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Mit etwas Fantasie und einem Netflix-Zugang kann man immer noch verreisen. Die „FAZ“ wagte den Selbstversuch und reiste nach Nigeria. | Foto © Netflix

„Bayern ist ein Kulturstaat. So steht es in der Verfassung.“ Das ist ein schöner Satz, die Grünen schrieben ihn an ihre Landesregierung und fordern flexible Lösungen für die prekäre Branche, damit’s nach der Krise überhaupt noch Menschen gibt, die diese Kultur schaffen. Doch für viele, die zwischen zwei Projekten gestrandet sind, ist immer noch keine Hilfe in Sicht. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. 

 

Falls Sie am Wochenende noch nichts vorhaben: Noch bis Montag läuft die Kurzumfrage zu den Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf die Filmschaffenden. Angesprochen sind damit explizit auch die Schauspieler*innen, von denen viele durch die Hilfsnetze zu fallen drohen. Die Umfrage soll auch dazu eine belastbare Datenbasis liefern.

 

Oder beginnen wir doch einfach mit dem heutigen Leserbrief einer Filmschaffenden:

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„Ganz oder gar nicht“? Im Kino war’s ja noch lustig vorm Arbeitsamt die Hosen runterzulassen. Im wahren Leben haben die Künstler oft nur die zweite Wahl. | Foto © 20th Century Fox

Allmählich wird auch außerhalb der Künste erkannt, dass die Finanzhilfen an vielen vorbeigehen.  Die versprochene „schnelle und unbürokratische Hilfe“ bedeutet für Freischaffende und Projektarbeiter oft: Hartz IV.  Und in Nordrhein-Westfalen denkt darum auch schon die SPD-Opposition an eine Art „vorübergehendes staatliches Grundeinkommen“. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare – und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

„Frust, Wut und Fassungslosigkeit“ titelte gestern abend die „Süddeutsche Zeitung“, nachdem sie näher auf die „unbürokratische Hilfe von Bund und Ländern“ geschaut hatte: Freischaffende Künstler*innen erhalten meist keine. Die meisten werden ans Hartz IV verwiesen.

Die Zahl der Anträge auf Hartz IV wächst stark, meldete die „Süddeutsche Zeitung“. Etwas untertrieben: Im Jobcenter Fürstenfeldbruck, das die Zeitung als Beispiel anführt, haben sich die Neuanträge versechsfacht! Wer wegen der Corona-Krise ohne Einkommen ist, soll allerdings von den strengen Regeln der „Grundsicherung“ ausgenommen sein: Keine Maßnahmen, keine Kürzungen,  keine Vermögensprüfung – rückwirkend zum 1. März und bis 30. Juni.

Aus diesem Anlass nochmals die Links zur Kurzumfrage zur Situation der befristet Angestellten in der Filmbranche und zur Petition zum ALG1.

Verwertungsgesellschaften kassieren Hunderte Millionen Euro – doch kleine Labels und Kreative fühlen sich benachteiligt. „Die GVL sitzt auf dem Geld der kleinen Musiker“, schreibt der „Spiegel“.

Betroffen sind aber nicht nur Musiker. Der Schauspieler und Synchronsprecher Frank Röth hatte schon vor Wochen in einem Offenen Brief die GVL kritisiert, sie sitze „seit langem auf einem hohen dreistelligen Millionenbetrag, der uns Künstlern zusteht und längst hätte ausgeschüttet werden müssen.“ Die Antwort zitierte er zwei Tage später. 

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In der Übersicht der Johns-Hopkins-Universität sieht’s werden die Zahlen für die USA nach Regionen aufgesplittet. Dadurch steht das Land auf den ersten Blick nicht ganz so schlimm da. | Screenshot

Zahlen und Mathematik: Anderen Dimensionen der Krise: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 17. 

