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Im Podcast des „Freitag“ diskutierte dessen Verleger Jakob Augstein mit dem „Focus“-Kolumnisten Jan Fleischhauer über die Rolle des Journalismus nicht nur in Corona-Zeiten. | Screenshot

15 Monate Lockdown, Mitleid mit den Grünen, Impfneid und der trübe „Tagesspiegel“ – Gedanken in der Pandemie 117.

„Satire darf alles!“
Kurt Tucholsky, 1919

„Satire darf alles. Außer Corona und Medien.“
Harald Martenstein, 2021 

„Man kann über Jan Fleischhauer alles Mögliche sagen, aber dass er die Dinge besser machen will – eher nicht. Fleischhauer gehört zu der Sorte altmodischer Journalisten, die nicht der Auffassung sind, dass ihre Aufgabe darin besteht, die Dinge besser zu machen. Sondern darin, sie zu kritisieren, zu erklären, zu begleiten, sich darüber lustig zu machen.
Der jüngere, moderne, zeitgemäßere Journalist würde heute wahrscheinlich eher seine ,gesellschaftliche Verantwortung’ in den Mittelpunkt stellen. Also Rettung des Klimas, Einhaltung der Coronaregeln, Gleichberechtigung der Frauen, Kampf gegen den Rassismus – und das sind ja auch alles wichtige Dinge und Themen, um die man sich kümmern muss.
Es ist vielleicht nur die Frage, ob es gerade die Aufgabe von Journalisten ist, sich darum zu kümmern.“
Jakob Augstein im Podcast-Gespräch mit Jan Fleischhauer

„Der Tagesspiegel“ hat sich für seine Berichterstattung zu #allesdichtmachen entschuldigt. Nicht richtig, aber zumindest verdruckst ein bisschen. Das Blatt gesteht „handwerkliche Fehler“ und Versäumnisse ein, und sieht zusätzlichen Aufklärungsbedarf. 

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Bei der Diskussion entschuldigte sich der „Tagesspiegel“ bei Paul Brandenburg (großes Fenster, Mitte), dem sie „antidemokratische Äußerungen“ unterstellt hatte. | Screenshot

„Der Tagesspiegel“ hat sich vorige Woche „mit spitzen Lippen“ („Perlentaucher“) korrigiert: Seine Berichterstattung zu #allesdichtmachen habe selbst eine Kontroverse ausgelöst. Im Klartext: „Der Tagesspiegel“ hatte behauptet, Paul Brandenburg sei Mitinitiator des Projekts – was dieser dementiert. Keine*r der vier Autor*innen, die dazu rechercherierten, hatte mit Brandenburg gesprochen. Dafür waren die Vorwürfe gegen ihn umso heftiger: „Diese Recherchen haben zahlreiche neue Hintergründe aufgezeigt, wurden vielfältig zitiert und wir führen sie weiter. Allerdings sind uns dabei auch handwerkliche Fehler unterlaufen, für die wir um Entschuldigung bitten. Paul Brandenburg ist mehrfach in alternativen Medien aufgetreten, die auch Verbindungen zur Querdenker-Szene haben. Wir haben ihn mit Äußerungen aus diesen Auftritten zitiert und diese als ,antidemokratisch‘ bezeichnet. Dieser Begriff ist durch Brandenburgs Äußerungen nicht gedeckt. Online haben wir das korrigiert. Zudem haben wir Paul Brandenburg vor der Publikation nicht um eine Stellungnahme gebeten – eigentlich ein journalistisches Muss.“
Am Dienstag diskutierten die Journalisten des „Tagesspiegel“ auf einem virtuellen Podium mit Brandenburg über die Berichterstattung.

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Inzwischen dürfte alles gesagt sein. In der „Welt zum Sonntag“ verteidigten vier der beteiligten Schauspieler*innen nochmal die Aktion #allesdichtmachen. | Screenshot

Die Debatte um #allesdichtmachen ebbt nach zwei Wochen allmählich ab. Noch gibt es aber etwas zu sagen. Während die Hälfte der Beiträge inzwischen zurückgezogen wurden, wehren sich vier der Schauspieler*innen im Interview gegen Vorwürfe, dahinter stehe ein „antidemokratisches Netzwerk“.

