Corona: Brancheninfo 64

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Ein Klassiker aus Klassikern. Mit „Tote tragen keine Karos“ verbeugte sich Carl Reiner 1982 spaßeshalber vor Hollywoods Film Noir und spielte auch gleich den Bösewicht (extrem rechts). Am Dienstag ist der Regisseur gestorben. | Foto © Universal

Mit kleinen, aber guten Nachrichten beginnt das zweite Halbjahr: Seit heute gibt es weitere Krisenhilfen, die BKM mahnt mit ihren Kollegen aus Italien und Frankreich die EU, beim Wiederaufbau auch an die Kultur zu denken, und Bayern lockert die Maskenpflicht im Kino.

Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare, auch wenn wir leider nicht alle persönlich beantworten können. 

 

18 Krimiklassiker aus Hollywoods düsterster Filmzeit in anderthalb Stunden: „Tote tragen keine Karos“ war nicht nur eine überdrehte Hommage an ein Genre, die selbst zum Klassiker wurde, sondern auch kunsthandwerklich herausragend. Für die Kostümbildnerin Edith Head und den Komponisten Miklós Rózsa war es 1982 der letzte Film. Am Dienstag ist auch der Regisseur Carl Reiner gestorben. Er wurde 98 Jahre alt, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erinnert sich. 

 

Seit heute gilt das „Zweite Corona-Soforthilfegesetz“. Damit wird auch der allgemeine Umsatzsteuersatz von 19 auf 16 Prozent gesenkt (der ermäßigte Steuersatz von 7 auf 5 Prozent). Die wesentlichen Punkte dazu:
Welcher Steuersatz gilt, richtet sich immer nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung. Bei einer Lieferung ist das der Zeitpunkt,  an dem das Eigentum an den*die Erwerber*in übergeht.
Bei sonstigen Leistungen kommt es immer auf deren Fertigstellung an. Bei einer Leistung, die nur an einem Tag erbracht wird, ist dies klar. Wenn eine Leistung über einen längeren Zeitraum erbracht wird, ist grundsätzlich entscheidend, wann sie fertiggestellt wird. Geschah dies bis zum 30. Juni 2020, gilt ein Umsatzsteuersatz von 19 Prozent, ab dem 1. Juli 2020 gelten die 16 Prozent (entsprechend ist beim ermäßigten Steuersatz zu verfahren).
Wann die Lieferung bestellt wurde oder wann die Rechnung tatsächlich bezahlt wird, spielt hierbei keine Rolle. Wenn Waren im Juni bestellt wurden, aber erst im Juli geliefert werden, gilt für diese der neue Steuersatz von 16 Prozent. Wer für eine Lieferung, die im Juli erfolgt, bereits eine Vorabrechnung mit 19 Prozent erhalten und gezahlt hat, kann  verlangen, dass die Umsatzsteuer korrigiert wird.
Für Miet- und Leasingverträge gilt die Umsatzsteueranpassung ebenfalls. Damit ändern sich ab dem 1. Juli somit der Bruttobetrag und die Höhe der Zahlung. Damit ein Vorsteuerabzug gewährleistet ist, muss die im Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 geminderte Umsatzsteuer im Zweifel mit einer (Dauer-) Rechnung für diesen Zeitraum angepasst werden.
Der Mietvertrag als solcher muss nicht geändert werden. Hier sollten Vermieter*innen gegebenenfalls eine geänderte Dauerrechnung erstellen und dem Mieter zur Verfügung stellen. Mieter sollten eine korrigierte Rechnung für diesen Zeitraum bitten. Dies ist aber nur relevant, wenn die Vermietung mit Umsatzsteuer erfolgt. Die Vermietung von Wohnraum fällt nicht hierunter.
Dienstleister*innen, die nach dem 1. Juli die Umsatzsteuer mit 19 Prozent zu hoch und damit fehlerhaft ausweisen, müssen diese auch in voller Höhe ans Finanzamt abführen. Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfänger ist aber auf 16 Prozent begrenzt – was für die Eingangsrechnung Bedeutung haben kann. Im Juli soll das noch etwas lockerer gehandhabt werden, teilen Steuerberater mit: Hier sei noch der Vorsteuerabzug über 19 Prozent möglich, wenn die Umsatzsteuer zu hoch berechnet wurde. Diese Ausnahmeregelung endet jedoch am 31. Juli 2020.
Für noch offene Rechnungen vor dem 30. Juni ist der volle Vorsteuerabzug möglich.
Besonderheiten ergeben sich bei Rückgaben von Lieferungen: Eine Rückgabe im Juli 2020 für eine Lieferung im Juni wird mit 19 Prozent berücksichtigt, weil die ursprüngliche Leistung im Juni erfolgte.
Bei Gutscheinen ist der Stichtag für die Umsatzsteuerhöhe nicht der Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins, sondern der Tag, an dem er tatsächlich eingelöst wird.
Der letzte Tag der Leistung ist auch für Abonnements (wie etwa die Jahresmitgliedschaft bei Crew United) ausschlaggebend.