„Mit Statistiken kann ich alles beweisen, nur nicht die Wahrheit. Laut Statistik haben ein Millionär und ein armer Kerl jeder eine halbe Million“
Franklin D. Roosevelt (US-Präsident 1933-1945)

„Wir kriegen vieles im Moment zu wenig erklärt.“
Markus Lanz 

 

Bin ich paranoid, wenn mir zur Zeit dauernd George Orwell in den Sinn kommt? Aber wenn am Mittwochabend statt der vorab angekündigten und eingeforderten „Exit-Strategie“ der bislang nur bis zum 19. April geltende Ausnahmezustand verlängert wird, dann melden einige, wie der Deutschlandfunk, zutreffend „Verlängerung des Ausnahmezustands bis mindestens zum 3. Mai“. Bei anderen, wie dem MDR oder dem NDR aber heißt die Verlängerung des Ausnahmezustands jetzt „schrittweise Lockerung der Corona-Regeln“. Auch der Ausdruck „Kontakteinschränkung“ klingt nicht nur bürokratischer, sondern auch freundlicher, als Berührungsverbot, oder Versammlungsverbot. 

Aber auch derartige Sprachpolitik kann nicht über den schweren Kater hinweghelfen, den die unerwartet herben Ankündigungen der Bundesregierung hinterlassen haben. Kein bisschen Exit, kein bisschen Normalität. Bleierne Enttäuschung senkt sich über die Republik. 

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Bund und Länder wollen die Corona-Einschränkungen etwas lockern. Unser Kolumnist hätte mehr erwartet. | Foto © BR

Schaffen wir das? Wir wollen raus! Wann, wenn nicht wie. Begriffsschwämme in der Pandemie: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 16. Von Rüdiger Suchsland.

„To reach a port we must set sail – Sail, not tie at anchor. Sail, not drift.“
Franklin D. Roosevelt, US-Präsident 1933-1945

 

Kamen Ihnen, liebe Leser, nicht schon die letzten Jahre vor wie ein etwas dick aufgetragener Film? Der Brexit, Trump, die Pegida und dann noch Rechtsextremisten im Bundestag – das konnte schon alles nicht wahr sein. Als Politthriller wäre einem so ein Drehbuch zurückgegeben worden mit dem Vermerk: Ganz schön originell, aber etwas mehr Realismus sollte es schon sein. 

Und jetzt noch Corona – ja, genau … geht’s noch? 

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Fast wie eine schöne Erinnerung an bessere Tage kommt einem da „Die Getriebenen“ vor, ein ARD-Film über die Höhepunkte der sogenannten „Flüchtlingskrise“ zwischen Juli und Oktober 2015 (am Mittwoch im linearen Programm und eine Weile in der Mediathek). Das waren noch friedliche Zeiten. Viereinhalb Jahre und drei SPD-Chefs früher war Angela Merkel unumstritten als Kanzlerin und CDU-Chefin. 

Aber was ist das für ein Film? Irgendwie eine Satire, eine mitunter sogar ziemlich schrille Parodie des Betriebs und seiner Akteure, und dann wieder, so scheint mir wenigstens, ernst gemeint als Dokufiktion über Sachverhalte. Das zugrundeliegende Buch des (überaus konservativen) „Welt“-Journalisten Robin Alexander ist ja auch kein Roman, sondern ein, wenn auch klar tendenziöses, Sachbuch. 

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Fernsehserien und der Beitrag ihrer Autoren. Der Infografiker Christian Laesser bringt Muster in die Daten. | Grafik © Christian Laesser

Mit der Arbeitslosenversicherung haben Filmschaffende ihre eigenen Erfahrungen – in der Krise ist es nicht besser. Die Babelsberger Kolleg*innen dürfen jetzt doch in Kurzarbeit, und zum Abschluss fragen wir etwas länger nach, wie die Synchronstudios wieder weiterarbeiten wollen. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Zum leichten Einstieg mal was völlig anderes: Daten sichtbar machen ist für den Berliner Infografiker Christian Laesser Berufsalltag. Nebenbei erforscht er, ob oder wie die Muster in den Daten, die Welt erklären – und bringt Struktur ins Gewirr. Ernsthaft beim „German Media Universe“, unterhaltsamer bei anderen Projekten – etwa, wie unsere Lieblingsserien miteinander verknüpft sind. 

