Gedanken in der Pandemie 89: Das Dunkel am Ende des Tunnels

,

Zu einer „geheimen Massenhochzeit“ versammelten sich neulich 7.000 orthodoxe Juden in Brooklyn – angeblich ohne Maske. Das Ganze kam raus, weil ein Film der Feier im Internet kursiert. | Screenshot

Was sinkt, ist die Laune und die Unterstützung der Bürger: Ödipus im Lockdown, Tischlein-deck-dich und die Pappenheimer von der SPD: Apokalyptiker & Integrierte – Gedanken in der Pandemie 89.

Wär’ das nicht toll: Ein Raum in der Lockdown-Wohnung, der einfach alle Wünsche erfüllt: Das passiert den Hauptfiguren von Christian Volckmanns „The Room“, den jetzt Weltkino als VoD zeigt und auf DVD/BD herausbringt.

Es ist nicht klar, warum das so ist, es ist einfach so gesetzt: Das alte Märchenmotiv der unendlichen Wunscherfüllung, des Tischlein-deck-Dich ereignet sich, und das etwas schmuddelige Zimmer spuckt echte Van-Goghs genauso aus, wie Top-Champagner. Gerade zu Beginn der Geschichte ist diese Wunscherfüllung auch ein bisschen eine Bebilderung des gegenwärtigen Unbewussten in seiner vulgärsten Form: Sie trägt sündteure Unterwäsche direkt aus dem Lingerie-Fetisch-Clip, er trägt dazu dann das knallrote Livree eines Hotel-Pagen. Rollenspielchen, Pornofantasien. Dazu dann Dekadenz: Man schüttet sich Champagner übers Gesicht, wälzt sich auf Kaviar … 

+++

In diesen Beginn, den Moment, in dem plötzlich alles möglich ist, kann sich wohl jeder auch irgendwie hineinversetzen, und sich fragen: Was würde ich mir wünschen? Jetzt im Lockdown?

+++

Es wird schlimm werden. Vor allen Dingen wird es schlimmer werden. Wir haben uns ja bereits daran gewöhnt, dass die Regierungen in der Corona Krise nicht das tun, was sie vorher ankündigen. Und wir haben uns auch daran gewöhnt, dass wenn sie das Wort „vorerst“ und „mindestens“ benutzen – und das tun sie fast immer –, Maßnahmen in jedem Fall immer länger dauern, als ursprünglich behauptet. Außerdem haben wir uns daran gewöhnt, dass Pläne und Arbeitspapiere bereits vor den Sitzungen, für die sie geschrieben werden, in den Medien kursieren. Daher wissen wir auch schon seit diesem Wochenende, dass die Ministerpräsidenten am Mittwoch bei der nächsten Lockdown-Evaluation darauf drängen werden, dass der Lockdown bis – wie es so schön heißt – „mindestens“ zum 20. Dezember weitergeführt werden wird. 

Das Traurige und Bizarre an all dem ist, dass die Faktenbasis für solche Maßnahmen sehr schmal und an vielen Stellen brüchig ist. Denn ehrlicherweise müsste man zugeben: Die Zahlen des RKI bestätigen, was viele schon vorher gesagt haben, nicht nur dieser Blog, sondern auch zum Beispiel Ärzteverbände: Dass der Lockdown in der jetzigen Form nichts bringt. 

Die Kurve der täglichen Infektionen ist abgeflacht, hat, wie man es nennt „ein Plateau“ erreicht. Das heißt sie bleibt stabil auf dem Niveau von ungefähr 18.000 Neuinfektionen. Allerdings war dieses Plateau schon erreicht, bevor der Lockdown überhaupt gegriffen hat, also weniger als eine Woche nach Lockdown-Beginn. Seitdem ist nichts passiert. Der R-Wert ist in den letzten sieben Tagen sogar leicht gestiegen. Daran wird deutlich: Der aktuelle Lockdown ist ein Riesen-Misserfolg. Er bringt nichts. Man hätte ihn auch lassen können. Dass Kinos und Theater geschlossen sind, dass die Menschen nicht als Zuschauer in Konzerte und Fußballstadien dürfen, dass ihnen verboten wird, Sport zu treiben, ein Schwimmbad zu besuchen und ähnliches, das alles schadet zwar den Menschen, es bringt aber der doch so wichtigen Volksgesundheit überhaupt nichts. 

