seinen jungen Sohn Arminius auf den ersten großen Kampf vorbereitet. Werner Busch, Kurator beim Festival, sprach mit den Preisträgern.
Die Dynamik zwischen Vater und Sohn ist ja ganz zentral und damit auch die Gewalt, die der Vater physisch, aber auch psychisch gegen Arminius ausübt. Wie habt ihr diese beiden Figuren und ihre Beziehung zueinander im Schnitt entwickelt?
Boxen ist ein gewaltvoller Sport und deswegen war von Anfang an klar, dass Gewalt ein Thema des Films sein würde. Als wir den Schachbox-Club zum allerersten Mal besuchten und dort auf Robert und Arminius trafen, kam uns das Trainingsprogramm der beiden extrem hart vor, besonders für einen 13-Jährigen. Robert stellte extrem hohe Ansprüche an seinen Sohn, aber Arminius schien auch selbst extrem ehrgeizig zu sein. Wir hatten nie den Eindruck, dass der Vater seinen Sohn zu irgendetwas drängte. Dennoch fragt man sich, wie bei allen Disziplinen, in denen man früh beginnen muss, um Profi zu werden, natürlich, ob das Kind das wirklich will.
In der Montage wurde uns klar, dass der Film diese Frage für Arminius nicht beantworten kann – unsere Aufgabe bestand vielmehr darin, sie überhaupt aufzuwerfen. Um das zu erreichen, haben wir in vielen Szenen Momente ausgewählt, in denen die Familie in Anwesenheit von Arminius über Arminius spricht. Dabei zeigen wir ihn als passiven Zuhörer: Was denkt er gerade? Stimmt er dem zu, was da über ihn gesagt wird? Das sind die Fragen, die wir hervorrufen wollten. Unser selbst erklärtes Ziel war darüber hinaus, Arminius und seine Familie so zu porträtieren, wie wir sie erlebt hatten. Nach dem Dreh hatten wir die ganze Familie sehr ins Herz geschlossen, gleichzeitig waren Situationen entstanden, die man kritisch sehen kann. Wenn das Publikum aus dem Film mit diesem Eindruck herausgeht, erfüllt er aus unserer Sicht seinen Zweck. Die Stärke des Films liegt aus unserer Sicht in seiner Ambivalenz.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Werner Buschhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgWerner Busch2025-12-11 11:24:302025-12-11 20:55:39Förderpreis Schnitt: Jakob Michal und Kaspar Ferdinand Haußig
Beim „Edimotion“ wurden im Oktober wieder die Filmkunst der Montage ausgezeichnet. Den „Schnitt-Preis“ für die beste Dokumentarfilmarbeit gewann der Editor Hannes Bruun für „The Landscape and the Fury“. Über seine Arbeit sprach mit Kyra Scheurer, der Künstlerischen Leiterin des Festivals.
„The Landscape and the Fury“ war Ihre dritte Zusammenarbeit mit Regisseurin Nicole Vögele, die auch als investigative Journalistin arbeitet, Sie hat unter anderem die Pushbacks an der bosnisch-kroatischen Grenze aufgedeckt, wo auch dieser Film seine Bilder einfängt. In ihren freien Filmarbeiten fürs Kino gibt es aber einen sehr besonderen Stil, weit weg von der klassischen Reportage. Welche Prämissen für Dreh, Kamera und Montage gibt es bei diesen freien Arbeiten? Nicole arbeitet in ihren Filmen ohne vorab festgelegtes inhaltliches Konzept und folgt einer sehr eigenen, intuitiven Herangehensweise. Meist steht zu Beginn ein Ort, in den sie sich während des Drehs immer mehr hineinarbeitet, indem sie dort viel Zeit verbringt. Schicht für Schicht schaut sie, was dort für Verbindungen liegen, die vielleicht auf den ersten Blick so gar nicht sichtbar sind. Die Kamera ist dabei meist in einer beobachtenden Perspektive. Gedreht wird analog, auf Super-16-Millimeter—Film. Dies beschränkt die Materialmenge erheblich und schafft eine Konzentration am Drehort, die für Nicole von ganz besonderer Bedeutung ist. Man lässt nie einfach laufen, sondern entscheidet sich ganz bewusst für eine Einstellung, die dann einmal ausgelöst und nicht wiederholt wird.
