Die Musik ist für Tom Tykwer nicht bloß ein Soundtrack. Für seinen neuen Film nahm sich der Regisseur die „Bohemian Rhapsody“ von Queen als Vorbild. Weil sie „die Musik in all ihren Facetten feiert“. Das wünscht er sich auch fürs Kino.
Fast zehn Jahre lang hat Tom Tykwer an einer Fernsehserie gearbeitet, jetzt ist er zurück im Kino. Und sein neuer Film „Licht“ sei „ein überbordendes Drama, das den Finger in aktuelle gesellschaftliche Befindlichkeiten legt“, findet Valerie Dirk im „Standard“. Untermalt wird das aktuelle Drama von einem alten Pop-Schlager: „Bohemian Rhapsody“ von Queen.
„Das Lied hat mich mein Leben lang begleitet und hatte immer wieder überraschende Comebacks“, erklärt Tykwer. „Ich nehme an, es hat damit zu tun, dass man spürt, dass es die Musik in all ihren Sprachen, in all ihren Facetten feiert. Es ist ein Song, eine Oper, eine Ballade, Hardrock und irgendwie auch Elektro. Viele Genres, die geheimnisvoll ineinander verwebt werden. Obendrein ist es auch eine intime Erzählung, fast eine Beichte, die sich langsam, kunstvoll erschließt. ,Das Licht’ ist der Versuch, dazu ein Äquivalent fürs Kino zu schaffen. […] Ich habe das Gefühl, das künstlerische Kino erlebt gerade ein Comeback. Ganz schön wilde Filme finden wieder ein breites Publikum, das macht mich total glücklich. Es gab eine Zeit, in der das Publikum fremdgegangen ist, um herauszufinden, was es alles rausholen kann aus diesem Tsunami, der über die Streamer und die Mediatheken – also über dieses neue, serielle Erzählen – auf uns zugeflogen kam. Jetzt haben wir diese neue ästhetische Form begriffen und können einschätzen, was wir davon haben und was nicht. […] Im seriellen Erzählen gibt es die Freiheit, auch mal abbiegen zu können und Umwege zu gehen. Es ist facettenreich und vielstimmig. Das Kino, das vormals eher dem Joch des ökonomischen Erzählens unterworfen war, kann sich jetzt bestimmter Aspekte bedienen, die früher als zu experimentell wahrgenommen wurden. Filme können auch durchaus mal länger sein, weil wir völlig daran gewöhnt sind, uns auch in längeren Erzählungen aufzuhalten, und das sogar genießen. Es geht jetzt alles im Kino, wonach ich mich sehne. Und Filme, die kraftvoll die Möglichkeit des Kinos austarieren, werden gebraucht, um dem Aberwitz unserer Gegenwart einigermaßen gerecht zu werden.“
Vor drei Wochen gewann „No Other Land“ den „Oscar“, doch das Team hinter dem Dokumentarfilm ist in Gefahr. Der Koregisseur Hamdan Ballal wurde im Westjordanland schwer verletzt und festgenommen. Vorwürfe richten sich gegen israelische Siedler, Militär und Polizei.
Voriges Jahr auf der Berlinale hatte „No Other Land“ seine Weltpremiere. Seitdem sammelt der Dokumentarfilm Preise bis hin zum „Oscar“. Das israelisch-palästinensische Regie-Quartett aber fürchtet um seine Sicherheit.
Am Montag war Hamdan Ballal, einer der Vier, im Westjordanland schwer verletzt, dann verhaftet und wieder freigelassen worden, meldet die Österreichische Presseagentur (APA). „Der israelische Co-Regisseur Yuval Abraham zitierte die Anwältin mit den Worten, Ballal sei die ganze Nacht in Handschellen und mit verbundenen Augen festgehalten und von zwei Soldaten verprügelt worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Anwältin sowie die israelische Polizei äußerten sich auf Anfrage zunächst nicht. Israels Armee verwies auf die Polizei.“
Der Kampf um ihr Urheberrecht ist vorbei. Acht Jahre lang hatte die Drehbuchautorin Anika Decker um ihren Anteil an den Kino-Bestsellern „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ gekämpft. Am Montag hat sie’s aufgegeben.
