Die vorliegende cn-klappe zeigt einen Mitschnitt der Roundtable Diskussion des Actors Industry Networks der European Film Promotion zum Thema „Everything you always wanted to know about … Casting!“ im Rahmen der Berlinale 2019.
Es diskutierten auf Englisch: Magdalena Szwarcbart (Casting Director of „Cold War“) Anja Philip (Casting Director of „The Guilty“) Avy Kaufman (Casting Director of „Dancer in the Dark“
Emma Dyson (Spotlight)
Der Beitrag gliedert sich in folgende Kapitel (Achtung in der Ecke links oben anklickbar!):
Intro
Keynote
Chapter 1: International Differences
Chapter 2: Casting and Digitalisation
Chapter 3: Voice Casting
Chapter 4: Trust and Communication
Chapter 5: Challenges
Chapter 6: Future Wishes
Acknowledgements & Credits
Offizielle Website der european film promotion (efp): www.efp-online.com
Viel Spaß beim Anschauen: zur cn-klappe bei casting-network
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Tina Thielehttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgTina Thiele2019-03-17 14:56:562019-03-17 14:56:56Everything you always wanted to know about … Casting!
Die Dokumentation „A Song of an unknown Actress“ (unbegrenzt in der 3sat-Mediathek) folgt dem Alltag von fünf Schauspielerinnen in Los Angeles am unteren Ende der Karriereleiter. Den dokumentarischen Situationen stellt der Film Sequenzen gegenüber, in denen sich die Wünsche und Nöte der Protagonistinnen widerspiegeln. Jedes Jahr ziehen Tausende von jungen Frauen nach L.A., um den Durchbruch als Schauspielerin zu schaffen. Ihre Karrieren verlaufen zumeist in der Grauzone zwischen kleinen Nebenrollen in großen Filmen und großen Rollen in kleinen Filmen, den überlebensnotwendigen Restaurantjobs und einer Endlosschleife von Castings. Denn trotz aller Frustration und Verzweiflung über die konstante Ablehnung steckt in jedem Vorsprechen die eine große Chance. Und jede, die es in Hollywood zu etwas gebracht hat, musste durch diese Phase gehen. So schwebt das große Versprechen über dem grauen Alltag. In Los Angeles vermischen sich Vergangenheit und Zukunft, Träume und Wirklichkeit zu einer eigenen Form der Realität. Und selbst das Scheitern wird „bigger than life“. Als sich 1932 Peg Entwistle vom Hollywoodzeichen in den Tod stürzte, wurde sie zum ersten Symbol für die deprimierende Seite der Filmhauptstadt. Nun gilt sie als Schutzheilige der Erfolglosen in einer Stadt, in der normalerweise nur der Erfolg zählt. Durch die Jahrzehnte wurde das Bild der wehrlosen und verzweifelten Schauspielerin zu einer Gegengeschichte des Hollywood-Dreams auf und jenseits der Leinwand. Vom bitteren Ende Marilyn Monroes zum Sensationserfolg „La La Land“* hin zur #MeToo-Debatte: Das Ausgeliefertsein junger Frauen in der Filmindustrie wird immer wieder neu verhandelt und mehr oder minder differenziert zum Thema gemacht.
Fragen an die Regisseure Peter Göltenboth & Florian Giefer
Filme über Schauspielerinnen in Hollywood gibt es viele. Was hat euch an diesem Sujet gereizt?
Wir sehen es eigentlich weniger als einen Film über Hollywood, als einen Film über Lebensträume, die mit der Realität kollidieren. Und ein Film über den Konkurrenzdruck, dem immer mehr Menschen ausgesetzt sind, und die Frage, was es mit uns macht. Als Regisseure haben wir ja mit ganz ähnlichen Themen zu tun. Man muss sich in einem sehr kompetitiven Umfeld durchsetzen, und es gibt keine langfristigen Sicherheiten. Für Schauspieler ist das alles noch krasser. Wenn wir Werbungen drehen, gibt es manchmal riesige Castings mit Hunderten von Darstellern. Beim Sichten dieser Videos haben wir uns schon oft gefragt, was Menschen dazu bringt, sich in diese von außen unangenehme Situation zu begeben. Schutzlos sich dem Blick eines fremden Menschen zu öffnen, der nicht mal im Raum ist – er wird nur durch die Kamera vertreten. Innerhalb von Sekunden eine Emotion oder einen spezifischen Ausdruch zu liefern. Das ist schon eine Extremsituation. Uns hat interessiert, wie man in so einem Umfeld überleben kann. Die Filmszene in Los Angeles ist in ihrer Konkurrenz dann noch mal viel extremer als es hier ist – es ist wie ein Brennglas für alle diese Themen.
Die Ästhetik von „A Song of an unknown Actress“ ist ungewöhnlich. Euer Film bewegt sich zwischen Dokumentar- und Spielfilm, Alltagsbeobachtung und Stilisierung. War diese Gratwanderung von Anfang an Teil des Konzeptes? Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Tina Thielehttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgTina Thiele2019-03-11 16:02:452019-03-11 16:02:45A Song of an unknown Actress
Der neue Populismus in der deutschen Filmdebatte: Martin Moszkowicz und Peter Dinges, der Lokomotivführer – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogängers, 191. Folge
Lukas: »You’ll become a great explorer.« Jim Knopf: »I rather be an engine driver, just like you.« Lukas: »Engine drivers only follow the tracks that were found by explorers.« »Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« (2018), englische Fassung
+ + +
»Kinos brauchen Filme, die die Menschen sehen wollen« – so lautet der Titel eines Interviews mit Peter Dinges, das am 04.03.2019 veröffentlicht wurde.
