Corona: Brancheninfo 41
Wir nähern uns dem Wochenende, begleitet von hoffnungsweckenden Nachrichten: Bayern macht ernst mit seinem dreimonatigen Grundeinkommen für die Kulturschaffenden – und hat nach Kritik sogar nachgebessert und die Zielgruppe sogar verdoppelt. Der Bundestag hat unterdessen das Sozialschutz-Paket II beschlossen, das Verbesserungen beim Kurzarbeiter- und beim Arbeitslosengeld bringt. Nun muss nur noch der Bundesrat zustimmen. Dem liegt morgen außerdem ein Antrag vor, ein bundesweites Grundeinkommen für die Kreativen in der Krise zu schaffen.
Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare, auch wenn wir leider nicht alle persönlich beantworten können.
„Negativ“ oder „sehr negativ“ wird sich die Corona-Pandemie auf das Einkommen von 92,5 Prozent der Film- und Fernsehschaffenden auswirken. Das ist das Ergebnis einer Kurzumfrage zu den Soforthilfe-Maßnahmen, die Jörg Langer im April mit Unterstützung von AG Dok, BFS, BVFK, Crew United und Fair TV führte. Die ersten Ergebnisse hatten wir vorgestellt. In in einem Artikel für die Rosa-Luxemburg-Stiftung über die Situation in der Filmwirtschaft ordnet Langer nun die Zahlen ein: „Die Angst führt Regie“.
Der Bundestag hat dem Sozialschutz-Paket II zugestimmt, dass die Folgen der Corona-Krise abfedern soll. Unter anderem werden das Kurzarbeitergeld erhöht und die Zahlung von Arbeitslosengeld verlängert.
„Eine herbe Enttäuschung“ nennt es der Sozialwissenschaftler Stefan Sell im Interview mit der „Taz“ und vermisst einen „Corona-Zuschlag“.
„Teuer, wenig zielgenau und ungerecht“ findet es die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände im „Handelsblatt“.
Das Gesetz wird morgen im Bundestag beraten – Punkt 70 der Tagesordnung. Zwei Positionen vorher ist ein Antrag der Länder Berlin und Bremen an der Reihe. Unter dem Titel „Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativlandschaft in Deutschland sichern – Hilfen für Kulturschaffende und Kultureinrichtungen spezifisch und mittelfristig wirkend ausgestalten“ fordern sie unter anderem eine Pauschale von 1.180 Euro monatlich für selbstständige Künstler*innen und Kulturschaffende -dienstleister ohne eigene Betriebsstätte in der Zeit der Pandemie.
Bayern stockt seinen „kulturellen Rettungsschirm“ auf. Nach Hilferufen aus der Kultur erhöht das Bundesland das Budget auf 200 Millionen Euro. Erste, überschaubare Open-Air-Veranstaltungen soll es wohl nach Pfingsten geben: „Wenn Fußball und Gastronomie ermöglicht würden, müsse auch Kultur möglich sein“, sagte Ministerpräsident Markus Söder heute in der Pressekonferenz. Einen konkreten Zeitplan gibt es nicht.
Angekündigt hatte das Land auch eine direkte Unterstützung Kulturschaffende: Drei Monate lang sollen sie 1.000 Euro monatlich erhalten. Ursprünglich war das auf die rund 30.000 begrenzt, die in die Künstlersozialkasse (KSK) einzahlen. Nach Protesten aus Kultur, Politik und Gewerkschaft, dass dadurch wiederum viele durch das Raster fielen, sollen nun gut doppelt so viele Kreative Anspruch auf Unterstützung eerhalten. Laut Söder sollen auch Techniker, Maskenbildner und Kameraleute davon profitieren.
Laut Digitalministerin Judith Gerlach ist Bayern zudem bereit, sich mit 5 Millionen Euro an einem bundesweiten Ausfallfonds für künftige Kino-Produktionen beteiligen.