Gleich mit zwei Bestsellern hatte die Drehbuchautorin Anika Decker ihre Karriere gestartet. „Keinohrhasen“ war 2008 der erfolgreichste deutsche Film im Kino, „Zweiohrküken“ war 2009 die meistverkaufte DVD im Land. Allein in den Kinos spielten die beiden Filme 113 Millionen Euro ein – Decker war dafür mit 207.000 Euro vergütet worden. Am späteren Erfolg wurde sie nicht beteiligt.
Zum Glück gibt’s den sogenannten „Fairnessparagraf“ 32a im Urheberrechtsgesetz. Der schreibt eine „angemessene Beteiligung“ vor, wenn die Vergütung „unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen“ war. Decker klagte gegen die Produktionsfirma Barefoot Films und Warner Bros. Das Landgericht Berlin gab Decker schon vor zwei Jahren prinzipiell recht und stellte dabei auch fest: Decker ist Haupt-Autorin der Drehbücher. Eine „Signalwirkung“ vermutete damals nicht nur Jonas Wintermantel beim RBB.
Mehr aber auch nicht. Denn bei der angemessenen Beteiligung fiel das Urteil nicht im Sinne der Klägerin – das Gericht sprach ihr lediglich 183.000 Euro zu. „Der Großteil ihrer Ansprüche ist laut Urteil verjährt. Auch die Prozesskosten für das insgesamt fünfjährige Verfahren wird sie selbst tragen müssen. […] ,Sie hätte viel früher Klage erheben müssen’, sagte der Vorsitzende Richter“.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2025-03-21 10:08:062025-03-27 10:08:45Urheberrecht: Nur ein halber Sieg
Rund um die Welt werden Filme und TV-Serien in den Genres Horror, Science Fiction und Fantasy produziert. Nur in Deutschland tut man sich immer noch schwer – obwohl es an fantastischen Gruselthemen doch eigentlich nicht mangelt. Die Horror-Serie „Hameln“ auf ZDF Neo ist eine der wenigen Ausnahmen. Creator, Regisseur und Showrunner Rainer Matsutani blickt auf eine 30-jährige Karriere als Genre-Filmemacher zurück und gibt Tipps für Filmemacher*innen, die sich für Horror interessieren:
#1 – Du musst dein Genre kennen Wenn du jemand bist, der/die im Kino ausschließlich deutsches Arthouse oder Komödien anschaut, bist du wahrscheinlich nicht der/die Richtige für das Genre. Es gibt ein etabliertes Horror-Universum, das reich ist an Codes, Mustern und Referenzen. Horror definiert sich über strenge Regeln und Stereotypen, die man kennen muss, um sie lustvoll zu zitieren, variieren und innovativ zu erweitern: wie gestalte ich einen Jump Scare oder wie kommt das Opfer zu Tode? Horror-Konsumenten haben viel gesehen und eine Erwartungshaltung, die du nicht enttäuschen darfst.
Vor einigen Jahren wurde ein deutscher Horrorfilm bei einem Streamer in Auftrag gegeben. Das Drehbuch war solide, aber der Produzent merkte schnell, dass die Regie sich eigentlich nicht im Genre auskannte. Er stellte ihr einige Wochen vor dem Dreh einen Karton voller DVD mit Horror-Klassikern zur Verfügung. Doch der Crash-Kurs hat nicht ausgereicht. Das filmische Ergebnis war von Ahnungslosigkeit und Langeweile geprägt, so dass der Streamer seither keinen deutschen Horror mehr in Auftrag gab.
Also: das Genre muss bereits in deinen Adern fließen, bevor du dich an ein Projekt machst.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rainer Matsutanihttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRainer Matsutani2025-03-13 17:17:122025-03-14 14:59:36Fünf Tipps für Horror-filmer*innen (in Deutschland)
Der indische Filmemacher Arjun Talwar dokumentierte das Leben in seiner Straße: In der Wolfstraße in Warschau zeigt sich der gesellschaftliche Wandel. „Letters from Wolf Street“ lief im Panorama der Berlinale. Ein Gespräch mit dem Regisseur und der Editorin Bigna Tomschin.