Peter Dinges ist der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA). Er ist ein gebildeter, persönlich sympathischer Mann mit hervorragenden Umgangsformen – kurz gesagt: Ein exzellenter Verkäufer seiner Arbeit und des deutschen Films. Er redet, das muss wohl so sein, öffentlich meistens wie ein Politiker. Das heißt: Geölt wie ein Ringer, ungreifbar und auslegungsfähig, aber doch in aller Formelhaftigkeit und Allgemeinheit durch die Blume Macht zeigend, Pflöcke einschlagend, Türen öffnend und andere schließend. Dinges ist durchaus einer, der Filmpolitik nicht nur als Verwaltungshandeln begreift, sondern der Interessen bestimmter Teile der Filmbranche stärker vertritt als anderer. Da sollten wir uns nichts vormachen. Genausowenig kann man hier übersehen, dass sich Dinges bereits für die zukünftigen Debatten um die bevorstehende Novellierung des Filmfördergesetzes (FFG) warmläuft.
+ + +
»Es gibt keine Kinomüdigkeit beim Publikum. Das Publikum ist es nur müde, langweilige Filme anzusehen.« – So heißt das dann bei Martin Moszkowicz, dem gerade heute frischgebackenen Honorarprofessor der HFF München. Moszkowicz ist Vorstandsvorsitzender der Constantin Film AG und damit Interessenvertreter seiner Firma und der sogenannten deutschen Filmwirtschaft – sogenannt, weil diese Wirtschaft ohne die massiven Subventionen der deutschen Filmförderung nicht überleben könnte, und en gros offenbar so unwirtschaftlich oder riskant arbeitet, dass sie im Gegensatz zu jedem anständigen Metzgermeister von einer Bank keinen Kredit bekommen. Das gilt nicht unbedingt für die Constantin Film AG, in dem Fall handelt es sich nach unserem Eindruck eher darum, dass die Firma halt die Subventionen gern mitnimmt, die man gerade ihr gern zuteil werden lässt. Denn oft genug hat man bei der FFA und ihren Entscheidungen, inklusive der letzten Leitlinienanpassung, den Eindruck, die Filmförderanstalt sei so unabhängig nicht, und diene keineswegs der Gesamtheit des »deutschen Films« (was immer das heißt), sondern sehr bestimmten Firmeninteressen.
+ + +
Um das zu kaschieren, bemüht man dann das Argument des Publikums. Die Logik dieses Arguments lautet in etwa so: Viele Zuschauer gehen in einen bestimmten Film. Daraus folgt: Sie wollen ihn sehen. Was viele Zuschauer sehen wollen, ist interessant. In einen anderen Film gehen wenig Zuschauer, daraus folgt: Sie wollen ihn nicht sehen. Was wenige Zuschauer sehen wollen, ist uninteressant.
Natürlich ist das ein Scheinargument. Denn schlicht gesagt, hängen Zuschauerzahlen nicht von der Qualität eines Films ab, sondern von anderen Faktoren: Zuallererst der vom Verleih eingesetzten Kopienzahl. Zweitens der Zahl der Vorstellungen pro Tag, ihrer Zeiten und der Anzahl der in den Kinos zur Verfügung stehenden Zuschauerplätze. Das interessierte Publikum muss die Chance haben, einen Film überhaupt sehen zu können. Und nicht wenige deutsche Filme scheitern genau hier. Dabei spielt auch die Marktmacht der jeweiligen Verleiher eine Rolle: Selbstverständlich können bestimmte Verleiher per Koppelgeschäften Filme in die Kinos pressen: Willst du, lieber Kinobetreiber Film A, dann musst du aber auch vorher die Filme B,C,D spielen, sonst bekommst du A nicht. Damit gehen zugleich Plätze für andere Filme verloren.
Leider nicht meine Füße. Weil mein Fotograf krank ist, hab ich hier auf das COVER meines Kooperationspartners: MAX-BROWN-HOTEL-MAGAZIN zurück gegriffen. Das Motiv stammt von Maxime Ballesteros.
Dieses Jahr war ich auf der Berlinale zu ein paar Empfängen eingeladen. Natürlich bin ich hingefahren. Ich habe meine schönsten Kleider angezogen, meine höchsten Schuhe (an dieser Stelle ein großes, ernst gemeintes Dankeschön an meine Füße). Meine Recherche nach dem Festival hat ergeben, dass Botoxeinspritzungen in die Fußsolen das Schmerzempfinden längerfristig senken können. Ich hatte „Lokalanästesie Fuß“ gegoogelt. Und war wenig überrascht, dass so was längst praktiziert wird, nur noch krasser. Meine Güte. Tut das nicht. Eine kurze, spontane Vollnarkose reicht doch völlig aus.
Letztes Jahr konnte man, äh frau ja auch in Turnschuhen gehen,
da gab es die Initiative #nowbodysdoll, (über die hab ich HIER geschrieben, sie waren gegen sexistische Klamotten und zu hohe Schuhe auf dem roten Teppich) dieses Jahr hab ich von denen leider nix gehört und hab mich deshalb freundlich lächelnd auf brennenden Sohlen zwischen all den anderen Berlinale-Gästen eingereiht.
Ich habe einige Hände schütteln dürfen
und es hat sich oft genug angefühlt, wie eine kleine Audienz. Immerhin. Nicht JEDER war bereit, seine Zeit in ein Gespräch mit mir zu investieren. Dafür hab ich jede Menge Kolleginnen und Kollegen ebenso porös rumstehen sehen, wie mich selbst. Und habe innerlich jedem von Ihnen für sein Standing applaudiert. (Und das nicht nur wegen der super-hohen Schuhe, die die meisten Frauen trugen. Mein Applaus galt auch den männlichen Kollegen). Ihr wisst, es ist mein Lieblingsthema: Sich selbst zu Markt zu tragen ist sehr diffizil. Weiterlesen
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Mareile Blendlhttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgMareile Blendl2019-02-23 17:59:092019-02-23 18:14:08Warum es Sinn macht, auf der Berlinale rum zu stehen #calltoaction
Frau Krainhöfer, seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Filmfestivals rund um die Welt vervielfacht. Woher kommt dieses plötzliche, rapide Wachstum?
Zuallererst ist der Film neben seiner Funktion als Wirtschaftsgut das Kulturmedium mit der größten Attraktivität und dem breitesten Zugang unter einem möglichen Publikum. Unabhängig von Herkunft, Bildung oder sozialem Hintergrund verfügt der Film über eine Beliebtheit weit über Literatur, Theater, Tanz hinaus.
