Til Schweiger in Honig im Topf - © Warner Bros.

Die Guten ins (Honig-)Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen; aber besser kein Honig im Topf, als Nebel im Hirn: Die einsei­tige Erfolgs­hö­rig­keit des deutschen Films ist sein größter Fehler; und das Neueste von der dffb – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 102. Folge

»Ehrlich gesagt, Til, ich beneide dich darum, dass du weißt, wie es geht. Ich beobachte dich dabei und versuche zu lernen.« Also sprach Ralph Schwingel, erfolg­rei­cher deutscher Produzent, bei der Deutschen Film­aka­demie. Das Zitat ist vermut­lich schon ein paar Jahre her. Wir haben es ausge­graben, weil Schwingel diese Woche plötzlich und uner­wartet aus ganz anderen Gründen im Gespräch ist. Dazu weiter unten mehr.
Es erscheint uns aber inter­es­sant im Zusam­men­hang mit einem zweiten Statement.

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Das stammt von Medien­board-Chefin Kirsten Niehuus, und wurde uns von Studenten aus anderen Städten als Berlin (das muss man hier ja mal dazusagen) als Gedächtnis-Protokoll einer Rede über­mit­telt, die Niehuus am Studen­tentag während der letzten Berlinale gehalten hat, und über die sie als Menschen die den warm­her­zigen Berliner Ton nicht gewöhnt sind, doch etwas scho­ckiert waren. Zitate nicht ganz wort­wört­lich aber sinngemäß: »Wenn ihr Film­för­de­rung wollt, guckt doch mal, wo ihr zuhause seid und versprecht euch nicht zuviel von Berlin Bran­den­burg. … Ich guck ja eher so Formate wie ‚True Detective‘ und ‚Big Bang Theory‘, und ich will ja nicht so direkt dafür werben, dass alle nur noch Til-Schweiger-Filme schreiben, aber man muss sich schon fragen, warum der fünf Millionen Zuschauer hat, … es wäre schon gut, wenn man an sein Publikum denkt und auch fünf Millionen Zuschauer bekommt – und solche Stoffe möchte ich gerne auf meinem Schreib­tisch finden.
Über Genia­lität freuen sich die Eltern, nach der Ausbil­dung kommt harte Arbeit. …« Weiterlesen

Nackt-Protest von DFFB-Studenten auf dem Roten Teppich der Berlinale - © http://dffbjetzt.blogspot.de

Die Sozi­al­de­mo­kratie, die Kunst und ihr Tod: Die dffb, halb­ver­kauft, vor der Entschei­dung über ihr Selbst­ver­s­tändnis und die Berliner SPD im intel­lek­tu­ellen Koma – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 101. Folge

»Art is by so much the most exiting thing in the world.«
Philip Larkin, 15. Juni 1943

»A little mouse of thought appears in the room, and even the mightiest poten­tates are thrown into panic.«
Winston Churchill (»The Defence of Freedom and Peace (The Lights are Going Out)«)

»Warum muss die dffb gerettet werden?«, fragte Oskar Roehler, so wie es schon Erna Kiefer (NRW-Film­stif­tung) und Kathrin Stein­brenner (EFM-Presse) am Eingang gefragt hatten. Und als dann auch noch Stefan Arndt mich fragte: »Warum muss die dffb gerettet werden?«, da spätes­tens wusste ich, dass es die richtige Entschei­dung gewesen war, mir während der Berlinale den Sticker »SAVE dffb!« anzuste­cken.

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Die Studenten der dffb, der Berliner »Deutschen Akademie für Film und Fernsehen« proben seit einigen Wochen den Aufstand. Bisher hätte ich in dieser Formu­lie­rung unbedingt das Wort »Aufstand« betont, gerade möchte ich lieber von Probe sprechen. Denn im Augen­blick sieht es so aus, als ob die Studenten in Gefahr laufen, sich von den Macht­ha­bern der soge­nannten Berliner Film­kultur, die den Prozess aussitzen wollen, über den Tisch ziehen zu lassen, von den Funk­ti­onären und ihren Wasser­trä­gern, aus Naivität, mindes­tens, und vers­tänd­li­cher Furcht, und vieles von dem, was sie in den letzten Wochen aufgebaut und erreicht haben, krachern wieder zunichte werden zu lassen.

