Südtirol in Norditalien ist nicht nur beim deutschen Fernsehpublikum beliebt. Die Filmförderung tut auch einiges für den Standort über alle Grenzen, erklärt Birgit Oberkofler. Die Leiterin der IDM Film Commission Südtirol ist mit dem vergangenen Filmjahr hochzufrieden – und hat schon ein neues Projekt am Start.
Frau Oberkofler, die Provinz Südtirol wird zunehmend bei Produktionen gefragt. Wie war das Jahr aus dem Blick der Filmförderung? Die IDM Film Commission Südtirol gilt mittlerweile als sehr verlässlicher Partner. Deshalb entscheiden sich immer mehr italienische und ausländische Produzenten für die Dreharbeiten ihrer Projekte in Südtirol und bewerben sich um eine Förderung. Dank des von uns jährlich verwalteten Filmfonds sind wir in der Lage, ein großes Produktionsvolumen zu finanzieren. Im Jahr 2023 unterstützte IDM beispielsweise 31 Projekte, darunter Filme, Dokumentationen, TV-Serien und Kurzfilme, mit einem Gesamtfördervolumen von mehr als vier Millionen Euro. Zudem wurden in unserer Region weitere 26 in den Vorjahren finanzierte und während der Drehphase geförderte Produktionen gedreht, von denen neun Projekte nicht vom Fonds gefördert wurden. Dank dieser Arbeit konnten insgesamt 248 Drehtage in der Region gedreht werden, was einer Wirkung von 333 Prozent entspricht. Unsere Produktionsunterstützung bringt uns jedes Jahr weit, aber im Jahr 2023 hat sie uns besonders wichtige Momente der Sichtbarkeit und Zufriedenheit für unsere Arbeit beschert. Wir waren auf einigen der bedeutendsten Festivals der Branche: „Lubo“ von Giorgio Diritti lief im Wettbewerb von Venedig, der Dokumentarfilm „Vista Mare“ der Südtiroler Künstler Julia Gutweniger und Florian Kofler in Locarno, und „Souvenirs of War“ von Georg Zeller hatte seine Weltpremiere in Sarajevo – um nur einige Beispiele zu nennen.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Antonio Braccohttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgAntonio Bracco2024-05-16 22:45:182024-05-16 22:45:44Hohe Berge mit Blick nach Süden
Dem Zustand der Demokratie widmet sich das Dokfest München in diesem Jahr mit Themenreihen und Eröffnungsfilm. Der Ton in der Gesellschaft ist rauer geworden, sagt Festivalleiter Daniel Sponsel: „Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm.“
Viel Politik zeigt die Homepage des Dokfests. Digitale Überwachung im Eröffnungsfilm, die Fokus-Themenreihe blickt auf den Zustand europäischer Demokratien, ein weitere widmet sich Filmemacher*innen, die im Exil leben und aktuell nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Ähnliches findet man sogar auf Festivals, die sich eher dem Spielfilm verschrieben haben. Fühlt sich die Filmwelt zurzeit besonders aufgefordert? Wir als Dokumentarfilmfestival fühlen uns seit jeher gefordert, in bestimmten Bereichen Aspekte des gesellschaftlich Politischen abzudecken. Das spiegelt das Programm der letzten Jahre eigentlich immer wieder. Vielleicht hat das nochmal ein Stück weit zugelegt, weil tatsächlich der Ton in der Gesellschaft rauer geworden ist, die Konflikte größer, die Lagerbildung ist expliziter geworden. Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm. Dieser Anspruch gilt möglicherweise nicht für alle Filmfestivals – ob jetzt ein Trickfilmfestival oder ein Kurzfilmfestival das so leisten kann, weiß ich nicht, aber wir als Dokumentarfilmfestival auf jeden Fall. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-04-26 00:00:422024-04-26 00:01:20Ein Dokfest der Demokratie
Der Einstieg in die Kreativbranchen ist eh schon kompliziert. Für Menschen mit „Migrationshistorie“ sind die Hürden noch viel höher, sagt Agnieszka Aksamit. Mit ihrem Mentorenprogramm erleichtert der Verein TLNT & TLNT benachteiligten jungen Menschen den Zugang zur Arbeitswelt. Gratis!
