Corona: Brancheninfo 87

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Die Europäische Filmakademie hat gestern in Sevilla die Nominierungen für den „Europäischen Filmpreis“ bekanntgegeben. | Foto © EFA

Am Anfang steht heute eine Korrektur – wir haben uns am Montag bei einer wichtigen Ausnahme vertan. Wir danken für die Nachfragen und Hinweise und bitten um Entschuldigung:

Am Montag hatten wir einen Überblick zur Überbrückungshilfe II gegeben und auf eine Sonderregel für Soloselbständige hingewiesen: Wenn sie nicht mehr als 5.000 Euro Förderung beantragen, dürfen sie ihre Anträge selbst stellen, ohne Steuerberater*innen oder ähnliche „prüfende Dritte“ zu engagieren.
Korrekt ist: Diese Ausnahme gilt lediglich für die sogenannte „Novemberhilfe“, die im Rahmen der Überbrückungshilfe II über dasselbe Portal beantragt wird.  

 

Über das Kino „Lodderbast“ in Hannover hatten wir hier schon mehrmals berichtet, und wie „das kleinste Kino der Welt“ (20 Plätze auf 39 Quadratmetern) der Krise trotzte. Dessen Betreiber Johannes Thomsen rechnete gestern auf Facebook ab: „Die zentralen Probleme des Kinos sind nicht etwa Corona, die Corona-Politik oder Vorsicht und Zurückhaltung der Kinogänger*innen. Sie bringen lediglich ans Licht, was sich früher oder später ohnehin offenbart hätte: die Eitelkeit und Unbeweglichkeit einer ewig gestrigen und wenig kreativen Branche. Schon der kaum inspirierte Umgang mit den Filmproduktionen des designierten Erzfeindes Netflix hätte sinnbildlicher nicht sein können“: Die AG Kino Gilde empfahl, den späteren dreifachen „Oscar“-Gewinner ,Roma’ zu boykottieren, ebenso „The Irishman“, „Marriage Story“ und „The Two Popes“. Den Cineast*innen blieb nur der Weg zum Stream auf Netflix, erklärt Thomsen: „Hatte man naiverweise geglaubt, man könne durch diesen unsinnigen Boykott irgendetwas im Sinne des Kinos bewirken, so sprachen die stetig wachsenden Userzahlen des Streaminganbieters eine andere Sprache. Wäre es nicht schlauer gewesen, die Filme dort zu zeigen, wo sie hingehören, nämlich auf der Leinwand? Hätte man dann nicht die Gunst der Stunde nutzen können und die Zuschauer*innen persönlich über die unzumutbaren Zustände in der Zusammenarbeit mit dem Streamingdienst aufklären können? Stattdessen entschied man sich lieber dafür, den Kinogästen vor den Kopf zu stoßen und diese großen Filme aus dem Kino zu verbannen.“
Dahinter stecke kein Idealismus oder Nostalgie, sondern „nicht mehr als der tumbe Plan, genau das zu tun, was schon vor 30 Jahren funktioniert hat und sich bloß keinen Millimeter zu bewegen.“

 

Mit „Dark“ hatte alles angefangen. Diese Woche hat Netflix vorgestellt, was es sich für Deutschland so vorstellt. Die „Barbaren“ bekommen eine zweite Staffel, berichten die „Stuttgarter Nachrichten“ von der ersten „Content Road Show” in Berlin.
Das soll aber nicht alles gewesen sein: 13 neue deutsche Stoffe stellte das deutsche Netflix-Team in den unterschiedlichsten Formaten vor und konnte dafür bekannte Namen wie Christian Schwochow, Detlev Buck oder Matthias Schweighöfer (wir erinnern uns: einst der erste auf Amazon Video) verpflichten.
Ausführlicher berichtet DWDL, knapper „Der Tagesspiegel“.

