Corona: Brancheninfo 57
Weiter will die Welt in Richtung normal. Nicht nur viele Grenzen in Europa sind wieder offen, sondern sogar die Kinos in Bayern. Doch die Probleme der Kulturbranche sind noch längst nicht gelöst – und da geht es nicht nur um das Corona-Virus.
Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare, auch wenn wir leider nicht alle persönlich beantworten können.
Es ist aber auch ein Kreuz mit der Wissenschaft. Kaum findet sie etwas Neues heraus, ändert sie ihre Schlussfolgerungen. Wie man sich trotz wandelnder Fakten seine Lieblingsmeinung erhält (und welche Vorteile das hat), erklärte „Monthy Python“ John Cleese schon 1987. Die Bildqualität ist zwar entsprechend mau, der Inhalt aber immer noch faktenfest, meinen wir.
Die TV-Doku auf 3sat „Kreativ durch die Krise“ zeigt Künstler*innen, die sich nicht unterkriegen lassen. Die TV-Kritik der „Frankfurter Rundschau“.
Einen weltweiten Überblick der Covid-19-Richtlinien für Filmproduktionen bietet der American Film Market. Die Seite wurde zwar zuletzt am vorigen Donnerstag aktualisiert, doch bei Deutschland zum Beispiel verweist sie lediglich auf den allgemeinen „Sars-CoV-2-Arbeitsschutzstandard“ des Bundesarbeitsministeriums, nicht auf die „Branchenspezifische Handlungshilfe“ der BG ETEM vom 15. Mai.
„Tests sind der Eckpfeiler“: In den USA haben mehrere Gewerkschaften vorige Woche gemeinsame Sicherheitsrichtlinien für den Dreh unter Corona-Bedingungen veröffentlicht. Der Report „The Safe Way forward“ wurde vom Regieverband DGA, der SAG-AFTRA (dem Zusammenschluss der Gewerkschaften der Film- und Fernsehschauspieler*innen und der TV- und Radio-Künstler), der Gewerkschaft der Bühnen-, TV- und Filmschaffenden (IATSE) und der Transportarbeitergewerkschaft (der größten Einzelgewerkschaft der USA) herausgegeben [auf Englisch].
Bislang war der Kreis Los Angeles noch eine Ausnahme in Kalifornien, seit Freitag darf nun auch dort wieder gedreht werden, meldet „Variety“ [auf Englisch].
Wie hilfreich sind die neuen Covid-19-Richtlinien in Großbritannien für freie Filmproduzent*innen und die Kreativabteilungen? Dieser Frage stellt sich das „Screen-Talks“-Webinar mit Expert*innen morgen um 16:30 Uhr unserer Zeit (Achtung: die Website führt die britische Sommerzeit an).
„Willkommen in Wakaliwood“: Ugandas junge Actionfilmszene dreht mit viel Fantasie und wenig Geld, berichtet „Le Monde diplomatique“.
Die Corona-Krise trifft Selbstständige deutlich härter als Arbeitnehmer, fand das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) heraus, berichtet „Die Zeit“: 60 Prozent klagen über finanzielle Einbußen – bei Angestellten sind es nur 15 Prozent. Zudem erhalten Selbstständige relativ wenig direkte staatliche Unterstützung.
Die Corona-Pandemie stürzt auch die Kultur in eine tiefe Krise: Konzerthäuser, Theater, Kinos, Tanz- und Musikclubs dicht, freischaffende Künstler*innen ohne Auftritte. Kann das Milliardenpaket des Bundes die Kultur aus der Krise retten? fragte der Deutschlandfunk Künstler*innen und Politiker*innen.
„Wir schenken den Menschen Lebensqualität“, erinnert David Süß im Interview mit der Dokumentarfilmerin Herlinde Koelbl. Der Clubbetreiber wünscht sich Entschädigungen auch für seine Branche.