 

Jetzt öffnen auch die letzten Kinos wieder. Aber sie haben kaum Filme zu zeigen, klagt „Die Zeit“. Ob Multiplex oder Arthouse – sie müssen unkonventionelle Wege aus der Corona-Krise finden.

130 Mitgliedskinos zählt die Genossenschaft Kinomarkt Deutschland. Die FFA hat nun eine Anschubfinanzierung in Form eines zinslosen Darlehens bewilligt, berichtet „Blickpunkt Film“.

In Bayern ist die Maskenpflicht bei Kulturveranstaltungen in geschlossenen Räumen ab heute gelockert. Das hat der Ministerrat gestern beschlossen. Für die Besucher*innen gilt Maskenpflicht nur noch, solange sie sich nicht an ihrem Platz befinden. Die bestehenden Regelungen für Mitwirkende (grundsätzliche Maskenpflicht, soweit dies nicht zu einer Beeinträchtigung der künstlerischen Darbietung führt oder solange der*die Mitwirkende noch keinen festen Platz eingenommen hat) bleiben hiervon unberührt.
Viele Kinobetreiber waren „auf die Barrikaden gegangen“, weil Gäste in Restaurants ohne Mundschutz sitzen dürfen, im Kinosaal diesen aber während der gesamten Vorstellung tragen sollten, erklärt die „Bayerische Staatszeitung“ dazu.

 

Das Fernsehen hat einen hohen Bedarf an fiktionalen Erzählungen. Überwiegend werden sie in der Form des Kriminalfilms präsentiert. Auf den ersten Blick seien die meisten gut gemacht. Doch schaut man genauer hin, springen Ungereimtheiten, Brüche, nicht überzeugende Wendungen und sogar haarsträubende Fehler ins Auge, schreibt die „Medienkorrespondenz“ und fragte den Regisseur Thomas Schadt und den Stoffentwickler Enrico Wolf, woran das liegt.

Eine dreiviertel Million Erwerbstätige in Kultur und Kunst können seit Monaten ihren Beruf nicht ausüben. Die Politik beschwört einen „Neustart“ und stellt eine „Kulturmilliarde“ bereit. Doch die Kreativen sind dabei erneut kaum mehr als schöne Worte wert, kritisiert die Kunst- und Kulturbeauftragte von Verdi.

Catharina Bruns vernetzt Selbständige. Denn: In der Corona-Krise sieht sie sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass es mit dem Ansehen der Freiberufler nicht weit her ist. Mit einer Online-Petition hat sie fast 60.000 Unterschriften gesammelt, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. 

In den USA ist Hulu beliebt, nächstes Jahr könnte der Streamingdienst auch in Deutschland starten – und für Platzhirsch Netflix der größte Konkurrent werden, vermutet der „Münchner Merkur“.

Bei RTL soll wegen der Corona-Krise keine Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr ausgeschüttet werden. Den wirtschaftlichen Ausblick für das Geschäftsjahr hatte das Unternehmen ebenfalls im April zurückgezogen. Dem Konzern geht es darum, Liquidität sicherzustellen, berichtet „Meedia“.

 

Deutschland hat seit heute die EU-Ratspräsidentschaft, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat mit ihren Kollegen aus Italien und Frankreich einen gemeinsamen Brief an die EU-Kommissarin Mariya Gabriel geschrieben. Darin mahnen sie an, Kultur und Medien bei den Wiederaufbau-Instrumenten der Europäischen Union angemessen zu berücksichtigen. Nach Zahlen der EU-Kommission hatte die europäische Kulturbranche mit Einbußen von bis zu 70 Prozent im zweiten Quartal 2020 zu kämpfen. Grütters: „Diese Zahlen zeigen noch einmal eindringlich: Die Corona-Pandemie hat verheerende Folgen für die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft in ganz Europa. Es geht für viele Künstlerinnen, Künstler und Kreative schon längst um die nackte Existenz. Was wir jetzt brauchen, sind breitenwirksame, nachhaltige Hilfsprogramme in der Fläche, um die langjährig gewachsenen Strukturen der europäischen Kulturlandschaft zu erhalten und damit eben auch wieder Arbeitsmöglichkeiten für Kreative zu schaffen.“

Wie gehen Sie mit der Pandemie um? Haben sie Angst? Und was fehlt ihnen? Folge acht des Corona-Fragebogens der „Neuen Zürcher Zeitung“ – diesmal mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters.