Wer wissen will, „warum Netflix in so vielen Punkten moderner, frischer und zeitgenössischer abschneidet als viele Produktionen der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in Deutschland“, denen empfiehlt die „Berliner Zeitung“ die schwedische Serie „Liebe und Anarchie“: „Um es ganz klar zu sagen: Die Serie ist kein Geniestreich, eher eine niedrigschwellige Liebeskomödie, die aber derart charmant und emanzipiert daherkommt, dass man einfach nicht wegschalten kann.“ Bis hierhin könnte es auch Fan-Post sein, aber die Erklärung folgt und weitet die Perspektive:
„Der Plot dieser Serie ist nicht besonders pfiffig. Aber der Umgang mit Geschlechterrollen ist es allemal. Denn die Frauen und Männer werden so emanzipiert und unkonventionell in Szene gesetzt, dass man sich geradezu wundert, warum so eine Dramaturgie überhaupt überrascht (vielleicht, weil man emanzipierte Milieus im Fernsehen nicht so oft sieht?) […] Der Reiz dieser Serie liegt darin, dass die Parteien, ob jung oder alt, weiblich oder männlich, ihr Rederecht nicht abgesprochen bekommen. Erst in der Zusammenführung aus Instagram-Feminismus und chauvinistischer Kunsthuldigung entwickelt sich eine Art Teamgeist, der Idiosynkrasien überwindet. Es sollte nicht überraschen, dass das Serienskript eine Frau, Lisa Langseth, geschrieben hat (sie hat auch Regie geführt). Derart selbstbewusste Erzählweisen wären auch im deutschen Fernsehen wünschenswert. Netflix bräuchte man dazu nicht.“

Das Fernsehen baut seine Mediatheken aus, und Netflix … testet die „Direct“-Funktion: Vorerst in Frankreich gibt es nun auch ein lineares Programm, das rund um die Uhr läuft und alle fünf Tage ausgetauscht wird, berichtet die „Taz“: „Auswahl macht müde – nichts entscheiden zu müssen, liegt auch bei Streaming im Trend.“ Mit „Direct“ wolle man klassische TV-Zuschauer*innen abholen, die sich beim Fernsehen „einfach zurücklehnen“ wollen. Das Modell sieht die Zeitung auch für Deutschland geeignet, „wo der Altersdurchschnitt bei den Zuschauer*innen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens jenseits der 60 liegt. Diese Altersgruppe ist bei Netflix bislang wenig vertreten.“

 

Drogendealer, Obstverkäufer, Taxifahrer: Schauspieler mit Migrationshintergrund finden sich oft in den gleichen TV-Rollen wieder, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland und lobt die neue Fernsehserie, die der WDR vorsichtshalber erstmal im Spartensender One versendet: „Ethno“ sei eine Produktion, die vor und hinter der Kamera vielfältig ist. „Das Fernsehen wird zwar diverser, spiegelt die Gesellschaft aber noch nicht wider“, sagt der Komiker und Schauspieler Benaissa Lamroubal. Der Grund sei nicht nur das Schubladendenken vieler Zuschauer, sondern auch mancher Produzenten. Hoffnung hat er, aber verhalten: „Bis der Mensch mit Migrationshintergrund einen Anwalt spielen kann, ohne dass sich der Zuschauer verwundert die Augen reibt, dauert es wohl noch ein bisschen. Deutschland ist noch nicht so weit“.

Der neue „Tatort“ aus Münster versuchte es am Sonntagabend experimentell. Fast 13 Millionen Zuschauer schauten zu, meldet Digitalfernsehen. Das sei die Bestmarke unter den „Tatorten“ in diesem Jahr. 

 

Von Kinoschließungen und nervenaufreibenden Dreharbeiten berichtet der Deutschlandfunk: In Stuttgart schließt das Traditionskino „Metropol“ nicht nur den November über, sondern für immer. Derweil laufen die Filmproduktionen trotz erneuten Lockdowns in erstaunlicher Zahl weiter – eine Folge des Drehstopps im Frühjahr. Bislang würden diese Dreharbeiten in Deutschland „den Umständen entsprechend gut“ verlaufen.
Der Produktionsstopp vom Frühjahr wirkt nach, meint da auch der Regisseur Friedemann Fromm. Es werde „unglaublich viel gedreht im Moment, Sie kriegen ja kaum Teams.“ Er glaubt, dass der Bedarf an Filmen nächstes Jahr sehr groß sein wird. Nur würden das nicht mehr alle erleben: „Ich weiß nur von kleineren Produktionen: Ich glaube, dass da viele die Krise nicht überleben werden, aufgrund von solchen Drehabbrüchen oder Projekten, die abgesagt werden. Da kenne ich einige Produktionen, die im tiefroten Bereich unterwegs sind.“

