Corona: Brancheninfo 79
Besonders die Kinos sind in Gefahr: Die Umsätze sind auf nahezu ein Viertel geschrumpft. Unter Pandemie-Bedingungen lässt sich nicht wirtschaftlich arbeiten – es fehlen Filme und Sitzplätze.
Und hier erstmal der Link zum heutigen Foto.
Wie geht Kino im Corona-Herbst? Der NDR betrachtet die Krise der Filmbranche: Die Kinos in Deutschland befinden sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Vereinzelte Erfolge können nicht über einen Mangel an Besuchern und Filmen hinwegtäuschen – und werden durch die Vorgaben eingeschränkt, berichtet ein Kinobetreiber: „Wir haben immer noch die Abstandsregelungen von 1,50 Meter und können eigentlich nur maximal ein Drittel der Plätze belegen. An den letzten Wochenenden waren wir tatsächlich schon ein paar Mal in der Situation, dass wir ein paar Leute wegschicken mussten, weil aufgrund der Abstandsregeln keine Plätze mehr da waren.“ Die ausverkaufte Vorstellung ist kein Trost – man sei weit davon entfernt, wirtschaftlich arbeiten zu können: „Denn die Bedingungen sind einfach so, wie sie sind. Da werden wir die nächsten Monate auch nicht unbedingt rauskommen. Es bleibt also schwierig.“ In Deutschland verzeichnen alle Kinos seit drei Monaten einen Umsatzeinbruch von 60 Prozent, während der kompletten Schließung zuvor waren es 100 Prozent, erklärt der NDR.
Die Filmverleiher fühlen sich in der Corona-Epidemie von der Politik im Stich gelassen. „Der Tagesspiegel“ sprach mit Leila Hamid von X-Filme und Björn Hoffmann von Pandora über die ungewisse Zukunft. Die Verleiher würden „etwas stiefmütterlich behandelt, auch weil es außerhalb der Branche nur eine vage Vorstellung davon gibt, was wir eigentlich machen“, sagt Hoffmann. „Der Gesamtzusammenhang wird bei den Hilfsmaßnahmen zu wenig berücksichtigt. Die Kinos kommen nicht ohne Verleiher aus, die Verleiher nicht ohne die Kinos und wir alle brauchen die Produktionen. Man kann nicht ein Glied der Wertschöpfung isoliert betrachten. Dieses Verständnis fehlt im Moment in der Diskussion.“
„Es geht dabei nicht darum, dass wir als Verleih gefördert werden, sondern, dass wir bei der reduzierten Anzahl an Zuschauern eine Unterstützung bekommen, die uns überhaupt die wirtschaftliche Chance bietet, Filme im Kino zu starten“, erklärt Hamid. „Wir überlegen uns gerade sehr gut, wann wir unsere Filme in die Kinos bringen können. Wenn uns die Unterstützung fehlt, ergibt es für uns wirtschaftlich keinen Sinn.“
„Abstandsregeln mit Augenmaß“ fordern die Betreiber*innen von 20 mittelständischen Kinos in ganz Bayern in einem Brief an Ministerpräsident Markus Söder: Die in Bayern geltende Abstandsregelung von 1,5 Meter habe „katastrophale Auswirkungen auf unsere Betriebe, die möglicherweise beim Erlass der Regelung nicht bedacht wurden. Da in den meisten Kinosälen (mit Ausnahme einiger weniger Luxus-Kinos) der Reihenabstand unter 1,5 Meter liegt, bedeutet dies, dass wir überhaupt nur jede zweite Reihe frei geben dürfen. Bei einem tatsächlichen Reihenabstand von beispielsweise 1,3 Meter liegt damit faktisch der verordnete Abstand bei 2,6 Meter. Entsprechendes gilt für die Sitzabstände. Da ein Kinostuhl 60 bis 80 Zentimeter breit ist und die Mindestabstände jeweils ab Stuhlmitte gemessen werden, liegen die tatsächlich verordneten Abstände bei zwei Stühlen zwischen 1,8 Meter (30+60+60+30 Zentimeter) und 2,40 Meter. Hinzu kommt, dass die Höchstwerte von 200 Besuchern in großen Kinosälen prozentual nur eine sehr geringe Auslastung erlauben, obwohl hier die Abstandsregeln problemlos eingehalten werden könnten. All dies führt dazu, dass wir unsere Säle nicht einmal zu 25 Prozent auslasten können und mit jedem Filmeinsatz ein (verordnetes) Minusgeschäft einfahren.“