 

Was ist mit den vielen, die nicht soloselbständig sind oder Unternehmer – sondern „auf Produktionsdauer angestellt“? Und die bei Anbruch der Krise noch auf das nächste Projekt warteten? Sollen die jetzt stempeln gehen? Oder gar die „Grundsicherung“ beantragen, bekannter als „Hartz 4“? 

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Und was kommt dann? Im „After Corona Club“ des NDR debattieren Fachleute aus Psychologie und Wirtschaft, Soziologie und Politik, Wissenschaft und Medizin über unsere Zukunft. | Screenshot

Zuballern im tollen Netz: Bazooka halt. Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 12.

„Ich kann und will mein Gewissen nicht nach der diesjährigen Mode maßschneidern.“
Lillian Hellman

 

Was sich gerade ereignet, ist der Wunschtraum eines jeden Verschwörungstheoretikers: Voll-Überwachung, Ausgangsverbote, Bargeld gilt als schmutzig und könnte da kontaminiert auch bald verboten werden … 

Das Bemerkenswerte aber: Dies alles hat mit Verschwörung und Paranoia überhaupt nichts zu tun, denn die Lieblingsfrage des Verschwörungstheoretiker lautet: Cui Bono? Wem nützt es?

Aber auch wenn sich auf diese Frage keine Antworten ergeben, muss man auf der anderen Seite konstatieren, dass viele, die jetzt mit großem Vergnügen dem zustimmen, was die Wissenschaftler sagen und die Regierungen tun, doch ein bisschen in diesem Vergnügen zumindest an altkluge Kinder erinnern, an Heranwachsende, die stolz darauf sind, dass sie alles 150prozentig erfüllen, was die Erwachsenen ihnen vorgeben. Der Stolz, endlich dazu zu gehören, endlich erwachsen zu sein – den kann man in diesem Verhalten auch erkennen. 

Und wer widerspricht, der ist natürlich „kindisch“. 

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„Ich bin dafür. Muss aber nicht“, sagte ausgerechnet Loriot über den Humor. Sein rotes Sofa steht jetzt als Dauerleihgabe im Haus der Geschichte in Stuttgart. | Foto © SWR, Hugo Jehle

Wo bleiben die Corona-Witze? Die Humorbeilage zum Wochenende: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 10. 

„Warum sehen Aspirintabletten anders aus als Leguane? Weil sonst, stellt euch bloß mal vor, was dann passieren würde.“
Umberto Eco, „Nullnummer“

„Only connect.“
E. M. Forster

 

Die Sache mit dem Klopapier. Es leicht, darüber Witze zu machen, aber langsam stinkt sie doch ein bisschen – wobei „stinkt“ hier vielleicht nicht der ideale Ausdruck ist … Jedenfalls: Auch drei Wochen nach Beginn des Ausnahmezustand fehlt in den Supermärkten und Drogeriemärkten zumindest in Berlin-Mitte immer noch Klopapier. Wahrscheinlich gibt es am Morgen mal in paar Rollen, aber die sind dann 20 Minuten später abverkauft. Was soll man nun damit machen? Zwar werden Politiker, Funktionäre und Dienstleister auf allen Ebenen nicht müde zu betonen: Es gibt keine Engpässe. Die Versorgung ist gesichert. Aber der Blick ins Supermarktregal spricht das Gegenteil. 

Woran liegt das? Analfixierung der Deutschen, sagen die Psychologen, und verweisen darauf, dass in Frankreich genug da ist, während dort angeblich immer Rotwein und Kondome ausverkauft sind. Was die Frage aufwirft, wann der Rotwein getrunken wird, vorher oder nachher?

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Das öffentlich-rechtliche Fernsehen wird für seine Berichterstattung in der Krise gelobt. Doch es gibt auch Kritik daran. | Screenshot

Die Pandemie der Medien: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 09.

 

„See a clinic full of cynics
Who want to twist the peoples‘ wrist
They’re watching every move we make
We’re all included on the list
The lunatics have taken over the asylum
The lunatics have taken over the asylum“
Funboy Three „The Lunatics“

„Der öffentliche Rundfunk darf sich über höhere Reichweiten freuen, doch sollte man sich nicht feiern oder gar sich selbst für systemrelevant erklären, gar preisen lassen. Denn welchem ,System’ dient man?“
Otfried Jarren, Medienforscher

 

Vor dem Virus habe ich überhaupt keine Angst. Wovor ich Angst habe, ist vor der Angst der Leute. Davor, wie eine Gesellschaft sich verrückt macht. 

