FFG 2022 – Stellungnahmen 10: Berufsvereinigung Filmton
Auch die Berufsvereinigung Filmton (BVFT) hat sich zur Novellierung des Filmförderungsgesetzes zu Wort gemeldet. In ihrer Stellungnahme konzentriert sie sich „auf künstlerische und vor allem soziale Aspekte, die sich einander bedingen.“ Der künstlerischen Aspekt heißt, erstmal klarzumachen, was die Tonspur alles für den Film leistet. Das ist eine lange Aufzählung und mündet in dem einfachen Satz von George Lucas: „Der Filmsound ist 50 Prozent des Kinoerlebnisses.“
Paradoxerweise machen die Kosten für diese 50 Prozent Wirkung nur einen Bruchteil von dem aus, was auf die Bildherstellung verwendet wird, erklärt die BVFT, die mehr als 400 Filmtonschaffende in Deutschland vertritt. Die Berufsvereinigung betont die kreative und zeitintensive Leistung der vielen spezialisierten Tongestalter*innen und überhaupt den Stellenwert dieser Arbeit: „Die Ton-Postproduktion nimmt insbesondere bei der Produktion von Kinofilmen einen erheblich größeren und zeitlich längeren Teil ein als der Dreh.“
Und diese Arbeit am Ende des gesamten Entstehungsprozesses dürfe nicht aus Mangel an Geld „stiefmütterlich“ behandelt werden – sonst verschenke der Film „enormes Potenzial.“ Doch gerade in der Ton-Postproduktion herrsche zunehmender Sparzwang.
Damit ist die BVFT schon beim zweiten Aspekt, dem sozialen: „Es wird teilweise um halbe Arbeitstage gefeilscht, die in Anbetracht des Gesamtbudgets eine verschwindend kleine Summe ausmachen. Es werden Geräuschaufnahmen, trotz lokaler Förderbindung, an das halb so teure osteuropäische Ausland vergeben. Sounddesigner und -Editoren arbeiten häufig mehr Tage, als sie bezahlt bekommen, in 14-Stunden-Schichten und oft auch an Wochenenden, um die Diskrepanz aus Wünschen und Forderungen von Seiten der Regie und dem finanziellen Druck seitens der Produktion auszugleichen. In der Regel wird die gesamte Ton-Postproduktion an Subunternehmen (Postproduktionshäuser) übergeben, die sich mit den Mitbewerbern einen Preiskampf liefern, um an Aufträge zu kommen, einen Preiskampf, der dann oft in viel zu niedrigen Gagen und zu wenig bezahlten Arbeitstagen für die Filmtonschaffenden mündet, die meist als Freelancer auf Rechnung arbeiten und teilweise monatelang auf Begleichung ihrer Rechnungen warten müssen. Aber auch die Postproduktionshäuser selbst stehen mit ihrer Infrastruktur und ihrem Personal in der Regel unter diesem hohen Budgetdruck.“
Nicht unbedingt böser Wille, meint die BVFT: Meist sei der für die gesamte Filmproduktion schlicht verbraucht, weil die Postproduktion nun mal zeitlich am Ende der Produktionskette liegt.
Dramatisch sei die Situation dennoch – und spitze sich weiter zu: „Gagen und Honorare stehen unter immensem Druck. Filmtonschaffende bewegen sich dadurch auf eine Altersarmut zu, wenn sie nicht vorher an Überarbeitung erkranken oder in einen anderen Berufszweig wechseln.“ Wegen der Geldmangels bleibe die Ausbildung auf der Strecke. „Die Folge wird auch in der Postproduktion, und hier insbesondere bei den Geräuschemachern, ein Fachkräftemangel sein, wenn nicht sogar das Ende des Berufszweiges in Deutschland.“
Was tun? Da verweist die BVFT auf die neue Aufgabe der FFA seit 2017, „darauf hinzuwirken, dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal zu sozialverträglichen Bedingungen beschäftigt wird.“ Leider fehle es an wirksamen Ansätzen. Die BVFT schlägt ein „Drei-Säulen-Modell“ vor: Pre Production (Drehbuchentwicklung und Vorbereitung), Produktion (der Dreh mit allem zu Planenden) und Postproduktion (Ton- und Bildbearbeitung) sollten über eigene Fördertöpfe verfügen, die nicht von den jeweils anderen Bereichen in Anspruch genommen werden können. Schließlich forderten Produzenten und Drehbuchautoren zurecht eine eigene Pre-Production-Filmförderung, um hochqualitative Stoffe in genügender Zeit und finanzieller Ausstattung zu gewährleisten – das Gleiche müsse es auch für die Postproduktion geben, insbesondere für die Ton-Postproduktion, meint die BVFT.
Dabei müsse gewährleistet werden, dass die Mittel „auch wirklich bei den Filmschaffenden ankommen.“ Die BVFT sieht eine „Rechenschaftspflicht der Filmproduzenten bis hin zu von diesen beauftragten Unternehmen und Subunternehmen (Postproduktionshäuser) durch eine Offenlegung der Zahlungen an die Mitarbeiter“ vor. „Diese Zahlungen sollten von der FFA geprüft werden und nicht nur auf freiwilligen Angaben beruhen.“
„Denkbar“ wäre sogar eine Meldestelle für Filmschaffende, „wo bei begründetem Verdacht auf eine nicht der Fördersumme entsprechende Ausgabe der Gelder die Beantragung einer Sonderprüfung ermöglicht wird.“
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