Mitte Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Höhepunkt des Festivals ist die Vergabe der „Schnitt-Preise“ in mehreren Kategorien. Ulf Albert eröffnet unsere diesjährige Interview-Reihe mit den Preisträger*innen. Der Editor wurde für seine Arbeit an dem Dokumentarfilm „Vergiss Meyn nicht“ ausgezeichnet.
„Vergiss Meyn nicht“ ist ein besonderes Projekt: Drei ehemalige Kommilitonen von der Kunsthochschule für Medien in Köln haben auf Basis des Materials von Steffen Meyn diesen Film entwickelt – ihrem Freund, der im Hambacher Forst mit einer 360-Grad-Kamera über viele Monate die Proteste begleitend gefilmt hatte und dort bei einer Stürmung zu Tode kam. Du hast Steffen Meyn nicht gekannt und warst selbst auch nicht in der Community der Protestierenden präsent. Wie bist Du zu dem Projekt gekommen und wie wichtig war Dein frischer Blick? Der Film wurde von Melanie Andernach und Made In Germany Film produziert. Ich kannte Melanie schon von einem anderen Projekt, und als sie diesen Film vorbereitete, hat sich an mich erinnert und mich angerufen.
Mein Blick auf das Material von Steffen und das Konzept der drei Regiesseur*innen war dann schon recht wichtig. Als ich einstieg, gab es als ersten Eindruck eine ungefähr zwei Stunden lange Szenensammlung von Steffens Material, wodurch ich dann ein bisschen wusste, was den Dreien wichtig war und was besonders spannend sein könnte. Sie mussten mir aber auch viel erzählen über Steffen und seine Mission im Wald – und durch diesen Dialog mit mir haben sie dann auch selbst noch einmal viel reflektiert. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Kyra Scheurerhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgKyra Scheurer2024-11-08 15:29:142024-11-08 18:41:17Schnitt-Preis Dokumentarfilm: Ulf Albert für „Vergiss Meyn nicht“
Wohnen ist teuer in den Medienstädten. In München will ein Genossenschaftsprojekt Abhilfe schaffen: Bezahlbarer Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“, und Zeitwohnungen für Kolleg*innen aus andren Städten. Fürs „Film Crew Haus“ werden noch weitere Genoss*innen gesucht.
In Deutschlands Großstädten fehlen Wohnungen, heißt es in den Nachrichten – und zwar ziemlich viele. Bei den Mieten liegen die Medienstädte Hamburg, Berlin, München, Köln ganz oben – sofern überhaupt etwas frei wird. Was bei der Wohnungssuche hilft, ist „ein geregeltes Einkommen“ – aber das haben Filmschaffende bekanntlich nicht und deshalb alle dasselbe Problem, weiß Rebecca Hanke. Kein Vermieter möchte seine Wohnung an Filmschaffende vergeben. Zu einer Wohnung war die Szenenbildassistentin durch Kontakte schließlich trotzdem gekommen; aber die Frage nach dem „bezahlbaren Wohnraum“ in München ließ sie nicht wieder los.
Von da war es nicht weit bis zum Gedanken an eine Genossenschaft, in der viele gleichberechtigt in das gemeinsame Vorhaben investieren: Zeit, Ideen und auch ein bisschen Geld. Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“ ist Hankes Idee – ein „Film Crew Haus“. Aber nicht nur für die Genossenschaftler*innen selbst. Im Haus soll es auch Gästeappartements geben, die an Kolleg*innen aus anderen Städten für die Dauer eines Drehs vermietet werden. Soweit die Idee.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-10-31 17:46:202024-10-31 18:25:15Ein Heim für die Crew
Titanus ist fast so alt wie das Kino selbst. In 120 Jahren schrieb die italienische Produktionsfirma Filmgeschichte. Ein neues Kapitel soll jetzt die junge Tochterfirma Titanus Production schreiben. Deren Geschäftsführerin Maria Grazia Sack glaubt an italienische Geschichten und internationale Koproduktionen.