Im Schnitt versuchen wir all diese beim Dreh gesammelten Momente in eine Struktur zu bringen, die sich für den Film richtig anfühlt. Dabei arbeiten wir bewusst ohne feste Rezepte und gehen bei jedem Film wieder ganz neu auf die Suche – lassen uns auch von Zufällen und intuitiven Arbeitsweisen leiten. Ich habe das Gefühl, dass darin oftmals eine Möglichkeit liegt, wirklich Neues zu entdecken.
Die Degeto rief zum Ideenwettbewerb für Geschichten aus dem Osten. Gut gemeint, aber Thema verfehlt?
Um „die Zusammenarbeit mit ost- und mitteldeutschen Produktionsfirmen zu stärken“ hatte die ARD Degeto zum Ideenwettbewerb für „Ostside-Stories“ aufgerufen. Ein Krimi oder Threiller sollte es sein. Rund 40 Produktionsfirmen reichten ihre Exposés für einen Stoff ein, „der regionale Perspektiven aufgreift und zugleich ein breites Publikum anspricht.“ Das trifft ein aktuelles Thema: Über das Leben im Osten wird bislang vor allem von Filmschaffenden aus dem Westen erzählt – und oft falsch, kritisieren Filmschaffende aus dem Osten.
Leibniz ist der richtige Philosoph für unsere Zeit, findet Edgar Reitz. Zehn Jahre lang hat er an seinem Alterswerk gearbeitet: „Ich wollte nicht über Leibniz erzählen, sondern aus ihm heraus“.
Filme macht man für seinen Anteil an der Welt, meint Edgar Reitz. „Ich träume nachts von meinen Figuren, ich wache mit Bildern auf. Die Frage, ob mein Film sich am Markt bewährt, ist mir in solchen Momenten völlig egal. Ich will Filme machen, die berühren, die herausfordern.“
Zum Beispiel mit Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Vordenker der Aufklärung ist für ihn der richtige Philosoph für unsere Zeit. „Ich habe über zehn Jahre an dem Thema gearbeitet. Anfangs wollte ich ein großes Biopic machen, ein Zeitbild einer nach 30 Jahren Krieg verwüsteten Welt. Aber ich merkte, dass ich damit in Hollywood-Dimensionen komme“. erzählt Reitz im Interview mit Chris Schinke in der „Taz“.
In Studio Babelsberg hat sich der allgemeine Produktionsrückgang besonders deutlich bemerkbar gemacht. CEO Jörg Bachmaier ist trotzdem zuversichtlich. Auf der MediaTech Hub Conference spricht er nächste Woche über die Technik für die Zukunft.
Herr Bachmaier, der Branche geht es bereits im dritten Jahr nicht gut. Wo sehen Sie zurzeit die größten Herausforderungen –beziehungsweise entscheidenden Stellschrauben? Zwei große Krisen in der Filmbranche der letzten Jahre – die Covid-Pandemie und der Doppelstreik der Gewerkschaften WGA und SAG-AFTRA in den USA – hatten weltweit Auswirkungen. Die Folgen spüren wir noch heute: Zahlreiche internationale Produktionen wurden verschoben, verkleinert oder ganz gestrichen. Parallel dazu erleben wir eine Marktkonsolidierung, das heißt weniger Projekte, weniger Aufträge, weniger Anbieter durch Zusammenschlüsse von Studios und Produktionsfirmen – und dazu immer engere Budgets. Das verschärft den internationalen Wettbewerb enorm.