 

20 Filme. 46 Jahre. 45 Stunden Filmmaterial. Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Zahlreiche Preise. Die längste Dokumentation der Filmgeschichte. Doch all die Superlative können nicht erklären, warum die Defa-Langzeitchronik „Die Kinder von Golzow“ ein so enormer Erfolg wurde. Denn Thema, Sujet oder Schauplatz dieser Dokumentation versprachen nichts sonderlich Aufregendes: 18 Kinder, eingeschult in einer ganz normalen Grundschule in Golzow, einem Dorf im Oderbruch, und deren Lebenswege. Ein Programmtipp von „EPD Medien“.

In „Homemade“ berichten achtzehn Filmemacher von ihrem Leben im Lockdown. Sie erzählen von sich und von ihren Familien, inszenieren Komödien und kleine Dramen. Darin könne sich ein jeder selbst wiederfinden, meint die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Die Premiere im April fiel wegen Corona aus. Also brachten das Schauspiel Stuttgart und die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart das Stück gemeinsam auf die Leinwand: Nach dem Drama „Geteilt“ von Maria Milisavljevic entwickelte die Regisseurin Julia Prechsl mit ihrem Regieteam und der Videoabteilung des Schauspiels Stuttgart den Theater-Film „Ge teilt (teile)“. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen konnten Dreharbeiten im Originalbühnenbild stattfinden, die Kussszenen werden von Schauspieler*innen gespielt, die privat ein Paar sind. Der erste Theaterfilm der Schauspielschule hatte am 14. Juni Digital-Premiere und ist auf Youtube zu sehen. 

Wie Sundance das kommende Jahr plant, verrät Festivaldirektorin Tabitha Jackson auf der Website [auf Englisch].
Die Veranstalter des bekannten Indie-Festivals gehen nicht davon aus, dass im Januar 2021 alles wie früher sein wird, schreibt „Heise online“ dazu.

German Films ruft zur Teilnahme am 93. „Oscar“-Wettbewerb in der Kategorie „International Feature Film“ auf. Anmeldeschluss ist am 2. Oktober.

 

Die Diversität im deutschen Fernsehen hinterfragt die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAFF) am morgigen Donnerstag, 2. Juli, im Webinar. Ab  18:30 Uhr besprechen die Schauspieler*innen Ilona Schulz, Erwin Aljukic, Annabelle Mandeng und Ercan Karaçayli und der Regisseur und Drehbuchautor Kai S. Pieck, was Diversität im eigentlichen Sinne bedeutet – und warum von der Vielfalt im Deutschland des 21. Jahrhunderts im Fernsehen noch so wenig zu sehen ist. Es moderiert die Casterin Manolya Mutlu. Die Teilnahme ist kostenlos, aber nur nach Anmeldung.

ARD-Programmdirektor Volker Herres fiel keine Frau ein, die eine Samstagabend-Show moderieren könnte. Eva Schulz und Carolin Kebekus wüssten da aber einige, berichtet „Jetzt“.

Der Filmnorden soll bunter werden: Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein hat einen verpflichtenden Diversity-Fragebogen eingeführt, um Filmemacher*innen zu sensibilisieren. Die Checklist sei nur ein Anfang.
Hamburg Schleswig-Holstein sei die erste Filmförderung bundesweit, die diesen Schritt geht, berichtet „Noizz“.

 

Schlechte Bezahlung, lascher Gesundheitsschutz: Die Belegschaft des Versandhändlers Amazon kämpft seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen, berichtet „Der Spiegel“: Ein Mitarbeiter über ein System, das den Menschen vergisst.

Die Deutsche Welle feuerte den Schriftsteller J.P. Cuenca wegen dessen Kritik an Brasiliens Präsidenten. Mehr als 100 Erstunterzeichner haben in einem Offenen Brief den Rausschmiss scharf kritisiert.  Auf „Telepolis“ antwortet Cuenca der Sendeleitung.