Netzwerke sind wichtig im Beruf. In Kreativbranchen wie Film und Fernsehen geht es gar nicht ohne. Schwierig aber, wenn man noch am Anfang steht und Zugang sucht in eine Branche mit eigenen Regeln und unbekannten Berufen. Mentorenprogramme wollen den Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern. Auch bei TLNT & TLNT werden „Mentors“ und „Mentees“ verbunden. Mit einer Besonderheit: Das Programm richtet sich in erster Linie an junge Menschen mit Migrationshistorie. Und ist für die Mentees kostenlos. Agnieszka Aksamit ist Sozialpädagogin und Gründerin der gemeinnützigen Organisation. In ihrer Zeit als Sozialarbeiterin in einer Fachstelle für Integration und Migration hatte sie schon vor langer Zeit die Idee. Während der Covid-Krise wurde das Programm von TLNT & TLNT zu einem Online-Format für Menschen, die im kreativen oder Tech Bereich Fuß fassen wollen – „wir bauen eine große Community auf“, sagt sie.
Regeln, Workshops und Ansprechstellen sollen für ein sicheres Arbeitsklima sorgen. Ob dann auch wirklich alles gut läuft beim Dreh, ist eine andere Frage. Eine App soll den täglichen Überblick verschaffen. „Call It!“ fragt Cast und Crew anonym nach Problemen und Stimmung am Set und gibt Produktionen die Chance, rasch zu reagieren, sagt Kate Wilson, die die App mit Jules Hussey und Delyth Thomas entwickelt hat.
Frau Wilson, „Call It!“ soll für gute Arbeitsbedingungen beim Film sorgen: Die App fragt, wie es auf der Arbeit war – geantwortet wird nach einem simplen Ampelsystem, wie man es aus dem Supermarkt kennt. Reicht das? Schließlich geht es laut Ihrer Website um eine ganze Menge: „Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsbedingungen, inakzeptable Verhaltensweisen und Schutzmaßnahmen sowie Fälle von Mobbing, Belästigung und Diskriminierung“. Die App stellt drei verschiedene Fragen: Zuerst die allgemeine Frage „Wie wurden Sie heute am Arbeitsplatz behandelt?“ Hier können Sie tatsächlich mit dem Ampelsystem angeben, ob es gut, okay oder schlecht war.
Die zweite fragt, ob Sie Bedenken haben in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsschutz oder Arbeitsbedingungen – oder (und das ist wichtig) ob Sie bestätigen, dass Sie keine dieser Bedenken haben.
Die dritte Frage ist, ob Sie Mobbing oder Belästigung erlebt haben. Wenn Sie mit „Ja“ antworten, erhalten Sie eine Liste von Diskriminierungsarten (wie sexuelle Belästigung, Rassismus oder Ableismus) und können ankreuzen, ob eine dieser Arten auf Ihre Erfahrung zutrifft.
Sylvia Rothe ist Professorin für Künstliche Intelligenz in der Medienproduktion an der HFF München. Beim Produktionstreffen „Incontri“ gab sie Einblicke in die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz in der audiovisuellen Industrie.
Frau Rothe, in den letzten Jahren wurden KI-Tools bereits vor allem in der Postproduktionsphase eingesetzt. Erst in jüngster Zeit hat dieser technische Fortschritt einigen Leuten Angst eingejagt. Gibt es einen guten Grund, sich vor KI zu fürchten? Oder geht es nur darum, den Einsatz klug zu regeln? Es werden sich Jobs ändern. Aber es entstehen auch viele neue Möglichkeiten. Wir müssen uns überlegen, an welchen Stellen wir KI sinnvoll einsetzen können, vor allem bei gleichförmigen, zeitintensiven Arbeiten. Kreative Arbeiten möchten wir in der Regel nicht abgeben, aber wir können uns dabei von der KI unterstützen lassen.Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Antonio Braccohttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgAntonio Bracco2024-04-04 15:47:142024-04-04 15:47:14Keine Angst vor KI
In Großbritannien startete „Call It!“ schon 2021 (cinearte 543). Die App soll für gute Arbeitsbedingungen sorgen: Mit einem simplen Ampelsystem bewerten die Nutzer*innen regelmäßig anonym ihren Arbeitstag – etwaige Probleme sollen so früh erkannt werden. Nun liegt die App in zwölf Sprachen vor. Als deutscher Partner ist die btf (bildundtonfabrik) (btf) dabei. Über die ersten Erfahrungen berichten Sara Heidelbach (Herstellungsleitung Fiktion) und Sarah Van Hoit (Human Resources).
