Mit dem Artikel „Rückstellungsvereinbarungen in der Filmbranche“ stellte Unser Gastautor, Dr. Martin Gerecke, die rechtliche Situation von Rückstellungsverträgen dar und stellte fest, dass „die Rückstellung von Gagen in der Filmbranche ein gängiges Vergütungsmodell darstellen, bei dem Mitwirkende wie Darsteller oder Regisseure auf Teile ihrer garantierten Vergütung für einen gewissen Zeitraum verzichten, um so die Produktion in finanzieller Hinsicht zu entlasten. Der Erhalt der vollständigen Gage ist hierbei aufschiebend bedingt; die zwischen Filmschaffenden und Produzenten geschlossene Rückstellungsvereinbarung führt dazu, dass der Urheber oder der ausübende Künstler erst dann den Anspruch auf Teile seiner Festvergütung geltend machen kann, wenn gewisse Ereignisse oder Bedingungen eintreten, z. B. eine bestimmte Profitabilität der Produktion erreicht ist (in der Regel indiziert durch die Höhe der durch die Auswertung erzielten, realen Produzentennettoerlöse).“
Als Steuerberater stellt sich mir da die Frage, wie dieser Sachverhalt sozialversicherungs- und steuerrechtlich beurteilt wird. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Rüdiger Schaarhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgRüdiger Schaar2013-12-04 14:23:052013-12-04 11:43:44Rückstellungsvereinbarungen: An die Sozialversicherung gedacht?
Die Produktionsbedingungen kann man nach Schulnoten anonym bewerten.
Ab sofort sind alle Filmschaffenden des Branchennetzwerks crew united aufgerufen, die Arbeits- und Produktionsbedingungen ihrer Produktionen 2013 bis zum 31.01.2013 zu bewerten. Jede Stimme zählt, denn ab diesem Jahr werden nicht nur die Nominierten und der Sieger veröffentlicht, sondern alle bewertete Produktionen. Die Gewinnerproduktion erhält den „Hoffnungsschimmer„, der bereits zum 4. Mal vergeben wird. Der Hoffnungsschimmer ist eine Veranstaltung der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände in Kooperation mit crew united und German Film Commissions.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Elmira Rafizadehhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgElmira Rafizadeh2013-12-02 11:14:042016-05-18 12:30:18Hoffnungsschimmer – Wie fair waren die Produktionen 2013?
Filmkritik ist wichtig, meint die MFG Filmförderung Baden-Württemberg. Weil sie im Idealfall Orientierung bietet und zu verstehen hilft, was man da gerade gesehen (oder übersehen) hat, oder gar wie das alles im großen Ganzen des wirklichen Lebens einzuordnen sei. Da gehen die Meinungen bekanntlich manchmal auseinander. Filmkritiker folgen mitunter auch ihrem Geschmack, ihren Vorlieben und dem Urteil bekannterer Kollegen, so dass man sich schon mal 124 Minuten lang prächtig langweilen kann, weil man gerade dem falschen Hype aufgesessen ist. Andererseits: Wer mag sich schon allein auf die Werbetextchen verlassen, die immer mehr Illustrierte von den Mitteilungen der Verleihfirmen abtippen und das dann Kinotip nennen? Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2013-11-29 14:45:402013-11-29 15:01:20Auf einem Auge blind: Filmkritik ohne Bilder
Es gibt in der zweiten Folge von „Lerchenberg“ eine Szene, in der Sascha Hehn sich auf der „Schwarzen Liste“ des ZDF entdeckt, einer fiktiven Auflistung all jener Personen, die als „schwierig“ gelten. Ob solche Listen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern tatsächlich geführt werden, wissen wohl außer der NSA nur wenige Insider, und man könnte geneigt sein, das für einen gelungenen Scherz zu halten.