Die Gründung von Titanus führt bis zu den Anfängen des Stummfilms zurück. 1904 startete Gustavo Lombardo seine Filmgesellschaft – 120 Jahre, die von Leidenschaft und Innovation geprägt sind. Titanus hat Titel produziert, die italienische und internationale Filmgeschichte schrieben, wie „Der Leopard“, „…und dennoch leben sie“ oder „Rocco und seine Brüder“. Der Weg der Produktionsfirma (der mit Gustavo begann, dann mit Goffredo und heute mit Guido fortgesetzt wird) ist ein Zeugnis dafür, wie die unternehmerische und künstlerische Vision der Familie Lombardo im Laufe der Zeit Bestand hatte, sich an Veränderungen anpasste und Generationen von Zuschauer*innen und Filmemacher*innen beeinflusst hat.
Mit Titanus Production will man nun neue Kapitel in der Filmgeschichte schreiben. Die unabhängige Produktionsabteilung wurde neu strukturiert. Unter der Leitung von Maria Grazia Saccà hat man bereits damit begonnen, internationale Koproduktionspartnerschaften einzugehen und bietet sich als Serviceproduktion in Italien an. Beim MIA International Audiovisual Market Mitte Oktober in Rom verriet die Geschäftsführerin mehr.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Antonio Braccohttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgAntonio Bracco2024-10-21 19:07:312024-10-21 19:07:31Titanus Production – ein Start-up mit 120-jähriger Geschichte
Ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Nach neun Runden und einmal Scheitern haben sich Produktionsallianz und Gewerkschaften endlich geeinigt. Für Verdi ist das Ergebnis „der größte Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten“.
Am Ende kam es doch zu einer Einigung beim neuen Tarifvertrag. Nur wenige Tage, nachdem die Tarifkommission bei Verdi das Scheitern der Verhandlungen erklärt hatte, setzten sich Gewerkschaften und Produktionsallianz wieder zusammen. In der neunten Verhandlungsrunde wurde vorigen Samstag endlich ein Abschluss erreicht, und die Tarifkommission hat den noch am selben Tag „beraten und angenommen“, meldet Verdi. Das Ergebnis sei ein „Paket von Tarifverbesserungen, die zusammen den größten Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten bringen.“ Und auch die Produktionsallianz zeigt sich zufrieden.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-10-19 17:39:532024-10-31 17:42:16Doch noch ein Tarif!
Fast ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Vorige Woche erklärte Verdi die Verhandlungen für gescheitert. Bis es weitergeht, gilt das Arbeitszeitgesetz – mit 48-Stunden-Woche.
Über acht Runden hatten Gewerkschaften und Produktionsallianz um den nächsten Tarifvertrag (TV FFS) für auf Produktionsdauer Beschäftigte gerungen. Nach zehn Monaten hatte man sich endlich „auf Eckpunkte einer vorläufigen Tarifeinigung verständigt“, meldete die Filmunion in Verdi im Juli, der Schauspielverband BFFS und die Produktionsallianz nannten es beide einen „Durchbruch“.
Doch die Freude war nicht überall und kam zu früh. Die Tarifkommission von Filmschaffenden in Verdi hat vorige Woche die Einigung als „unzureichend bewertet. Damit wird auch das Scheitern der Tarifverhandlungen beschlossen“, teilte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) mit. Die Produktionsallianz habe daraufhin weitere Verhandlungen angeboten. Ein Termin stehe noch nicht fest. Die Produktionsallianz selbst hat sich noch nicht geäußert.
In Österreich hat die Förderreform schon vor zwei Jahren stattgefunden. Und gilt als Erfolgsmodell: Das neue Anreizsystem FISAplus brachte nicht nur einen Standorteffekt von 300 Prozent, sondern auch mehr „internationale Sichtbarkeit“, erklären Nina-Anica Keidies und Juliane Buchroithner von der Film Commission ABA – Film in Austria.