Die berüchtigten Pandemie-Treiber sind, das wissen wir, die Arbeitsplätze, die Verkehrsmittel zur Arbeit, und die privaten Wohnungen. Je mehr Möglichkeiten den Menschen genommen werden, ihre Freizeit außerhalb der Privatwohnung zu verbringen, umso mehr treffen sie sich selbstverständlich in eben diesen Privatwohnungen – und seien wir ehrlich: Ob jetzt vorgeschrieben werden soll, dass sich nur noch zehn Leute treffen oder noch fünf Leute und irgendwann dass sich nur noch zwei treffen dürfen, interessiert sehr viele Menschen herzlich wenig. 

Denn wenn immer wieder gesagt wird, das es unsozial sei und egoistisch, wenn Menschen andere Menschen unnötig einer Infektionsgefahr aussetzen, dann ist dieser Satz zwar vollkommen richtig. Genau so richtig ist allerdings die Feststellung, dass es ebenfalls unsozial ist – und egoistisch mindestens von den Politikern – Menschen zu verbieten, über Wochen und bald Monate soziale Kontakte zu pflegen, Sport zu treiben, Kunst zu konsumieren und ähnliches.

+++

Das Traurige, mich persönlich daran Erschütternde ist, dass aus alldem keine Konsequenzen gezogen werden. Dass wir in einer Art Schockstarre verharren, in einer voraufklärerischen Dumpfheit, die stur an dem festhält, was wir uns einmal zurecht gelegt haben. Aber wir scheinen nicht in der Lage, unseren eigenen Kurs zu korrigieren oder zu ändern, wir scheinen vor allem nicht in der Lage aus Erkenntnissen der Wissenschaft die es gibt, aus Studien, Schlüsse zu ziehen.

Darum werden die Schrauben weiter an der falsche Stelle angezogen, und ich wette schon jetzt, dass sie auch in den nächsten vier Wochen nicht wesentlich sinken werden. 

Was sinkt, ist die Laune und die Unterstützung der Bürger.

+++

Seit Wochenende feuern vor allem die Lobbys der Lehrer Breitseiten gegen das Offenhalten der Schule (im Verbund mit einigen wenigen, meist wohlsituierten Eltern). Als ob zur Zeit niemand belastet wäre, außer den meist verbeamteten Jugendausbildern. Dagegen stehen zur Zeit vor allem Schüler und die Politik – ein ungewohntes Bündnis. Die Schüler haben keine Lust zu Hause zu hocken. Verständlich. Die Politiker wollen vor allem die Eltern in Arbeit halten – auch verständlich. Die Lehrer hingegen suchen eher nach Wegen weniger zu arbeiten, oder zumindest von zu Hause.

Dabei sind gerade in den letzten Tagen mehrere Studien veröffentlicht worden, die sehr deutlich machen, dass die Schulen keine Pandemie-Treiber sind. Da wäre zum einen die brandneuer Hamburger Studie, aus der klar hervorgeht: In Schulen gibt es wenig Ansteckung. Es stecken sich sowieso wenig Schüler an, etwa 97 Prozent sind gesund. Wenn sie sich anstecken, dann tun sie das nicht in der Schule. 

+++

Gegen solche Fakten ist gerade die Behauptung beliebt, die Dunkelziffer sei ja so hoch. Damit ist gemeint, dass Kinder, wie wir wissen, von einer Corona Ansteckung meist gar nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, und daher auch kaum Symptome zeigen. Dies stimmt. Es ist aber ein klassischer logischer Fehlschluss, nun daraus wiederum zu folgern, dass alle Kinder ohne Symptome eigentlich eine verkappte Corona-Infektion haben – tatsächlich sind sie meistens kerngesund. Widerlegt wird die Behauptung der hohen Dunkelziffer jetzt durch eine Studie von Kinder-Ärzten. Denn Kinder gehen ja auch aus anderen Gründen als Corona zum Arzt. Neuerdings wird hier immer ein obligatorischer Corona-Test gemacht, und dieser müsste ja, wenn die hohe Dunkelziffer tatsächlich existiert, diese auch in den Tests ausweisen. Das passiert aber nicht. „Eine überschätzte Gefahr“ folgern die Kinder-Ärzte. 

+++

„Geheime Massenhochzeit“ ist eigentlich ein Widerspruch in sich. Zu einer ebensolchen Feier mit sage und schreibe 7.000 Gästen trafen sich orthodoxe jüdische Fundamentalisten Anfang November im New Yorker Stadtteil Brooklyn – wie man hört, trug kein einziger von ihnen eine Maske. Jetzt kam das Ganze raus, unter anderem, weil ein Film der Feier im Internet kursiert. 