Wie sieht Ihre Kooperation aus?
Sarah Van Holt: Wir unterstützen Kate Wilson und ihre Kolleg*innen bei „Call It!“ in erster Linie mit ganz praktischen Dingen, wie Übersetzung der App ins Deutsche, aber vor allem auch dem Bereitstellen von Informationen zu deutschen Beratungsstellen und Hilfsangeboten. „Call It!“ sollte unserer Meinung nach von möglichst vielen Produzent*innen genutzt werden.
Warum nutzen Sie die App?
Sara Heidelbach: Bei btf (bildundtonfabrik) haben wir schon seit Jahren eine Vertrauensstelle, an die sich Kolleg*innen mit ganz unterschiedlichen Anliegen jederzeit wenden können, und natürlich auch Angebote wie Themis oder Anlaufstellen von unseren Auftraggebenden. Wir sehen „Call It!“ als wertvolle Unterstützung, unseren Kolleg*innen zusätzlich einen unkomplizierten Weg anzubieten, Erfahrungen, Sorgen und Bedenken zu teilen. Hier kann man täglich völlig anonym auf die Frage „Wie wurdest du heute bei der Arbeit behandelt?“ antworten. Damit können wir als Teamleiter*innen in Echtzeit Stimmungsbilder verfolgen und darauf reagieren und gegensteuern. Zudem kann „Call It!“ bei einer Rückschau auf das Projekt helfen, um Wiederholungen zu vermeiden.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-03-21 14:42:182024-03-22 13:09:11„Call It!“: Alles im grünen Bereich?
Auf der Berlinale wurden übrigens auch Filme gezeigt. Als vielfältig, unabhängig und risikobereit wurde das Programm angekündigt. Das sei auch gelungen, findet unsere Autorin. Dabei konnte sie nicht mal alles im Wettbewerb sehen.
Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin gehen mit einer heftigen Unstimmigkeit zu Ende. Die auf der Abschlussveranstaltung geäußerten Meinungen einzelner Preisträger*innen zum Nahostkonflikt und die Reaktion von Teilen des Publikums darauf werden von einigen als antisemitisch wahrgenommen.Eine kulturelle Großveranstaltung, die nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, also dem 7. Oktober 2023, in Deutschland stattfindet, sollte mit einer solchen Herausforderung rechnen. Die Frankfurter Buchmesse hatte es im Oktober 2023 vorgemacht. Eine Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek löste zum Auftakt der Buchmesse eine scharfe Diskussion aus. In Frankfurt gelang es den Verantwortlichen und dem Publikum, die mitunter als Zumutung empfundenen Einlassungen auszuhalten. Möge es auch in Berlin gelingen.
Denn wie jedes Jahr öffnete die Berlinale 2024 auch wieder weite Horizonte. Das Programm wurde als vielfältig, unabhängig und risikobereit angekündigt. Und so ist es schließlich auch. Die Vielfalt der gezeigten Filme beweist, dass es geht: Verschiedene Perspektiven dürfen nebeneinander stehen und auch in den Dialog treten. Monologe, bisweilen auch markige Ansagen gab es auf den Pressekonferenzen. Sie mutierten aber mitunter zu inspirierenden Filmgesprächen, die – ganz wichtig! – für alle öffentlich zugänglich sind auf Youtube. So erklärte der in Berlin lebende russische Dokumentarist Victor Kossakovsky die großen Zusammenhänge, die wichtig sind fürs Verständnis seines Wettbewerbsbeitrags über Baumaterialien (dazu mehr weiter unten im Text). Dann wurde er dringlich und rief seinen Appell ins Publikum: „Wacht auf! Zement und Zucker ruinieren euer Leben!“ Am Ende gratulierte er den Berliner*innen ausdrücklich zum Erhalt des unbebauten Tempelhofer Feldes.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Sabine Felberhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgSabine Felber2024-03-07 14:21:462024-03-07 14:24:44Berlinale: Ein Rundgang durch den Wettbewerb
Mit dem Wettbewerb war kaum jemand zufrieden, mit den Preisen schon. Wichtiger als die Filme wurde aber der „Eklat“ zur Preisverleihung. Statt Gala gab’s eine Kundgebung in Abendgarderobe – mit anschließender Debatte um Kunst und Politik.