Manche erinnern sich vielleicht an meinen Artikel hier vor ziemlich genau einem Jahr, in dem ich unverblümt meinen Frust über die Unmöglichkeit, in Deutschland Filme zu machen zum Ausdruck gebracht habe. Viel positives Feedback hat mich erreicht, hauptsächlich via E-Mail, und mir wurde bestätigt, was ich schon vorher ahnte – das es mir tatsächlich nicht alleine so geht. Dann geschah, was ich schon für unmöglich gehalten hatte – über meinen Videopitch auf screen-pitch.com zeigten mehrere Produzenten Interesse, und dann stand ich gleich vor der ungewohnten Wahl, mit wem ich den Optionsvertrag für „Einheimsch’n“ unterzeichne – mit der jungen Filmschaft in München oder doch lieber dem Riesen Wiedemann & Berg? Meine Wahl fiel auf die jungen, engagierten Kollegen, obwohl das auch bedeutete, den Regiestuhl zu räumen. Allerdings ließ ich mir ein Mitspracherecht vertraglich zusichern, und mir fallen viele Kollegen ein, in deren Händen mein Buch gut aufgehoben wäre.
Die folgenden Monate waren traumhaft. Intensive gemeinsame Arbeit am Buch, das dabei immer besser wurde, der Titel änderte sich in „Nirwana“ beziehungsweise „Come as You Are“, und ich fühlte mich sicher mit Produzenten, die hinter mir und meinem Projekt standen. Man liest und hört viel zu selten von denen, die ihre Sache gut machen. Torben Maas und Christian Füllmich gehören dazu, und bekamen wie zur Bestätigung beim „Bayrischen Filmpreis 2013“ die Auszeichnung als Nachwuchsproduzenten des Jahres verliehen – für ihren Erstling wohlgemerkt, nicht unser Projekt. Kurze Zeit später kam das First Movie Program mit ins Boot, deren Leiterin Astrid Kahmke ebenfalls sehr von unserem Film angetan war, sich lange mit mir unterhielt, tolle Fragen stellte, und ich mich wieder einen Schritt näher am Ziel wähnte. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Jens Prausnitzhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgJens Prausnitz2013-11-26 08:23:122013-11-26 10:46:26Das Schweigen der Schwarzen Listen
»Bigger than life«: Kennedy, Kracauer, der PR-Overkill und der letzte Tango des klassischen Autorenkino – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 76. Folge
Ein ähnliches Verhältnis wie unsereins zum 11.September 2001 hatte die Generation davor zum 22. November 1963, dem Tag des Mordes an US-Präsident John F. Kennedy in Dallas. Fast jeder, den man fragt, der seinerzeit erwachsen war, weiß, wo ihn damals vor 50 Jahren die Nachricht vom Attentat erreichte. Eine erinnernswerte Anekdote hierzu erzählte vor Jahren einmal der im Sommer verstorbene FAZ-Autor Henning Ritter. Er studierte seinerzeit in Heidelberg, unter anderem Philosophie bei Dieter Henrich, Spezialist für Hegel und die Bewusstseinsphilosophie, auch älteren Studenten der Münchner LMU noch gut bekannt, und heute Emeritus der dortigen Philosophen. Am Abend im Henrich-Seminar wurde nicht Hegel gelesen, sondern Henrich war von der Nachricht, die ihn soeben erreicht hatte – erst gegen 20 Uhr deutscher Zeit war der Tod Kennedys bekannt geworden – erkennbar bewegt, sinnierte, und begann dann eine längere Rede darüber, wo sich jetzt denn wohl Kennedys Hirn befinde… Eine Frage, an die ich jedes Mal denken muss, wenn ich mich an den Kennedy-Mord erinnere, weil sie so selbstverständlich ist, wie krude, so esoterisch, wie konkret. Denn natürlich ist nicht die Materie gemeint, nicht die Hirnmasse des Präsidenten, sondern das, was man früher problemlos als Geist bezeichnet hätte, heute aber kaum noch so schreiben kann. Also mehr als sein Bewusstsein, aber auch dieses, doch zugleich der Anteil am Überpersönlichen, und vielleicht auch das, was ihn außergewöhnlich machte, faszinierend für Zeitgenossen. Hegel, der Napoleon den »Weltgeist zu Pferde« genannt hatte, hätte vielleicht auch in Kennedy so etwas wie die Person gewordene Weltgeschichte erkannt. Wo geht sie hin, was ist mir ihr, wenn sie gewaltsam mitten aus ihrer Bahn gerissen wird?