Auch deshalb gelingt es Filmfestivals auf vielen Feldern, Wirkung zu erzielen und wertvolle Impulse zu setzen: In Deutschland zum Beispiel erweitern sie an kleinen Standorten wie auch auf dem Land deutlich das kulturelle Angebot oder erhalten die Kinokultur, wo die Kinos selbst oft verschwunden sind. Aber auch in den Städten sprechen sie ein Publikum an, das im normalen Kinobetrieb kaum oder gar nicht bedient wird. Das gilt nicht nur für spezielle Interessen, wie sie etwa das rumänische Filmfestival für die rumänische Diaspora oder Freunde des südosteuropäischen Films bedient oder wie Underdox als Festival für Dokument und Experiment den Cineasten herausragende künstlerische Positionen präsentiert.
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Peter Hartighttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgPeter Hartig2019-02-20 16:37:432019-02-26 13:30:29Filmfestivals – eine eigene Welt
Christian Petzolds POLIZEIRUF 110 – TATORTE gewinnt den FairFilmAward 2019 Fiction in der Kategorie Spielfilm. In der Kategorie Serie erhält DAS WICHTIGSTE IM LEBEN den Preis für die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Jahr 2018. Die Verleihung fand am 7.2.2019 im Rahmen des von Crew United ausgerichteten Crew Call Berlin statt
München, 7. Februar 2019 – Die Branchenplattform Crew United präsentierte heute in Kooperation mit über 20 Branchenverbänden und -institutionen die Verleihung des FairFilmAward Fiction 2019 im Rahmen des Crew Call Berlin. Für die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Jahr 2018 in der Kategorie Spielfilm gewinnt der Fernsehfilm aus der ARD-Krimireihe Polizeiruf 110 von Regisseur Christian Petzold POLIZEIRUF 110 – TATORTE der Claussen+Putz Filmproduktion GmbH. Die Vox-Serie DAS WICHTIGSTE IM LEBEN, produziert von der Bantry Bay Productions GmbH, erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Serie. Mit der jährlichen Auswertung und Auszeichnung fairer Film- und Fernsehproduktionen wird ein wichtiges und sichtbares Zeichen für mehr Fairness in der Film- und Fernsehbranche gesetzt.
Oliver Zenglein, Geschäftsführer von Crew United kommentiert: „Die Verleihung des FairFilmAward setzt das Thema faire Arbeitsbedingungen in der Film- und TV-Produktion jährlich zum Auftakt der Berlinale auf die Agenda der deutschen Filmbranche. Wir halten es für notwendig, mit diesem Preis immer wieder deutlich zu machen, dass der Glanz des roten Teppichs nichts mit der oft prekären Lebenswirklichkeit von Filmschaffenden zu tun hat!“
Der FairFilmAward wird seit 2011 von der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände DIE FILMSCHAFFENDEN und seit 2012 in Zusammenarbeit mit Crew United vergeben. Grundlage für die Auszeichnung ist eine umfassende Umfrage unter 1.500 projektbeteiligten Filmschaffenden auf Basis eines Kriterienkatalogs für faire Filmprojekte, der folgende Bereiche umfasst: Chancengerechtigkeit, Gleichbehandlung und Diversität; Vertragskonditionen, Gagenhöhe und Entgelte; Kommunikation und Arbeitsklima; Arbeitszeiten und Arbeitsschutz; Professionalität und Qualifizierung; Umweltschutz; Nachhaltigkeit, Solidarität und Perspektiven.
Nominiert für den FairFilmAward 2019 waren die Produktionsfirmen Bantry Bay Productions GmbH, Bavaria Fiction GmbH, Claussen+Putz Filmproduktion GmbH, Saxonia Media Filmproduktionsgesellschaft mbH und, mit zwei Produktionen, Filmpool Fiction GmbH.
Im Mai 2019 wird im Rahmen des DOK.fest München erneut der FairFilmAward Non-Fiction verliehen.
FairFilmAward Fiction 2019 in der Kategorie Spielfilm
Branchenverbände als Partner:
Branchenverbände als Partner: Berufsverband Kinematografie e.V., Berufsvereinigung Filmton e.V., Bundesverband Beleuchtung und Bühne e.V., Bundesverband Casting e.V., Bundesverband der Fernsehkameraleute e.V., Bundesverband deutscher Stuntleute e.V., Bundesverband Filmschnitt Editor e.V., Bundesverband Locationscouts e.V., Bundesvereinigung Maskenbild e.V., Deutsche Akademie für Fernsehen e.V., Deutsche Filmakademie e.V., fairTV e.V., EU XXL Film, Interessenverband Deutscher Schauspieler e.V., Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e.V., Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild e.V., Verband der Requisiteure & Set Decorator e.V., Verband Deutscher Filmproduzenten e.V., VdNA-Film e.V. Verband Deutscher Nachwuchs-Agenturen, Verbände PRO Tarif (VPT), Filmverband Südwest e.V., VRFF Die Mediengewerkschaft – BG Freie Produktionswirtschaft
Am 7.2.2019 ab 20.30 Uhr haben wir live aus dem Kesselhaus der Kulturbrauerei Berlin die Verleihung des Fair Film Award Fiction 2019 übertragen.
Der Preis wird von Crew United im Namen folgender 22 Institutionen und Verbänden verliehen:
Moderation: LISA BASTEN, Wissenschaftlerin, die regelmäßig zu Arbeitsbedingungen in der Filmbranche publiziert und RÜDIGER SUCHSLAND, Filmkritiker, Filmregisseur und engagierter Aktivist für das Kino, Kinofilme und ihre ästhetische Diversität
https://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpg00Tina Thielehttps://out-takes.de/wp-content/uploads/2019/11/out_takes_logo01.jpgTina Thiele2019-02-01 14:54:492019-02-15 11:03:52Livestream – Fair Film Award Fiction 2019
2010 gewann zum ersten Mal eine Frau den »Oscar« für die beste Regie – es war die 82. Verleihung. Kathryn Bigelow (hier bei den Dreharbeiten zu Blue Steel) war zu der Zeit mit Filmen wie Gefähliche Brandung, Strange Days oder Blue Steel schon längst eine feste Größe im Action-Film. Ihr Kriegsdrama Tödliches Kommando – The Hurt Locker wurde 2010 mit sechs »Oscars« ausgezeichnet. Ihr folgendes Werk Zero Dark Thirty war in fünf Kategorien nominiert.