Speziell in Deutschland hat die Regierungskrise Ende 2024 die Umsetzung der geplanten Filmförderreform verzögert und Produzenten verunsichert. Gerade für internationale Produktionen ist diese Unsicherheit ein erheblicher Standortnachteil, denn Verlässlichkeit und Planbarkeit sind für unsere Kunden entscheidend. Daher haben wir begrüßt, dass die Bundesregierung im Sommer die Verdoppelung der Fördermittel für Filme und Serien verkündet hat. Auch wenn wir uns ein automatisiertes, steuerbasiertes Modell gewünscht hätten, bietet die nun geplante Lösung die Chance auf eine schnelle und wirksame Entlastung der Branche.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2025-09-18 19:30:362025-09-18 19:31:32Bereit für neue Geschichten
Fünf Mann, ein Panzer und ein Befehl: In „Der Tiger“ schickt Dennis Gansel deutsche Soldaten auf eine falsche Heldenreise.
Dennis Gansel hat einen Antikriegsfilm über Wehrmachtsoldaten und ihren Panzer an der Ostfront gedreht. Für den Kinofilm tat er sich mit Amazon zusammen. „Der Tiger“ sei „gewissermaßen die Antwort auf den Netflix-Erfolg ,Im Westen nichts Neues’“, schreibt Andreas Busche im „Tagesspiegel“ [Bezahlschranke]. Doch ihm behagt schon die ganze Idee nicht: „Der Bezug zu Francis Ford Coppolas ,Apocalypse Now’ ist ebenso offensichtlich wie die ideologische Nähe zur Verfilmung des Romans ,Das Boot’ […], mit dem das deutsche Kino Anfang der achtziger Jahre die restaurative Kohl-Ära begleitete.“
Diese Sorgen hat Lennart Sämann in der „Taz“ nicht. Er fragt sich aber, ob es wirklich nochmal zwei Stunden Film brauche, „die illustrieren, wie sich Befehlsträger der Wehrmacht eine Opfer-Haltung schaffen?“
Aber ja doch, findet Hanns-Georg Rodek in der „Welt“. Schließlich habe Gansel „eine inoffizielle Faschismus-Trilogie gedreht: ,Napola‘ über die NS-Eliteschule, ,Die Welle’ über ein Sozialexperiment, das zeigt, wie in einer Gesellschaft faschistoide Strukturen entstehen – und nun ist er im Herzen der Finsternis angekommen, dem deutschen Vernichtungsfeldzug im Osten. Gemessen an dessen zentraler Bedeutung für unsere Historie gibt es nicht viele deutsche Filme darüber […]. Soldaten wie sie werden später auf Befehlsnotstand plädieren“.
Musikalischer Aufbruch
Christine Prinzing, Unsere GästeNeue Töne am neuen Standort: Die Uraufführung der Hymne zur Preisverleihung der Televisionale in Weimar. | Foto © Christine Prinzing
Vorige Woche tagte die Televisionale zum ersten Mal in Weimar. Der neue Standort wurde mit einer weiteren Premiere gefeiert: Der Komponist Fabian Kratzer hat für die Preisverleihung eine neue Hymne geschrieben.
Fabian Kratzer entführte die Zuschauer bei der ersten Televisionale in Weimar mit der Uraufführung seiner eigens dafür komponierten Hymne in eine magische Klangwelt. Diese Hymne soll als kraftvolles Symbol und Nachhall für die Gemeinschaft und den kreativen Austausch und Aufbruch der Talente einen wieder erkennbaren Resonanzraum verleihen. Sie hat noch keinen Namen, aber soll nun regelmäßig im Einsatz der Televisionale sein und die emotionale Tiefe der Veranstaltung unterstreichen. Urs Spörri, der künstlerische Leiter der Televisionale, betont, wie wichtig das Gewerk rund um die Musik auf dem Festival war und ist und spricht auch von der zentralen Rolle der Filmmusik, als den „Herzschlag“ eines jeden Films!