Vom 29. November bis 7. Dezember 2013 werden 14 (+4) cineastische Höhepunkte des jungen Weltkinos aus 14 Ländern in Berlin gezeigt. Wir sprachen mit dem Festivalleiter über das cineastische Jahr 2013 in all seinen Facetten und das aktuelle Festivalprogramm. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Tina Thielehttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgTina Thiele2013-11-22 12:00:302016-05-19 12:16:21cn-special: Around the World in 14 Films 2013 – Sieben Fragen an Festivalleiter Bernhard Karl
Der „Europäische Filmpreis“ wird zwar erst einen Tag nach Nikolaus verliehen, aber ein paar Gewinner kann man ja ruhig schon vorher verraten – würde ja sonst allzu spannend, die ganze Angelegenheit. Und außerdem geht’s hier um Gewerke, mit denen eh kaum einer was anfangen kann, mag sich die Europäische Filmakademie gedacht haben. Anders kann ich es mir einfach nicht erklären, warum sie schon Ende Oktober die Auszeichnungen für Kamera, Schnitt, Szenen- und Kostümbild, Filmmusik und Sounddesign bekannt gab – sechs Wochen vor der Preisgala am 7. Dezember in Berlin. Nur auf Regie, Drehbuch und Schauspiel dürfen wir weiterhin gespannt sein.
Über den Napoleonismus des Kinos, die Tugend der Gewaltenteilung, das Meisterwerk von Abel Gance und klassisches Hollywood – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 75. Folge
Jean-Luc Godard: »Was würden Sie antworten, wenn jemand, der sich mit dem Kino nicht auskennt, Sie fragt: „Wie definiert man einen Menschen, der sich Regisseur nennt? Ist er ein Arbeiter oder ein Künstler, was ist seine Besonderheit?«
Fritz Lang: »Wissen Sie, ich mag die Bezeichnung Künstler nicht. Ein Künstler ist ein Mensch, der viel arbeitet und sein Handwerk versteht. Auch ein großer Chirurg ist meiner Meinung nach ein Künstler. Ich selbst arbeite ebenfalls viel und mag meinen Beruf.«
JLG: »Ich sehe das etwas anders. Van Gogh war ein wichtigerer Mensch als der Tischler, der die Staffelei gebaut hat, auf der van Gogh malte.«
FL: »Da haben Sie völlig Recht. Das ist ein hervorragendes Beispiel, und ich hatte Unrecht.«
JLG: »Also, Sie würden sich eher als Tischler sehen .
FL: »Nein, nicht als Tischler, aber als Arbeiter.
JLG: »Die meisten Leute glauben nicht, dass Kino Arbeit ist.
FL: »Das Publikum denkt immer, es sei das reine Vergnügen, dabei ist es harte Arbeit. Aber wissen Sie, wir beide haben etwas gemeinsam. Ich glaube, Sie sind ein Romantiker, genau wie ich. Aber ich weiß nicht, ob das heutzutage gut ist.
JLG: »Heute ist das eher schlecht. (Auszug aus dem Gespräch, dass Jean-Luc Godard 1964 mit Fritz Lang unter dem Titel »Le dinosaure et le bébé« für das französischer Fernsehen führte.)
Rückstellungsvereinbarungen: An die Sozialversicherung gedacht?