„Listy z Wilczej“ („Letters from Wolf Street“) von Arjun Talwar (Regie und Drehbuch) lief in der Sektion Panorama der 75. Berlinale. Der Film ist als dokumentarisches Format angekündigt. Das stimmt auch. Was dem Filmemacher und seinen wichtigen Kooperationspartner*innen gelungen ist, geht aber weit über das Dokumentarische hinaus. „Letters from Wolf Street“ erzählt von polnischen Lebenswelten, vielleicht sogar europäischen Verhältnissen und persönlichen Erfahrungen – gebündelt in einer Warschauer Straße, der Ulica Wilcza. Der aus Delhi/Indien stammende Filmemacher Arjun Talwar und die Schweizer Filmeditorin Bigna Tomschin lebten zusammen in dieser Straße, in einer Wohnung mit Balkon. All das gehört zur Entstehungsgeschichte des schlauen, amüsanten, vielschichtigen Filmkunstwerks.
243 Filme liefen dieses Jahr im Programm der Internationalen Filmfestspiele Berlin – eine Auswahl aus aller Welt. Um da den Überblick zu behalten, haben die Programmgestalter*innen Hilfe: Berater*innen wie die Filmkuratorin Meenakshi Shedde. Eine kurze Begegnung während der Berlinale.
Die Wahl ist getroffen. Manche mögen mit den Ergebnissen einverstanden sein, sich und ihre Wirklichkeit repräsentiert sehen. Anderen wird es nicht so gehen. Sie empören sich vielleicht sogar: „Der Wandel ist Schuld. Davor war wirklich alles besser.“
Bis auf die in Ghana lebende Festival- und Kulturberaterin Jacqueline Nsiah ist das diesjährige Auswahlkomitee neu besetzt: Die französische Programmgestalterin und Produzentin Mathilde Henrot, die irische Filmkritikerin Jessica Kiang und der ehemalige künstlerische Direktor des Jerusalem Film Festival, Elad Samorzik, bilden zusammen mit Nsiah das Team, das zusammen mit den Co-Direktor*innen Jacqueline Lyanga und Michael Stütz und natürlich Tuttle selbst die Filme für die Sektionen Wettbewerb, Perspectives und Berlinale Special auswählte. Ihnen standen Berater*innen und internationale Delegierte zur Seite, die bei der Programmgestaltung halfen.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Sabine Felberhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgSabine Felber2025-03-09 18:34:342025-03-14 14:52:49Empfehlungen für die Welt
Meet the Shooting Stars 2025! Zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) alljährlich zehn aufstrebende Schauspieltalente vor. Pierpaolo Festa and Antonio Bracco trafen sie zum Speed-Interview.
Jedes Jahr zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) ihre zehn „European Shooting Stars“ vor – die vielversprechendsten jungen Schauspieltalente aus der Alten Welt. In diesem Jahr sind das Marina Makris (Zypern), Besir Zeciri (Dänemark), Maarja Johanna Mägi (Estland), Devrim Lingnau (Deutschland), Elín Hall (Island), Karlis Arnolds Avots (Lettland), Šarunas Zenkevicius (Litauen), Lidija Kordic (Montenegro), Vicente Wallenstein (Portugal) und Frida Gustavsson (Schweden).
Crew United wollte ein bisschen mehr wissen und stellte den Zehn die gleiche Frage: „Was hält eine Crew zusammen?“ Die Antworten gibt’s im Youtube-Kanal auf Englisch (da klingt auch die Frage cooler): Sie offenbaren eine gemeinsame Leidenschaft, doch jede*r bringt eine einzigartige Perspektive ein.
Zum Glück wiederholt sich Geschichte nicht. Kurz vor der Wahl erinnert die Kultur nochmal an die Werte der Demokratie (Motiv zur Kampagne).
Vorige Woche verpuffte die Brandmauer, am Wochenende demonstrierten Hunderttausende für die Demokratie. Auch die Kultur redet Politik und Wahlvolk nochmal ins Gewissen.
Zweieinhalb Wochen noch bis zur Bundestagswahl; und die Vorgänge vorige Woche im Parlament lassen nichts Gutes ahnen. Am Mittwochabend verpuffte die Brandmauer, als die CDU einen Antrag durchbrachte. Der Antrag bleibt zwar wirkungslos und verstößt ohnehin gegen Grundgesetz und Europarecht, doch der Union ging es ums Prinzip: Eine Demontage des Asylrechts „für sichere Grenzen“ – wenn nötig auch mit Hilfe der AfD! Schon am nächsten Tag veröffentlichte die „Vogue“ einen Offenen Brief, den „Hunderte bekannte Namen aus Kunst, Kultur und Medien“ unterschrieben haben:
„Dieser Pakt mit der AfD bedeutet einen historischen Tabubruch. Menschen Asyl zu gewähren, ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht und darin auch eine der zentralen Lehren aus den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Union ist bereit, diese Rechte mit den ideologischen Erben der Täter zu beschließen und mit dem historischen Konsens des ,Nie wieder’ zu brechen. In der Woche des Holocaustgedenktages“, heißt es in dem Brief, den die Schauspieler*innen Luisa-Céline Gaffron und Jonathan Berlin verfasst haben.