Deutschland hofft auf die große Förderreform, in Österreich gab’s die bereits vor zwei Jahren. Die Presseberichte klingen begeistert: Vor allem das neue Anreizprogramm FISAplus sorge für „Aufbruchstimmung“ und „Rückenwind“ im Land. Was heißt das in Zahlen? Nina-Anica Keidies: Die anfänglichen Erwartungen wurden bei FISAplus weit übertroffen. Seit Anfang 2023 wurden mit FISAplus 113 Projekte mit einem Gesamtzuschuss von rund 109,9 Millionen Euro genehmigt, wodurch 2.900 Drehtage und ein Österreich-Effekt von rund 347 Millionen Euro entstanden. Dadurch wurde ein Gesamtumsatz von rund einer Milliarde Euro erwirkt, inklusive indirekter und induzierter Effekte. Auch ein erheblicher Beschäftigungseffekt konnte festgestellt werden. Juliane Buchroithner: Durch das neue Anreizsystem FISAplus wird zudem der Werbe- und Markenwert für Österreich gesteigert. Entlang der Wertschöpfungskette sind bereits deutliche Effekte bemerkbar. Jeder Euro an Förderung durch das neue Anreizsystem löst rund 3 Euro an direkten Produktionsausgaben im Land aus.
Der Direktor des ÖFI sieht Filme aus Österreich inzwischen gar als internationale Marke. Aber Erfolge hatten die doch auch vorher schon vorzuweisen – allein zwei „Oscars“ für den besten internationalen Film 2008 und 2013. Wo lag das Problem?
Dokumentarfilme zeigen uns die Welt, und hinterher fühlen wir uns manchmal hilflos. ShareDoc will das ändern: Mit einem QR-Code können Dokumentarfilme Spenden sammeln und zugleich für sich selber werben.
Ein QR-Code macht den Unterschied. So wirbt ShareDoc für sein Anliegen unter Dokumentarfilmer*innen: Die Welt nicht nur zu zeigen, sondern auch beim Helfen zu helfen. Denn „nichts ist frustrierender, als helfen zu wollen, aber nicht können.“
Anne-Marie Borsboom nennt das den „postdokumentarischen Blues“, wenn auf die Erkenntnis ein Gefühl der Ohnmacht folgt. Das Dilemma ist bekannt. Viele Dokumentarfilme verraten jetzt schon im Abspann oder auf der Website, wo es Möglichkeiten gibt, zu spenden oder sich gar persönlich zu engagieren. ShareDoc macht das zum Programm: 54 Dokumentarfilme sind inzwischen auf der Website vertreten – nicht als Stream, sondern vor allem mit einem Zweck: weiterzuwirken.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-07-22 16:45:342024-07-22 16:45:34ShareDoc: Mehr Wirkung für den Dokumentarfilm
Acht Punkte hatte BKM Claudia Roth angekündigt, drei Säulen sind es geworden. Oder vielleicht auch vier. Bei der großen Reform der Filmförderung ist noch einiges offen und vieles in Bewegung. Ein Überblick zum Zwischenstand.
Die erste Säule steht. Das war erstmal die gute Nachricht inmitten all der Skepsis, ob’s noch was wird mit dem angekündigten großen Wurf, mit dem es wieder aufwärts gehen soll beim Deutschen Film. Ein Jahr hat Claudia Roth, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), auf sich warten lassen seit ihrem Acht-Punkte-Plan zur großen Reform der deutschen Filmförderung und FFA.
Die Erwartungen sind hoch. Die große Reform wird schon seit Jahren erwartet und wurde zweimal verschoben. Und der Branche geht inzwischen überhaupt nicht gut. Streamer und Sender fahren ihre Produktionen herunter, den Kinos fehlt immer noch Publikum, Firmen melden Insolvenz, Filmschaffende verlassen die Branche – die Auftragslage sei „katastrophal“. Beziehungsweise „desaströs“. Sagen nicht nur viele Betroffene, sondern bestätigt auch ein Blick in die Datenbank von Crew United.