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Ein Film, der überfällig ist: Elser

Selbst­ver­schul­dete Unmün­dig­keit, deutsches Geld für deutsche Filme, fran­zö­si­sieren wir uns – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 100. Folge

»Der einzige Weg mit einer unfreien Welt umzugehen, besteht darin, absolut frei zu sein.« hat Albert Camus gesagt. Étienne de la Boétie (fran­zö­si­scher Hoher Richter von 1530 – 1563) drückt es noch etwas besser aus, wenn er sagt:
»Der Unter­drü­cker hat weiter nichts als die Macht, die ihr ihm zugesteht, um Euch zu unter­drü­cken.
Woher hat er genügend Augen, Euch auszu­kund­schaften, wenn Ihr sie ihm nicht selbst liefert?
Woher soll er die vielen Arme haben, Euch zu schlagen, wenn er sie sich nicht von Euch ausborgt?
Wo bekommt er die Füße her, Eure Städte nieder­zu­tram­peln, wenn es nicht Eure eigenen sind?
Wie kann er Gewalt über Euch haben, wenn nicht durch Euch selbst?
Wie könnte er es wagen, Euch zu über­fallen, wenn nicht durch Eure eigene Mitwir­kung?“

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Erstens, damit das auch einmal gesagt ist: Dieser Text und diese Kolumne sind nicht isla­mo­phob. Zweitens: Jeder hat das Recht, isla­mo­phobe Texte zu schreiben, soviel er will.

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Blick in die Zukunft: Interstellar von Christopher Nolan

Jungs und Frauen: Die fröhliche Wissen­schaft des Sehens im Kinojahr 2014 – Ein etwas anderer Jahres­rück­blick in drei Teilen. Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 99. Folge

»Was wir Sinn nennen, wird verschwinden.«
Max Horkheimer, vor ziemlich genau 45 Jahren, im lesenswerten Spiegel-Interview am 5.1.1970

Fehlenden Mut zum Neuar­tigen und »eine fast depres­sive Grund­stim­mung« führe dazu, »dass Bauherren sich nicht trauen, eine mutige Archi­tektur zu machen, und Archi­tekten keine Aufträge für mutige Archi­tektur bekommen«, so klagte der Archi­tek­tur­wis­sen­schaftler Friedrich von Borries, der an der Hamburger Hoch­schule für bildende Künste lehrt. Durch einen konser­va­tiven Umschwung in den 1980er-Jahren sei das Vertrauen in die Archi­tektur als Zukunfts­motor verlo­ren­ge­gangen.
Die HfbK ist bekanntlich auch eine Filmhochschule, und das, was Borries sagt, könnte man genauso über das Kino sagen: seit den 80ern gibt es viel Spektakel, aber wenig Mut. Man redet dem breiten Volk nach dem Mund, will Beifall statt Irritation. Es gilt für die Kunst wie für die Politik, wie für unsere gesamten Lebensverhältnisse. Und dieser Befund belegt nur einmal mehr: Das Kino ist ein gesellschaftliches Phänomen.

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Eine Woche nach dem letzten »Wetten das…?« starb Udo Jürgens. Sagt uns das irgend­etwas? Der Tod der 70er Jahre viel­leicht?

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Jetzt ist sie schon fast wieder vorbei, die Zeit der Jahres­rück­blicke. Auch von mir kommt noch einer, klar. Weiter unten dann, ganz konven­tio­nell. Zuerst aber ein etwas anderer Blick zurück, einer, der aller­dings nicht weniger erzählt, als die dankens­werten und geschät­zten Listen mit den besten, inter­es­san­testen und schlimmsten Film­er­leb­nissen und den »Magischen Momenten«.

I.Teil: 604 Filme sind immer noch zu wenig

»Human kind cannot bear very much reality.«
T. S. Eliot: »Four Quartets: I. Burnt Norton«

604 Filme kamen 2014 in die deutschen Kinos. Krasse Zahl, kaum zu glauben. Die aller­meisten von ihnen hat niemand gesehen. Und vieles, was wir gesehen haben, ist schon wieder vergessen. Manchmal zu Unrecht, oft zu Recht, in beiden Fällen.
Wer erinnert sich zum Beispiel noch an Das erstaun­liche Leben des Walter Mitty von Ben Stiller, den ersten Film, der 2014 startete, gleich am ersten Tag des Jahres? Oder an Terry Gilliams The Zero Theorem, an Das Verschwinden der Eleanor Rigby von Ned Benson oder an Nadav Schirmans The Green Prince, die erst vor einem Monat starteten ? Oder Patong Girl, einer der besten deutschen Filme des Jahres, unverständlicherweise zwischen Weihnachten und Sylvester gestartet.

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»Man muss natürlich immer gegen die Tyrannei kämpfen.« (Fritz Lang)

Man muss natürlich immer gegen die Tyrannei kämpfen und wie Bernd Neumann Monika Grütters‘ einmal eine Chance gab, und sie diese ohne Not verspielte – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 95. Folge

Jean-Luc Godard: Sie heißen Fritz Lang und ich Jean-Luc Godard. Sie haben viel mehr Filme gedreht als ich… Wissen Sie, wieviele?
Fritz Lang: Nein.
Godard: Aber ich. Sie haben 42 Filme gedreht.
Lang: Mein Gott!
Dialog am Beginn eines langen Gesprächs, das Godard im November 1964 mit Fritz Lang führte, für die Fern­seh­serie »Cineastes de notre temps ». Godard war damals 34 Jahre alt, Lang 74 Jahre.