Für die Kinos seien die letzten drei Monate und die Feiertagen zum Jahresende die wichtigste Zeit des Jahres, erklären die Betreiber*innen. „In diesen Monaten machen wir die Hauptumsätze eines Gesamtjahres – statistisch manchmal mehr als in den neun Monaten davor – und nur dieses Jahres-Schluss-Geschäft ermöglicht es uns und unseren Betrieben, überhaupt wirtschaftlich zu überleben.“
Mehr als 70 Prozent! So hoch beziffert Christine Berg, Vorstandsvorsitzende des HdF Kino, die Umsatzverluste der Lichtspieltheater gegenüber dem Vorjahr. Zwar ständen auch ihnen die Überbrückungshilfen des Wirtschaftsministeriums zur Verfügung, das Programm habe aber Lücken, wodurch „die Förderung nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist“. Dadurch werden „der Mittelstand sowie die großen Häuser benachteiligt beziehungsweise – noch schlimmer – sie werden bei der Förderung komplett außen vorgelassen.“ Das müsse mit dem Zukunftsprogramm Kino III verbessert werden, sagt Berg im Interview mit „Medienpolitik“.
Die alternativen Auswertungsversuche während des Lockdowns hätten bezeigt, dass Kino besonders bei hochpreisigen Produktionen innerhalb der Auswertungskaskade als Zugpferd für das Recoupement nicht ersetzbar sei. Erst die Aufmerksamkeit durch das Kino „veredelt“ einen großen Film und verschaffe ihm auch den Schub für die weitere Verwertung.
Nicht nur das neue Deutschland wurde dieser Tage 30, sondern auch eine fixe Idee für Europa: Einen Tag vor der Wiedervereinigung hatten Deutschland und Frankreich rasch noch endlich unterschrieben, was sie seit Jahren angekündigt hatten: Einen gemeinsamen Sender. Die Widerstände waren auf beiden Seiten immens gegen den „Bastard der Politik“, der „von Anfang an zum Scheitern verurteilt war“, erinnert die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Liebeserklärung zum 30. Geburtstag: Tatsächlich sei der Marktanteil mit 1,1 Prozent in Deutschland und 3,3 Prozent in Frankreich „eher so mittel. Hinter den Kulissen aber ist Arte sehr viel größer. Der Sender (ko)produziert 50 Kinospielfilme pro Jahr, etwas mehr als 20 in Deutschland, knapp 30 in Frankreich. Sie haben mittlerweile so viele ,Goldene Palmen’ gewonnen, dass man damit den ganzen Mainzer Lerchenberg bepflanzen könnte. Lars von Triers Gesamtwerk (abgesehen von ,Nymphomaniac’) – koproduziert von Arte.“ Außerdem sei der Sender längst der wichtigste Partner für Dokumentarfilmer. Und Musikfilme. Und einer der letzten, der sich noch um das Genre des Kurzfilms. Kurz: die Mediathek „ist so was wie das bessere Netflix – und dazu kostenlos.“
Vor allem aber seien sie die einzigen, „die im Fernsehen ernst machen mit der europäischen Idee: Es gibt heute Sendungen mit polnischen, italienischen, spanischen und englischen Untertiteln, so dass fast 80 Prozent der Europäer Arte in ihrer Muttersprache sehen können.“ Das sei „neben Interrail und Erasmus die wohl sinnvollste, schönste europäische Erfindung. Und während Erasmus und Interrail wegen Corona gerade vor sich hin kriseln, kann man Arte jeden Abend schauen.“
Über Grenzen blickt auch 3sat, der gemeinsame Sender der Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und ein Jubiläum gab es dort auch: Vor 25 Jahren startete das Magazins „Kulturzeit“. DWDL sprach mit den Leiterinnen Monika Sandhack (SWR) und Anja Fix (ZDF) über die Herausforderung eines tagesaktuellen Kulturmagazin, Veränderungen und die kulturelle Unterschiede im DACH-Raum. Und über die Kulturszene im Jahr von Corona. Das ganze Ausmaß dieser Krise sei noch gar nicht abzusehen. glaubt Sandhack: „Man weiß zum Beispiel nicht, wie sich die Kinobranche entwickeln und ob es in zwei Jahren Arthouse-Kinos in der jetzigen Form noch geben wird. Auch freie Künstler*innen und Kulturinstitutionen sind stark davon betroffen. Es wird nicht abgehen ohne Insolvenzen. Und die Frage, was hilft, wird uns noch lange beschäftigen.“