Talent und Fleiß allein sind nicht genug. Dass die Filmbranche so wenige Regisseurinnen hat, liegt an Strukturen und Vorurteilen. Sieben Mythen und die Fakten.
50 Prozent. Nicht weniger fordert die Initiative Pro Quote Film für die deutsche Produktionslandschaft. Frauen kommen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Fördermitteln zu kurz, verdienen weniger als Männer in den entsprechenden Positionen, sind in Gremien und Führungsfunktionen schwächer vertreten. Die Folge: Das Bild von der Welt, das Film und Fernsehen vermitteln, wird immer noch zum größten Teil von Männern gezeichnet – die andere Hälfte der Welt kommt kaum zu Wort. »Die Welt in Filmen hinkt der Realität hinterher«, meint Pro Quote Film dazu: »In fiktionalen Rollen arbeiten nur 20 Prozent der Frauen, davon nur 1 Prozent als Managerinnen, Politikerinnen oder Wissenschaftlerinnen.«
Zwar wird seit der Gründung der Initiative vor vier Jahren rege über eine Quote diskutiert, der große Wandel steht aber noch aus, wie zuletzt der (inzwischen fünfte) Diversitätsbericht des Bundesverbands Regie zeigte, der auf den RegieTagen im November vorgestellt wurde. Alles andere wäre auch überraschend gewesen. Denn der Diversitätsbericht untersuchte die Produktionen des vorangegangenen Jahres, die bereits gelaufen oder gesendet waren. Die meisten befanden sich also schon in Arbeit, ehe sich zum Beispiel die ARD-Produktionstochter Degeto auf eine freiwillige Regie-Quote von 20 Prozent selbst verpflichtete. Ob dieser reduzierte Anspruch tatsächlich umgesetzt wurde, wird also erst der nächste Diversitätsbericht zeigen.
Doch eine Quote wird von vielen abgelehnt: Allein durch Talent und Fleiß beweise sich, wer auf den Regiestuhl passt. Also seien die Chancen doch gleich, und eine Frau mehr oder weniger selbst schuld, wenn sie nicht das Zeug dazu hat, argumentieren die Gegner der Quote.
Etliche Studien in mehreren Ländern widersprechen dem: Strukturen und Geschlechtervorurteile der Branche machen es auch den fleißigsten Talenten schwerer, wenn die in einem weiblichen Körper stecken. Deutsche Regisseure haben zurzeit eine Männerquote von 85 Prozent, Filmfördermittel streichen sie sogar zu 90 Prozent ein.
»Above the Line« wird die Luft für dünn – in fast allen Sparten. Das Problem ist global, selbst Amerika hat es nicht besser: Erst 2010 erhielt mit Kathryn Bigelow für The Hurt Locker erstmals eine Frau den »Oscar« für die beste Regie – es war die 82. Verleihung. Weitere acht Jahre dauerte es, bis Rachel Morrison als erste Kamerafrau überhaupt in ihrer Kategorie mit Mudbound für einen »Oscar« nominiert wurde.
Den Vorurteilen und Mythen ist damit kaum beizukommen. Die Medienwissenschaftlerin Skadi Loist hat darum den sieben gängigsten dieser Argumente, wie es zur Benachteiligung von Frauen und Minoritäten in der Filmbranche komme, die Ergebnisse der vielen Studien gegenübergestellt. Wir listen sie hier in Kurzform auf. Loists Artikel Gendered Media Industries. Argumente für eine geschlechtergerechte und diverse Filmindustrie ist mit allen Quellenangaben im Oktober in Navigationen – Zeitschrift für Medien und Kulturwissenschaften erschienen.
Mythos 1: Die Medienbranche ist geschlechterneutral. Allein Qualität entscheidet darüber, wer sich durchsetzt.
Viele Entscheidungen in der Filmbranche werden subjektiv gefällt – von der Unterstützung von Filmideen bis zu Kooperationspartnerschaften. Für die FFA-Studie Gender und Film von 2017 hatten viele Filmschaffende ›Bauchgefühl‹, eigenes inhaltliches Interesse und Vertrauen zu den Akteuren als entscheidend angegeben.
Stereotype Zuschreibungen werden weiter verstärkt, wenn Entscheidungsgremien homogen besetzt sind. Viele Gremien und Redaktionen setzen sich aus weißen, älteren Männern aus der Mittelschicht zusammen. Je höher die Hierarchie, desto höher ist die Männerquote.
Filme, die von Männern realisiert werden, haben größeren kommerziellen Erfolg. Filme, die von Frauen realisiert werden, sind bei Kritik und Jurys angesehener. Weiterlesen
Everything you always wanted to know about … Casting!
Tina ThieleDie vorliegende cn-klappe zeigt einen Mitschnitt der Roundtable Diskussion des Actors Industry Networks der European Film Promotion zum Thema „Everything you always wanted to know about … Casting!“ im Rahmen der Berlinale 2019.