Das letzte Jahr war ganz schön aufregend für die Berlinale. Nach zwei Corona-Jahren sollte das Festival eigentlich neu starten. Stattdessen gab’s plötzlich weniger Geld, weniger Kinos, schlechte Personalpolitik und in letzter Minute noch die Frage, ob man Leute vom Festival ausladen soll oder ihnen lieber die Filme vorführt, die dort laufen.Das sollte eigentlich reichen. Doch ganz zum Schluss ereilte das Filmfestival doch noch ein Eklat. Aber der Reihe nach.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2024-02-29 23:18:122024-02-29 23:18:12Berlinale 2024: Wo bleibt die Kultur?
Hohe Berge mit Blick nach Süden
Antonio Bracco, out takes2023 lief besonders gut, freut sich Birgit Oberkofler, die Leiterin der IDM Film Commission Südtirol. Damit meint sie nicht bloß die Zahlen, sondern „besonders wichtige Momente der Sichtbarkeit und Zufriedenheit für unsere Arbeit“. | Foto © IDM
Südtirol in Norditalien ist nicht nur beim deutschen Fernsehpublikum beliebt. Die Filmförderung tut auch einiges für den Standort über alle Grenzen, erklärt Birgit Oberkofler. Die Leiterin der IDM Film Commission Südtirol ist mit dem vergangenen Filmjahr hochzufrieden – und hat schon ein neues Projekt am Start.
Frau Oberkofler, die Provinz Südtirol wird zunehmend bei Produktionen gefragt. Wie war das Jahr aus dem Blick der Filmförderung?
Die IDM Film Commission Südtirol gilt mittlerweile als sehr verlässlicher Partner. Deshalb entscheiden sich immer mehr italienische und ausländische Produzenten für die Dreharbeiten ihrer Projekte in Südtirol und bewerben sich um eine Förderung. Dank des von uns jährlich verwalteten Filmfonds sind wir in der Lage, ein großes Produktionsvolumen zu finanzieren. Im Jahr 2023 unterstützte IDM beispielsweise 31 Projekte, darunter Filme, Dokumentationen, TV-Serien und Kurzfilme, mit einem Gesamtfördervolumen von mehr als vier Millionen Euro. Zudem wurden in unserer Region weitere 26 in den Vorjahren finanzierte und während der Drehphase geförderte Produktionen gedreht, von denen neun Projekte nicht vom Fonds gefördert wurden. Dank dieser Arbeit konnten insgesamt 248 Drehtage in der Region gedreht werden, was einer Wirkung von 333 Prozent entspricht.
Unsere Produktionsunterstützung bringt uns jedes Jahr weit, aber im Jahr 2023 hat sie uns besonders wichtige Momente der Sichtbarkeit und Zufriedenheit für unsere Arbeit beschert. Wir waren auf einigen der bedeutendsten Festivals der Branche: „Lubo“ von Giorgio Diritti lief im Wettbewerb von Venedig, der Dokumentarfilm „Vista Mare“ der Südtiroler Künstler Julia Gutweniger und Florian Kofler in Locarno, und „Souvenirs of War“ von Georg Zeller hatte seine Weltpremiere in Sarajevo – um nur einige Beispiele zu nennen.
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Ein Dokfest der Demokratie
out takes, Peter Hartig„Im Dokumentarfilm heißt es immer, dass ich mich einem vertiefenden Blick widme“, sagt Dokfest-Leiter Daniel Sponsel. Das sei schon etwas anderes als die täglichen Nachrichten. | Foto © Dokfest München
Dem Zustand der Demokratie widmet sich das Dokfest München in diesem Jahr mit Themenreihen und Eröffnungsfilm. Der Ton in der Gesellschaft ist rauer geworden, sagt Festivalleiter Daniel Sponsel: „Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm.“
Viel Politik zeigt die Homepage des Dokfests. Digitale Überwachung im Eröffnungsfilm, die Fokus-Themenreihe blickt auf den Zustand europäischer Demokratien, ein weitere widmet sich Filmemacher*innen, die im Exil leben und aktuell nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Ähnliches findet man sogar auf Festivals, die sich eher dem Spielfilm verschrieben haben. Fühlt sich die Filmwelt zurzeit besonders aufgefordert?