Wie es besser werden soll, skizziert der Referentenentwurf, den die BKM im Februar zur Berlinale vorstellte. Dann hatten die vielen Interessengruppen der Branche Zeit für ihre Stellungnahmen. Ende Mai verabschiedete das Kabinett den Gesetzentwurf, der zum nächsten Jahr in Kraft treten soll. Diesmal war die Frist für Stellungnahmen etwas knapper, denn laut Plan (wir berichteten auf „Outtakes“) soll das Gesetz im Juni durch den Bundestag, der es wiederum durch den Kulturausschuss schickt. Und dann schaut auch noch der Bundesrat, was er davon hält. Kurzum: Es kann sich noch einiges ändern – schon zwischen Referentenentwurf und Kabinettsvorlage gibt es „umfangreiche Änderungen“, die Marc Mensch bei „Spot“ dokumentiert hat.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-06-14 19:08:072024-06-14 19:08:07Förderreform: Ein Plan ohne Plan
Schnitt-Preis Dokumentarfilm: Ulf Albert für „Vergiss Meyn nicht“
Kyra Scheurer, Unsere GästeIm Hambacher Forst kam vor sechs Jahren der Kunststudent Steffen Meyn ums Leben. Er hatte die Proteste gegen den Kohletagebau dokumentiert, bis er während der Räumung tödlich verunglückte. Aus seinen Aufnahmen entstand die Kinodokumentation „Vergiss Meyn nicht“. Auch technisch war die Montage eine besondere Aufgabe für Ulf Albert: Meyn hatte mit einer 360-Grad-Kamera gedreht. | Foto © Juliane Guder/Edimotion
Mitte Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Höhepunkt des Festivals ist die Vergabe der „Schnitt-Preise“ in mehreren Kategorien. Ulf Albert eröffnet unsere diesjährige Interview-Reihe mit den Preisträger*innen. Der Editor wurde für seine Arbeit an dem Dokumentarfilm „Vergiss Meyn nicht“ ausgezeichnet.
„Vergiss Meyn nicht“ ist ein besonderes Projekt: Drei ehemalige Kommilitonen von der Kunsthochschule für Medien in Köln haben auf Basis des Materials von Steffen Meyn diesen Film entwickelt – ihrem Freund, der im Hambacher Forst mit einer 360-Grad-Kamera über viele Monate die Proteste begleitend gefilmt hatte und dort bei einer Stürmung zu Tode kam. Du hast Steffen Meyn nicht gekannt und warst selbst auch nicht in der Community der Protestierenden präsent. Wie bist Du zu dem Projekt gekommen und wie wichtig war Dein frischer Blick?
Der Film wurde von Melanie Andernach und Made In Germany Film produziert. Ich kannte Melanie schon von einem anderen Projekt, und als sie diesen Film vorbereitete, hat sich an mich erinnert und mich angerufen.
Mein Blick auf das Material von Steffen und das Konzept der drei Regiesseur*innen war dann schon recht wichtig. Als ich einstieg, gab es als ersten Eindruck eine ungefähr zwei Stunden lange Szenensammlung von Steffens Material, wodurch ich dann ein bisschen wusste, was den Dreien wichtig war und was besonders spannend sein könnte. Sie mussten mir aber auch viel erzählen über Steffen und seine Mission im Wald – und durch diesen Dialog mit mir haben sie dann auch selbst noch einmal viel reflektiert. Weiterlesen
Ein Heim für die Crew
out takes, Peter HartigHinter dem Bauzaun könnte dereinst das erste „Film Crew Haus“ stehen, hoffen Gabriele Stemberger-Hanke, Charlie Palleis, Malte Neumann und Martin Jost (von links). Eigentlich sind sie sogar zu Acht, und es sollen noch viel mehr werden, die an dem Projekt mitarbeiten. | Foto © Rebecca Hanke
Wohnen ist teuer in den Medienstädten. In München will ein Genossenschaftsprojekt Abhilfe schaffen: Bezahlbarer Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“, und Zeitwohnungen für Kolleg*innen aus andren Städten. Fürs „Film Crew Haus“ werden noch weitere Genoss*innen gesucht.
