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Im Hambacher Forst kam vor sechs Jahren der Kunststudent Steffen Meyn ums Leben. Er hatte die Proteste gegen den Kohletagebau dokumentiert, bis er während der Räumung tödlich verunglückte. Aus seinen Aufnahmen entstand die Kinodokumentation „Vergiss Meyn nicht“. Auch technisch war die Montage eine besondere Aufgabe für Ulf Albert: Meyn hatte mit einer 360-Grad-Kamera gedreht. | Foto © Juliane Guder/Edimotion

Mitte Oktober feierte Edimotion wieder Filmschnitt und Montagekunst. Höhepunkt des Festivals ist die Vergabe der „Schnitt-Preise“ in mehreren Kategorien. Ulf Albert eröffnet unsere diesjährige Interview-Reihe mit den Preisträger*innen. Der Editor wurde für seine Arbeit an dem Dokumentarfilm „Vergiss Meyn nicht“ ausgezeichnet.

„Vergiss Meyn nicht“ ist ein besonderes Projekt: Drei ehemalige Kommilitonen von der Kunsthochschule für Medien in Köln haben auf Basis des Materials von Steffen Meyn diesen Film entwickelt – ihrem Freund, der im Hambacher Forst mit einer 360-Grad-Kamera über viele Monate die Proteste begleitend gefilmt hatte und dort bei einer Stürmung zu Tode kam. Du hast Steffen Meyn nicht gekannt und warst selbst auch nicht in der Community der Protestierenden präsent. Wie bist Du zu dem Projekt gekommen und wie wichtig war Dein frischer Blick?
Der Film wurde von Melanie Andernach und Made In Germany Film produziert. Ich kannte Melanie schon von einem anderen Projekt, und als sie diesen Film vorbereitete, hat sich an mich erinnert und mich angerufen.
Mein Blick auf das Material von Steffen und das Konzept der drei Regiesseur*innen war dann schon recht wichtig. Als ich einstieg, gab es als ersten Eindruck eine ungefähr zwei Stunden lange Szenensammlung von Steffens Material, wodurch ich dann ein bisschen wusste, was den Dreien wichtig war und was besonders spannend sein könnte. Sie mussten mir aber auch viel erzählen über Steffen und seine Mission im Wald – und durch diesen Dialog mit mir haben sie dann auch selbst noch einmal viel reflektiert. Weiterlesen

In „Walchensee forever“ erzählt Janna Ji Wonders ein Jahrhundert eigener Familiengeschichte. Anja Pohl brachte die Erzählungen mit der Regisseurin in Form: „Als Editorin bin ich die erste Zuschauerin, das heißt, ich versuchte dieses Familiensystem zu begreifen und stellte Fragen, die Janna vielleicht nie gestellt hätte, weil sie die Antwort ja bereits kannte.“ | Foto © Edimotion/Juliane Guder

Beim „Edimotion“ wurden im Oktober wieder Filmschnitt und Montagekunst gefeiert und ausgezeichnet. Den „Schnitt-Preis“ für die beste Dokumentarfilmarbeit gewann die Editorin Anja Pohl für „Walchensee forever“. 

Anja Pohl, Glückwunsch zum diesjährigen Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm. Sie sind ja eine sehr erfahrene und vielfach prämierte Editorin, für Regisseurin Janna Ji Wonders war „Walchensee forever“ ihr Langfilmdebüt. Wie haben Sie sich kennengelernt und wie kam es zur Zusammenarbeit?
Als Janna in der HFF studierte, betreute ich ihre Kameraübung in der Schnittphase, ein kurzes Porträt ihrer Großmutter Norma, die am Walchensee das Café Bucherer in zweiter Generation führte, mit fast 90 Jahren:  „Warten auf den Sommer“. Die Vorgabe für diese Filmübung war: 16 Millimeter, Schwarz-Weiß, rein beobachtend. Ich war damals beeindruckt von der Klarheit und meditativen Kraft der Einstellungen und der Umsetzung. Als Janna mich Jahre später fragte, ob ich bei „Walchensee forever“ mitarbeiten würde, sagte ich ohne Zögern: „Ja!“

Die Regisseurin ist hier gleichzeitig auch Protagonistin, porträtiert die Frauen ihrer Familie über mehrere Generationen hinweg – wo lagen hier die Herausforderungen für die Montage?
Ich gebe zu, der Anfang war nicht leicht, und die Herausforderungen vielschichtig.
Es war zwar von Anfang an klar, dass die Frauen der Familie im Zentrum stehen. Aber alleine das Leben von Norma, Jannas Mutter Anna und deren Schwester Frauke war so reich und auch bewegt, dass wir über jede der Frauen einen eigenen Film hätten bauen können. Das bereitete uns einige Kopfschmerzen, Janna naturgemäß mehr, sie ist ja Teil dieses Familien-Psychogramms. Wie lässt sich eine verzweigten Erzählweise zulassen, ohne den „Hauptstamm“ aus den Augen zu verlieren, und das zusammengepackt in einen Dokumentarfilm, der nicht länger als maximal 99 Minuten sein sollte. Es wurden dann 109 Minuten.