So kam das eine zum anderen, und ein Preis wurde für die Musik wieder neu etabliert. Angeregt von Alexander Thies, Vorstandsvorsitzender der IAMA (International Academy of Media & Arts) und des „Deutschen Filmmusikpreises“, der seit 2014 alljährlich in Halle an der Saale verliehen wird. Thies überreichte denn auch in Weimar in Kooperation mit dem BDF (Bundesverband der Deutschen Film- und Fernsehmusik) den „VFF Fernsehfilmmusikpreis“. Der Preis ging an die Komponisten Lorenz Daangel und Fabian Zeidler und den Produzenten Ingo Fliess für die Musik zum ZDF-Film „Rosenthal“. Weiterlesen
Schnitt-Preis Spielfilm: Andrew Bird
Dietmar Kraus, Unsere GästeAndrew Bird hat den „Schnitt-Preis“ schon zum dritten Mal gewonnen. Dieses Mal war die Arbeit aber ganz besonders: „Dies ist der erste Film, bei dem ich ganz allein im Schneideraum war“, sagt er. Und außerdem verstand er kein Wort von dem, was im Film gesprochen wurde. | Foto © Edimotion/Werner Busch
Ende Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Beim Festival werden auch die „Schnitt-Preise“ in drei Kategorien vergeben. Für seine Arbeit am Spielfilm „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ wurde der Editor Andrew Bird ausgezeichnet. Über die ungewöhnliche Arbeit sprach er mit Dietmar Kraus, Kurator bei Edimotion.
Zum Film: „Die Saat des heiligen Feigenbaums“ handelt von einer iranischen Familie, in der die Konflikte des Landes auf engstem Raum ausgefochten werden: Der Unterdrückungsstaat findet im Familienoberhaupt Iman einen zunächst zögerlichen, später willfährigeren Umsetzer seiner Schnelljustiz. Seine Ehefrau Najmeh unterstützt anfangs das Regime, doch im Laufe des Films nähert sie sich immer mehr der Position ihrer Töchter Rezvan und Sana an. Diese solidarisieren sich mit den Protesten auf der Straße und lehnen sich gegen das Patriarchat drinnen und draußen auf.
Lieber Andrew, bevor Du bei Edimotion für Deine Montageleistung an „Die Saat des heiligen Feigenbaums” ausgezeichnet wurdest, war der Film bereits für über 100 internationale Preise nominiert worden, und konnte mehr als 30 gewinnen. Dazu zählen der „Sonderpreis der Jury“ in Cannes 2024, die silberne „Lola“ beim „Deutschen Filmpreis“ 2025, sowie eine „Oscar“-Nominierung. Aber bevor es zu diesen Erfolgen kommen konnte, standen sowohl die Dreharbeiten als auch der Schnittprozess unter großem Druck. Wie kam es dazu, dass Du einen so brisanten Film, der heimlich gedreht werden musste, geschnitten hast?
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Förderpreis Schnitt: Jakob Michal und Kaspar Ferdinand Haußig
Unsere Gäste, Werner BuschHauen oder schlagen? Bei der Kampfsportart Schachboxen sind beide Disziplinen gefragt. Für ihre Kurzdoku „Tough Moves“ begleiteten Jakob Michal (links) und Kaspar Ferdinand Haußig einen Nachwuchssportler und seine Familie. Dabei mussten sie aufassen, dass diese sich vor lauter Begeisterung nicht selbst inszenieren. | Foto © Edimotion/Juliane Guder
Beim Festival „Edimotion“ wurden in Köln die besten Montage-Arbeiten des Jahres ausgezeichnet. Die „Schnittpreise“ werden in drei Kategorien ausgelobt. Der „Förderpreis Schnitt“ ging an Jakob Michal und Kaspar Ferdinand Haußig für die Montage ihres dokumentarischen Kurzfilms „Tough Moves“, bei dem Michal auch Regie führte. Der Film führt in die Welt eines besonderen Sports: des Schachboxens – und erzählt von der Berliner Familie Rolle, in der Vater Robert, ein bekannter Boxer, seinen jungen Sohn Arminius auf den ersten großen Kampf vorbereitet. Werner Busch, Kurator beim Festival, sprach mit den Preisträgern.