Der Sieg der puren Vernunft: Fortschrittlicher Pop tut sich schwer mit der Corona-Krise, denn rebellische Gesten sind heute von rechts okkupiert, meint die „Taz“ und versucht eine Einordnung.

Die Albtraumfabrik: Eine junge Schauspielerin stürzt sich im Jahr 1932 vom ersten Buchstaben des berühmten Hollywood-Schriftzugs und spukte danach angeblich als Phantom durch die Gegend. Wer war Peg Entwistle? fragt die „Süddeutsche Zeitung“.

 

Kinos nach Corona. Auch „cinearte“ macht zurzeit Pause für diese Brancheninfos. Darum schreibt Christoph Brandl seine Doku-Kolumne „Das wahre Leben“ solange hier:

Das Kino wird dokumentarisch. Zur Wiedereröffnung der meisten Kinos in Deutschland starten unter anderem die folgenden Filme: „Brot – Das Wunder, das wir täglich essen“, „Russland von oben“, „Das geheime Leben der Bäume“, „Jenseits des Sichtbaren – Hilma af Klimt“, „Paris Calligrammes“. So viele Dokumentarfilmstarts gleichzeitig waren selten im Deutschen Kino. Doch was wie eine Kinorevolution anmutet, ist in Wahrheit den absurden Folgen der Corona-Krise geschuldet. So geht der aktuelle Restart der deutschen Arthouse-Kinos einher mit einem massiven Filmemangel, mit Startverschiebungen mutmaßlicher Hollywood-Blockbustern, wie beispielsweise dem neuen James Bond-Film, mit der wirtschaftlichen Unsicherheit, die viele Kinobetreiber spüren. Zwar hat sich die AG Kino, der bundesweite Dachverband der Arthouse-Kinos, die viele der Dokumentarfilme herausbringen, mit den Filmverleihern darauf verständigt, ihre Häuser ab 2. Juli wieder zu öffnen, zwar freut man sich an den meisten Orten, dass die Zwangsschließungen vorbei sind, doch der Normalbetrieb ist für die meisten Häuser weiterhin undenkbar. Denn bei 1,5 Meter Sicherheitsabstand kann man ein Kino nur zu 15 bis 20 Prozent auslasten. Kino-Gilde-Chef Christian Bräuer, der auch Geschäftsführer der Yorck-Gruppe ist, schaut daher mit Besorgnis auf die Wiedereröffnungspläne für Kinos. „Davon kann man nicht leben“, sagt Bräuer, „trotzdem könnte die Situation um einiges schlimmer sein. Es hätte bereits sehr viele Insolvenzen gegeben, wenn der Bund und die Länder nicht schnell gehandelt hätten.“
Zu Beginn des Lockdowns im März wurden mehrere Hilfsprogramme aufgesetzt, so konnten zunächst weiterhin Mieten gezahlt, Darlehen bedient, Mitarbeiter, Minijobber und Studenten versorgt werden. Auch im neuen Konjunkturpaket sind eine Milliarde Euro für die Kultur insgesamt und auch die Filmwirtschaft vorgesehen, „was ein entscheidend wichtiges Signal ist“, wie auch Bundespräsident Walter Steinmeier lobt, der von sich sagt, er sei ein „alter Kinogänger“.“ Für die Sicherheit der Kunden müssen Kinobetreiber aber viel Geld in die Hand nehmen. Sie investierten in neue Sicherheitsmaßnahmen, mussten zum Beispiel das Kassensystem für die Kontaktverfolgung verbessern oder sich Plexiglasscheiben anschaffen. Wichtig sei nun auch das Vertrauen der Menschen, dass ihre Gesundheit im Kinosaal nicht stärker gefährdet sei als anderswo, so Bräuer weiter.
Eine zusätzliche Voraussetzung gilt ganz unabhängig von Corona: gute Filme. Dass den Kinos die Blockbuster fehlen, ist für Andreas Heidenreich, Vorsitzender des Bundesverbands für kommunale Filmarbeit, ein großes Problem. Es sei aber auch kein überwindbares: „Die Kinos machen einfach mit den Filmen weiter, die im März frisch rauskamen. Also mit Filmen wie ‚Die Känguru-Chroniken‘ und ‚Die perfekte Kandidatin‘“, erklärt er. Oder eben mit neuen Dokumentarfilmen.

 

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