Corona: Brancheninfo 54
Eine Milliarde für die Kultur! Das gibt’s sonst nirgends auf der Welt, betont die BKM, und auch viele Verbände freuen sich. Da wollen wir auch nicht meckern, aber doch anmerken, dass die Kulturbranche trotzdem weit unter Wert gehandelt wird. Und für ihre Werktätigen am Ende doch nur die Grundsicherung vorgesehen ist. Die müssen die Hoffnung trotzdem nicht fahren lassen: Der Bundesrat hat für sie heute bessere Lösungen gefordert.
Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare, auch wenn wir leider nicht alle persönlich beantworten können.
Lange wurde gerungen, dann war er da: der „Wumms“. Damit beschreibt Olaf Scholz das neue Superriesenkonjunkturpaket, mit dem die Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus abgefedert werden sollen. Das war jetzt ein langer umständlicher Satz, aber so ist das mit der Pandemie: es ist kompliziert. Eine eindeutige Ansage hat der Koalitionsausschuss dennoch in Punkt 53 geschrieben: „Die Corona-Pandemie endet, wenn ein Impfstoff für die Bevölkerung zur Verfügung steht.“
Statt „Bazooka“ nun also der „Wumms“ – das klingt etwas sportlicher und scheint tatsächlich so ziemlich alles abzuarbeiten, was in den vergangenen Wochen in der Diskussion war. Naja, fast: Für die Kulturarbeiter*innen ohne Arbeit gibt’s weiterhin nur die „Grundsicherung“, die wird aber bis zum 30. September verlängert. Das reicht nicht, sagen heute die Länder dazu und denken an eine monatliche Pauschale. Doch der Reihe nach:
Am Mittwochabend hat sich die Große Koalition auf ein schweres Konjunkturprogramm geeinigt: Rund 130 Milliarden Euro sollen die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder zum Laufen bringen. Eine Milliarde davon ist dezidiert für die Kultur gedacht.
Das ist beinahe ein ganzes Prozent – der Anteil der Branche am Bruttoinlandsprodukt war im vergangenen Jahr viermal so hoch, besagt der Monitoringbericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Dasselbe gilt für den Anteil der Kultur-Beschäftigten unter den 44,8 Millionen Erwerbstätigen im Land, laut Statistischem Bundesamt.
Andererseits ist die Milliarde „ziemlich genau die Hälfte unseres Jahreshaushalts, der ja ohnehin in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen ist“, sagt Kulturstaatsministerin Monika Grütters „mit Stolz“ und nennt es einen „Beitrag, der international seinesgleichen sucht“.
Auf den „Film“ fallen davon 120 Millionen Euro. Das sind sogar drei Viertel des Budgets, das der BKM voriges Jahr für ihre Filmfördertöpfe zur Verfügung stand.
In „Blickpunkt Film“ skizziert die BKM, was die Film- und Kinowirtschaft von dem Rettungsprogramm „Neustart Kultur“ innerhalb des großen Konjunkturpaktes erwarten kann.
Was die Kultur vom Konjunkturpaket haben soll, fragte auch „Der Spiegel“. Kulturstaatsministerin Monika Grütters gibt Auskunft: Geld gibt es für Hygienekonzepte, für Digitales – und um Kulturschaffende aus der Kurzarbeit zu holen.
Einen Überblick gibt auch DWDL.
Den „Neustart Kultur“ findet auch der Deutsche Kulturrat klasse.
Ebenso die Verbände der Kinobetreiber: Der HDF Kino freut sich, die AG Kino findet das ein „starkes Bekenntnis zur Kultur“ und dankt für die Unterstützung.
Was das Konjunkturpaket für die Kultur- und Kreativwirtschaft bringt, fasst das Netzwerk „Kreative Deutschland“ zusammen.
Bei konkreten Hilfen für die Kulturschaffenden selbst ist das Ergebnis des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 etwas dünn. Es sieht weitere zwar milliardenschwere Überbrückungshilfen für Selbständige und Unternehmen vor, ansonsten wird lediglich der vereinfachte Zugang zur Grundsicherung bis zum 30. September 2020 verlängert.
Während die Autoindustrie mit einer Kaufprämie unterstützt werden soll und auch für Großkonzerne das Kurzarbeitergeld aus staatlichen Mitteln aufgestockt wird, geraten viele kleine Unternehmen und Selbständige in Bedrängnis, bemerkt „Telepolis“ und sieht nur eine Lösung: „Musiker sollen ihre Instrumente verkaufen“.
Mit dem Corona-Konjunkturpaket werden 130 Milliarden Euro in die Hand genommen. Eine Menge Geld. Aber eine Entlastungszahlung für die Einkommensausfälle der Solo-Selbständigen und kurzfristig Beschäftigten ist im Corona-Konjunkturpaket nicht berücksichtigt, meint Pro Quote Film: „Grundsicherung ist keine Alternative, deshalb muss das Zuschussprogramm des Bundes dringend für Solo-Selbständige und kurzfristig Beschäftigte geöffnet werden, damit sie daraus auch ihre Lebenshaltungskosten bestreiten können.“ Zukunftsgerichtet handeln heiße aber auch „gleichstellungspolitische Ziele drängender den je umzusetzen“. Dazu weist Pro Quote Film auf ihre Petition hin: „Wenn die Filmbranche wieder anläuft, dann mit Quote!“
Der Bundesrat ist noch nicht zufrieden mit den Hilfen für Kulturschaffende. Heute beriet er über das „Wumms“-Paket und forderte in einer Entschließung die Bundesregierung auf, die Hilfsmaßnahmen fortzuschreiben und Regelungen zum Ausgleich ihrer erheblichen Umsatzeinbrüche zu entwickeln.