Nun wäre es interessant die Ergebnisse dieser unfreiwilligen Massenstudie über die Ansteckungsgefahr des Coronavirus zu erfahren: Wie viele dieser Menschen haben sich jetzt wirklich angesteckt? Da man das Ereignis nicht mehr rückgängig machen kann, sollte man es so sehen. Das wäre wichtiger, als jetzt Strafen zu kassieren. 

+++

Auch diese Woche kommt SPD-Skandalnudel „Doktor“ Franziska Giffey nicht aus den Schlagzeilen. Das liegt nicht allein daran, dass ihre Doktorarbeit ein Plagiat ist, sondern vor allem daran, dass weder sie selber, noch ihre Partei bisher den Anstand haben, auf Giffeys Kandidatur für den Landesvorsitz der Berliner SPD zu verzichten, sondern das Ding jetzt gegen alle Widerstände durchgezogen werden soll. Auf dem kommenden SPD-Landesparteitag soll Giffey irgendwie zur Landesvorsitzenden und kommenden Spitzenkandidatin gewählt werden. Das wird wohl passieren – aber es kann nicht gut gehen, und wird sich spätestens bei den nächsten Bürgermeisterwahlen rächen. Sehenden Auges fährt die Partei Willy Brandts auch in diesem Fall gegen die Wand. 

Denn es ist schon jetzt klar: Die erneute Prüfung der plagiierten Doktorarbeit wird kein günstigeres Ergebnis  für die Familienministerin bringen. Denn auch das Machtgeflecht um ihre Doktormutter, das Giffey bisher schützte, ist an die Öffentlichkeit gekommen und damit aufgebrochen. Sie wird zurücktreten müssen. 

Grundsätzlich beschädigt ist sie schon jetzt. Zu kümmern scheint sie das allerdings nicht. Giffey walzt weiter ihren geplanten Karriereweg voran mit Tunnelblick. 

Dass bei Giffey Rede und Handeln weit auseinanderklaffen, dass die Instinktlosigkeit bei dieser Frau System ist, zeigen auch zwei andere Nachrichten der letzten Tage: Die deutsche Umwelthilfe hat die Dienstagwagen aller Politiker einem Öko-Check unterzogen. Heraus kam – genau: Der mit Abstand Schmutzigste ist der Audi von Giffey.

Und auch ihr Mann ist nicht ganz sauber: Karsten Giffey, von Beruf Tierarzt, und Beamter beim Berliner Landesamt, ist bereits Ende letzte Jahres per Gerichtsurteil „aus dem Dienst entfernt“ worden. Der RBB berichtet von „ungenehmigten Nebentätigkeiten, ungenehmigtem Fernbleiben, falschen Einträge in Arbeitszeitbögen“ und von „Reisekosten-Betrug“. Dafür kann Franziska Giffey allerdings nichts. Es gibt keine Sippenhaftung. Aber, wie Giffey in anderen Zusammenhängen sagt: „Man muss seine Pappenheimer kennen.“ Wenn sie über „Clan Kriminalität“ redet, fordert Giffey allerdings publikumswirksam „glasklare Antworten“. Die hätte man in ihrer Plagiatsaffaire auch gern

+++

Ich weiß nicht, was sich Frau Giffey aus dem Raum von Christian Volckmans Film wünsche würde. Vieleicht einen echte Doktortitel, oder doch er ein Schiff nach Nirgendwo? 

„The Room“ ist Horrorkino – und darum wünscht sich die Hauptfigur fast aus einer Laune heraus ein Kind. Da wird die Wunschmaschine zu einer bösen, und der Film zu einem psychologischen Experiment. Dies ist zugleich sehr visuelles Kino über das Motiv der Gier und der komplette Wunscherfüllung: „Be careful what you wish for.“ Vorsicht mit dem was Du Dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen. 

Ein Film der uns also ein wenig nachdenken lässt über die Überflussgesellschaft, sogar über den Lockdown, denn so viel darf man auch verraten: Die Wünsche können die beiden Hauptfiguren zwar im Haus materialisieren. Diese Wünsche können aber das Haus nicht verlassen. Das allermeiste spielt sich also in diesem Haunted House ab. Das Heim als Horror-Ort – ein Schelm, der dabei nur ans Kino denkt. 

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Noch nicht registriert? Als eingeloggter User wird Ihr Name automatisch übernommen.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Bitte lösen Sie diese Aufgabe, bevor Sie den Kommentar abschicken.
Dies dient dem Schutz vor Spam.

Was ist 5 plus 5?