Rüdiger SchaarMit dem Artikel „Rückstellungsvereinbarungen in der Filmbranche“ stellte Unser Gastautor, Dr. Martin Gerecke, die rechtliche Situation von Rückstellungsverträgen dar und stellte fest, dass „die Rückstellung von Gagen in der Filmbranche ein gängiges Vergütungsmodell darstellen, bei dem Mitwirkende wie Darsteller oder Regisseure auf Teile ihrer garantierten Vergütung für einen gewissen Zeitraum verzichten, um so die Produktion in finanzieller Hinsicht zu entlasten. Der Erhalt der vollständigen Gage ist hierbei aufschiebend bedingt; die zwischen Filmschaffenden und Produzenten geschlossene Rückstellungsvereinbarung führt dazu, dass der Urheber oder der ausübende Künstler erst dann den Anspruch auf Teile seiner Festvergütung geltend machen kann, wenn gewisse Ereignisse oder Bedingungen eintreten, z. B. eine bestimmte Profitabilität der Produktion erreicht ist (in der Regel indiziert durch die Höhe der durch die Auswertung erzielten, realen Produzentennettoerlöse).“
Als Steuerberater stellt sich mir da die Frage, wie dieser Sachverhalt sozialversicherungs- und steuerrechtlich beurteilt wird. Weiterlesen
Hoffnungsschimmer – Wie fair waren die Produktionen 2013?
Elmira Rafizadeh, out takesDie Produktionsbedingungen kann man nach Schulnoten anonym bewerten.
Ab sofort sind alle Filmschaffenden des Branchennetzwerks crew united aufgerufen, die Arbeits- und Produktionsbedingungen ihrer Produktionen 2013 bis zum 31.01.2013 zu bewerten. Jede Stimme zählt, denn ab diesem Jahr werden nicht nur die Nominierten und der Sieger veröffentlicht, sondern alle bewertete Produktionen. Die Gewinnerproduktion erhält den „Hoffnungsschimmer„, der bereits zum 4. Mal vergeben wird. Der Hoffnungsschimmer ist eine Veranstaltung der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände in Kooperation mit crew united und German Film Commissions.
Nach Goethe! für das Jahr 2010 und Barbara für das Jahr 2011 hat die Produktion Polizeiruf 110 – Fischerkrieg den Hoffnungsschimmer 2012 erhalten. Weiterlesen
Auf einem Auge blind: Filmkritik ohne Bilder
Peter HartigAls wär’s ein Gemälde von Goya oder Lucian Freud: In „Paradies: Liebe“ sind Bezüge zur bildenden Kunst nicht zu übersehen. Es sei denn, die Filmkritik hat anderes im Blick. | Foto © Neue Visionen
Filmkritik ist wichtig, meint die MFG Filmförderung Baden-Württemberg. Weil sie im Idealfall Orientierung bietet und zu verstehen hilft, was man da gerade gesehen (oder übersehen) hat, oder gar wie das alles im großen Ganzen des wirklichen Lebens einzuordnen sei. Da gehen die Meinungen bekanntlich manchmal auseinander. Filmkritiker folgen mitunter auch ihrem Geschmack, ihren Vorlieben und dem Urteil bekannterer Kollegen, so dass man sich schon mal 124 Minuten lang prächtig langweilen kann, weil man gerade dem falschen Hype aufgesessen ist. Andererseits: Wer mag sich schon allein auf die Werbetextchen verlassen, die immer mehr Illustrierte von den Mitteilungen der Verleihfirmen abtippen und das dann Kinotip nennen? Weiterlesen
Das Schweigen der Schwarzen Listen
Jens PrausnitzDüstere Aussichten: Der BR fand das Filmprojekt unseres Autors nicht so toll. Andere schon. Weil er sich aber zwischendurch kritisch über die Behandlung äußerte, steht er plötzlich überall vor verschlossenen Türen – selbst da, wo er schon im Zimmer stand. | Foto © Jens Prausnitz
Es gibt in der zweiten Folge von „Lerchenberg“ eine Szene, in der Sascha Hehn sich auf der „Schwarzen Liste“ des ZDF entdeckt, einer fiktiven Auflistung all jener Personen, die als „schwierig“ gelten. Ob solche Listen bei den öffentlich-rechtlichen Sendern tatsächlich geführt werden, wissen wohl außer der NSA nur wenige Insider, und man könnte geneigt sein, das für einen gelungenen Scherz zu halten.