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Kurze Zeit später in diesem wunder­baren Gespräch zwischen Godard und Lang, das uns an eine Kino­kultur erinnert, die leider inzwi­schen fast verschwunden ist, weil weder Publikum, noch Kultur­po­litik an ihr auch nur halb im Ernst inter­es­siert wären, kurze Zeit später in diesem Gespräch sagt Fritz Lang den Satz »Wenn man älter wird, hat man Angst, den Kontakt zur Jugend zur verlieren, das ist in allen Berufs­sparten so. Ich jeden­falls hatte Angst davor.«

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Die Verlän­ge­rung von Dieter Kosslicks Vertrag als Berlinale-Chef, die vor einer Woche, da war ich gerade auf dem Weg zur IDFA in Amsterdam, vom BKM, dem Bundes­staats­mi­nis­te­rium für Kultur bekannt gegeben wurde, ist eine sehr schlechte Nachricht.
Es ist eine schlechte Nachricht für die Berlinale selbst, eine schlechte Nachricht für das deutsche Kino. Und eine schlechte Nachricht für die deutsche Kultur­szene.

Warum? Zur Berlinale und den Folgen des derz­ei­tigen Berlinale-Kurses für das deutsche Kino, und das Kino-Vers­tändnis des breiten Publikums haben wir bei anderer Gele­gen­heit schon oft geschrieben, und neue Gele­gen­heiten werden bis mindes­tens 2019 noch viel zu viele kommen. Konz­en­trieren wir uns also auf den letzten Punkt.

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»Do what you want!« – das lernt auch Marieme in Bande De Filles, Celine Sciammas diesjährigem Cannes-Film über vier starke, schwarze Girls aus Paris.

Mitten im Leben, vom Tode umgeben: Warum ich Feminist bin und für das Recht auf einen freien Tod, und was das mitein­ander zu tun hat – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 93. Folge

»’Where should I go?‘ said Alice.
‚That depends on where you want to end up.‘ replied The Cheshire Cat.«

Alice in Wonder­land

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Es wäre sehr lustig, wenn es nicht so grotesk gewesen wäre und auch ein bisschen traurig: Pres­se­kon­fe­renz im Berliner Arsenal. Ich kam etwas zu spät, es hat gerade schon ange­fangen. Zehn Frauen sitzen vorne, wie die Hühner auf der Stange. Im Saal weitere 29, bis zum Ende der Veran­stal­tung kommen noch drei dazu. Dazwi­schen genau zwei Männer. Ich bin der dritte.

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Dienstag, 14.10., 11 Uhr vormit­tags. Vorge­stellt wird der Aufruf »Pro Quote Regie« in Form einer Pres­se­kon­fe­renz. Es läuft etwas falsch, scheint mir, wenn die Redak­tionen (darunter diverse Redak­teu­rinnen) zu so einem Termin dann nur die Frauen schicken. Redak­teu­rinnen waren übrigens gar nicht vertreten, sofern ich niemanden übersehen habe.

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Den Aufruf haben bislang rund 200 Regis­seu­rinnen unterz­eichnet, aus allen Gene­ra­tionen und Stil­rich­tungen, darunter sehr bekannte Namen des deutschen Kinos, die meisten, aber nicht alle von ihnen Deutsche. Männer dürfen übrigens nicht unter­schreiben, wohl damit das Ganze weiterhin »Aufruf der Regis­seu­rinnen« betitelt werden kann. Es gibt aber eine zweite Liste, auf der sich Unter­s­tützer beiderlei Geschlechts finden. Gefordert wird in dem Aufruf »die Einfüh­rung verbind­li­cher Frau­en­quoten« in den öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk­an­stalten, den Film­för­de­rungen des Bundes und der Länder, sowie in alle »Insti­tu­tionen … in denen öffent­liche Mittel für Produk­tions- und Regie­auf­träge vergeben werden.« Man wünscht einen Anteil von 30 Prozent bis zum Jahr 2017, und 42 Prozent bis 2019 – das entspricht dem aktuellen Anteil von Frauen mit Regie-Diplom.
Gefördert wird weiterhin eine wissen­schaft­liche Studie »zu Werdegang und beruf­li­cher Situation von Regis­seu­rinnen in Deutsch­land sowie zur Verga­be­praxis von Rund­funk­an­stalten und Förder­gre­mien.« Man bietet den Verant­wort­li­chen bei Förder­gre­mien und Sendern einen Dialog an. Sie glauben: »Eine gerech­tere Film- und Fern­seh­för­de­rung kann nur gemeinsam mit der Politik und den Verant­wort­li­chen in den Sende- und Förder­an­stalten erreicht werden.« Mal abwarten.