Dass öffentlich-rechtliche Sender in den Panik-Modus umschalten und selbst einen Programm-Ausnahmezustand aus permanenten Sondersendungen etablieren, anstatt wenigstens in ihrem Programm Normalität, und das heißt dann auch Vielfalt und Diversität weiterzuführen, ist traurig. Es ist auch erschütternd, weil es den Ausnahmefall in einen Normalfall überführt, und auf Dauer stellt.

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Die Aufgabe ist aber nicht, die fünfte Variante der Merkel-Rede zu publizieren, sondern die Aufgabe ist die, nachzufragen, wo Nachfragen nötig sind. Und da zu kritisieren, wo es vielleicht Gründe gibt, zu kritisieren. Die Aufgabe ist die, das Haar in der Suppe zu finden, und nicht die, der Bevölkerung zu erklären, warum die längst missglückte Suppe es doch vielleicht wert ist, getrunken zu werden. 

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Auch wenn die Server zusammenbrachen: In Berlin klappte die Soforthilfe offenbar so, wie versprochen war – schnell und unbürokratisch. | Screenshot

Die letzten Steinchen haben wir zusammen, aber unser Bild vom Kurzarbeit-Tarifvertrag ist trotzdem bloß ein Mosaik. Zusammengefasst heißt die Botschaft: In der gegenwärtigen Situation an sich eine gute Sache – trotzdem Vorsicht! Und im Zweifel jemand fragen, der*die sich auskennt. Wir stellen weitere gute Erfahrungen mit den Soforthilfen vor und viele neue Ideen gegen den Stillstand. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Anregungen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Schreibt ein Mann ans ZDF: Warum der Sender im Zuge der Corona-Krise nicht auf den Rundfunkbeitrag verzichtet? Antwortet das ZDF …

Kommt kein Mann in eine Bar: Wieviel Witz erträgt die Corona-Krise? Fragt Peter Wittkamp, einer der Hauptautoren der „Heute Show Online“.

 

Eigene Streaming-Angebote werden die Kinos nicht retten können„die Filmkunst funktioniert nicht ohne Kinos“, meint Claus Löser vom Berliner Kino „Brotfabrik“.

Der Medienwissenschaftler Otfried Jarren kritisiert die Berichterstattung des deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehens über das Corona-Virus. Es (das Fernsehen) betreibe „Systemjournalismus“.

„Jetzt geht es darum, wie vor allem mittlere und kleine Produktionsgesellschaften überleben können“, mahnt Martin Moszkowicz im Interview. Mehr Geld müsse fließen, und der Constantin-Chef sagt auch, wie. 

Wie geht’s den Kolleg*innen an der Bühne? Jörg Rowohlt von der Bühnengenossenschaft berichtet von einer „Kultur unter Quarantäne“ – gefolgt von einer erklärenden Übersicht der Hilfsprogramme.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert den Umgang der öffentlich-rechtlichen Sender mit freien Mitarbeiter*innen in der Corona-Krise: Sie ließen einen großen Teil von ihnen einfach hängen, wirft der Verband mehreren Rundfunkanstalten vor. Der DJV hatte Briefe an ZDF-Intendant und ARD-Vorsitzenden geschickt, die bislang unbeantwortet geblieben seien. Darin fordert der DJV unter anderem, durch die Corona-Krise verursachte Ausfälle der freien Mitarbeiter*innen abzufedern. Viele erlitten massive Honorareinbußen. Kleinere Anstalten wie Radio Bremen, der RBB und der Saarländische Rundfunk hätten bereits vorbildliche Lösungen für ihre Freien gefunden.

 

Wie klappt’s mit den Soforthilfen? Zwei Erfahrungsberichte erreichten uns aus Berlin:

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Kreativ in der Krise: Der slowenische Designer Jure Tovrljan hat bekannte Marken-Logos auf die Pandemie umgestaltet. | Grafik © Jure Tovrljan

Der Run auf die Hilfsprogramme ist groß. Wir haben einen ersten Erfahrungsbericht und erste Stellungnahmen der Verbände zum Thema Kurzarbeit. 