Es diskutierten auf Englisch:
Magdalena Szwarcbart (Casting Director of „Cold War“)
Anja Philip (Casting Director of „The Guilty“)
Avy Kaufman (Casting Director of „Dancer in the Dark“
Emma Dyson (Spotlight)
Keynote:
Beatrice Kruger (Casting Director & ICDN-Member)
Moderation:
Verena Gräfe-Höft (Producer)
Der Beitrag gliedert sich in folgende Kapitel (Achtung in der Ecke links oben anklickbar!):
Intro
Keynote
Chapter 1: International Differences
Chapter 2: Casting and Digitalisation
Chapter 3: Voice Casting
Chapter 4: Trust and Communication
Chapter 5: Challenges
Chapter 6: Future Wishes
Acknowledgements & Credits
Offizielle Website der european film promotion (efp): www.efp-online.com
Viel Spaß beim Anschauen: zur cn-klappe bei casting-network
A Song of an unknown Actress
Tina ThieleFoto:© pet&flo
Die Dokumentation „A Song of an unknown Actress“ (unbegrenzt in der 3sat-Mediathek) folgt dem Alltag von fünf Schauspielerinnen in Los Angeles am unteren Ende der Karriereleiter. Den dokumentarischen Situationen stellt der Film Sequenzen gegenüber, in denen sich die Wünsche und Nöte der Protagonistinnen widerspiegeln. Jedes Jahr ziehen Tausende von jungen Frauen nach L.A., um den Durchbruch als Schauspielerin zu schaffen. Ihre Karrieren verlaufen zumeist in der Grauzone zwischen kleinen Nebenrollen in großen Filmen und großen Rollen in kleinen Filmen, den überlebensnotwendigen Restaurantjobs und einer Endlosschleife von Castings. Denn trotz aller Frustration und Verzweiflung über die konstante Ablehnung steckt in jedem Vorsprechen die eine große Chance. Und jede, die es in Hollywood zu etwas gebracht hat, musste durch diese Phase gehen. So schwebt das große Versprechen über dem grauen Alltag. In Los Angeles vermischen sich Vergangenheit und Zukunft, Träume und Wirklichkeit zu einer eigenen Form der Realität. Und selbst das Scheitern wird „bigger than life“. Als sich 1932 Peg Entwistle vom Hollywoodzeichen in den Tod stürzte, wurde sie zum ersten Symbol für die deprimierende Seite der Filmhauptstadt. Nun gilt sie als Schutzheilige der Erfolglosen in einer Stadt, in der normalerweise nur der Erfolg zählt. Durch die Jahrzehnte wurde das Bild der wehrlosen und verzweifelten Schauspielerin zu einer Gegengeschichte des Hollywood-Dreams auf und jenseits der Leinwand. Vom bitteren Ende Marilyn Monroes zum Sensationserfolg „La La Land“* hin zur #MeToo-Debatte: Das Ausgeliefertsein junger Frauen in der Filmindustrie wird immer wieder neu verhandelt und mehr oder minder differenziert zum Thema gemacht.
Fragen an die Regisseure Peter Göltenboth & Florian Giefer
Filme über Schauspielerinnen in Hollywood gibt es viele. Was hat euch an diesem Sujet gereizt?
Wir sehen es eigentlich weniger als einen Film über Hollywood, als einen Film über Lebensträume, die mit der Realität kollidieren. Und ein Film über den Konkurrenzdruck, dem immer mehr Menschen ausgesetzt sind, und die Frage, was es mit uns macht. Als Regisseure haben wir ja mit ganz ähnlichen Themen zu tun. Man muss sich in einem sehr kompetitiven Umfeld durchsetzen, und es gibt keine langfristigen Sicherheiten. Für Schauspieler ist das alles noch krasser. Wenn wir Werbungen drehen, gibt es manchmal riesige Castings mit Hunderten von Darstellern. Beim Sichten dieser Videos haben wir uns schon oft gefragt, was Menschen dazu bringt, sich in diese von außen unangenehme Situation zu begeben. Schutzlos sich dem Blick eines fremden Menschen zu öffnen, der nicht mal im Raum ist – er wird nur durch die Kamera vertreten. Innerhalb von Sekunden eine Emotion oder einen spezifischen Ausdruch zu liefern. Das ist schon eine Extremsituation. Uns hat interessiert, wie man in so einem Umfeld überleben kann. Die Filmszene in Los Angeles ist in ihrer Konkurrenz dann noch mal viel extremer als es hier ist – es ist wie ein Brennglas für alle diese Themen.
Die Ästhetik von „A Song of an unknown Actress“ ist ungewöhnlich. Euer Film bewegt sich zwischen Dokumentar- und Spielfilm, Alltagsbeobachtung und Stilisierung. War diese Gratwanderung von Anfang an Teil des Konzeptes? Weiterlesen
Cinema Moralia – Folge 191: Die Publikumsversteher
out takes, Rüdiger SuchslandDer totale Film, so sehen manche Kinoträume aus…: Fack ju Göhte | Foto © Constantin Film
Der neue Populismus in der deutschen Filmdebatte: Martin Moszkowicz und Peter Dinges, der Lokomotivführer – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogängers, 191. Folge
Lukas: »You’ll become a great explorer.«
Jim Knopf: »I rather be an engine driver, just like you.«
Lukas: »Engine drivers only follow the tracks that were found by explorers.«
»Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer« (2018), englische Fassung
+ + +
»Kinos brauchen Filme, die die Menschen sehen wollen« – so lautet der Titel eines Interviews mit Peter Dinges, das am 04.03.2019 veröffentlicht wurde.
Peter Dinges ist der Vorstand der Filmförderungsanstalt (FFA). Er ist ein gebildeter, persönlich sympathischer Mann mit hervorragenden Umgangsformen – kurz gesagt: Ein exzellenter Verkäufer seiner Arbeit und des deutschen Films. Er redet, das muss wohl so sein, öffentlich meistens wie ein Politiker. Das heißt: Geölt wie ein Ringer, ungreifbar und auslegungsfähig, aber doch in aller Formelhaftigkeit und Allgemeinheit durch die Blume Macht zeigend, Pflöcke einschlagend, Türen öffnend und andere schließend. Dinges ist durchaus einer, der Filmpolitik nicht nur als Verwaltungshandeln begreift, sondern der Interessen bestimmter Teile der Filmbranche stärker vertritt als anderer. Da sollten wir uns nichts vormachen.
Genausowenig kann man hier übersehen, dass sich Dinges bereits für die zukünftigen Debatten um die bevorstehende Novellierung des Filmfördergesetzes (FFG) warmläuft.