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Ich geb’s zu: Als ich zuerst davon gelesen hatte, dachte ich: Was für ein Schwach­sinn! Muss das sein? Gibt es nicht wich­ti­gere Fragen als eine Frau­en­quote? Weiterlesen

Kohlhaas Oder Die Verhältnismäßigkeit Der Mittel

Und auch der Film­aka­demie würden Flug­blätter gut tun – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 88. Folge

»Es gibt keine Grenzen, aber man kann welche ziehen.«
Witt­gen­stein

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Es gibt ein Papier, das nicht Manifest genannt werden will, sondern Flugblatt. Viel­leicht hat man sich da inspi­rieren lassen von den Papier­flie­gern, die bei den dies­jäh­rigen Ober­hau­sener Kurz­film­tagen über die Leinwand huschten. Mit Flug­blät­tern beginnen Refor­ma­tionen und Revo­lu­tionen und so wollen wir diesem Papier Glück wünschen auf seinem Flug durch die Szene.

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Man kann es hier nachlesen und sollte es auch. Denn auch wer sich an manchen Unschärfen in Ausdruck, Ansicht und Stoß­rich­tung stört, oder den Begriff »Akti­vismus« doof findet, der wird doch zugeben müssen, dass die Ziel­rich­tung stimmt.
Die wichtigen Probleme werden benannt: die Lüge des Prag­ma­tismus. Das zum Stammeln herun­ter­ge­kom­mene Reden über Film. Beklagt wird da ganz selbst­kri­tisch der Verfall der Kritik, ihre Zurich­tung auf Dienst­leis­tungen, ihre erzwun­gene Anpassung an Markt­ge­ge­ben­heiten. Der Markt hat aber nicht recht, sondern ist der Feind, das wird hier deutlich.

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Klaus Lemkes Kein Großes Ding, einer von vielen Filmen made in Berlin, die jetzt bei »achtung berlin« laufen

Erin­ne­rungen an Menschen am Sonntag und die Neunziger Jahre; der X-Filmpreis und der öffent­liche Selbst­mord des ZDF – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 85. Folge

Längst hat der Berlin-Hype ein Ende, auch unter Filme­ma­chern. Noch vor fünf Jahren gab es gute objektive Argumente für die Letzten der deutschen Filmszene, nach Berlin zu ziehen: Eine vibrie­rende, moderne, unspießige Haupt­stadt­kultur, dazu billige Mieten, billiges Leben, viele freie Wohnungen, und eine großzügige, vergleichs­weise stark an Kunst und Inde­pen­dent-Kultur inter­es­sierte Film­för­de­rung. Mit alldem ist es vorbei: Die Kultur hat schon lange den Charme der Wendezeit und der 90er verloren, der noch bis in die frühen Nuller­jahre anhielt. Heute muss man in den Kneipen von Berlin-Mitte – falls man da zwischen den ganzen Back­pa­ckern überhaupt einen Platz bekommen hat – und auch in Kreuzberg früher reingehen als in München, weil sonst die Nachbarn anrufen. Die Küche macht dann auch gleich zu. Die Mieten werden immer teurer, die Lokale immer doofer. Und die Film­för­de­rung, die vor Jahren noch stolz darauf war, »kleine schmut­zige Berlin-Filme« zu fördern, hat für derglei­chen kein Interesse mehr. Gefördert werden die Groß­kop­ferten von »X-Filme« und den zwei, drei anderen größeren Verlei­hern, die Firma Teamworxx und die Ameri­kaner. Aber selbst dieje­nigen Inde­pen­dent-Filme­ma­cher, die nach meiner Ansicht schon vor Jahren nur noch als Feigen­blatt die ganz anderen Pläne des Medien­board ein wenig verdecken sollten, bekommen heute ihre Projekte nicht mehr finan­ziert, von anderen erstaun­li­chen Entschei­dungen einmal ganz zu schweigen. Kein Wunder, wenn man allein schon daran denkt, dass der RBB der einzige soge­nannte »Haus­sender« des Medien­boards ist – lassen wir es mal bei dieser sach­li­chen Fest­stel­lung, ohne weiteren Kommentar.
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Arne Birkenstocks Beltracchi – Die Kunst der Fälschung

Die Kunst der Fälschung: Wie ein Doku­men­tar­film skan­da­li­siert wird – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 82. Folge

»Ein Kritiker muss dem Main­stream wider­stehen, er sollte die Seite stark machen, die in der öffent­li­chen Debatte gerade schwach ist. Ein Kritiker ist nur dann einer, wenn er sich als Anti-Esta­blish­ment versteht.«
Susan Sontag, mal wieder, diesmal in einer Szene in Martin Scorseses Untiteled New York Review of Books Project, der als »work in progres« auf der Berlinale lief.