 

Ein wenig Kurzweil zum Einstieg: Der slowenische Designer Jure Tovrljan hat bekannte Marken-Logos auf die Pandemie umgestaltet.

 

Einen Run auf die Hilfskredite für Unternehmen und Selbstständige verzeichnen die Wirtschaftsministerien der Länder. Weitere Maßnahmen werden diskutiert.

Der Andrang auf staatliche Soforthilfen in der Corona-Krise für kleinere Betriebe mit Finanznot ist in Hessen riesig, meldete die „Hessenschau“ gestern Abend. Zeitweise waren die Server überlastet.

 

Wir baten um Erfahrungsberichte mit den Hilfsprogrammen. Hier ist der erste, von einem Filmemacher aus dem Südwesten:

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In der Virus-Krise sucht Schweden einen sehr eigenen Weg. Szenenfoto aus Ingmar Bergmans „Fanny und Alexander“ (1982) | Foto © Tobis

Abgerechnet wird zum Schluss: Die agile Hauptrisikogruppe, das schwedische Modell, und ein Krisenstab im Sender: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 07. 

„Es ist besser, im Stehen zu sterben, als auf den Knien zu leben.“
Alexander Lukaschenko, Staatschef von Weißrussland

 

In Krisenzeiten kümmern sich Chefs und Auftraggeber in sehr unterschiedlicher Weise um ihre Mitarbeiter. Im Medienfeld finde ich gerade den WDR vorbildlich. Vielleicht durch leidige Erfahrungen mit motorradfahrenden Omas und dem schwachen Umgang mit hausinternen, anonymen #MeToo-Beschuldigungen schlauer geworden, bekommen Mitarbeiter fast täglich eine umfangreiche Informationsmail mit einem Update vom eigens eingerichteten Krisenstab. 

Sechs positiv getestete Kollegen seien in Quarantäne, erfährt man da, bekommt Hinweise für Ausfallhonorare und anteilige Bezahlung bei Projekten, die nicht fertiggestellt werden können. Freie Mitarbeiter können bei der Personalabteilung ein Darlehen beantragen. 

Außerdem wird gebeten „da wir alle die WDR Server schonen sollten“, keine Videokonferenzen abzuhalten, da diese zu viel Datenmenge brauchen. Stattdessen rät der Krisenstab zur Audiokonferenz per Skype oder Festnetz und Handy. 

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Bücher und DVD gibt’s nicht nur bei Amazon. Auch klassisch Buchhandlungen bieten Telefon- und Onlinebestellungen mit Lieferservice an. Nicht nur in den Metropolen. | Foto © Buchhandlung Collibri

Wenn der Notfall da ist, kann man ihn nicht vorbereiten. Handeln kann man aber trotzdem: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 06.

„Unsere Körper pulsieren im Beat der Angst.“
Sasha Marianna Salzmann 

 

Hattet ihr, liebe Leser, ein angenehmes Wochenende? Wie ist es auf der Insel namens Corona-Island? Sonnig am Samstag, kalt am Sonntag. Wer hat den Online-Gottesdienst besucht, für wen war es ein Werktag im Heimat-Büro, äh Home Office? Wer ist rausgegangen und wer kommt schon auf zweistellige Tage im geschlossenen Pandemie-Knast? In den 70er-Jahren kam bei der politischen Linken, die mit den „politischen Gefangenen“ der RAF sympathisierte, der Ausdruck „Isolationsfolter“ auf. Wenn man denen gesagt hätte: Das ist doch „Social Distancing“, das würde uns allen ganz gut tun, hätte es zynisch geklungen. Heute meinen das nicht wenige ernst – jedenfalls den letzten Satz. Bin gespannt, wann der Ausdruck „Isolationsfolter“ wieder in Mode kommt. Kann nicht mehr lange dauern – wetten das?

Und für wen ist Corona-Island wie ein Gang in eine riesige Bibliothek oder Mediathek? Oder bleibt man einfach im Bett? Schon Lagerkoller? 