Manche erinnern sich vielleicht an meinen Artikel hier vor ziemlich genau einem Jahr, in dem ich unverblümt meinen Frust über die Unmöglichkeit, in Deutschland Filme zu machen zum Ausdruck gebracht habe. Viel positives Feedback hat mich erreicht, hauptsächlich via E-Mail, und mir wurde bestätigt, was ich schon vorher ahnte – das es mir tatsächlich nicht alleine so geht. Dann geschah, was ich schon für unmöglich gehalten hatte – über meinen Videopitch auf screen-pitch.com zeigten mehrere Produzenten Interesse, und dann stand ich gleich vor der ungewohnten Wahl, mit wem ich den Optionsvertrag für „Einheimsch’n“ unterzeichne – mit der jungen Filmschaft in München oder doch lieber dem Riesen Wiedemann & Berg? Meine Wahl fiel auf die jungen, engagierten Kollegen, obwohl das auch bedeutete, den Regiestuhl zu räumen. Allerdings ließ ich mir ein Mitspracherecht vertraglich zusichern, und mir fallen viele Kollegen ein, in deren Händen mein Buch gut aufgehoben wäre.
Die folgenden Monate waren traumhaft. Intensive gemeinsame Arbeit am Buch, das dabei immer besser wurde, der Titel änderte sich in „Nirwana“ beziehungsweise „Come as You Are“, und ich fühlte mich sicher mit Produzenten, die hinter mir und meinem Projekt standen. Man liest und hört viel zu selten von denen, die ihre Sache gut machen. Torben Maas und Christian Füllmich gehören dazu, und bekamen wie zur Bestätigung beim „Bayrischen Filmpreis 2013“ die Auszeichnung als Nachwuchsproduzenten des Jahres verliehen – für ihren Erstling wohlgemerkt, nicht unser Projekt. Kurze Zeit später kam das First Movie Program mit ins Boot, deren Leiterin Astrid Kahmke ebenfalls sehr von unserem Film angetan war, sich lange mit mir unterhielt, tolle Fragen stellte, und ich mich wieder einen Schritt näher am Ziel wähnte.
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Cinema Moralia – Folge 76: Kennedys Hirn
Rüdiger SuchslandPaul Giamatti in PARKLAND
»Bigger than life«: Kennedy, Kracauer, der PR-Overkill und der letzte Tango des klassischen Autorenkino – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 76. Folge
Ein ähnliches Verhältnis wie unsereins zum 11.September 2001 hatte die Generation davor zum 22. November 1963, dem Tag des Mordes an US-Präsident John F. Kennedy in Dallas. Fast jeder, den man fragt, der seinerzeit erwachsen war, weiß, wo ihn damals vor 50 Jahren die Nachricht vom Attentat erreichte. Eine erinnernswerte Anekdote hierzu erzählte vor Jahren einmal der im Sommer verstorbene FAZ-Autor Henning Ritter. Er studierte seinerzeit in Heidelberg, unter anderem Philosophie bei Dieter Henrich, Spezialist für Hegel und die Bewusstseinsphilosophie, auch älteren Studenten der Münchner LMU noch gut bekannt, und heute Emeritus der dortigen Philosophen. Am Abend im Henrich-Seminar wurde nicht Hegel gelesen, sondern Henrich war von der Nachricht, die ihn soeben erreicht hatte – erst gegen 20 Uhr deutscher Zeit war der Tod Kennedys bekannt geworden – erkennbar bewegt, sinnierte, und begann dann eine längere Rede darüber, wo sich jetzt denn wohl Kennedys Hirn befinde…
Eine Frage, an die ich jedes Mal denken muss, wenn ich mich an den Kennedy-Mord erinnere, weil sie so selbstverständlich ist, wie krude, so esoterisch, wie konkret.
Denn natürlich ist nicht die Materie gemeint, nicht die Hirnmasse des Präsidenten, sondern das, was man früher problemlos als Geist bezeichnet hätte, heute aber kaum noch so schreiben kann. Also mehr als sein Bewusstsein, aber auch dieses, doch zugleich der Anteil am Überpersönlichen, und vielleicht auch das, was ihn außergewöhnlich machte, faszinierend für Zeitgenossen.