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Empörung an sich mag vers­tänd­lich sein, ist aber immer auch etwas frag­wür­diges. Sehr nach­voll­ziehbar kriti­sierten gerade deutsche Medien in den letzten Jahren Empö­rungs­ten­denzen in der deutschen und inter­na­tio­nalen Öffent­lich­keit. Wenn es um die »Wutbürger« von Stuttgart ging, um Sarrazins Geschwätz von den Kopf­tuch­mä­dels, um euro­pa­feind­liche D-Mark-Freunde, um Recht­po­pu­listen oder zuletzt um Schweizer Frem­den­feinde – da standen die deutschen Jour­na­listen instinkt­si­cher gegen solch‘ vermeint­lich »gesundes Volks­emp­finden«, plädierten für Vernunft, Diffe­ren­zie­rung, Objek­ti­vität. Mit anderen Worten: Für Aufklä­rung.

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Gefähr­lich wird es dann aber schnell, wenn sich Jour­na­listen einmal selbst empören. Dann kennen sie keine Gnade, dann trieft Moral und Recht­schaf­fen­heit aus jeder ihrer Zeilen, so, als sei man froh, endlich einmal das offenbar so schwere Joch der Skepsis abwerfen und ganz subjektiv drauf­los­le­dern zu dürfen. So, als fürchte man auch ein wenig die eigenen Zweifel, den eigenen Verstand, und müsse daher um so lauter sich krakee­lend gebärden. Weil es natürlich sie selbst betrifft.

So geschehen vor Jahren beim »Fall Tom Kummer«, jenem SZ-Jour­na­listen, der Inter­views frei erfunden hatte. Dass dazu immer auch ein paar Leute gehörten, die sie ihm gern und gegen alle Zweifel abkauften, wurde schnell vergessen. Erst recht die Frage, ob diese Inter­views womöglich gut und inter­es­sant zu lesen waren, ob sie in gewissem Sinn »Kunst­werke« waren, und ob die ganze Geschichte womöglich einige tiefere Wahr­heiten über den Medien­be­trieb verriet.
Noch einmal ging es so, als dann ein Film über Kummer gemacht wurde.

Und jetzt gibt es endlich wieder einen Anlass: Diesmal sind es vor allem Kunst­kri­tiker und Kunst­jour­na­listen, die mit Schaum vorm Mund und wie gleich­ge­schaltet, mit unter auch recht hirnlos und in jedem Fall ohne eine Spur Humor und Gelas­sen­heit über einen Film reden und schreiben: Die Kunst der Fälschung ist ein Doku­men­tar­film, der kommende Woche in die deutschen Kinos kommt. Er handelt von dem Fall des Malers und Kunst­händ­lers Wolfgang Belt­racchi und all den inter­es­santen Geschichten, die dazu­gehören: Belt­racchi hat über Jahrzehnte Gemälde erfunden und diese Werke als angeb­liche Originale für hohe Summen verkauft. 2010 flog der Fall auf, 2011 wurde Belt­racchi wegen gewerbs­mäßigen Betrugs zu sechs Jahren Haft verur­teilt, und in der Öffent­lich­keit zum »Jahr­hun­dert­fäl­scher« erklärt.

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Korinna Kraus als Fräulein Else | © HFF & Anna Martinetz 2013

Soll das wirklich die Zukunft des deutschen Kinos sein? Große Vorbilder, Deutsche und die Filmwelt, Genre­mo­tive und verspielte Zukunft: Das beste deutsche Kino liegt jenseits der Arte-Povera – und andere Beob­ach­tungen beim beim 36. »Festival Max-Ophüls-Preis« – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 80. Folge

»War is an uncertain thing. The enemy has a brain, they adapt and adjust, and as Dwight Eisenhower said ‚the planning is important, but the plan is nothing.’«
Donald Rumsfeld

»Aber ich liebe Euch doch alle!«
Erich Mielke

»…und dann und wann ein weißer Elephant.«
Rilke

Schwarze Tage an der Börse, mal wieder. Else, ein Mädchen aus gutem Haus, verwöhnt gewiss, aber weder dumm noch abgehoben, wird von ihren Eltern den Gläu­bi­gern zum Fraß vorge­worfen: Sie soll einen Reichen heiraten, damit der Kredit der Alten weiter fließt – ein Opfergang von ganz irdischem, also unge­heurem Ausmaß. Arthur Schnit­zler schrieb seine auch heute noch atem­be­rau­bende Novelle Fräulein Else im Jahr 1924, also noch vor der großen Welt­wirt­schafts­krise – voller Vorahnung und auch als Kunstwerk seiner Zeit voraus, handelt es sich doch um den ersten inneren Monolog der Lite­ra­tur­ge­schichte. Das ist schwer für Filme­ma­cher und im Gegensatz zu anderen Schnit­zler-Stoffen wurde diese Novelle kaum verfilmt. Nur Paul Czinners Stummfilm von 1928, noch zu Schnit­z­lers Lebzeiten mit Elisabeth Bergner, blieb im Gedächtnis.