In Deutschlands Großstädten fehlen Wohnungen, heißt es in den Nachrichten – und zwar ziemlich viele. Bei den Mieten liegen die Medienstädte Hamburg, Berlin, München, Köln ganz oben – sofern überhaupt etwas frei wird. Was bei der Wohnungssuche hilft, ist „ein geregeltes Einkommen“ – aber das haben Filmschaffende bekanntlich nicht und deshalb alle dasselbe Problem, weiß Rebecca Hanke. Kein Vermieter möchte seine Wohnung an Filmschaffende vergeben. Zu einer Wohnung war die Szenenbildassistentin durch Kontakte schließlich trotzdem gekommen; aber die Frage nach dem „bezahlbaren Wohnraum“ in München ließ sie nicht wieder los.
Von da war es nicht weit bis zum Gedanken an eine Genossenschaft, in der viele gleichberechtigt in das gemeinsame Vorhaben investieren: Zeit, Ideen und auch ein bisschen Geld. Wohnraum „für Filmschaffende von Filmschaffenden“ ist Hankes Idee – ein „Film Crew Haus“. Aber nicht nur für die Genossenschaftler*innen selbst. Im Haus soll es auch Gästeappartements geben, die an Kolleg*innen aus anderen Städten für die Dauer eines Drehs vermietet werden. Soweit die Idee.
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Titanus Production – ein Start-up mit 120-jähriger Geschichte
Antonio Bracco, out takesLange war es schwierig, Geschichten zu erzählen, die auch in anderen Ländern ihr Publikum finden. Durch die Streaming-Plattformen sind die kulturellen Barrieren gefallen, meint Maria Grazia Saccà. „Jetzt wird der Wert lokaler Geschichten, ob spanisch oder koreanisch, von Menschen aller Nationalitäten anerkannt. Dies ist eine kopernikanische Revolution, die internationale Koproduktionen begünstigt.“ | Foto © Titanus Production
Titanus ist fast so alt wie das Kino selbst. In 120 Jahren schrieb die italienische Produktionsfirma Filmgeschichte. Ein neues Kapitel soll jetzt die junge Tochterfirma Titanus Production schreiben. Deren Geschäftsführerin Maria Grazia Sack glaubt an italienische Geschichten und internationale Koproduktionen.
Die Gründung von Titanus führt bis zu den Anfängen des Stummfilms zurück. 1904 startete Gustavo Lombardo seine Filmgesellschaft – 120 Jahre, die von Leidenschaft und Innovation geprägt sind. Titanus hat Titel produziert, die italienische und internationale Filmgeschichte schrieben, wie „Der Leopard“, „…und dennoch leben sie“ oder „Rocco und seine Brüder“. Der Weg der Produktionsfirma (der mit Gustavo begann, dann mit Goffredo und heute mit Guido fortgesetzt wird) ist ein Zeugnis dafür, wie die unternehmerische und künstlerische Vision der Familie Lombardo im Laufe der Zeit Bestand hatte, sich an Veränderungen anpasste und Generationen von Zuschauer*innen und Filmemacher*innen beeinflusst hat.
Mit Titanus Production will man nun neue Kapitel in der Filmgeschichte schreiben. Die unabhängige Produktionsabteilung wurde neu strukturiert. Unter der Leitung von Maria Grazia Saccà hat man bereits damit begonnen, internationale Koproduktionspartnerschaften einzugehen und bietet sich als Serviceproduktion in Italien an. Beim MIA International Audiovisual Market Mitte Oktober in Rom verriet die Geschäftsführerin mehr.
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Doch noch ein Tarif!
out takes, Peter HartigStatt Vier-Tage-Woche gibt’s zwar nur einen freien Tag im Monat, aber die Tarifpartner sind zufrieden: Bernhard F. Störkmann (BFFS), Björn Böhning (Produktionsallianz) und Matthias von Fintel (Verdi) nach einem Jahr Verhandlung. | Foto © Produktionsallianz
Ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Nach neun Runden und einmal Scheitern haben sich Produktionsallianz und Gewerkschaften endlich geeinigt. Für Verdi ist das Ergebnis „der größte Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten“.