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»Es gibt keine Kinomüdigkeit beim Publikum. Das Publikum ist es nur müde, langweilige Filme anzusehen.« – So heißt das dann bei Martin Moszkowicz, dem gerade heute frischgebackenen Honorarprofessor der HFF München. Moszkowicz ist Vorstandsvorsitzender der Constantin Film AG und damit Interessenvertreter seiner Firma und der sogenannten deutschen Filmwirtschaft – sogenannt, weil diese Wirtschaft ohne die massiven Subventionen der deutschen Filmförderung nicht überleben könnte, und en gros offenbar so unwirtschaftlich oder riskant arbeitet, dass sie im Gegensatz zu jedem anständigen Metzgermeister von einer Bank keinen Kredit bekommen. Das gilt nicht unbedingt für die Constantin Film AG, in dem Fall handelt es sich nach unserem Eindruck eher darum, dass die Firma halt die Subventionen gern mitnimmt, die man gerade ihr gern zuteil werden lässt. Denn oft genug hat man bei der FFA und ihren Entscheidungen, inklusive der letzten Leitlinienanpassung, den Eindruck, die Filmförderanstalt sei so unabhängig nicht, und diene keineswegs der Gesamtheit des »deutschen Films« (was immer das heißt), sondern sehr bestimmten Firmeninteressen.
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Um das zu kaschieren, bemüht man dann das Argument des Publikums. Die Logik dieses Arguments lautet in etwa so: Viele Zuschauer gehen in einen bestimmten Film. Daraus folgt: Sie wollen ihn sehen. Was viele Zuschauer sehen wollen, ist interessant. In einen anderen Film gehen wenig Zuschauer, daraus folgt: Sie wollen ihn nicht sehen. Was wenige Zuschauer sehen wollen, ist uninteressant.
Natürlich ist das ein Scheinargument. Denn schlicht gesagt, hängen Zuschauerzahlen nicht von der Qualität eines Films ab, sondern von anderen Faktoren: Zuallererst der vom Verleih eingesetzten Kopienzahl. Zweitens der Zahl der Vorstellungen pro Tag, ihrer Zeiten und der Anzahl der in den Kinos zur Verfügung stehenden Zuschauerplätze. Das interessierte Publikum muss die Chance haben, einen Film überhaupt sehen zu können. Und nicht wenige deutsche Filme scheitern genau hier.
Dabei spielt auch die Marktmacht der jeweiligen Verleiher eine Rolle: Selbstverständlich können bestimmte Verleiher per Koppelgeschäften Filme in die Kinos pressen: Willst du, lieber Kinobetreiber Film A, dann musst du aber auch vorher die Filme B,C,D spielen, sonst bekommst du A nicht. Damit gehen zugleich Plätze für andere Filme verloren.
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Warum es Sinn macht, auf der Berlinale rum zu stehen #calltoaction
Mareile Blendl, out takesLeider nicht meine Füße. Weil mein Fotograf krank ist, hab ich hier auf das COVER meines Kooperationspartners: MAX-BROWN-HOTEL-MAGAZIN zurück gegriffen. Das Motiv stammt von Maxime Ballesteros.
#calltoaction #thefutureisunwrittennow #tellyourstory
Dieses Jahr war ich auf der Berlinale zu ein paar Empfängen eingeladen. Natürlich bin ich hingefahren. Ich habe meine schönsten Kleider angezogen, meine höchsten Schuhe (an dieser Stelle ein großes, ernst gemeintes Dankeschön an meine Füße). Meine Recherche nach dem Festival hat ergeben, dass Botoxeinspritzungen in die Fußsolen das Schmerzempfinden längerfristig senken können. Ich hatte „Lokalanästesie Fuß“ gegoogelt. Und war wenig überrascht, dass so was längst praktiziert wird, nur noch krasser. Meine Güte. Tut das nicht. Eine kurze, spontane Vollnarkose reicht doch völlig aus.
Letztes Jahr konnte man, äh frau ja auch in Turnschuhen gehen,
da gab es die Initiative #nowbodysdoll, (über die hab ich HIER geschrieben, sie waren gegen sexistische Klamotten und zu hohe Schuhe auf dem roten Teppich) dieses Jahr hab ich von denen leider nix gehört und hab mich deshalb freundlich lächelnd auf brennenden Sohlen zwischen all den anderen Berlinale-Gästen eingereiht.
Ich habe einige Hände schütteln dürfen
und es hat sich oft genug angefühlt, wie eine kleine Audienz. Immerhin. Nicht JEDER war bereit, seine Zeit in ein Gespräch mit mir zu investieren. Dafür hab ich jede Menge Kolleginnen und Kollegen ebenso porös rumstehen sehen, wie mich selbst. Und habe innerlich jedem von Ihnen für sein Standing applaudiert. (Und das nicht nur wegen der super-hohen Schuhe, die die meisten Frauen trugen. Mein Applaus galt auch den männlichen Kollegen). Ihr wisst, es ist mein Lieblingsthema: Sich selbst zu Markt zu tragen ist sehr diffizil. Weiterlesen
Filmfestivals – eine eigene Welt
out takes, Peter HartigNur kommende Filme schauen und staunen??Von wegen!?Filmfeste sind meist mehr als Glitzer und Party. Sondern Werkstätten der Filmkultur – und eine Chance fürs Kino. | Foto © Max-Ophüls-Preis, Oliver Dietze
Frau Krainhöfer, seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Filmfestivals rund um die Welt vervielfacht. Woher kommt dieses plötzliche, rapide Wachstum?
Zuallererst ist der Film neben seiner Funktion als Wirtschaftsgut das Kulturmedium mit der größten Attraktivität und dem breitesten Zugang unter einem möglichen Publikum. Unabhängig von Herkunft, Bildung oder sozialem Hintergrund verfügt der Film über eine Beliebtheit weit über Literatur, Theater, Tanz hinaus.