Bohemian Rhapsody
out takes, Peter HartigWillkommen bei den Tykwers! In „Das Licht“ wird eine dysfunktionale Familie von ihrer syrischen Haushälterin durchgerüttelt. Dabei ließ sich Tom Tykwer von einem alten Hit inspirieren. | Foto © X-Filme/Frederic Batier
Die Musik ist für Tom Tykwer nicht bloß ein Soundtrack. Für seinen neuen Film nahm sich der Regisseur die „Bohemian Rhapsody“ von Queen als Vorbild. Weil sie „die Musik in all ihren Facetten feiert“. Das wünscht er sich auch fürs Kino.
Fast zehn Jahre lang hat Tom Tykwer an einer Fernsehserie gearbeitet, jetzt ist er zurück im Kino. Und sein neuer Film „Licht“ sei „ein überbordendes Drama, das den Finger in aktuelle gesellschaftliche Befindlichkeiten legt“, findet Valerie Dirk im „Standard“. Untermalt wird das aktuelle Drama von einem alten Pop-Schlager: „Bohemian Rhapsody“ von Queen.
„Das Lied hat mich mein Leben lang begleitet und hatte immer wieder überraschende Comebacks“, erklärt Tykwer. „Ich nehme an, es hat damit zu tun, dass man spürt, dass es die Musik in all ihren Sprachen, in all ihren Facetten feiert. Es ist ein Song, eine Oper, eine Ballade, Hardrock und irgendwie auch Elektro. Viele Genres, die geheimnisvoll ineinander verwebt werden. Obendrein ist es auch eine intime Erzählung, fast eine Beichte, die sich langsam, kunstvoll erschließt. ,Das Licht’ ist der Versuch, dazu ein Äquivalent fürs Kino zu schaffen. […] Ich habe das Gefühl, das künstlerische Kino erlebt gerade ein Comeback. Ganz schön wilde Filme finden wieder ein breites Publikum, das macht mich total glücklich. Es gab eine Zeit, in der das Publikum fremdgegangen ist, um herauszufinden, was es alles rausholen kann aus diesem Tsunami, der über die Streamer und die Mediatheken – also über dieses neue, serielle Erzählen – auf uns zugeflogen kam. Jetzt haben wir diese neue ästhetische Form begriffen und können einschätzen, was wir davon haben und was nicht. […] Im seriellen Erzählen gibt es die Freiheit, auch mal abbiegen zu können und Umwege zu gehen. Es ist facettenreich und vielstimmig. Das Kino, das vormals eher dem Joch des ökonomischen Erzählens unterworfen war, kann sich jetzt bestimmter Aspekte bedienen, die früher als zu experimentell wahrgenommen wurden. Filme können auch durchaus mal länger sein, weil wir völlig daran gewöhnt sind, uns auch in längeren Erzählungen aufzuhalten, und das sogar genießen. Es geht jetzt alles im Kino, wonach ich mich sehne. Und Filme, die kraftvoll die Möglichkeit des Kinos austarieren, werden gebraucht, um dem Aberwitz unserer Gegenwart einigermaßen gerecht zu werden.“
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Gewalt gegen Filmemacher
out takes, Peter HartigDas Team von „No Other Land“ (von links) mit seinen „Oscars“: Basel Adra, Rachel Szor, Hamdan Ballal und Yuval Abraham. | Foto © Etienne Laurent/AMPAS
Vor drei Wochen gewann „No Other Land“ den „Oscar“, doch das Team hinter dem Dokumentarfilm ist in Gefahr. Der Koregisseur Hamdan Ballal wurde im Westjordanland schwer verletzt und festgenommen. Vorwürfe richten sich gegen israelische Siedler, Militär und Polizei.
Voriges Jahr auf der Berlinale hatte „No Other Land“ seine Weltpremiere. Seitdem sammelt der Dokumentarfilm Preise bis hin zum „Oscar“. Das israelisch-palästinensische Regie-Quartett aber fürchtet um seine Sicherheit.