„Als das Kino zu streamen begann“ ist am Mittwoch Thema beim „Meet & Mingle“ der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Zu Gast sind zwei Hamburger Start-ups, die mit ihren Geschäftsmodellen an der Schnittstelle zwischen Kino und Streamingplattform stehen: Die beiden Plattformbetreiber*innen Henriette Ahrens von Notsold und Jan Krüger von Cinnovation diskutieren ab 10 Uhr mit der Verleiherin Benjamina Mirnik-Voges (Entertainment One Germany) und dem Kinobetreiber Christian Pfeil, es moderiert Britta Schewe.
Ein Netzwerk illegaler Streaming-Seiten hat Europol abgeschaltet. Die europaweite Razzia dürfte für viele Angebote das Aus bedeuten – betroffen sind Tausende Websites, berichten „Der Spiegel“ und „Heise online“.
Warum es schlau sein könnte, die Kinos geschlossen zu lassen, berichtet die „Berliner Zeitung“. Der Bundespräsident hatte den Regisseur Andreas Dresen und Christian Bräuer, Geschäftsführer der Yorck-Gruppe, zu einem Gespräch über die Branche gebeten. Auch „Blickpunkt Film“ berichtet.
Ein Think-Tank für die Kinobranche: Unter dem Namen Rattatatt nehmen sich vier bekannte Köpfe aus der Branche die Freiheit, altbekannte Abläufe bei Kino-Events aller Art auf den Kopf zu stellen, berichtet „Blickpunkt Film“.
Auch die Kinos in Bayern dürfen heute wieder öffnen. Sie haben für die beste aller Hygieneregeln gefochten – und nur die zweitbeste bekommen, mit einem großen Schlupfloch, meint „Artechock“ und erklärt, wie es in den nächsten Wochen mit dem Kino wieder losgeht.
Seit heute gelten neue Corona-Schutzverordnungen in Nordrhein-Westfalen. Schon seit 30. Mai durften Kinos im ganzen Bundesland wieder öffnen, wenn sie einen Mindestabstand von 1,5 Meter zwischen den Zuschauern gewährleisten und ein entsprechendes Zutritts- und Hygienekonzept für ihre Häuser umsetzen. Für Kinos mit bis zu 100 Plätzen wurde das nun gelockert: „Wenn die Teilnehmer auf festen Plätzen sitzen, kann für die Sitzplätze das Erfordernis eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen durch die Sicherstellung der besonderen Rückverfolgbarkeit […] ersetzt werden.“
Knapp 600.000 Besucher auf der Website, über 70 Werbekampagnen, mehr als 2.000 Spender: Mit der Wiedereröffnung der Kinos in Deutschland beendet Weischer Cinema sein bundesweites Corona-Hilfsprojekt #hilfdeinemkino. Rund 300.000 Euro kamen als Unterstützung für die Lichtspielhäuser zusammen, meldet „Horizont“.
„Autokino 2.0: Ein Erfahrungsbericht“ – auch „Film plus Kritik“ wollte es wissen und fand heraus: „Einen echten Ersatz für ein richtiges Lichtspielhaus bieten sie zwar nicht, aber als amüsante Alternative in den Sommermonaten wären sie auch in Zukunft auf jeden Fall ein Gewinn.“
Als Kinofilm begeisterte „Das Boot“ rund um die Welt, auch die Neuverfilmung als Serie lief seit 2018 Zuschauer in mehr als 100 Ländern. Die zweite Staffel mit acht Episoden, zurzeit auf Sky zu sehen, entstand innerhalb von 104 Tagen an fünf Drehorten in La Rochelle, Manchester, Liverpool, Prag und Malta. Im Webinar der Deutschen Akademie für Fernsehen (DAFF) sprechen am Donnerstag ab 17 Uhr die Regisseure Matthias Glasner und Rick Ostermann, der Schauspieler Clemens Schick, der Bavaria-Produzent Moritz Polter und Marcus Ammon von Sky Deutschland. Es moderiert Ulrich Höcherl, Herausgeber und Chefredakteur „Blickpunkt Film“. Die Veranstaltung ist kostenlos, eine Registrierung erforderlich.