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Mehr als 60 Langfilme und gut dreimal so viele Serienfolgen hat Ingrid Koller in den vergangenen 40 Jahren montiert. Die Liste der erfolgreichsten Kinofilme in Österreich ist zu großen Teilen auch ihre Filmografie. | Foto © Ritzfilm

Ingrid Koller ist die wohl erfolgreichste österreichische Filmeditorin. Beim Edimotion-Festival in Köln wird sie nächste Woche mit dem „Ehrenpreis Schnitt“ für ihr Lebenswerk gefeiert. Ein Porträt von Werner Busch, Kurator beim Edimotion.

Das Filmmontage-Festival Edimotion in Köln zeichnet in jedem Jahr mit dem „Ehrenpreis Schnitt“ das Lebenswerk herausragender Filmeditor*innen aus. Erstmals wird mit der wunderbaren Ingrid Koller eine Editorin aus Österreich geehrt. Sie ist die erfolgreichste Filmeditorin des Landes und wahrscheinlich auch die mit der größten Berufserfahrung: Über 100 Produktionen, darunter mehr als 60 Langfilme für Kino und Fernsehen und etwa 200 Serienfolgen hat sie durch ihre Montage gestaltet. Ingrid Koller hat dabei häufig mit bekannten Regisseuren wie Harald Sicheritz, Robert Dornhelm, Niki List, Reinhard Schwabenitzky, Olaf Kreinsen oder Peter Hajek zusammengearbeitet. 

Gleichzeitig waren viele ihrer Filme große Publikumserfolge: Die Liste der erfolgreichsten heimischen Kinofilme in Österreich ist zu großen Teilen die Filmografie von Ingrid Koller: „Sei zärtlich, Pinguin“ (1982), „Echo Park“ (1985), „Müllers Büro“ (1986), „Hinterholz 8“ (1998) und „Die Beste aller Welten“ (2017), um nur einige zu nennen. Fast alle Filme, die sie mit Regisseur und Drehbuchautor Harald Sicheritz realisierte, wurden zu den jeweils besucherstärksten österreichischen Filmen des Jahres. Und „Hinterholz 8“ ist bis heute der publikumsstärkste Film aus Österreich überhaupt. Die schwarze Komödie um einen Häuslebauer und insbesondere auch die Noir-Krimi-Parodie „Müllers Büro“ werden bis heute als Kultfilme und nationale Kulturdenkmäler gefeiert. 

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Sianne Gevatter studiert Montage an der Filmuniversität Babelsberg. Für „Nacht ueber Kepler 452b“ erhielt sie den „Förderpreis Schnitt“.

Beim 20. Festival für Filmschnitt und Montagekunst „Edimotion“ wurden am letzten Oktoberwochenende in Köln die besten Arbeiten des Jahres in drei Kategorien ausgezeichnet. Die Editorin Sianne Gevatter gewann für „Nacht ueber Kepler 452b“ den „Förderpreis Schnitt“. 

Sianne Gevatter, „Nacht ueber Kepler 452B“ ist ein Dokumentarfilm, aber sehr essayistisch und bewusst fragmentarisch angelegt. Man merkt, dass es seitens der Regie und auch für die Kameraarbeit mit den indirekten Aufnahmen der Obdachlosen ein klares Konzept vorab gab. Inwieweit warst Du als Editorin schon vorab eingebunden und Teil der konzeptionellen Ebene vor dem Dreh?

Der essayistische Aufbau und die Konzeption eines „Rauschs durch die Nacht“ war schon vorab klar und auch einer der Gründe, aus denen ich mich entschieden habe, den Film zu schneiden – weil ich das sehr interessant finde und sehr gerne mag so zu arbeiten. Aber natürlich hat sich vieles nach dem Dreh anhand des Materials  noch einmal stark verändert. Aber das Konzept von dem Rausch der Nacht, die Einbindung der Zuschauer als wären sie selbst dabei, das ist geblieben. Und auch, die Menschen als Menschen darzustellen und auch im Schnitt niemals jemanden auszustellen, das ist auch geblieben.

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