Viele Fernsehproduktion können nur mit großen Risiko und höherem Aufwand realisiert werden. „Ein Ausfallfonds ist für zahlreiche Produzenten existentiell“, sagt Barbara Thielen, Produzentin und Geschäftsführerin von Ziegler Film Köln, im Interview mit medienpolitik.net. Mit steigenden Corona-Infektionszahlen sei das Risiko des Drehbruchs wieder größer geworden. Doch selbst wenn gedreht werden kann, sei von „planmäßig“ keine Rede. Doch „wir haben gelernt, dass man auch unter Corona-Bedingungen drehen kann – auch wenn es schwieriger als zu ,normalen’ Zeiten ist.“ Die größte Belastung beim Dreh? „Es ist das Zusammenspiel vieler außergewöhnlicher Bedingungen und die Ungewissheit, ob die Dreharbeiten weitgehend planmäßig abgeschlossen werden können.“

 

Es ist geschafft: Der Dreh von „Jurassic World: Dominion“ ist abgeschlossen, meldet Filmstarts. Neun Monaten Drehzeit und 40.000 Covid-Tests wurden für das neue Saurier-Spektakel gebraucht. Die Sicherheitsvorkehrungen und Hygienemaßnahmen sollen „mehrere Millionen Dollar verschlungen haben“, schon vorher sei ein Budget von 165 Millionen US-Dollar veranschlagt worden.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland schildert es etwas detaillierter: „Das gesamte Sicherheitspaket hat umgerechnet bis zu 6,7 Millionen Euro gekostet: Dazu gehörten 150 Stationen mit Desinfektionsmittel, 60 Extra-Waschbecken und 1.800 Corona-Warnschilder. Außerdem mussten alle Mitarbeiter täglich einen Fiebertest machen, die Schauspieler und das Drehteam durften sich nur in einer ,Grünen Zone’ aufhalten.“
Beide Artikel beziehen sich auf die Branchenzeitschrift „Deadline Hollywood“ [auf Englisch], die es noch genauer weiß.

James Bond wird 100 – und Wattenscheid feiert sich als seinen Geburtsort, staunt die „Berliner Zeitung“ und sucht nach den Wurzeln des berühmten Geheimagenten mit der Seriennummer 007. Fazit: „James Bond hat eine sehr vielfältige, wohl nicht nur auf Wattenscheid zu beschränkende Herkunft.“ 

 

„Genrefilme in und aus Deutschland gehörten in den letzten 25 Jahren nicht zum deutschen Produktionsalltag. Von den Hochschulen ignoriert, von den Förderungen gemieden und von den Sendern kategorisch abgelehnt führten sie im Nachwuchs und No-Budget-Bereich ein Nischendasein.“ Das schreiben nicht wir, sondern der Filmverband Sachsen.  Denn „nun treten sie aus dem Schatten ihrer Nischen hervor: Die Genrefilmemacher*innen revolutionieren die deutsche Filmbranche. Ein Generationenwechsel.“ Diese Einführung hat selber sowas Genremäßiges, da kann der Workshop dahinter auch nicht verkehrt sein: Die „Bildgespräche #6“ widmen sich der ganzen Bandbreite des Genrefilms gehen: In kleinen Gruppen soll in einem Planspiel ein Genrefilm entwickelt und von der Idee bis zur Auswertung alle Schritte durchgespielt werden. Das Workshopwochenende in der Kulturfabrik Meda in Mittelherwigsdorf kostet 190 Euro (für Mitglieder des Filmverbands Sachsen 100 Euro). Die Zahl der Teilnehmer*innen ist auf 13 beschränkt.

Die Europäische Filmakademie hat gestern die Nominierungen für den „Europäischen Filmpreis“ bekanntgegeben. Unter den sechs Nominierten für den besten „Europäischen Film“ sind zwei deutsche (Ko-)Produktionen: Berlin Alexanderplatz (Regie: Burhan Qurbani) und Undine (Regie: Christian Petzold).  Die Preisverleihung findet im Dezember virtuell statt. Das Hauptstadtportal hat das Programm.

Mit den „Corona Short Films“ startet morgen das 14. Kurzfilmfestival 20minmax, berichtet der „Donaukurier“. Festivalort ist eigentlich Ingolstadt, aber das ist in diesem Jahr egal: Das Festival läuft vom 12. bis 21. November als Online-Ausgabe.

Die Verbraucherzentralen weisen auf ein Netzwerk betrügerischer Streaming-Seiten hin, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: Diese geben vor, kostenlos Filme und Serien anzubieten. Dann kommt die Rechnung. Zahlen sollten die Nutzer nicht, sondern zur Polizei gehen.

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