Wir als Dokumentarfilmfestival fühlen uns seit jeher gefordert, in bestimmten Bereichen Aspekte des gesellschaftlich Politischen abzudecken. Das spiegelt das Programm der letzten Jahre eigentlich immer wieder. Vielleicht hat das nochmal ein Stück weit zugelegt, weil tatsächlich der Ton in der Gesellschaft rauer geworden ist, die Konflikte größer, die Lagerbildung ist expliziter geworden. Und wenn eine Kulturgattung da etwas leisten kann, dann doch der Dokumentarfilm. Dieser Anspruch gilt möglicherweise nicht für alle Filmfestivals – ob jetzt ein Trickfilmfestival oder ein Kurzfilmfestival das so leisten kann, weiß ich nicht, aber wir als Dokumentarfilmfestival auf jeden Fall. Weiterlesen
Willkommen bei TLNT & TLNT!
out takes, Pierpaolo FestaMentorenprogramme wollen den Einstieg in die Branche erleichtern. Der Verein TLNT & TLNT hat dabei Menschen mit Migrationshistorie im Fokus. | Foto © TLNT & TLNT
Der Einstieg in die Kreativbranchen ist eh schon kompliziert. Für Menschen mit „Migrationshistorie“ sind die Hürden noch viel höher, sagt Agnieszka Aksamit. Mit ihrem Mentorenprogramm erleichtert der Verein TLNT & TLNT benachteiligten jungen Menschen den Zugang zur Arbeitswelt. Gratis!
Netzwerke sind wichtig im Beruf. In Kreativbranchen wie Film und Fernsehen geht es gar nicht ohne. Schwierig aber, wenn man noch am Anfang steht und Zugang sucht in eine Branche mit eigenen Regeln und unbekannten Berufen. Mentorenprogramme wollen den Einstieg in die Arbeitswelt erleichtern. Auch bei TLNT & TLNT werden „Mentors“ und „Mentees“ verbunden. Mit einer Besonderheit: Das Programm richtet sich in erster Linie an junge Menschen mit Migrationshistorie. Und ist für die Mentees kostenlos.
Agnieszka Aksamit ist Sozialpädagogin und Gründerin der gemeinnützigen Organisation. In ihrer Zeit als Sozialarbeiterin in einer Fachstelle für Integration und Migration hatte sie schon vor langer Zeit die Idee. Während der Covid-Krise wurde das Programm von TLNT & TLNT zu einem Online-Format für Menschen, die im kreativen oder Tech Bereich Fuß fassen wollen – „wir bauen eine große Community auf“, sagt sie.
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Stimmungsbarometer und Frühwarnsystem
out takes, Peter HartigWenn am Set was schieflief, will keiner etwas gewusst haben. Oder weiß noch ganz andere Sachen zu erzählen. Da wär’s doch ganz gut, wenn die Produktion schon vorher wüsste, wo etwas klemmt. | Foto © Adobe Stock
Regeln, Workshops und Ansprechstellen sollen für ein sicheres Arbeitsklima sorgen. Ob dann auch wirklich alles gut läuft beim Dreh, ist eine andere Frage. Eine App soll den täglichen Überblick verschaffen. „Call It!“ fragt Cast und Crew anonym nach Problemen und Stimmung am Set und gibt Produktionen die Chance, rasch zu reagieren, sagt Kate Wilson, die die App mit Jules Hussey und Delyth Thomas entwickelt hat.
Frau Wilson, „Call It!“ soll für gute Arbeitsbedingungen beim Film sorgen: Die App fragt, wie es auf der Arbeit war – geantwortet wird nach einem simplen Ampelsystem, wie man es aus dem Supermarkt kennt. Reicht das? Schließlich geht es laut Ihrer Website um eine ganze Menge: „Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsbedingungen, inakzeptable Verhaltensweisen und Schutzmaßnahmen sowie Fälle von Mobbing, Belästigung und Diskriminierung“.