Hegel, der Napoleon den »Weltgeist zu Pferde« genannt hatte, hätte vielleicht auch in Kennedy so etwas wie die Person gewordene Weltgeschichte erkannt. Wo geht sie hin, was ist mir ihr, wenn sie gewaltsam mitten aus ihrer Bahn gerissen wird?
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cn-special: Around the World in 14 Films 2013 – Sieben Fragen an Festivalleiter Bernhard Karl
Tina ThieleEröffnungsfilm im Babylon, Berlin: „Le Passé – Das Vergangene“, Regie: Asghar Farhadi | © Memento Films, Foto ®: Carole Bethuel
Vom 29. November bis 7. Dezember 2013 werden 14 (+4) cineastische Höhepunkte des jungen Weltkinos aus 14 Ländern in Berlin gezeigt. Wir sprachen mit dem Festivalleiter über das cineastische Jahr 2013 in all seinen Facetten und das aktuelle Festivalprogramm.
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Verkannte Künste
Peter HartigKein Geheimnis: „Paradies: Glaube“ erhält in drei Wochen den „Europäischen Filmpreis“ fürs beste Sounddesign. Auch fünf weitere Einzelleistungen wurden schon vorher verraten – angeblich ist das gut für die Filmkünste. | Foto © EFA
Der „Europäische Filmpreis“ wird zwar erst einen Tag nach Nikolaus verliehen, aber ein paar Gewinner kann man ja ruhig schon vorher verraten – würde ja sonst allzu spannend, die ganze Angelegenheit. Und außerdem geht’s hier um Gewerke, mit denen eh kaum einer was anfangen kann, mag sich die Europäische Filmakademie gedacht haben. Anders kann ich es mir einfach nicht erklären, warum sie schon Ende Oktober die Auszeichnungen für Kamera, Schnitt, Szenen- und Kostümbild, Filmmusik und Sounddesign bekannt gab – sechs Wochen vor der Preisgala am 7. Dezember in Berlin. Nur auf Regie, Drehbuch und Schauspiel dürfen wir weiterhin gespannt sein.
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Cinema Moralia – Folge 75: Getrennt marschieren, vereint schlagen
Rüdiger SuchslandAlbert Dieudonné in Napoléon (Abel Gance, 1927)
Über den Napoleonismus des Kinos, die Tugend der Gewaltenteilung, das Meisterwerk von Abel Gance und klassisches Hollywood – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 75. Folge
Jean-Luc Godard: »Was würden Sie antworten, wenn jemand, der sich mit dem Kino nicht auskennt, Sie fragt: „Wie definiert man einen Menschen, der sich Regisseur nennt? Ist er ein Arbeiter oder ein Künstler, was ist seine Besonderheit?«
Fritz Lang: »Wissen Sie, ich mag die Bezeichnung Künstler nicht. Ein Künstler ist ein Mensch, der viel arbeitet und sein Handwerk versteht. Auch ein großer Chirurg ist meiner Meinung nach ein Künstler. Ich selbst arbeite ebenfalls viel und mag meinen Beruf.«
JLG: »Ich sehe das etwas anders. Van Gogh war ein wichtigerer Mensch als der Tischler, der die Staffelei gebaut hat, auf der van Gogh malte.«
FL: »Da haben Sie völlig Recht. Das ist ein hervorragendes Beispiel, und ich hatte Unrecht.«
JLG: »Also, Sie würden sich eher als Tischler sehen .
FL: »Nein, nicht als Tischler, aber als Arbeiter.
JLG: »Die meisten Leute glauben nicht, dass Kino Arbeit ist.
FL: »Das Publikum denkt immer, es sei das reine Vergnügen, dabei ist es harte Arbeit. Aber wissen Sie, wir beide haben etwas gemeinsam. Ich glaube, Sie sind ein Romantiker, genau wie ich. Aber ich weiß nicht, ob das heutzutage gut ist.
JLG: »Heute ist das eher schlecht.
(Auszug aus dem Gespräch, dass Jean-Luc Godard 1964 mit Fritz Lang unter dem Titel »Le dinosaure et le bébé« für das französischer Fernsehen führte.)
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