Werden Schauspieler*innen über 60 aus Drehbüchern gestrichen, weil sie zur Risikogruppe zählen? Davor warnte Renan Demirkan in einem Offenen Brief. Der „Tagesspiegel“ schildert das Problem.
3sat zieht sich aus dem Kurzfilmbereich zurück, auch die Medienorganisationen der katholischen und evangelischen Kirche nahmen jetzt Stellung. In einem Offenen Brief an ZDF und 3sat fordern sie, den Beschluss zurückzunehmen und vielmehr „die Präsenz des Kurzfilms in öffentlich-rechtlichen Programmen“ auszubauen.
58 Auftragsproduktionen hat die ARD mit ihren Programmprämien ausgezeichnet, meldet „Blickpunkt Film“. Den Topf schöpft sie in diesem Jahr nicht voll aus, berichtet DWDL.Wer die Programmprämien erhalten hat, verrät die ARD.
„Kultur ist ein Lebensmittel“ sagt der Schauspieler Robert Stadlober und spricht mit der „Taz“ über das Filmgeschäft und einiges mehr.
Helge Schneider will unter den Bedingungen der Corona-Krise nicht auftreten. Er werde nicht vor Autos oder Menschen, die Masken tragen und Abstand halten, auf der Bühne stehen, sagte er in einem Video, die „FAZ“ hat zugeschaut.
Ein Meister des nahen Blicks: Klaus Wildenhahn gilt als einer der bedeutendsten Dokumentarfilmer Deutschlands der vergangenen Jahrzehnte. So war er Mitbegründer des „Direct Cinema“ in Deutschland. Am 19. Juni wäre Wildenhahn 90 Jahre alt geworden, erinnert der NDR.
15 Minuten hatten Joko und Klaas von Pro Sieben gewonnen. Sie nutzen die Zeit für eine besondere Ausstellungen und ließen Sophie Passmann und Kolleginnen durch „Männerwelten“ führen und von sexueller Gewalt berichten.
Mitte März startete casting-network den Aufruf #BeCreativeAtHome! Schauspieler*innen und Kolleg*innen auf der ganzen Welt waren eingeladen, ihre Homestories aus dem Pandemie-Exil zu senden. Die Initiative fand nun ihren Abschluss, alle Interviews und Beiträge gibt es jetzt gesammelt als 54 Seiten starkes PDF.
„Mehr als 400 Filmprojekte liegen in Deutschland wegen Corona auf Eis“: Was Drehverbote und Corona-Schutzmaßnahmen für die Film- und Fernsehbranche bedeuten, war gestern auch Thema in den „Tagesthemen“ (ab Minute 24:15).
Die Serienproduktion läuft Stück für Stück wieder an: Nach einer zweimonatigen Pause hat nun Bavaria Fiction wieder mit den Dreharbeiten für die 12. Staffel der „Soko Stuttgart“ begonnen. Auch dort mussten unter anderem Drehbücher angepasst werden, berichtet DWDL.
Und hat sich auch umgehört, wie Serien in Corona-Zeiten entstehen: Küssen verboten!
„Kleinere, eigenständige Teams“ sind der Schlüssel für den weltweiten Neustart in der Film- und Fernsehproduktion. Darin stimmten Location- und Produktionsexperten (ja, alles Männer) in den jüngsten „Screen Talks“, berichtet „Screen Daily“ [auf Englisch].
Kar-Wai Wong will im Juli seinen neuen Film drehen, meldet „Variety“. Gedreht wird in den Hengdian World Studios in China, wo schon Mitte Februar schon wieder gearbeitet wurde [auf Englisch].
Die AG Kino empfiehlt ihren 370 Mitgliedskinos, eine Wiedereröffnung zum 2. Juli anzustreben – „unabhängig vom Flickenteppich unterschiedlicher Öffnungsdaten in den einzelnen Bundesländern“. Damit blieben gut sechs Wochen, um Hygienekonzepte umzusetzen, nötige Umbauten vorzunehmen, zitiert die Pressemitteilung Christian Bräuer, den Vorsitzenden des Verbands der Filmkunsttheater.
