Zu Ostern sollte „Der Junge und die Wildgänse“ in die Kinos kommen. Das geht jetzt nicht. Weitere Filme weichen fürs erste aufs Streaming aus. | Foto © Capelight

Immer wieder erwische ich mich bei der unnützen Überlegung, was ich gerade tun würde oder zu tun hätte, wenn die Zeit nicht so wäre, wie sie gerade ist. Ostern steht an und ich hätte mich über ein paar freie Tage gefreut. Ein paar freie Tage, die die Zeit angehalten hätten. Aber die Zeit ist angehalten worden, das Hamsterrad ist stehen geblieben. Die Flut an Pressevorführungen verebbte auf einen Schlag. Heute ist der vierte Startdonnerstag ohne Kinostarts. Der neue James Bond würde in die zweite Woche gehen. Jetzt würden die Biografien von Marie Curie („Marie Curie – Elemente des Lebens“, Marjane Satrapi) und Harriet Tubman („Harriet – Der Weg in die Freiheit“, Kasi Lemmons) in die Kinos gekommen. Mit „Königin“ (May El-Toukhy, mit Trine Dyrholm) wäre der dänische und mit „Als wir tanzten“ (Levan Akin) der schwedische „Oscar“-Beitrag gestartet. Mit den Kindern wäre man in den Animationsfilm „Mina und die Traumzauberer“ (Kim Hagen Jensen, Tonni Zinck) oder in „Der Junge und die Wildgänse“ (Nicolas Vanier) gegangen. Bis auf den letzten Titel wird alles nur verschoben.

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Filme wollte sie schon machen, als sie 30 war. Dann kamen nochmal 30 Jahre und einige Umwege, bis Ulla Geiger (links) sich an ihren ­Debütfilm wagte. Ihr Hauptdarsteller Michael Ransburg (rechts) bekräftigte sie in ihrem Entschluss. Die Premiere sollte im März sein. Nun startet „Wir drehen keinen Film“ erstmal online. | Foto © Ulla Geiger

 

Voraussichtlich bleiben die Kinos länger geschlossen. Das Erlebnis, gemeinsam mit Fremden etwas zu erleben, wird weiterhin nicht möglich sein. Ideen, wie man Filme trotzdem zum Publikum bringt, gibt es immer mehr; viele unterschiedliche Konzepte tauchen auf. Ich fürchte, das verzettelt sich. Im Zweifel wird man nicht erstmal auf die Suche gehen, wie man an einen Film rankommt, sondern doch bei den großen Anbietern Netflix, Amazon Prime und seit kurzem Disney+ bleiben. Es fehlt sicherlich eine gemeinsame Plattform, von der aus das Publikum auswählen könnte. Bis dahin stelle ich die verschiedenen Ansätze vor.

Die Idee eine Plattform zu schaffen, von der aus man die verschiedenen Aktionen aus dem Kulturbereich (Kino ebenso wie Konzerte und Museumsauftritte) sehen kann, hatte ein Team auf dem Hackathon #WirVsVirus der Bundesregierung vom 20. bis 22. März 2020. Bei Culturestreams kann man nun die unzähligen Kultur-Streams gebündelt oder gefiltert auffinden. Die Seite ist noch in der Beta-Version. Von dieser Seite aus kommt man zum Beispiel auf Kinoflimmern: 

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„Isadoras Kinder“ gewann in Locarno den Regie-Preis und sollte eigentlich im April in die deutschen Kinos kommen. Doch die sind nun geschlossen. Die Verleiher haben sich darum etwas Neues ausgedacht. | Foto © Eksystent

Die Kinos sind geschlossen. Eine Filmerfahrung, die man in der Regel gemeinsam erlebt, wird so eine ganze Weile lang nicht mehr stattfinden. Darunter leiden die Kinos und ihre Betreiber und ihre Mitarbeiter*innen. Darunter leiden die Verleihfirmen, und mitnichten sind das nur die Majors. Und Filmemacher*innen, die lange auf einen Kinostart hingearbeitet haben, werden geradezu unsichtbar. In Zeiten, wo der nächste Film als Heimkino nur einen Klick bei den großen Streamingdiensten entfernt ist, braucht es besondere Anstrengungen Präzens zu zeigen – auch um den Kontakt zum Publikum nicht zu verlieren. Was tun?

Grandfilm, ein kleiner Verleih aus Nürnberg machte den Anfang. Da trudelte eine Pressemitteilung in die Mailbox, bereits am 17. März, dass sie jetzt einen Vimeo-Channel eröffnet hätten. Der Geschäftsführer von Grandfilm, Patrick Horn, formuliert es in der Mitteilung so: „Es ist ein Zeichen der Solidarität, die Kinos sind genauso wie wir Verleiher existenziell von dem aktuellen Lockdown betroffen. Wir wollen nun ein Zeichen setzen und bieten über Vimeo unsere Filme zu minimalen Vertriebskosten an. Die Einnahmen werden wir mit den von den Ausfällen unserer Kinostarts betroffenen Kinos teilen. Wir hoffen auf all die Kinozuschauer*innen zuhause und appellieren an deren Solidarität.“

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