Am Montag war Hamdan Ballal, einer der Vier, im Westjordanland schwer verletzt, dann verhaftet und wieder freigelassen worden, meldet die Österreichische Presseagentur (APA). „Der israelische Co-Regisseur Yuval Abraham zitierte die Anwältin mit den Worten, Ballal sei die ganze Nacht in Handschellen und mit verbundenen Augen festgehalten und von zwei Soldaten verprügelt worden. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Anwältin sowie die israelische Polizei äußerten sich auf Anfrage zunächst nicht. Israels Armee verwies auf die Polizei.“
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Urheberrecht: Nur ein halber Sieg
out takes, Peter HartigIm Prinzip hat Anika Decker ja recht, urteilte das Gericht. Der Drehbuchautorin bringt das aber wenig. Denn wenn’s ums Geld geht, hat auch das Urheberrecht ein Verfallsdatum. | Foto © MDR
Der Kampf um ihr Urheberrecht ist vorbei. Acht Jahre lang hatte die Drehbuchautorin Anika Decker um ihren Anteil an den Kino-Bestsellern „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ gekämpft. Am Montag hat sie’s aufgegeben.
Gleich mit zwei Bestsellern hatte die Drehbuchautorin Anika Decker ihre Karriere gestartet. „Keinohrhasen“ war 2008 der erfolgreichste deutsche Film im Kino, „Zweiohrküken“ war 2009 die meistverkaufte DVD im Land. Allein in den Kinos spielten die beiden Filme 113 Millionen Euro ein – Decker war dafür mit 207.000 Euro vergütet worden. Am späteren Erfolg wurde sie nicht beteiligt.
Zum Glück gibt’s den sogenannten „Fairnessparagraf“ 32a im Urheberrechtsgesetz. Der schreibt eine „angemessene Beteiligung“ vor, wenn die Vergütung „unverhältnismäßig niedrig im Vergleich zu den Erträgen“ war. Decker klagte gegen die Produktionsfirma Barefoot Films und Warner Bros. Das Landgericht Berlin gab Decker schon vor zwei Jahren prinzipiell recht und stellte dabei auch fest: Decker ist Haupt-Autorin der Drehbücher. Eine „Signalwirkung“ vermutete damals nicht nur Jonas Wintermantel beim RBB.
Mehr aber auch nicht. Denn bei der angemessenen Beteiligung fiel das Urteil nicht im Sinne der Klägerin – das Gericht sprach ihr lediglich 183.000 Euro zu. „Der Großteil ihrer Ansprüche ist laut Urteil verjährt. Auch die Prozesskosten für das insgesamt fünfjährige Verfahren wird sie selbst tragen müssen. […] ,Sie hätte viel früher Klage erheben müssen’, sagte der Vorsitzende Richter“.
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Fünf Tipps für Horror-filmer*innen (in Deutschland)
Rainer Matsutani, Unsere GästeNa also – geht doch! Fürs ZDF erzählt Rainer Matsutani die alte Sage vom Rattenfänger modern. „Es gibt keine existentiellere Form des Filmemachens als den Horrorfilm“, findet der Filmemacher. Mit der Quote von „Hameln“ ist er mehr als zufrieden: „Mit über 2 Millionen Klicks innerhalb von 30 Tagen und einer rekordverdächtigen Completion Rate von 70 Prozent hat sie sich zu einer Binge-Sensation entwickelt.“ | Foto © Roland Guido Marx/ZDF/Red Sun Films
Rund um die Welt werden Filme und TV-Serien in den Genres Horror, Science Fiction und Fantasy produziert. Nur in Deutschland tut man sich immer noch schwer – obwohl es an fantastischen Gruselthemen doch eigentlich nicht mangelt. Die Horror-Serie „Hameln“ auf ZDF Neo ist eine der wenigen Ausnahmen. Creator, Regisseur und Showrunner Rainer Matsutani blickt auf eine 30-jährige Karriere als Genre-Filmemacher zurück und gibt Tipps für Filmemacher*innen, die sich für Horror interessieren:
#1 – Du musst dein Genre kennen
Wenn du jemand bist, der/die im Kino ausschließlich deutsches Arthouse oder Komödien anschaut, bist du wahrscheinlich nicht der/die Richtige für das Genre. Es gibt ein etabliertes Horror-Universum, das reich ist an Codes, Mustern und Referenzen. Horror definiert sich über strenge Regeln und Stereotypen, die man kennen muss, um sie lustvoll zu zitieren, variieren und innovativ zu erweitern: wie gestalte ich einen Jump Scare oder wie kommt das Opfer zu Tode? Horror-Konsumenten haben viel gesehen und eine Erwartungshaltung, die du nicht enttäuschen darfst.