Kinos in Rheinland-Pfalz dürfen ab 27. Mai öffnen, in Baden-Württemberg ab 1. Juni, meldet „Blickpunkt Film“.
Ein „großartiger Erfolg“ war der „Systemsprenger“-Kinotag am 10. Mai, freuen sich die Organisatoren und denken schon über ähnliche Kombinationen von Stream und Kino nach: Mehr als 250 Kinos waren beteiligt, 20.000 Euro wurden binnen 24 Stunden umgesetzt. Ein Tagesumsatz von 80 Euro pro Kino ist zwar noch kein Geschäftsmodell, doch „Blickpunkt Film“ zitiert noch andere Zahlen.
Na also, alles wird wieder gut: Netflix hatte die Bildqualität in Deutschland gedrosselt, um das Internet in der Corona-Zeit nicht zu überlasten. Jetzt verweist „Blickpunkt Film“ auf Berichte von Berichten, „dass diese Restriktion zumindest bereits in Deutschland aufgehoben wurde“.
Wegen Corona fällt Cannes aus – und zwar komplett. Kleinere Festivals reagieren anders. Wie geht es weiter mit der Filmbranche? fragt die Deutsche Welle.
Wieso Amazon eine angeschlagene Kinokette kaufen könnte, spekuliert die Plattform T3N. Berichten zufolge plant Amazon die Übernahme der weltweit größten Kino-Kette AMC und wäre mit einem Schlag der Marktführer in der Branche.
Ende April hatte AMC den Boykott aller Filme von Universal angekündigt, weil der Verleih künftig sein Programm gleich als Stream herausbringen will. Die „Los Angeles Times“ berichtete auf Englisch, die „FAZ“ auf Deutsch.
Kaum ein Medienunternehmen ist so massiv von der Corona-Pandemie betroffen wie Branchenschwergewicht Disney. Um sich gegen die Krise zu wappnen, macht das 97 Jahre alte US-Unternehmen nun so viel neue Schulden wie noch nie.
Ein philosophisches Buch zur Corona-Krise will einen „Echtzeit-Beitrag“ zur Katastrophenethik leisten – mit einigen fragwürdigen Vorschlägen, findet die „Süddeutsche Zeitung“: „Das Problem solcher Corona-Philosophie ist nicht, dass sie zu philosophisch wäre, im Sinne von zu weltfremd, sondern dass sie noch nicht philosophisch genug ist, also zu wenig über den Sinn von Lebensvollzügen nachdenkt.“
In der Krise übernehmen vor allem Frauen die Betreuung der Kinder, stellt der Deutschlandfunk fest. Dem Journalismus würde dadurch zunehmend genau diese Perspektive fehlen.
Auf der Länderkarte der Informationsfreiheit gibt es noch immer drei blinde Flecke, besagt das Transparenz-Ranking der Open Knowledge Foundation Deutschland, die für eben dies arbeitet: Informationsfreiheit und Transparenz. Niedersachsen (neben Sachsen und Bayern) ist einer dieser blinden Flecke. Im Eilverfahren hat am Dienstag das Verwaltungsgericht Hannover entschieden, dass das Niedersächsische Justizministerium seine Erlasse zur Corona-Krise herausgeben muss. Der Verein hatte auf Auskunft geklagt: „Der Beschluss ist elementar wichtig, denn er benennt, wie wichtig öffentliche Kontrolle staatlicher Entscheidungen ist.“
Literaten aus verschiedenen Ländern führen eine globale Chronik über die „Welt im Fieber“: In der aktuellen Folge berichtet Katherine Funke aus Brasilien: „Wenn uns das Virus nicht tötet, erledigt es die Wut.“
Die Heinsberg-Studie sollte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet Argumente für rasche Lockerungen liefern. Die PR-Agentur Storymachine begleitete sie. Was wusste Laschet? fragt die „Taz“.
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