Der Regisseur Bert Zander und der Produzent Marcel Lenz drehten während der Corona-Pandemie aus Albert Camus’ „Die Pest“ eine ZDF-Miniserie, die an der Schnittstelle zwischen Theater und Film entstand – und von der „New York Times“ gefeiert wurde. „Blickpunkt Film“ sprach mit den beiden.
Verschwörungstheorien haben wieder Hochkonjunktur, auch weil es inzwischen einige prominente Verfechter gibt. Schon vor zwei Jahren widmete sich das Buch „Angela Merkel ist Hitlers Tochter“ ihrer Entstehung. Die Tellux Film will jetzt eine Serie daraus machen, meldet DWDL.
Nach der Corona-Pause verspricht die ARD neue Krimi-Produktionen. Vielleicht könnte sie auch Stoffe recyclen – das wäre dann sogar nachhaltig, überlegt Steffen Grimberg in seiner Kolumne in der „Taz“.
In der Krise schalten mehr Menschen den Fernseher ein. Trotzdem geht es Pro Sieben Sat 1 schlecht. Die Aktionäre sind aber aus einem anderen Grund sauer, verrät die „Süddeutsche Zeitung“.
Der SWR hatte für heute Abend die Dokumentation „Wuhan – Chronik eines Ausbruchs“ angekündigt. Kurzfristig nahm er sie wegen fehlender Bildrechte aus dem Programm, meldet „Blickpunkt Film“.
Eine Kampagne gegen häusliche Gewalt an Frauen haben der Produzent Marc Lepetit und die Schauspielerin Natalia Wörner mit großen Partnern gestartet. Prominente Botschafter*innen unterstützen das Projekt, berichtet „Blickpunkt Film“.
„Mehr Diversität unter denen, die Filme machen“: Die österreichische Regisseurin und Drehbuchautorin Elisabeth Scharang beantwortete „Blickpunkt Film“ die „Sieben Fragen“.
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen unterstützen in Not geratene Filmemacher, meldet „Blickpunkt Film“: Das Festival habe den Erlös aus dem Verkauf von Festivalpässen für die diesjährige Onlineausgabe an die Stiftung Sozialwerk der VG Bild Kunst gestiftet.
Am Samstag feierte „Defa-Chefindianer“ Gojko Miti? seinen 80. Geburtstag. Eine Reihe seiner Filme sind zu diesem Anlass im Fernsehen und auf Online-Streamingdiensten zu sehen. Der erste in der Reihe startete 1966 Mitixs Karriere: „Die Söhne der großen Bärin“ ist der „Defa-Film des Monats“.
„Eine Mischung aus Horror und Sitcom“ nennt es „Future Zone“, und dafür komme ja wohl nur David Lynch in Frage: Seit vorigem Dienstag ist jüngste Streich des Filmemachers kostenlos auf YouTube zu sehen: der erste Teil seines neuen Kurzfilms „Rabbits“.
Aufbegehren gegen die männliche Dominanz: Weibliche Selbstfindungsgeschichten gehören zu den Entdeckungen der 20. Ausgabe des Festivals Nippon Connection, schreibt die „Frankfurter Rundschau“.
Corona-bedingt fällt die große Gala für den „Deutschen Fernsehpreis“ aus. Der Jury-Vorsitzende Wolf Bauer kritisiert unterdessen das Nebeneinander zweier Preise von Sendern und Fernsehakademie.
Das Online-Festival „10 Days of Iranian Cinema“ bietet wichtige Einblicke in den Filmkosmos Iran, findet die „Berliner Zeitung“: Ein unterschätztes Weltkino werde sichtbar.