Ein bisschen entwickelt man wohl auch das Gefühl einer Weltraumfahrt: Völlig losgelöst, von der Erde, fliegt das Raaaaauuuumschiff …“ Man kann sich verlieren – keine Ground Control für den Major Tom in uns allen. Das Lied von David Bowie habe ich am Samstag gehört, ein Lokal, das in Berlin-Mitte Straßenverkauf macht, hatte gedacht: Da machen wir doch gleich noch Samstagsnachmittagsdisko für die ganze Straße.Immerhin war die Musik gut.

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Jeder Zyniker ist nur ein enttäuschter Moralist, lässt Susanne Heinrich in ihrem Film „Das melancholische Mädchen“ sagen. Nein, ein Zyniker will unser Kolumnist nicht sein. | Foto © Stadtkino

Lese-, Hör- und Streamingtips fürs blogfreie Wochenende, Hilfe für eine Schauspielerin und ein paar Sätze in eigener Sache – Apokalyptiker & Integrierte; Gedanken in der Pandemie 05.

 

„The streets are that empty. It seems as though the bulk of the city has retreated to their quarters, rightfully so. At this time, it seems very poignant to avoid all public spaces. Even the bars, as I told Hemingway, but to that he punched me in the stomach, to which I asked if he had washed his hands. He hadn’t. He is much the denier, that one. Why, he considers the virus to be just influenza. I’m curious of his sources.“
Der US-Schriftsteller F. Scott Fitzgerald über sich und seinen Freund Ernest Hemingway während der Spanischen Grippe – leider zu schön, um wahr zu sein.

 

Fake News gibt es viele. So auch leider, leider dieses wunderbare Zitat von Francis Scott Fitzgerald, das in den letzten Tagen durch die Medien geisterte. Auch die „Taz“ ist ihm aufgesessen, reagiert aber souverän: „Warum soll man denn Fakes vergessen, Non-Fakes aber nicht? Das war mal genau andersherum: Als Romane noch buchstäblich ergreifend waren, und Zeitungen eher was für den ebenso schnell- wie leichtgläubigen Plebs.“ schreibt „Taz“-Autor Ralf Sotschek. Recht hat er.

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Eigentlich wollte ich heute mal nur über schöne Dinge schreiben. Aber das ist nicht ganz so einfach in Corona-Zeiten. 

So muss ich zuerst eine Schauspielerin erwähnen, der es gerade nicht gut geht, nicht zuletzt in der Hoffnung dass wir alle ihr helfen können. Es handelt sich um Halima Ilter. Sie kommt aus Berlin und ist Deutsche. In den letzten Wochen hat sie im kurdischen Teil des Irak (oder im irakischen Kurdistan, das ist egal jetzt) mit einer spanischen Crew einen Film gedreht. Jetzt wollte sie zurück, alle Flüge sind gecancelt, und das deutsche Konsulat in Erbil hat sich (anscheinend auch in nicht eben freundlichen Worten) geweigert, ihr zu helfen oder auch nur Unterkunft zu besorgen – warum auch immer. Nun muss sie im spanischen Konsulat wohnen. 

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Hand in Hand am Band. Im Youtube-Video erklärt die Agentur für Arbeit die Sache mit dem Kurzarbeitergeld. Doch die Filmbranche tickt anders. | Screenshot