Steckt hinter #allesdichtmachen wirklich ein dubioses Netzwerk? Sind die Beteiligten rechts, weil sie die Corona-Politik kritisieren? Die „Welt am Sonntag“ ließ vier Schauspieler*innen erklären, warum sie zu der Aktion stehen – und was sie eigentlich erreichen wollten. Und weil die Antworten von Volker Bruch, Miriam Stein, Nina Gummich und Karoline Teska hinter der Bezahlschranke stehen, fasst die „Welt“ ihr Interview nochmal zusammen: „Den Vorwurf des Berliner ,Tagesspiegels’, hinter der Aktion stehe ein ,antidemokratisches Netzwerk’, weist Bruch zurück: ,Es gibt keinen Drahtzieher, es gibt nur Leute, die eigenständig denken und Ideen haben.’ Miriam Stein betont, es gebe auch ,keine Geldgeber’. Die Idee zu den Filmen sei aus einer Gruppe von Schauspielern hervorgegangen. ,Die Erzählung vom ‚Strippenzieher‘ greift auch mich an’, sagt Nina Gummich: ,Damit unterstellt man mir, ich sei nicht in der Lage, selbst zu denken.’ Zu Berichten, er habe einen Mitgliedsantrag in der Partei Die Basis gestellt, sagt Bruch, er finde den ,basisdemokratischen Ansatz’ der Partei interessant. ,Für mich sind hier die Inhalte ausschlaggebend. Ich muss nicht mit allen Menschen in allen Punkten einer Meinung sein, aber wenn man sich gemeinsam auf unterstützenswerte Inhalte einigt, kann man sich auch gemeinsam dafür einsetzen.’ Grundsätzlich sei eine Parteizugehörigkeit aber ,etwas sehr Persönliches’, ihn habe die ,öffentliche Skandalisierung‘ gewundert.“
Auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt über das Interview.

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Jan Josef Liefers im „Tatort: Rhythm and Love“. Es gibt tatsächlich Menschen, die zum Boykott der Sendung aufriefen, weil ihnen die Meinung des Hauptdarstellers nicht gefällt. Doch im wahren Leben läuft’s anders als im Netz: Die Folge erreichte eine Rekord-Einschaltquote. | © WDR/Martin Valentin Menke

Noch immer gibt’s viel zu sagen über die Kunst- oder Protestaktion #allesdichtmachen. Damit wäre die Debatte doch angestoßen. Nur dreht die sich nicht um die vergessenen Kulturschaffenden während der Pandemie. Unser Überblick.

Heftig wurde gestritten um die Aktion #allesdichtmachen. Und weil die meisten Diskussionen in Kommentarspalten und Sozialen Medien stattfinden, gab’s auf beiden Seiten auch die bekannten Reaktionen, die zur Wahrheitsfindung wenig beitragen. Da wollen doch tatsächlich Menschen den „Tatort“ boykottieren, weil ihnen die Meinung des Hauptdarstellers nicht gefällt. Sie bleiben aber in der Minderheit, berichtet „Der Tagesspiegel“ aus der Twitter-Welt. „Daneben gab es den Boykott des Boykotts. ,Ich erlaube mir, diesem #TatortBoykott-Blödsinn nicht zu folgen. Und ich behalte mir vor, den #Tatort aus Langeweile abzuschalten.‘ […] Die große Mehrheit der Twitter-Nutzer kehrte unter dem Hashtag #tatort sehr schnell zum üblichen Meinungsaustausch zurück. […] Um die Zukunft des Münster-„Tatort“ muss sich ohnehin niemand sorgen: Der WDR hat sechs weitere Folgen mit Jan Josef Liefers und Axel Prahl bestellt.“
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Gut gemeint wird überschätzt: Für ihre hämische Kritik an der Corona-Politik ernteten Schauspieler*innen einen Shitstorm. | Screenshot

Mit ironischen Statements wollten Schauspieler*innen die Debatte über die Corona-Politik eröffnen. Die Reaktion fiel heftiger aus als erwartet: Zahllose Tweets kritisierten den Tonfall und die Botschaften im „Querdenker“-Stil.

51 Schauspieler*innen und ein Regisseur luden am Donnerstagabend nahezu gleichzeitig ihre Filmbeiträge mit persönlichen Statements hoch. Die Hashtags #allesdichtmachen, #niewiederaufmachen und #lockdownfürimmer in kurzer Zeit zu den am meisten verwendeten bei Twitter in Deutschland. Ebenso schnell folgte die Reaktion, berichtet „Der Tagesspiegel“: Noch in der Nacht reagierten Kolleg*innen auf die Videos. Unter dem Twitter-Hashtag #allesschlichtmachen und #nichtganzdicht starteten sie eine Gegenaktion. Von „fassungslos“ bis Fremdschämen reichten ihre Reaktionen, im Hintergrund schwebte meist die Frage: „Was hat Euch denn da geritten?“ 

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