Anna Martinetz hat es jetzt für ihren Münchner Regie-Abschluss gewagt, mit wunder­barem Ergebnis, den die Regis­seurin nicht zuletzt ihrem Mut zu verdanken hat. Im Wett­be­werb des Saar­brü­cker »Festival Max-Ophüls-Preis« hatte Martinetz‘ Version jetzt Premiere, die den Stoff unter Deutschen in einem post­ko­lo­nial-deka­denten, zugleich pracht­voll traum­ver­wun­schenen Indien spielen lässt, in dem alles dem Verfall preis­ge­geben scheint – bis auf die Natur, die hier in Gestalt von Tigern und Elefanten so wild wie überlegen auftritt. Dies ist so phan­tas­tisch wie klug wie fürs Publikum mitreißend – es stach zudem ins Herz der Zeit, weil Martinetz eine moralisch korrupte Eltern­ge­ne­ra­tion zeigt, die die Zukunft ihrer Kinder verspielt. Nicht die Erben sind das Problem, sondern die Erblasser.

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Dieser beste Film im Wett­be­werb wurde aber leider von der Jury ebenso ignoriert, wie Johanna Moders High Perfor­mance, der immerhin den Publi­kums­preis bekam und Rick Oster­manns Wolfs­kinder, High­lights in einem starken Saar­brü­cker Jahrgang, der viele Filme voller Kraft, Spiel­freude, Farben und Liebe zum Kino bot.
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Otto Gebühr in der Rolle Friedrich des Großen

Der Schau­spieler denkt, die Rolle lenkt: Aneig­nungen, Abgren­zungen, Verschmel­zungen – wenn Schau­spieler unter die Haut von Promi­nenten schlüpfen – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 79. Folge

Bevor wir uns heute mal komplett der Kunst des Schau­spiels zuwenden, ist ein drin­gender Hinweis nötig: Auf die Howard Hawks Retro­spek­tive, die noch bis zum 30. Januar im Berliner Arsenal zu sehen ist. Wem der Weg zu weit ist, dem empfehlen wir den Gang zur Videothek. Denn bei Hawks kann man auch viel über Schau­spiel­füh­rung lernen. Und das ist unser Thema.

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Der Mensch ist das nach­ah­mende Tier. Auch wenn Forschungen längst belegt haben, dass Nach­ah­mung bei Tieren nicht vorkommt, gilt weiterhin: Das »Nachäffen« wird Kindern schon verboten, die Schau­spieler müssen es im Fall des Falles mühsam lernen. Ihnen zu Hilfe kommt die Masken­kunst, neuer­dings auch Compu­ter­technik. Der Mensch also – ein masken­bil­dender Affe?

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Der Mensch, schrieb der protes­tan­ti­sche Pfarrer Johann Caspar Lavater im 18. Jahr­hun­dert in seinen »Physio­gno­mi­schen Frag­menten«, bestehe aus Ober­fläche und Inhalt. Das Äußere sei aller­dings nichts als der Ausdruck des Innern. Auch wenn Lavater diese Grund­an­nahme dann zu einer eher schlichten Moral­theorie weiter­ent­wi­ckelte, die allzug­rad­linig vom »Häss­li­chen« aufs »Böse« schloss, lohnt es sich, einen Moment bei ihr zu verweilen.
Nicht nur enthält sie implizit eine frühe Theorie des »Method Acting« – die hat Lavaters Schema nur umgedreht, und demzu­folge mehreren Schau­spiel­er­ge­ne­ra­tionen weis­ge­macht, um einen Charakter wirklich gut spielen zu können, müsse auch der Darsteller selbst sich in ihn verwan­deln, müsse er die Leiden, die Traumata oder das Glück seiner Figur selbst empfinden und also weniger »spielen« als »sein«. Das ging in der Praxis dann bekannt­lich bis zu körper­li­chen Entstel­lungen: Fress- oder Abnehmor­gien, antrai­nierte Muskeln und abtrai­niertes Fett schinden bei Schau­spiel­preis­jurys bis heute oft mehr Eindruck, als Nuancen und Subti­litäten.

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Fack Ju Göhte

Warum Edgar Reitz die Film­för­de­rung abschaffen will, die Perver­tie­rung der Kultur­po­litik und unsere Liebe zur Kontroll­ge­sell­schaft – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 78. Folge

Fack ju Göhte wurde bisher von knapp 5.5 Millionen Zuschauern gesehen. Gefördert wurde der Film von den verschie­denen Insti­tuten der deutschen Film­för­de­rung mit mindes­tens 2,6 Millionen Euro – also etwas mehr als 50 Cent pro zahlendem Zuschauer. Diese Förder­gelder setzen sich folgen­der­maßen zusammen: 900.000 Euro vom DFFF (Deutscher Film­för­der­fonds), 800.000 Euro vom FFF (Film Fernseh Fonds Bayern), 650.000 Euro vom Medien­board Berlin-Bran­den­burg, 300.000 Euro von der FFA (Film­för­der­an­stalt), sowie weiteren 200.000 Euro Verleih­för­de­rung von der FFA und weiteren 150.000 Euro FFF-Geldern, ebenfalls als Verleihf örderung.