Die App stellt drei verschiedene Fragen: Zuerst die allgemeine Frage „Wie wurden Sie heute am Arbeitsplatz behandelt?“ Hier können Sie tatsächlich mit dem Ampelsystem angeben, ob es gut, okay oder schlecht war.
Die zweite fragt, ob Sie Bedenken haben in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit, Arbeitsschutz oder Arbeitsbedingungen – oder (und das ist wichtig) ob Sie bestätigen, dass Sie keine dieser Bedenken haben.
Die dritte Frage ist, ob Sie Mobbing oder Belästigung erlebt haben. Wenn Sie mit „Ja“ antworten, erhalten Sie eine Liste von Diskriminierungsarten (wie sexuelle Belästigung, Rassismus oder Ableismus) und können ankreuzen, ob eine dieser Arten auf Ihre Erfahrung zutrifft.
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Keine Angst vor KI
Antonio Bracco, out takesJedes Jahr lädt die IDM Film Commission Südtirol Produzent*innen aus ganz Europa zum Austausch über die Grenzen hinweg. In diesem Jahr erklärte unter anderem Sylvia Rothe, was die Künstliche Intelligenz für die Branche bedeutet. | Foto © IDM/Asia De Lorenzi
Sylvia Rothe ist Professorin für Künstliche Intelligenz in der Medienproduktion an der HFF München. Beim Produktionstreffen „Incontri“ gab sie Einblicke in die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz in der audiovisuellen Industrie.
Frau Rothe, in den letzten Jahren wurden KI-Tools bereits vor allem in der Postproduktionsphase eingesetzt. Erst in jüngster Zeit hat dieser technische Fortschritt einigen Leuten Angst eingejagt. Gibt es einen guten Grund, sich vor KI zu fürchten? Oder geht es nur darum, den Einsatz klug zu regeln?
Es werden sich Jobs ändern. Aber es entstehen auch viele neue Möglichkeiten. Wir müssen uns überlegen, an welchen Stellen wir KI sinnvoll einsetzen können, vor allem bei gleichförmigen, zeitintensiven Arbeiten. Kreative Arbeiten möchten wir in der Regel nicht abgeben, aber wir können uns dabei von der KI unterstützen lassen. Weiterlesen
„Call It!“: Alles im grünen Bereich?
out takes, Peter HartigWer früher nachfragt, wird später nicht böse überrascht. Die App „Call it!“ misst die Stimmung am Set – anonym, einfach und tagesaktuell. Bei der btf (bildundtonfabrik) soll das zum Standard werden, erklären Sara Heidelbach (links) und Sarah Van Hoit. | Fotos © Jule Everts | José Puister
In Großbritannien startete „Call It!“ schon 2021 (cinearte 543). Die App soll für gute Arbeitsbedingungen sorgen: Mit einem simplen Ampelsystem bewerten die Nutzer*innen regelmäßig anonym ihren Arbeitstag – etwaige Probleme sollen so früh erkannt werden. Nun liegt die App in zwölf Sprachen vor. Als deutscher Partner ist die btf (bildundtonfabrik) (btf) dabei. Über die ersten Erfahrungen berichten Sara Heidelbach (Herstellungsleitung Fiktion) und Sarah Van Hoit (Human Resources).
Wie sieht Ihre Kooperation aus?
Sarah Van Holt: Wir unterstützen Kate Wilson und ihre Kolleg*innen bei „Call It!“ in erster Linie mit ganz praktischen Dingen, wie Übersetzung der App ins Deutsche, aber vor allem auch dem Bereitstellen von Informationen zu deutschen Beratungsstellen und Hilfsangeboten. „Call It!“ sollte unserer Meinung nach von möglichst vielen Produzent*innen genutzt werden.
Warum nutzen Sie die App?
Sara Heidelbach: Bei btf (bildundtonfabrik) haben wir schon seit Jahren eine Vertrauensstelle, an die sich Kolleg*innen mit ganz unterschiedlichen Anliegen jederzeit wenden können, und natürlich auch Angebote wie Themis oder Anlaufstellen von unseren Auftraggebenden. Wir sehen „Call It!“ als wertvolle Unterstützung, unseren Kolleg*innen zusätzlich einen unkomplizierten Weg anzubieten, Erfahrungen, Sorgen und Bedenken zu teilen. Hier kann man täglich völlig anonym auf die Frage „Wie wurdest du heute bei der Arbeit behandelt?“ antworten. Damit können wir als Teamleiter*innen in Echtzeit Stimmungsbilder verfolgen und darauf reagieren und gegensteuern. Zudem kann „Call It!“ bei einer Rückschau auf das Projekt helfen, um Wiederholungen zu vermeiden.
