Spracherziehung beim BKM

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„Nicht allein das ABC | Bringt den Menschen in die Höh, | Nicht allein im Schreiben, Lesen | Übt sich ein vernünftig Wesen; […] Sondern auch der Weisheit Lehren | Muß man mit Vergnügen hören.“ („Max und Moritz“, 4. Streich). | Illustration © Wilhelm Busch

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien lehnt „jede bevormundende Spracherziehung ab“. Deshalb hat er seiner Behörde das Gendern verboten.

Während der Sommerpause hat der Kulturstaatsminister seiner Behörde das Gendern verboten, berichtete unter anderem „Die Zeit“. Laut Wolfram Weimer „vertieft das Gendern die Spaltung unserer Gesellschaft. Sprache soll verbinden, nicht trennen.“ Es gehe ihm dabei auch um den Erhalt „unserer Sprachkultur im Land der Dichter und Denker“, erklärte er im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Mutwillige Eingriffe durch das Gendern seien „nicht nur unnötig, sie beschädigen auch die Schönheit unserer Sprache“. Diese Linie „empfehle ich auch jenen Institutionen, die mit öffentlichen Mitteln arbeiten – von Museen über Stiftungen bis hin zu Rundfunkanstalten“, sagte Weimer der Deutschen Presse-Agentur.

Mit seiner Empfehlung ruderte der BKM gleich wieder zurück, denn das Echo auf den Kulturseiten war überwiegend skeptisch. Lediglich „der FAZ-Feuilleton- Herausgeber Jürgen Kaube [Bezahlschranke] hat ihm applaudiert, weil es ihn stört, beim Lesen immer wieder auf die Existenz von Frauen hingewiesen zu werden. Er findet das unästhetisch“, ätzte Robin Dietje in der „Taz“.  

Eine Online-Petition forderte die Rücknahme des Gender-Verbots auch in der Behörde – 96.500 Menschen hatten nach zwei Wochen unterschrieben: „Der Kunst- und Kulturbereich steht für Vielfalt, Offenheit und Gleichberechtigung – doch genau diese Werte werden durch das Gender-Verbot […] konterkariert“, heißt es im Text. „In einer Zeit, in der Ausgrenzung und Diskriminierung zunehmen, ist diese Entscheidung ein fatales Signal. […] Sprache gestaltet Realität – wer das Gendern verbietet, fördert Ignoranz und verhindert Fortschritt. Denn Vielfalt muss sichtbar und respektiert werden – auch in der Verwaltungssprache.“

So sehen es auch die übrigen Ministerien, bei denen Felix Kiefer für den „Tagesspiegel“ [Bezahlschranke] nachfragt hat. Zwar hatte zuvor schon die Bildungsministerin Karin Prien (CDU) das Gendern verboten, der Rest wolle sich aber an die offizielle Rechtschreibung halten und „eine geschlechtergerechte Sprache insbesondere durch Doppelnennungen und neutrale Ersatzformen gewährleisten“, wie es die gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung vorsehe.

In den SPD-geführten Ministerien nehme man das allerdings nicht so starr: „Im Gesundheitsministerium verwies man zusätzlich auf die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes, im Finanzministerium auf die Vorgaben des Bundesgleichstellungsgesetzes. Im Kern verlangt das Gesetz, dass Bundesbehörden das generische Maskulinum nicht als alleinige Form verwenden, sondern die sprachliche Sichtbarkeit beider Geschlechter sicherstellen.“

Dafür plädieren seit Jahren auch vollmundig Verbände, Institutionen und viele mehr in der Filmbranche (zum Beispiel  hier). Doch Reaktionen blieben aus. Lediglich die Queer Media Society (QMS) hält die Anweisung des Ministers für einen Fehler und antwortet in einem Offenen Brief. Wir „sind von dem Verbot direkt betroffen“, schreibt deren Initiator Kai S. Pieck in einem Gastbeitrag in der „Taz“. „So wurden wir kürzlich vom Filmreferat des Kulturstaatsministers (BKM) mit ,Sehr geehrte Damen und Herren’ eingeladen, unsere Vorschläge zur ,Neuberufung der Fachjurys für Preise’ einzureichen. Mit dem Zusatz „für jeden Gremiensitz jeweils eine Frau und einen Mann vorzuschlagen’. Gleichzeitig wird beteuert, dem BKM sei ,eine diverse und ausgewogen besetzte Jury ein besonderes Anliegen’.“

Im Brief selbst lädt die QMS den Minister zum Dialog ein: „Es mag sein, dass manche genderinklusiven Formulierungen umständlich oder sperrig wirken. Aber ist es nicht Ihre Aufgabe als Kulturstaatsminister, mit uns gemeinsam Alternativen zu finden, statt sie öffentlichkeitswirksam zu verbieten? Das Land der Dichter*innen und Denker*innen wird doch sicher einen positiven, kreativen Umgang damit finden können. Demokratie bedeutet, gemeinsam nach Lösungskonzepten zu suchen, anstatt unliebsame Fortschritte zu verbieten. Ein Engagement für inklusive Sprache wäre das Gebot der Stunde.“