Die diesjährige Summer School der Filmuniversität Babelsberg findet statt – mit einem reduzierten Programm und ausgewählten Online-Kursen. Die drei Angebote eröffnen virtuelle Räume für internationale Begegnungen zur gemeinsamen Stoffentwicklung und Filmproduktion, versprechen die Veranstalter.
Die weltweite ökonomische Krise, die durch die Pandemie ausgelöst wurde, könnte die Entstehung eines neuen Gleichgewichts zwischen den USA und China beschleunigen, erklärt der Politikprofessor Philip S. Golub in „Le monde diplomatique“.
Die menschliche Zivilisation ist zu schnell und zu überhitzt geworden, und das hat seinen Preis, sagt der Zukunftsforscher Matthias Horx dem HR. Aber grade in der Krise hätten wir die Chance, uns neu zu erfinden und die Zukunft zu gestalten.
Die zwei Seiten von Law & Order – Über die kulturelle Diskrepanz von Bildern. Ein Gastbeitrag von Sandra Beck auf „54 Books“.
Die „Bildergalaxis des digitalen Zeitalters“ beschäftigt auch Christian Bartels in der „Medienkorrespondenz“: Betrachtungen zur Wirkmacht von Fotos und Videos.
Über Bilderstürmerei berichtet die „Berliner Zeitung“: Erst wurde eine Statue von Edward Colston in Bristol versenkt, dann die von König Leopold II. in Antwerpen entfernt, jetzt werden Statuen von Christoph Kolumbus geköpft – Black-Lives-Matter-Demonstranten stürzen weltweit Denkmäler von Rassisten und Kolonialisten und fordern ein neues Denken.
Mehr als Schwarz-Weiß: Rassismus hat in den USA eine andere Geschichte als in Deutschland. Aber auch hier treibt der Tod des Afroamerikaners George Floyd sehr viele junge Leute zum Protest auf die Straße, bemerkt die „Süddeutsche Zeitung“.
Wie die Rassismusdebatte die TV- und Streamingprogramme verändert, ist eines der Themen im aktuellen BR5-„Medienmagazin“.
Das Streamingportal HBO Max nimmt den Filmklassiker „Vom Winde verweht“ vorerst aus dem Programm. Der Film verherrliche die Sklaverei, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Er soll aber mit Erläuterungen zur Darstellung von Sklaverei wiederaufgenommen werden, ergänzt die „Süddeutsche Zeitung“.
Auch die Kult-Serie „Little Britain“ wurde wegen Rassismusvorwürfen aus dem Netz genommen.
Und die BBC schreckte selbst vor ihrem Serien-Klassiker nicht zurück: Zur Jahrtausendwende hatte das British Film Institute unter Fernsehschaffenden deren Top 100 erfragt. „Fawlty Towers“ erreichte Platz 1. Die bekannteste Folge „Die Deutschen kommen!“ von 1975 wurde nun in den Giftschrank gesteckt – wegen „rassistischer Beleidigungen“, berichten der „Tagesspiegel“ und die „FAZ“.
Da habe man aber wohl etwas völlig falsch verstanden, meint der Hauptdarsteller John Cleese.
Ein Ausschnitt zum Selbernachgucken.
Unterdessen wird „Vom Winde verweht“ ein Bestseller bei Amazon, meldet die „FAZ“.
Und auch „Little Britain“ legte bei den Verkäufen kräftig zu, berichtet „Heise online“.
Dass rassistische Werke aus der Öffentlichkeit verbannt werden, sei verständlich. Aber es hilft wenig, wenn die gezeigten Gedanken sich in einer Gesellschaft so hartnäckig halten, meint die „Süddeutsche Zeitung“.
Seit zwei Jahren leuchtet der Podcast „Die kanackische Welle“ die Lebenswelten und Probleme postmigrantischer Deutscher aus. Inzwischen ist Malcolm Ohanwe, einer der Podcast-Macher, mit seinen Perspektiven gefragt – auch im Deutschlandfunk.
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