Vor einigen Jahren wurde ein deutscher Horrorfilm bei einem Streamer in Auftrag gegeben. Das Drehbuch war solide, aber der Produzent merkte schnell, dass die Regie sich eigentlich nicht im Genre auskannte. Er stellte ihr einige Wochen vor dem Dreh einen Karton voller DVD mit Horror-Klassikern zur Verfügung. Doch der Crash-Kurs hat nicht ausgereicht. Das filmische Ergebnis war von Ahnungslosigkeit und Langeweile geprägt, so dass der Streamer seither keinen deutschen Horror mehr in Auftrag gab.
Also: das Genre muss bereits in deinen Adern fließen, bevor du dich an ein Projekt machst.
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Nachdenkliche Höhen
Sabine Felber, Unsere GästeArjun Talwar dokumentiert den Alltag vom Balkon. Für die Szene posiert er mit einer Schmalfilmkamera, tatsächlich drehte er digital mit einer „Bolex 16“. Die „sieht nicht wie eine Fernsehkamera aus, sondern wie ein freundliches altes Ding. Das macht sie weniger furchteinflößend“, erklärt Talwar. „Die Leute müssen sich wohlfühlen, wenn man sie filmt.“ | Foto © Arjun Talwar/Uni-Solo Studio
Der indische Filmemacher Arjun Talwar dokumentierte das Leben in seiner Straße: In der Wolfstraße in Warschau zeigt sich der gesellschaftliche Wandel. „Letters from Wolf Street“ lief im Panorama der Berlinale. Ein Gespräch mit dem Regisseur und der Editorin Bigna Tomschin.
„Listy z Wilczej“ („Letters from Wolf Street“) von Arjun Talwar (Regie und Drehbuch) lief in der Sektion Panorama der 75. Berlinale. Der Film ist als dokumentarisches Format angekündigt. Das stimmt auch. Was dem Filmemacher und seinen wichtigen Kooperationspartner*innen gelungen ist, geht aber weit über das Dokumentarische hinaus. „Letters from Wolf Street“ erzählt von polnischen Lebenswelten, vielleicht sogar europäischen Verhältnissen und persönlichen Erfahrungen – gebündelt in einer Warschauer Straße, der Ulica Wilcza. Der aus Delhi/Indien stammende Filmemacher Arjun Talwar und die Schweizer Filmeditorin Bigna Tomschin lebten zusammen in dieser Straße, in einer Wohnung mit Balkon. All das gehört zur Entstehungsgeschichte des schlauen, amüsanten, vielschichtigen Filmkunstwerks.
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Empfehlungen für die Welt
Sabine Felber, Unsere GästeSo einige Filme wurden auf Festivals entdeckt. Aber wie entdecken Festivals eigentlich die Filme? Meenakshi Shedde kuratiert auf Festivals weltweit, seit 1998 ist sie Südasien-Delegierte der Berlinale. | Foto © Sabine Felber
243 Filme liefen dieses Jahr im Programm der Internationalen Filmfestspiele Berlin – eine Auswahl aus aller Welt. Um da den Überblick zu behalten, haben die Programmgestalter*innen Hilfe: Berater*innen wie die Filmkuratorin Meenakshi Shedde. Eine kurze Begegnung während der Berlinale.