Ab heute gilt ein Tarifvertrag zur Kurzarbeit, und er wirft auf allen Seiten neue Fragen auf. Wir verweisen auf erste Einschätzungen und Reaktionen und zeigen nützliche Links zu Antworten zum Arbeitsrecht. Und zeigen einige Ausblicke in die Zukunft, die auch unser Kolumnist teilt. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare an (Aktiviere Javascript, um die Email-Adresse zu sehen). Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Vorab ein Nachtrag: Schon vorige Woche hatte der Bundesverband Herstellungs- und Produktionsleitung (HBU) beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) München nachgefragt, wie das Verbot von Dreharbeiten genau zu verstehen sei. Generell, lautet kurzgefasst die Antwort, die uns vorliegt: „Mit Blick auf die Intention der Allgemeinverfügung ist es hierbei unerheblich, ob die Drehaufnahmen auf öffentlichem Verkehrsgrund oder auf Privatgrund stattfinden. […] Entsprechend sehen wir auch die Durchführung von Drehaufnahmen auf Privatgrund im Freien sowie die Durchführung von reinen Innendrehs bis zum 19. April 2020 nach Maßgabe der Allgemeinverfügung als nicht erlaubt und nicht erlaubnisfähig an. Es würde explizit dem Sinn der Allgemeinverfügung entgegenlaufen, (gewerbliche) Aktivitäten vom öffentlichen Grund auf Privatgrund bzw. Indoor zu verlegen. Zudem ist aus Sicht des Infektionsschutzgesetzes zu beachten, dass die Gefahr einer Verbreitung des Virus in geschlossenen Räumen viel höher ist als im Freien.“ 

Ob oder wie etwaige Verstöße dieser Art kontrolliert werden, teilt das KVR nicht mit. Nach Auskünften aus Gewerkschaftskreisen richten sich die Behörden in Bayern weitestgehend nach der Aussage des Filmbüros des KVR München: „Die Behörden haben aber erst einmal keine Handhabe, weil sie ja nur Genehmigungsstellen sind. Zuständig für den Vollzug auf Privatgrund ist die Polizei.“

 

„Die Dreharbeiten müssen aufhören, jetzt!“ berichtete gestern die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Es ist unklar, ob sie arbeiten dürfen und wer ihre Ausfälle zahlt. So ergeht ein dramatischer Appell an Politik, Verwaltung und Sender.“ 

Seit heute fordert eine Petition ein einheitliches Verbot von Dreharbeiten für fiktionale Kino- und TV-Produktionen. Absender sind Produzentenverband und acht weitere Berufsverbände und Organisationen.

  

Wie geht’s weiter nach der Krise? Der Zukunftsforscher Matthias Horx hat vier Szenarien entworfen. Das optimistischste zeichnet eine neue, aber überwiegend positivere Welt mit veränderten Werten. Anschaulich schildert er es in einem Rückblick: Wie wir in einem halben Jahr auf die Krise und das Virus blicken werden.

Der Zukunftsforscher Horst Opaschowski sieht das übrigens ähnlich optimistisch: „Jetzt bildet sich eine Selbsthilfegesellschaft aus der Einsicht, aufeinander angewiesen zu sein.“

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Tom Hanks ist einer der prominentesten Corona-Infizierten. Der Schauspieler sammelt auch Schreibmaschinen – hier eine „Skyriter“ von Smith Corona, zu sehen im Dokumentarfilm „California Typewriter“ von 2016. | Foto © New KSM

Heute forderte der Produzentenverband NRW einen bundesweiten Drehstopp für Fiction-Produktionen. Produzentenallianz und Verdi einigten sich auf einen Tarifvertrag für die Kurzarbeit. Und die Kulturstaatsministerin glaubt, dass durch die Corona-Krise der Stellenwert von Kultur allmählich besser begriffen werde. Solche Hoffnungen hegt auch unser Kolumnist zum Abschluss der heutigen Nachrichten. Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare. Und bitten um Verständnis, wenn wir nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Heute beginnen wir gleich mit einer Richtigstellung. „Liebe Freunde von crew united, danke für euer Engagement und die Brancheninfos, ich weiß es zu schätzen. Doch die Kulturstaatsministerin (BKM) heißt immer noch Monika Grütters, nicht Rüttgers. Nix für ungut.“

Mist! Das wußten wir doch, sind zerknirscht und bitten auch die Kulturstaatsministerin um Verzeihung. Heute schreiben wir sie wieder richtig. 

Zum Glück hat niemand unseren anderen kleinen Patzer bemerkt … Und schon haben alle wieder etwas zu tun in der unfreiwilligen Pause. 

 

Auf einer interaktiven Deutschlandkarte können alle ablesen, wie sich das Corona-Virus in ihrer Region ausbreitet. „Zeit Online“ sammelt die Daten direkt bei den 401 Stadt- und Landkreisen ein und aktualisiert sie laufend.

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