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Man braucht nicht viel Einfüh­lungs­ver­mögen, um darauf zu tippen, dass sich die deutsche Film­för­de­rung die Tatsache, dass Bora Dagtekins Film bisher fast 5.5 Millionen Besucher bekam, als einen Erfolg ihres Wirkens zurechnen dürfte. Schließ­lich gilt Fack ju Göhte als »erfolg­reichster Film« des Jahres 2013, und bei dieser enormen Summe hat die Film­för­de­rung dieses Ergebnis in gewisser Weise überhaupt erst möglich gemacht.
Genau genommen aller­dings handelt es sich bei diesem Ergebnis eher um die endgül­tige Perver­tie­rung dieser Förderung – denn schließ­lich wurde das, was wir bislang noch »die deutsche Film­för­de­rung« nennen, obwohl sie diesen Namen von Tag zu Tag weniger verdient, vor rund 50 Jahren einmal gegründet, um dem Kommer­zkino ein kultu­relles Gegen­ge­wicht an die Seite zu stellen.

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La grande bellezza: Großer Abräumer beim Europäischen Filmpreis

Warum Sabotage und Verrat die Tugenden unseres Zeit­al­ters sind; wie die Bundes­re­pu­blik Schind­luder mit Kino-Meis­ter­werken treibt; und was passiert eigent­lich, wenn jemand ein Attentat auf die Bundes­kan­z­lerin verübt? – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 77. Folge

Genies setzen sich immer durch, hieß es letzte Woche in der Süddeut­schen. Wobei gerade das Feuilleton der SZ ja oft wie der Gegen­be­weis zu dieser These wirkt. Aber um so mehr muss man einen wirklich nach­ge­rade genialen Text loben, der ebenfalls vorige Woche in der SZ zu lesen war. Unser Lieb­lings­kri­tiker Fritz Göttler schrieb dort ganz offen darüber, dass er noch niemals in New York war. Vor allem outete er sich, dass er gar nicht dahin will, weil er die Stadt längst kennt – aus dem Kino natürlich. Und dort sieht sie besser aus als in natura. Darum hat man keine Lust hinzu­fahren. »Die Wirk­lich­keit der Stadt liegt darin, dass sie Projek­ti­ons­fläche bleibt«, schreibt Göttler, »den einzig­ar­tigen Eindruck des Fremden und des Heimi­schen möchte ich nicht der Zers­tö­rung durch die Wirk­lich­keit aussetzen.«

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Wer SPD-Mitglied ist und noch nicht abge­stimmt hat, den kann man nur auffor­dern, es schleu­nigst zu tun – bis morgen Abend muss die Stimme bei der SPD sein. Stimmen sollte man m.E. unbedingt mit Nein. Dies nicht allein aus staats­po­li­ti­schen Gründen, nicht nur, weil diese größte Koalition aller Zeiten, die jetzt droht, als Ausdruck gewordene Alter­na­tiv­lo­sig­keit bereits als solche der poli­ti­schen Kultur schadet. Die staats­po­li­ti­sche Verant­wor­tung fordert von der SPD gerade, eine Konstel­la­tion abzu­lehnen, bei der die Republik von einer Elefan­ten­ko­ali­tion aus über 80 Prozent der Bundes­tags­ab­ge­ord­neten regiert wird – denn gerade in Krisenz­eiten braucht das Land eine starke Oppo­si­tion. Und warum sollte man das Monopol auf eine linke Oppo­si­tion um Gregor Gysi über­lassen?

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Gerade in Fragen von Bildungs- und Kultur­po­litik droht von der GroKo Ungemach. Denn der Koali­ti­ons­ver­trag bedeutet Politik auf Kosten der Zukunft und der zukünf­tigen Gene­ra­tionen, und ist das Dokument einer No-future-Haltung: Hier konnte sich die SPD mit keiner einzigen ihrer zentralen bildungs­po­li­ti­schen Forde­rungen durch­setzen. Zwar sind laut Vertrag angeblich Bildung, Wissen­schaft und Forschung »Kern­an­liegen« der Koalition. Aber es gibt kein Ganz­tags­schul­pro­gramm, die Bafög-Erhöhung fällt ersatzlos weg, ebenso die verläss­liche Verbes­se­rung der Finan­zie­rung der Hoch­schulen, die die SPD gefordert hatte, darin im Gleich­klang mit dem Wissen­schaftsrat, der eine Stei­ge­rungs­rate in Höhe des Infla­ti­ons­aus­gleichs plus 1 Prozent für dringend erfor­der­lich. Alles bleibt unkonkret. Das Gerede von der »Bildungs­re­pu­blik« bleibt hohle Rhetorik. Weiterlesen