Die Dynamik zwischen Vater und Sohn ist ja ganz zentral und damit auch die Gewalt, die der Vater physisch, aber auch psychisch gegen Arminius ausübt. Wie habt ihr diese beiden Figuren und ihre Beziehung zueinander im Schnitt entwickelt?
Boxen ist ein gewaltvoller Sport und deswegen war von Anfang an klar, dass Gewalt ein Thema des Films sein würde. Als wir den Schachbox-Club zum allerersten Mal besuchten und dort auf Robert und Arminius trafen, kam uns das Trainingsprogramm der beiden extrem hart vor, besonders für einen 13-Jährigen. Robert stellte extrem hohe Ansprüche an seinen Sohn, aber Arminius schien auch selbst extrem ehrgeizig zu sein. Wir hatten nie den Eindruck, dass der Vater seinen Sohn zu irgendetwas drängte. Dennoch fragt man sich, wie bei allen Disziplinen, in denen man früh beginnen muss, um Profi zu werden, natürlich, ob das Kind das wirklich will.
In der Montage wurde uns klar, dass der Film diese Frage für Arminius nicht beantworten kann – unsere Aufgabe bestand vielmehr darin, sie überhaupt aufzuwerfen. Um das zu erreichen, haben wir in vielen Szenen Momente ausgewählt, in denen die Familie in Anwesenheit von Arminius über Arminius spricht. Dabei zeigen wir ihn als passiven Zuhörer: Was denkt er gerade? Stimmt er dem zu, was da über ihn gesagt wird? Das sind die Fragen, die wir hervorrufen wollten. Unser selbst erklärtes Ziel war darüber hinaus, Arminius und seine Familie so zu porträtieren, wie wir sie erlebt hatten. Nach dem Dreh hatten wir die ganze Familie sehr ins Herz geschlossen, gleichzeitig waren Situationen entstanden, die man kritisch sehen kann. Wenn das Publikum aus dem Film mit diesem Eindruck herausgeht, erfüllt er aus unserer Sicht seinen Zweck. Die Stärke des Films liegt aus unserer Sicht in seiner Ambivalenz.
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Schnitt-Preis Dokumentarfilm: Hannes Bruun
Kyra Scheurer, Unsere Gäste„The Landscape and the Fury“ schildert die Zustände an der EU-Außengrenze zwischen Kroatien und Bosnien. Der eigentliche Protagonist des Dokumentarfilms sei die Landschaft, erklärt der Editor Hannes Bruun: „Über sie ziehen die Jahreszeiten hinweg, ähnlich wie auch die Kriege und die Menschen, die heute versuchen, über sie in die EU zu gelangen.“ | Foto © Edimotion/Juliane Guder
Beim „Edimotion“ wurden im Oktober wieder die Filmkunst der Montage ausgezeichnet. Den „Schnitt-Preis“ für die beste Dokumentarfilmarbeit gewann der Editor Hannes Bruun für „The Landscape and the Fury“. Über seine Arbeit sprach mit Kyra Scheurer, der Künstlerischen Leiterin des Festivals.
„The Landscape and the Fury“ war Ihre dritte Zusammenarbeit mit Regisseurin Nicole Vögele, die auch als investigative Journalistin arbeitet, Sie hat unter anderem die Pushbacks an der bosnisch-kroatischen Grenze aufgedeckt, wo auch dieser Film seine Bilder einfängt. In ihren freien Filmarbeiten fürs Kino gibt es aber einen sehr besonderen Stil, weit weg von der klassischen Reportage. Welche Prämissen für Dreh, Kamera und Montage gibt es bei diesen freien Arbeiten?