Die Länder plädieren für einen pauschalen monatlichen Zuschuss, mit dem Einnahmeverluste abgefedert werden können. Außerdem sollen gemeinsam mit den Ländern „spartenspezifische und zukunftsgerichtete Förder-, Stipendien- und Darlehensprogramme“ entwickelt werden. Auch die Kinos bräuchten eine »gezielte Unterstützung“. Die bislang aufgelegten Bürgschaftsprogramme seien nicht zielfördernd.
Grundsicherung in Corona-Zeiten – Rettungsanker für Solo-Selbstständige? Seit dieser Woche bietet die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) auf 24 Seiten einen umfassenden Überblick mit Erklärungen, Tipps und weiteren Links.
Das Ende des Schmetterlingshaften: Freie Schauspieler trifft die Corona-Krise hart. Die „Süddeutsche Zeitung“ fragt Uwe Dag Berlin. Denn der ist es gewohnt, sich und seinen Beruf dem Finanzamt zu erklären.
Mehr als 5.000 Unterschriften hat die Petition „Rettungsschirm auch für freie Schauspieler*. Jetzt!“ gesammelt. „Freie Schauspieler brauchen nicht nur eine Soforthilfe sondern eine wirtschaftliche Perspektive für die Zukunft“, fordert der Schauspieler Tonio Schneider, der die Petition an das BKM übergeben hat. Dort dankte man, erwähnte dabei aber keinen Handlungsbedarf, sondern verwies auf den „deutlich erleichterten“ Zugang zur Grundsicherung, der „zunächst bis Ende September“ verlängert wurde, und das neue Programm „Neustart Kultur“ mit einer Milliarde Euro.
Mehr als 2.000 Filme wurden zum Filmfest Cannes eingereicht. Eine Jury hat die 56 besten ausgewählt. 16 Produktionen stammen von Frauen, hat die „Stuttgarter Zeitung“ gezählt.
„Enfant terrible“ von Oskar Roehler ist auch in der Auswahl, bemerkt der „Tagesspiegel“.
Die offizielle Bekanntgabe des Festivals [auf Englisch].
Das Filmfest Hamburg wird wie geplant stattfinden: vom 24. September bis 3. Oktober 2020. Aufgrund der aktuellen Situation kündigen die Organisatoren einige Veränderungen an.
Unter dem Label „5×4 – Brandenburger Festivalkino“ haben die drei großen Filmfestivals des Landes fünf Filmpakete geschnürt, die Kinos, Filmclubs, Verbänden, Vereinen oder Bildungseinrichtungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Blockbusterpause: Amerikanische Kinos und Hollywood-Studios ächzen unter den Folgen der Pandemie, es fehlt an Perspektiven – und damit auch an neuen großen Filmprojekten, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.
Rund 600 österreichische Spiel- und Dokumentarfilme präsentiert „All You Can Watch“. Die neue Plattform der Austrian Film Commission zeigt, auf welchen VoD-Plattformen, Festivals und wieder öffnenden Kinos die Filme zu sehen sind.
Das Wochenende ist gerettet! Die Eröffnung der Kinos in der Schweiz wird von 8. auf 6. Juni vorgezogen, meldet „Blickpunkt Film“.
Es ist purer Zufall, dass die Coronavirus-Pandemie die Welt genau zu der Zeit befallen hat, in der reihenweise neue Streaming-Plattformen starteten, schreibt die „Medienkorrespondenz“: Nach einem Bericht in „Variety“ habe sich in den USA die Gesamtnutzung des Videostreamings gegenüber dem vorigen Jahr mehr als verdoppelt.
„Mehr an Wiederholungen im zweiten Halbjahr“: Corona-bedingt werde es im zweiten Halbjahr mehr Wiederholungen geben. RTL-Chef Jörg Graf im Gespräch über die Pocherisierung des Senders, TV-Produktion in Krisenzeiten und die Notwendigkeit von Studio-Publikum.
Sinn und Unsinn der Quote hatte das Medienmagazin „Zapp“ am Mittwoch zum Thema.
Ein wenig Defa-Geschichte erzählt die „Berliner Zeitung“ aus den 60er-Jahren: Günter Reischs „Ein Lord am Alexanderplatz“ versetzte das DDR-Innenministerium in Aufregung. Es kam zum Kompetenzgerangel mit dem Filmminister.
Kreativ in der Krise. Daniel Gawlowski ist Schauspieler und Kommunikationstrainer. Mit dem Wissen aus beiden Berufen entwarf er #Wirtrainierenzusammen: Ein Kalender und Ressourcenpool für Schauspieler*innen, der virtuelle Trainings, Workshops, Webinare, Coachings und noch mehr abdeckt. Casting-Network sprach mit ihm, was noch alles möglich wäre – auch über die Grenzen des Schauspiels hinaus.