Paul Giamatti in PARKLAND

»Bigger than life«: Kennedy, Kracauer, der PR-Overkill und der letzte Tango des klassischen Autorenkino – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kinogehers, 76. Folge

Ein ähnliches Verhältnis wie unsereins zum 11.September 2001 hatte die Generation davor zum 22. November 1963, dem Tag des Mordes an US-Präsident John F. Kennedy in Dallas. Fast jeder, den man fragt, der seinerzeit erwachsen war, weiß, wo ihn damals vor 50 Jahren die Nachricht vom Attentat erreichte. Eine erinnernswerte Anekdote hierzu erzählte vor Jahren einmal der im Sommer verstorbene FAZ-Autor Henning Ritter. Er studierte seinerzeit in Heidelberg, unter anderem Philosophie bei Dieter Henrich, Spezialist für Hegel und die Bewusstseinsphilosophie, auch älteren Studenten der Münchner LMU noch gut bekannt, und heute Emeritus der dortigen Philosophen. Am Abend im Henrich-Seminar wurde nicht Hegel gelesen, sondern Henrich war von der Nachricht, die ihn soeben erreicht hatte – erst gegen 20 Uhr deutscher Zeit war der Tod Kennedys bekannt geworden – erkennbar bewegt, sinnierte, und begann dann eine längere Rede darüber, wo sich jetzt denn wohl Kennedys Hirn befinde…
Eine Frage, an die ich jedes Mal denken muss, wenn ich mich an den Kennedy-Mord erinnere, weil sie so selbstverständlich ist, wie krude, so esoterisch, wie konkret.
Denn natürlich ist nicht die Materie gemeint, nicht die Hirnmasse des Präsidenten, sondern das, was man früher problemlos als Geist bezeichnet hätte, heute aber kaum noch so schreiben kann. Also mehr als sein Bewusstsein, aber auch dieses, doch zugleich der Anteil am Überpersönlichen, und vielleicht auch das, was ihn außergewöhnlich machte, faszinierend für Zeitgenossen.
Hegel, der Napoleon den »Weltgeist zu Pferde« genannt hatte, hätte vielleicht auch in Kennedy so etwas wie die Person gewordene Weltgeschichte erkannt. Wo geht sie hin, was ist mir ihr, wenn sie gewaltsam mitten aus ihrer Bahn gerissen wird?

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Albert Dieudonné in Napoléon (Abel Gance, 1927)

Über den Napo­leo­nismus des Kinos, die Tugend der Gewal­ten­tei­lung, das Meis­ter­werk von Abel Gance und klas­si­sches Hollywood – Cinema Moralia, Tagebuch eines Kino­ge­hers, 75. Folge

Jean-Luc Godard: »Was würden Sie antworten, wenn jemand, der sich mit dem Kino nicht auskennt, Sie fragt: „Wie definiert man einen Menschen, der sich Regisseur nennt? Ist er ein Arbeiter oder ein Künstler, was ist seine Beson­der­heit?«

Fritz Lang: »Wissen Sie, ich mag die Bezeich­nung Künstler nicht. Ein Künstler ist ein Mensch, der viel arbeitet und sein Handwerk versteht. Auch ein großer Chirurg ist meiner Meinung nach ein Künstler. Ich selbst arbeite ebenfalls viel und mag meinen Beruf.«

JLG: »Ich sehe das etwas anders. Van Gogh war ein wich­ti­gerer Mensch als der Tischler, der die Staffelei gebaut hat, auf der van Gogh malte.«

FL: »Da haben Sie völlig Recht. Das ist ein hervor­ra­gendes Beispiel, und ich hatte Unrecht.«

JLG: »Also, Sie würden sich eher als Tischler sehen .

FL: »Nein, nicht als Tischler, aber als Arbeiter.

JLG: »Die meisten Leute glauben nicht, dass Kino Arbeit ist.

FL: »Das Publikum denkt immer, es sei das reine Vergnügen, dabei ist es harte Arbeit. Aber wissen Sie, wir beide haben etwas gemeinsam. Ich glaube, Sie sind ein Roman­tiker, genau wie ich. Aber ich weiß nicht, ob das heut­zu­tage gut ist.

JLG: »Heute ist das eher schlecht.
(Auszug aus dem Gespräch, dass Jean-Luc Godard 1964 mit Fritz Lang unter dem Titel »Le dinosaure et le bébé« für das fran­zö­si­scher Fernsehen führte.)

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