Auch deshalb gelingt es Filmfestivals auf vielen Feldern, Wirkung zu erzielen und wertvolle Impulse zu setzen: In Deutschland zum Beispiel erweitern sie an kleinen Standorten wie auch auf dem Land deutlich das kulturelle Angebot oder erhalten die Kinokultur, wo die Kinos selbst oft verschwunden sind. Aber auch in den Städten sprechen sie ein Publikum an, das im normalen Kinobetrieb kaum oder gar nicht bedient wird. Das gilt nicht nur für spezielle Interessen, wie sie etwa das rumänische Filmfestival für die rumänische Diaspora oder Freunde des südosteuropäischen Films bedient oder wie Underdox als Festival für Dokument und Experiment den Cineasten herausragende künstlerische Positionen präsentiert.
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Gewinner FairFilmAward Fiction 2019
out takes, Peter Hartig(von links nach rechts): Rüdiger Suchsland (Filmjournalist), Michael Tinney (Bantry Bay Productions, Produktionsleiter), Eva Kaesgen (Bantry Bay Productions, Producerin), Georg Bonhoeffer (Bantry Bay Productions, Herstellungsleiter), Lisa Basten (Medienwissenschaftlerin), Cecile Lichtinger (Claussen+Putz Filmproduktion, Produktionsleiterin), Oliver Zenglein (Crew United, Geschäftsführer), Nicole Barras (Schweizer Syndikat Film und Video, Geschäftsführerin), Mercedes Echerer (EU XXL, Vorstand) | Foto © Alena Sternberg
Christian Petzolds POLIZEIRUF 110 – TATORTE gewinnt den FairFilmAward 2019 Fiction in der Kategorie Spielfilm. In der Kategorie Serie erhält DAS WICHTIGSTE IM LEBEN den Preis für die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Jahr 2018. Die Verleihung fand am 7.2.2019 im Rahmen des von Crew United ausgerichteten Crew Call Berlin statt
München, 7. Februar 2019 – Die Branchenplattform Crew United präsentierte heute in Kooperation mit über 20 Branchenverbänden und -institutionen die Verleihung des FairFilmAward Fiction 2019 im Rahmen des Crew Call Berlin. Für die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen im Jahr 2018 in der Kategorie Spielfilm gewinnt der Fernsehfilm aus der ARD-Krimireihe Polizeiruf 110 von Regisseur Christian Petzold POLIZEIRUF 110 – TATORTE der Claussen+Putz Filmproduktion GmbH. Die Vox-Serie DAS WICHTIGSTE IM LEBEN, produziert von der Bantry Bay Productions GmbH, erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Serie. Mit der jährlichen Auswertung und Auszeichnung fairer Film- und Fernsehproduktionen wird ein wichtiges und sichtbares Zeichen für mehr Fairness in der Film- und Fernsehbranche gesetzt.
Oliver Zenglein, Geschäftsführer von Crew United kommentiert: „Die Verleihung des FairFilmAward setzt das Thema faire Arbeitsbedingungen in der Film- und TV-Produktion jährlich zum Auftakt der Berlinale auf die Agenda der deutschen Filmbranche. Wir halten es für notwendig, mit diesem Preis immer wieder deutlich zu machen, dass der Glanz des roten Teppichs nichts mit der oft prekären Lebenswirklichkeit von Filmschaffenden zu tun hat!“
Der FairFilmAward wird seit 2011 von der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände DIE FILMSCHAFFENDEN und seit 2012 in Zusammenarbeit mit Crew United vergeben. Grundlage für die Auszeichnung ist eine umfassende Umfrage unter 1.500 projektbeteiligten Filmschaffenden auf Basis eines Kriterienkatalogs für faire Filmprojekte, der folgende Bereiche umfasst: Chancengerechtigkeit, Gleichbehandlung und Diversität; Vertragskonditionen, Gagenhöhe und Entgelte; Kommunikation und Arbeitsklima; Arbeitszeiten und Arbeitsschutz; Professionalität und Qualifizierung; Umweltschutz; Nachhaltigkeit, Solidarität und Perspektiven.
Nominiert für den FairFilmAward 2019 waren die Produktionsfirmen Bantry Bay Productions GmbH, Bavaria Fiction GmbH, Claussen+Putz Filmproduktion GmbH, Saxonia Media Filmproduktionsgesellschaft mbH und, mit zwei Produktionen, Filmpool Fiction GmbH.
Im Mai 2019 wird im Rahmen des DOK.fest München erneut der FairFilmAward Non-Fiction verliehen.
FairFilmAward Fiction 2019 in der Kategorie Spielfilm
POLIZEIRUF 110 – TATORTE
Claussen+Putz Filmproduktion GmbH
Regie: Christian Petzold
Produktionsleiter: Cecile Lichtinger
FairFilmAward Fiction 2019 in der Kategorie Serie
DAS WICHTIGSTE IM LEBEN
Produktion: Bantry Bay Productions GmbH
Regie: Till Franzen, Laura Lackmann, Stefan Bühling
?Produktionsleiter: Olav Henk
Nominierungen für den FairFilmAward 2019:
https://out-takes.de/index.php/2019/die-nominierungen-fuer-den-fair-film-award- fiction-2019/
Fairness-Kriterien FairFilmAward 2019:
https://www.crew-united.com/downloads/fairness/
Branchenverbände als Partner:
Branchenverbände als Partner: Berufsverband Kinematografie e.V., Berufsvereinigung Filmton e.V., Bundesverband Beleuchtung und Bühne e.V., Bundesverband Casting e.V., Bundesverband der Fernsehkameraleute e.V., Bundesverband deutscher Stuntleute e.V., Bundesverband Filmschnitt Editor e.V., Bundesverband Locationscouts e.V., Bundesvereinigung Maskenbild e.V., Deutsche Akademie für Fernsehen e.V., Deutsche Filmakademie e.V., fairTV e.V., EU XXL Film, Interessenverband Deutscher Schauspieler e.V., Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e.V., Verband der Berufsgruppen Szenenbild und Kostümbild e.V., Verband der Requisiteure & Set Decorator e.V., Verband Deutscher Filmproduzenten e.V., VdNA-Film e.V. Verband Deutscher Nachwuchs-Agenturen, Verbände PRO Tarif (VPT), Filmverband Südwest e.V., VRFF Die Mediengewerkschaft – BG Freie Produktionswirtschaft
Livestream – Fair Film Award Fiction 2019
out takes, Tina ThieleAm 7.2.2019 ab 20.30 Uhr haben wir live aus dem Kesselhaus der Kulturbrauerei Berlin die Verleihung des Fair Film Award Fiction 2019 übertragen.