Nicole arbeitet in ihren Filmen ohne vorab festgelegtes inhaltliches Konzept und folgt einer sehr eigenen, intuitiven Herangehensweise. Meist steht zu Beginn ein Ort, in den sie sich während des Drehs immer mehr hineinarbeitet, indem sie dort viel Zeit verbringt. Schicht für Schicht schaut sie, was dort für Verbindungen liegen, die vielleicht auf den ersten Blick so gar nicht sichtbar sind. Die Kamera ist dabei meist in einer beobachtenden Perspektive. Gedreht wird analog, auf Super-16-Millimeter—Film. Dies beschränkt die Materialmenge erheblich und schafft eine Konzentration am Drehort, die für Nicole von ganz besonderer Bedeutung ist. Man lässt nie einfach laufen, sondern entscheidet sich ganz bewusst für eine Einstellung, die dann einmal ausgelöst und nicht wiederholt wird.
Im Schnitt versuchen wir all diese beim Dreh gesammelten Momente in eine Struktur zu bringen, die sich für den Film richtig anfühlt. Dabei arbeiten wir bewusst ohne feste Rezepte und gehen bei jedem Film wieder ganz neu auf die Suche – lassen uns auch von Zufällen und intuitiven Arbeitsweisen leiten. Ich habe das Gefühl, dass darin oftmals eine Möglichkeit liegt, wirklich Neues zu entdecken.
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Ostside Story
out takes, Peter Hartig„Oderbruch“. | Foto © ARD Degeto/Syrreal Dogs/CBS/Stefan Erhard
Die Degeto rief zum Ideenwettbewerb für Geschichten aus dem Osten. Gut gemeint, aber Thema verfehlt?
Um „die Zusammenarbeit mit ost- und mitteldeutschen Produktionsfirmen zu stärken“ hatte die ARD Degeto zum Ideenwettbewerb für „Ostside-Stories“ aufgerufen. Ein Krimi oder Threiller sollte es sein. Rund 40 Produktionsfirmen reichten ihre Exposés für einen Stoff ein, „der regionale Perspektiven aufgreift und zugleich ein breites Publikum anspricht.“ Das trifft ein aktuelles Thema: Über das Leben im Osten wird bislang vor allem von Filmschaffenden aus dem Westen erzählt – und oft falsch, kritisieren Filmschaffende aus dem Osten.
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Radikales Kino
out takes, Peter Hartig„Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“: In seinem Spätwerk arbeitet sich Edgar Reitz nochmal an der Frage nach der Wahrheit ab. Die ist nicht absolut, findet er mit 92. „Es gibt eine Wahrheit, die gibt es nur in der Wissenschaft, und dann gibt es eine andere, nämlich eine künstlerische Wahrheit.“ | Foto © Weltkino/Ella Knorz
Leibniz ist der richtige Philosoph für unsere Zeit, findet Edgar Reitz. Zehn Jahre lang hat er an seinem Alterswerk gearbeitet: „Ich wollte nicht über Leibniz erzählen, sondern aus ihm heraus“.
Filme macht man für seinen Anteil an der Welt, meint Edgar Reitz. „Ich träume nachts von meinen Figuren, ich wache mit Bildern auf. Die Frage, ob mein Film sich am Markt bewährt, ist mir in solchen Momenten völlig egal. Ich will Filme machen, die berühren, die herausfordern.“
Zum Beispiel mit Gottfried Wilhelm Leibniz. Der Vordenker der Aufklärung ist für ihn der richtige Philosoph für unsere Zeit. „Ich habe über zehn Jahre an dem Thema gearbeitet. Anfangs wollte ich ein großes Biopic machen, ein Zeitbild einer nach 30 Jahren Krieg verwüsteten Welt. Aber ich merkte, dass ich damit in Hollywood-Dimensionen komme“. erzählt Reitz im Interview mit Chris Schinke in der „Taz“.
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Bereit für neue Geschichten
out takes, Peter Hartig„Deutschland ist dank des neuen Produktionsanreizes zurück im internationalen Wettbewerb“, freut sich Jörg Bachmaier. Ein „automatisiertes, steuerbasiertes Modell“ wäre aber auch ihm lieber gewesen. | Foto © Studio Babelsberg
In Studio Babelsberg hat sich der allgemeine Produktionsrückgang besonders deutlich bemerkbar gemacht. CEO Jörg Bachmaier ist trotzdem zuversichtlich. Auf der MediaTech Hub Conference spricht er nächste Woche über die Technik für die Zukunft.