Die Wahl ist getroffen. Manche mögen mit den Ergebnissen einverstanden sein, sich und ihre Wirklichkeit repräsentiert sehen. Anderen wird es nicht so gehen. Sie empören sich vielleicht sogar: „Der Wandel ist Schuld. Davor war wirklich alles besser.“
Es ist also der 23. Februar 2025, und die 75. Berlinale fand unter der neuen Intendantin Tricia Tuttle statt. Das ist eine Tatsache. In allen Wettbewerbsfilmen bis auf den ukrainischen Beitrag „Timestamp“ wurde geraucht. Auch das lässt sich beweisen. Der ganze Rest ist, wie erwähnt, Anschauungssache. Gefragt nach ihren Auswahlkriterien für die Filme, sagte Tuttle: „Es geht uns um schön gemachte, künstlerisch, ästhetisch, kulturell wichtige Filme – die unglaubliche Vielfalt der Kunstform Film.“
Bis auf die in Ghana lebende Festival- und Kulturberaterin Jacqueline Nsiah ist das diesjährige Auswahlkomitee neu besetzt: Die französische Programmgestalterin und Produzentin Mathilde Henrot, die irische Filmkritikerin Jessica Kiang und der ehemalige künstlerische Direktor des Jerusalem Film Festival, Elad Samorzik, bilden zusammen mit Nsiah das Team, das zusammen mit den Co-Direktor*innen Jacqueline Lyanga und Michael Stütz und natürlich Tuttle selbst die Filme für die Sektionen Wettbewerb, Perspectives und Berlinale Special auswählte. Ihnen standen Berater*innen und internationale Delegierte zur Seite, die bei der Programmgestaltung halfen.
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Schauspiel ohne Grenzen: European Shooting Stars 2025
Antonio Bracco, out takes, Pierpaolo FestaMeet the Shooting Stars 2025! Zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) alljährlich zehn aufstrebende Schauspieltalente vor. Pierpaolo Festa and Antonio Bracco trafen sie zum Speed-Interview.
Jedes Jahr zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) ihre zehn „European Shooting Stars“ vor – die vielversprechendsten jungen Schauspieltalente aus der Alten Welt. In diesem Jahr sind das Marina Makris (Zypern), Besir Zeciri (Dänemark), Maarja Johanna Mägi (Estland), Devrim Lingnau (Deutschland), Elín Hall (Island), Karlis Arnolds Avots (Lettland), Šarunas Zenkevicius (Litauen), Lidija Kordic (Montenegro), Vicente Wallenstein (Portugal) und Frida Gustavsson (Schweden).
Crew United wollte ein bisschen mehr wissen und stellte den Zehn die gleiche Frage: „Was hält eine Crew zusammen?“ Die Antworten gibt’s im Youtube-Kanal auf Englisch (da klingt auch die Frage cooler): Sie offenbaren eine gemeinsame Leidenschaft, doch jede*r bringt eine einzigartige Perspektive ein.
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Vor der Wahl
Andreas Schreyer, Belinde Ruth Stieve, Delia Mayer, Dietmar Kraus, Dr. Martin Gerecke, Elisabeth Nagy, Johannes Thomsen, Julia von Heinz, Karolina Wrobel, Kyra Scheurer, Marie Skrotzki, Ninia Binias, Ottfried Fischer, out takes, Peter Effenberg, Peter Hartig, Peter Schneider, Tanja Frehse, Ulla GeigerZum Glück wiederholt sich Geschichte nicht. Kurz vor der Wahl erinnert die Kultur nochmal an die Werte der Demokratie (Motiv zur Kampagne).
Vorige Woche verpuffte die Brandmauer, am Wochenende demonstrierten Hunderttausende für die Demokratie. Auch die Kultur redet Politik und Wahlvolk nochmal ins Gewissen.
Zweieinhalb Wochen noch bis zur Bundestagswahl; und die Vorgänge vorige Woche im Parlament lassen nichts Gutes ahnen. Am Mittwochabend verpuffte die Brandmauer, als die CDU einen Antrag durchbrachte. Der Antrag bleibt zwar wirkungslos und verstößt ohnehin gegen Grundgesetz und Europarecht, doch der Union ging es ums Prinzip: Eine Demontage des Asylrechts „für sichere Grenzen“ – wenn nötig auch mit Hilfe der AfD! Schon am nächsten Tag veröffentlichte die „Vogue“ einen Offenen Brief, den „Hunderte bekannte Namen aus Kunst, Kultur und Medien“ unterschrieben haben:
„Dieser Pakt mit der AfD bedeutet einen historischen Tabubruch. Menschen Asyl zu gewähren, ist ein in der Verfassung verankertes Grundrecht und darin auch eine der zentralen Lehren aus den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Union ist bereit, diese Rechte mit den ideologischen Erben der Täter zu beschließen und mit dem historischen Konsens des ,Nie wieder’ zu brechen. In der Woche des Holocaustgedenktages“, heißt es in dem Brief, den die Schauspieler*innen Luisa-Céline Gaffron und Jonathan Berlin verfasst haben.
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