Der Preis wird von Crew United im Namen folgender 22 Institutionen und Verbänden verliehen:

Moderation: LISA BASTEN, Wissenschaftlerin, die regelmäßig zu Arbeitsbedingungen in der Filmbranche publiziert und RÜDIGER SUCHSLAND, Filmkritiker, Filmregisseur und engagierter Aktivist für das Kino, Kinofilme und ihre ästhetische Diversität
7 Mythen
out takes, Peter Hartig2010 gewann zum ersten Mal eine Frau den »Oscar« für die beste Regie – es war die 82. Verleihung. Kathryn Bigelow (hier bei den Dreharbeiten zu Blue Steel) war zu der Zeit mit Filmen wie Gefähliche Brandung, Strange Days oder Blue Steel schon längst eine feste Größe im Action-Film. Ihr Kriegsdrama Tödliches Kommando – The Hurt Locker wurde 2010 mit sechs »Oscars« ausgezeichnet. Ihr folgendes Werk Zero Dark Thirty war in fünf Kategorien nominiert.
Talent und Fleiß allein sind nicht genug. Dass die Filmbranche so wenige Regisseurinnen hat, liegt an Strukturen und Vorurteilen. Sieben Mythen und die Fakten.
Text Skadi Loist und Peter Hartig
50 Prozent. Nicht weniger fordert die Initiative Pro Quote Film für die deutsche Produktionslandschaft. Frauen kommen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Fördermitteln zu kurz, verdienen weniger als Männer in den entsprechenden Positionen, sind in Gremien und Führungsfunktionen schwächer vertreten. Die Folge: Das Bild von der Welt, das Film und Fernsehen vermitteln, wird immer noch zum größten Teil von Männern gezeichnet – die andere Hälfte der Welt kommt kaum zu Wort. »Die Welt in Filmen hinkt der Realität hinterher«, meint Pro Quote Film dazu: »In fiktionalen Rollen arbeiten nur 20 Prozent der Frauen, davon nur 1 Prozent als Managerinnen, Politikerinnen oder Wissenschaftlerinnen.«
Zwar wird seit der Gründung der Initiative vor vier Jahren rege über eine Quote diskutiert, der große Wandel steht aber noch aus, wie zuletzt der (inzwischen fünfte) Diversitätsbericht des Bundesverbands Regie zeigte, der auf den RegieTagen im November vorgestellt wurde. Alles andere wäre auch überraschend gewesen. Denn der Diversitätsbericht untersuchte die Produktionen des vorangegangenen Jahres, die bereits gelaufen oder gesendet waren. Die meisten befanden sich also schon in Arbeit, ehe sich zum Beispiel die ARD-Produktionstochter Degeto auf eine freiwillige Regie-Quote von 20 Prozent selbst verpflichtete. Ob dieser reduzierte Anspruch tatsächlich umgesetzt wurde, wird also erst der nächste Diversitätsbericht zeigen.
Doch eine Quote wird von vielen abgelehnt: Allein durch Talent und Fleiß beweise sich, wer auf den Regiestuhl passt. Also seien die Chancen doch gleich, und eine Frau mehr oder weniger selbst schuld, wenn sie nicht das Zeug dazu hat, argumentieren die Gegner der Quote.
Etliche Studien in mehreren Ländern widersprechen dem: Strukturen und Geschlechtervorurteile der Branche machen es auch den fleißigsten Talenten schwerer, wenn die in einem weiblichen Körper stecken. Deutsche Regisseure haben zurzeit eine Männerquote von 85 Prozent, Filmfördermittel streichen sie sogar zu 90 Prozent ein.
»Above the Line« wird die Luft für dünn – in fast allen Sparten. Das Problem ist global, selbst Amerika hat es nicht besser: Erst 2010 erhielt mit Kathryn Bigelow für The Hurt Locker erstmals eine Frau den »Oscar« für die beste Regie – es war die 82. Verleihung. Weitere acht Jahre dauerte es, bis Rachel Morrison als erste Kamerafrau überhaupt in ihrer Kategorie mit Mudbound für einen »Oscar« nominiert wurde.
Den Vorurteilen und Mythen ist damit kaum beizukommen. Die Medienwissenschaftlerin Skadi Loist hat darum den sieben gängigsten dieser Argumente, wie es zur Benachteiligung von Frauen und Minoritäten in der Filmbranche komme, die Ergebnisse der vielen Studien gegenübergestellt. Wir listen sie hier in Kurzform auf. Loists Artikel Gendered Media Industries. Argumente für eine geschlechtergerechte und diverse Filmindustrie ist mit allen Quellenangaben im Oktober in Navigationen – Zeitschrift für Medien und Kulturwissenschaften erschienen.
Mythos 1: Die Medienbranche ist geschlechterneutral. Allein Qualität entscheidet darüber, wer sich durchsetzt.
Viele Entscheidungen in der Filmbranche werden subjektiv gefällt – von der Unterstützung von Filmideen bis zu Kooperationspartnerschaften. Für die FFA-Studie Gender und Film von 2017 hatten viele Filmschaffende ›Bauchgefühl‹, eigenes inhaltliches Interesse und Vertrauen zu den Akteuren als entscheidend angegeben.
Stereotype Zuschreibungen werden weiter verstärkt, wenn Entscheidungsgremien homogen besetzt sind. Viele Gremien und Redaktionen setzen sich aus weißen, älteren Männern aus der Mittelschicht zusammen. Je höher die Hierarchie, desto höher ist die Männerquote.
Filme, die von Männern realisiert werden, haben größeren kommerziellen Erfolg. Filme, die von Frauen realisiert werden, sind bei Kritik und Jurys angesehener. Weiterlesen