Herr Bachmaier, der Branche geht es bereits im dritten Jahr nicht gut. Wo sehen Sie zurzeit die größten Herausforderungen – beziehungsweise entscheidenden Stellschrauben?
Zwei große Krisen in der Filmbranche der letzten Jahre – die Covid-Pandemie und der Doppelstreik der Gewerkschaften WGA und SAG-AFTRA in den USA – hatten weltweit Auswirkungen. Die Folgen spüren wir noch heute: Zahlreiche internationale Produktionen wurden verschoben, verkleinert oder ganz gestrichen. Parallel dazu erleben wir eine Marktkonsolidierung, das heißt weniger Projekte, weniger Aufträge, weniger Anbieter durch Zusammenschlüsse von Studios und Produktionsfirmen – und dazu immer engere Budgets. Das verschärft den internationalen Wettbewerb enorm.
Speziell in Deutschland hat die Regierungskrise Ende 2024 die Umsetzung der geplanten Filmförderreform verzögert und Produzenten verunsichert. Gerade für internationale Produktionen ist diese Unsicherheit ein erheblicher Standortnachteil, denn Verlässlichkeit und Planbarkeit sind für unsere Kunden entscheidend. Daher haben wir begrüßt, dass die Bundesregierung im Sommer die Verdoppelung der Fördermittel für Filme und Serien verkündet hat. Auch wenn wir uns ein automatisiertes, steuerbasiertes Modell gewünscht hätten, bietet die nun geplante Lösung die Chance auf eine schnelle und wirksame Entlastung der Branche.
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Im Herz der Finsternis
out takes, Peter HartigMan könne nicht nur vom Widerstand erzählen – die meisten haben doch mitgemacht beim Faschismus, sagt Dennis Gansel. In seinen Filmen sucht er nach den Gründen. Diesmal in einem Panzer an der Ostfront. | Foto © Amazon MGM Studios
Fünf Mann, ein Panzer und ein Befehl: In „Der Tiger“ schickt Dennis Gansel deutsche Soldaten auf eine falsche Heldenreise.
Dennis Gansel hat einen Antikriegsfilm über Wehrmachtsoldaten und ihren Panzer an der Ostfront gedreht. Für den Kinofilm tat er sich mit Amazon zusammen. „Der Tiger“ sei „gewissermaßen die Antwort auf den Netflix-Erfolg ,Im Westen nichts Neues’“, schreibt Andreas Busche im „Tagesspiegel“ [Bezahlschranke]. Doch ihm behagt schon die ganze Idee nicht: „Der Bezug zu Francis Ford Coppolas ,Apocalypse Now’ ist ebenso offensichtlich wie die ideologische Nähe zur Verfilmung des Romans ,Das Boot’ […], mit dem das deutsche Kino Anfang der achtziger Jahre die restaurative Kohl-Ära begleitete.“
Diese Sorgen hat Lennart Sämann in der „Taz“ nicht. Er fragt sich aber, ob es wirklich nochmal zwei Stunden Film brauche, „die illustrieren, wie sich Befehlsträger der Wehrmacht eine Opfer-Haltung schaffen?“
Aber ja doch, findet Hanns-Georg Rodek in der „Welt“. Schließlich habe Gansel „eine inoffizielle Faschismus-Trilogie gedreht: ,Napola‘ über die NS-Eliteschule, ,Die Welle’ über ein Sozialexperiment, das zeigt, wie in einer Gesellschaft faschistoide Strukturen entstehen – und nun ist er im Herzen der Finsternis angekommen, dem deutschen Vernichtungsfeldzug im Osten. Gemessen an dessen zentraler Bedeutung für unsere Historie gibt es nicht viele deutsche Filme darüber […]. Soldaten wie sie werden später auf Befehlsnotstand plädieren“.
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