Am Ende kam es doch zu einer Einigung beim neuen Tarifvertrag. Nur wenige Tage, nachdem die Tarifkommission bei Verdi das Scheitern der Verhandlungen erklärt hatte, setzten sich Gewerkschaften und Produktionsallianz wieder zusammen. In der neunten Verhandlungsrunde wurde vorigen Samstag endlich ein Abschluss erreicht, und die Tarifkommission hat den noch am selben Tag „beraten und angenommen“, meldet Verdi. Das Ergebnis sei ein „Paket von Tarifverbesserungen, die zusammen den größten Fortschritt für die Arbeitsbedingungen im Filmset seit Jahrzehnten bringen.“ Und auch die Produktionsallianz zeigt sich zufrieden.
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Doch kein Tarif
out takes, Peter HartigMit Kundgebungen hatte Verdi die Tarifverhandlungen begleitet. Beim vorläufigen Ergebnis machte die Gewerkschaft große Zugeständnisse – ihre Tarifkommission hat das abgelehnt. | Foto © Christian von Polentz/Verdi
Fast ein Jahr wurde um einen neuen Tarifvertrag gerungen. Vorige Woche erklärte Verdi die Verhandlungen für gescheitert. Bis es weitergeht, gilt das Arbeitszeitgesetz – mit 48-Stunden-Woche.
Über acht Runden hatten Gewerkschaften und Produktionsallianz um den nächsten Tarifvertrag (TV FFS) für auf Produktionsdauer Beschäftigte gerungen. Nach zehn Monaten hatte man sich endlich „auf Eckpunkte einer vorläufigen Tarifeinigung verständigt“, meldete die Filmunion in Verdi im Juli, der Schauspielverband BFFS und die Produktionsallianz nannten es beide einen „Durchbruch“.
Doch die Freude war nicht überall und kam zu früh. Die Tarifkommission von Filmschaffenden in Verdi hat vorige Woche die Einigung als „unzureichend bewertet. Damit wird auch das Scheitern der Tarifverhandlungen beschlossen“, teilte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) mit. Die Produktionsallianz habe daraufhin weitere Verhandlungen angeboten. Ein Termin stehe noch nicht fest. Die Produktionsallianz selbst hat sich noch nicht geäußert.
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Hotspot Österreich
out takes, Peter HartigDreharbeiten zu „Downhill“ in Tirol 2020. Als Kulisse war Österreich zwar schon vorher beliebt, durch das neue Anreizsystem werde der internationale Werbe- und Markenwert aber gesteigert, meinen die Förderungen. | Foto © Jaap Buitendijk/20th Century Fox
In Österreich hat die Förderreform schon vor zwei Jahren stattgefunden. Und gilt als Erfolgsmodell: Das neue Anreizsystem FISAplus brachte nicht nur einen Standorteffekt von 300 Prozent, sondern auch mehr „internationale Sichtbarkeit“, erklären Nina-Anica Keidies und Juliane Buchroithner von der Film Commission ABA – Film in Austria.
Deutschland hofft auf die große Förderreform, in Österreich gab’s die bereits vor zwei Jahren. Die Presseberichte klingen begeistert: Vor allem das neue Anreizprogramm FISAplus sorge für „Aufbruchstimmung“ und „Rückenwind“ im Land. Was heißt das in Zahlen?
Nina-Anica Keidies: Die anfänglichen Erwartungen wurden bei FISAplus weit übertroffen. Seit Anfang 2023 wurden mit FISAplus 113 Projekte mit einem Gesamtzuschuss von rund 109,9 Millionen Euro genehmigt, wodurch 2.900 Drehtage und ein Österreich-Effekt von rund 347 Millionen Euro entstanden. Dadurch wurde ein Gesamtumsatz von rund einer Milliarde Euro erwirkt, inklusive indirekter und induzierter Effekte. Auch ein erheblicher Beschäftigungseffekt konnte festgestellt werden.
Juliane Buchroithner: Durch das neue Anreizsystem FISAplus wird zudem der Werbe- und Markenwert für Österreich gesteigert. Entlang der Wertschöpfungskette sind bereits deutliche Effekte bemerkbar. Jeder Euro an Förderung durch das neue Anreizsystem löst rund 3 Euro an direkten Produktionsausgaben im Land aus.