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Berlinale: Ein Rundgang durch den Wettbewerb
Sabine Felber, Unsere GästeGegensätzliche Perspektiven und markige Ansagen gab’s auch in Filmen und den anschließenden öffentlichen Pressekonferenzen. Sie mutierten aber mitunter zu inspirierenden Filmgesprächen. Szenenfoto aus „My Favorite Cake“. | Foto © Hamid Janipour
Auf der Berlinale wurden übrigens auch Filme gezeigt. Als vielfältig, unabhängig und risikobereit wurde das Programm angekündigt. Das sei auch gelungen, findet unsere Autorin. Dabei konnte sie nicht mal alles im Wettbewerb sehen.
Die 74. Internationalen Filmfestspiele Berlin gehen mit einer heftigen Unstimmigkeit zu Ende. Die auf der Abschlussveranstaltung geäußerten Meinungen einzelner Preisträger*innen zum Nahostkonflikt und die Reaktion von Teilen des Publikums darauf werden von einigen als antisemitisch wahrgenommen. Eine kulturelle Großveranstaltung, die nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, also dem 7. Oktober 2023, in Deutschland stattfindet, sollte mit einer solchen Herausforderung rechnen. Die Frankfurter Buchmesse hatte es im Oktober 2023 vorgemacht. Eine Rede des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek löste zum Auftakt der Buchmesse eine scharfe Diskussion aus. In Frankfurt gelang es den Verantwortlichen und dem Publikum, die mitunter als Zumutung empfundenen Einlassungen auszuhalten. Möge es auch in Berlin gelingen.
Denn wie jedes Jahr öffnete die Berlinale 2024 auch wieder weite Horizonte. Das Programm wurde als vielfältig, unabhängig und risikobereit angekündigt. Und so ist es schließlich auch. Die Vielfalt der gezeigten Filme beweist, dass es geht: Verschiedene Perspektiven dürfen nebeneinander stehen und auch in den Dialog treten. Monologe, bisweilen auch markige Ansagen gab es auf den Pressekonferenzen. Sie mutierten aber mitunter zu inspirierenden Filmgesprächen, die – ganz wichtig! – für alle öffentlich zugänglich sind auf Youtube. So erklärte der in Berlin lebende russische Dokumentarist Victor Kossakovsky die großen Zusammenhänge, die wichtig sind fürs Verständnis seines Wettbewerbsbeitrags über Baumaterialien (dazu mehr weiter unten im Text). Dann wurde er dringlich und rief seinen Appell ins Publikum: „Wacht auf! Zement und Zucker ruinieren euer Leben!“ Am Ende gratulierte er den Berliner*innen ausdrücklich zum Erhalt des unbebauten Tempelhofer Feldes.
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Berlinale 2024: Wo bleibt die Kultur?
out takes, Peter HartigEin kleiner Skandal ab und zu gehört ja zu jedem großen Festival. Die Berlinale erlebte sie dieses Jahr als Miniserie. Das sollen Cannes und Venedig erstmal nachmachen. | Foto © cinearte
Mit dem Wettbewerb war kaum jemand zufrieden, mit den Preisen schon. Wichtiger als die Filme wurde aber der „Eklat“ zur Preisverleihung. Statt Gala gab’s eine Kundgebung in Abendgarderobe – mit anschließender Debatte um Kunst und Politik.
Das letzte Jahr war ganz schön aufregend für die Berlinale. Nach zwei Corona-Jahren sollte das Festival eigentlich neu starten. Stattdessen gab’s plötzlich weniger Geld, weniger Kinos, schlechte Personalpolitik und in letzter Minute noch die Frage, ob man Leute vom Festival ausladen soll oder ihnen lieber die Filme vorführt, die dort laufen. Das sollte eigentlich reichen. Doch ganz zum Schluss ereilte das Filmfestival doch noch ein Eklat. Aber der Reihe nach.
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