Der Direktor des ÖFI sieht Filme aus Österreich inzwischen gar als internationale Marke. Aber Erfolge hatten die doch auch vorher schon vorzuweisen – allein zwei „Oscars“ für den besten internationalen Film 2008 und 2013. Wo lag das Problem?
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ShareDoc: Mehr Wirkung für den Dokumentarfilm
out takes, Peter HartigMehr als 30.000 Euro hat „Daughters of the Sun“ an Spenden gesammelt, das Geld ging an die neun Protagonistinnen des Dokumentarfilms. | Foto © Mokum
Dokumentarfilme zeigen uns die Welt, und hinterher fühlen wir uns manchmal hilflos. ShareDoc will das ändern: Mit einem QR-Code können Dokumentarfilme Spenden sammeln und zugleich für sich selber werben.
Ein QR-Code macht den Unterschied. So wirbt ShareDoc für sein Anliegen unter Dokumentarfilmer*innen: Die Welt nicht nur zu zeigen, sondern auch beim Helfen zu helfen. Denn „nichts ist frustrierender, als helfen zu wollen, aber nicht können.“
Anne-Marie Borsboom nennt das den „postdokumentarischen Blues“, wenn auf die Erkenntnis ein Gefühl der Ohnmacht folgt. Das Dilemma ist bekannt. Viele Dokumentarfilme verraten jetzt schon im Abspann oder auf der Website, wo es Möglichkeiten gibt, zu spenden oder sich gar persönlich zu engagieren. ShareDoc macht das zum Programm: 54 Dokumentarfilme sind inzwischen auf der Website vertreten – nicht als Stream, sondern vor allem mit einem Zweck: weiterzuwirken.
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Förderreform: Ein Plan ohne Plan
out takes, Peter HartigGleich fünffach gewann „Das Lehrerzimmer“ im vorigen Jahr den „Deutschen Filmpreis“, unter anderem als bester Film. Kurz zuvor hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth (2. von rechts) ihre Ideen für eine bessere Förderung skizziert und Hoffnungen geweckt. | Foto © Deutscher Filmpreis/Eventpress
Acht Punkte hatte BKM Claudia Roth angekündigt, drei Säulen sind es geworden. Oder vielleicht auch vier. Bei der großen Reform der Filmförderung ist noch einiges offen und vieles in Bewegung. Ein Überblick zum Zwischenstand.
Die erste Säule steht. Das war erstmal die gute Nachricht inmitten all der Skepsis, ob’s noch was wird mit dem angekündigten großen Wurf, mit dem es wieder aufwärts gehen soll beim Deutschen Film. Ein Jahr hat Claudia Roth, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), auf sich warten lassen seit ihrem Acht-Punkte-Plan zur großen Reform der deutschen Filmförderung und FFA.
Die Erwartungen sind hoch. Die große Reform wird schon seit Jahren erwartet und wurde zweimal verschoben. Und der Branche geht inzwischen überhaupt nicht gut. Streamer und Sender fahren ihre Produktionen herunter, den Kinos fehlt immer noch Publikum, Firmen melden Insolvenz, Filmschaffende verlassen die Branche – die Auftragslage sei „katastrophal“. Beziehungsweise „desaströs“. Sagen nicht nur viele Betroffene, sondern bestätigt auch ein Blick in die Datenbank von Crew United.
Wie es besser werden soll, skizziert der Referentenentwurf, den die BKM im Februar zur Berlinale vorstellte. Dann hatten die vielen Interessengruppen der Branche Zeit für ihre Stellungnahmen. Ende Mai verabschiedete das Kabinett den Gesetzentwurf, der zum nächsten Jahr in Kraft treten soll. Diesmal war die Frist für Stellungnahmen etwas knapper, denn laut Plan (wir berichteten auf „Outtakes“) soll das Gesetz im Juni durch den Bundestag, der es wiederum durch den Kulturausschuss schickt. Und dann schaut auch noch der Bundesrat, was er davon hält. Kurzum: Es kann sich noch einiges ändern – schon zwischen Referentenentwurf und Kabinettsvorlage gibt es „umfangreiche Änderungen“, die Marc Mensch bei „Spot“ dokumentiert hat.
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