Fix sieht gar „zwei Realitäten. In der einen erleben wir eine großzügige staatliche Förderung der Kultur. Auf der anderen Seite gibt es dennoch viele Künstler*innen und kleinere Institutionen und Ensembles, die das wahrscheinlich nicht retten wird. Ich rechne damit, dass wir ab der nächsten Spielzeit und vor allem 2021 doch einige Schließungen erleben werden. Aber Corona hat hoffentlich auch gezeigt, der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Kultur ist systemrelevant.“
Das „Flaggschiff von 3sat“ würdigt die „Medienkorrspondenz“ ausführlich: Es stellte etwas völlig Neues dar: ein werktäglich im Vorabendprogramm ausgestrahltes Kulturmagazin, das in dieser Form nur im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Satellitenprogramms 3sat verwirklicht werden konnte. Das machte diese Sendereihe damals zur innovativsten Neugründung in der Kulturberichterstattung seit der Erfindung von Fernsehkulturmagazinen in den 1960er Jahren.“
Einst, in den 70ern des vergangenen Jahrhunderts, schien die Kinderfernsehwelt noch in Ordnung. Kein Wunder, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihre Helden aus jenen Tagen immer wieder gerne reanimieren. Was dabei aus Wickie und der Biene Maja wurde, beschreibt Jan Freitag auf DWDL allerdings eher als „zeitgenössische Mischung aus äußerlicher Unruhestiftung bei inhaltlicher Verseifung“. Die Veränderung habe 1995 begonnen, als „RTL Super“ als Deutschlands erster Kinderkanal ein Blitzlichtgewitter entfachte, das „schriller, lauter, hektischer war als alle brachialen Werbespots, mit denen die Zielgruppe schon im Krippenalter auf Konsum gedrillt wurde.“
In einer anderen Fassung seines Artikels im „Tagesspiegel“ erklärt es Freitag genauer: „Um den Sehgewohnheiten Tribut zu zollen, entfachen die animierten Remakes beider ZDF-Formate seit 2013 deshalb ein dreidimensionales Feuerwerk. Die Storys mögen harmloser sein als zuvor, ihre Ästhetik hingegen ist Hektik pur. Und während der faule Kater Garfield vor 30 Jahren so wendig war wie ein Ozeanriese, wirkt seine Modernisierung von 2008, als sei sie im Vollsprint auf LSD entstanden. Die Wissenschaft warnt seit langem schon vor negativen Folgen permanenter Reizüberflutung.“
Bemerkenswert sei darum der jüngste Streich: Ausgerechnet Pan Tau, der wortlose und gelassene Zauberer mit der Melone, ist jetzt an der Reihe. 14 neue Folgen von „Pan Tau“ sind am Sonntag gestartet, und die seien sogar „ein Unterhaltungsschritt zurück nach vorn“, meint Freitag: Man habe „etwas kreiert, das im Dauerbeschuss der Spezialeffekte Feuerpausen duldet, Gespür für Diversität zeigt und auch im Entstehungsprozess vom Mainstream abweicht: während deutsches Fernsehen oft im Niedriglohnland Tschechien entsteht, wurde das Remake eines ?SSR-Klassikers in Deutschland gedreht.“
Auch der „Frankfurter Rundschau“ gefiel, was sie sah: „Die Regie von Franziska Meyer Price und Michael Zens bietet das flotte Tempo, das erwartet werden dürfte. Wie im guten Kindertheater haben auch Erwachsene ihren Spaß an Sätzen wie „O Mama, das ist so lame.“ Ironie kommt zum Zuge, während Mr. Tau selbst eher unironisch weise und manchmal pädagogisch sinnvoll wirkt. Dass er echte Rosen aus dem Handy wachsen lässt, ist natürlich süß.“
Doch wie kann das gehen, fragte sich die „Süddeutsche Zeitung“: „Der gewitzte Charme dieser Serie war keine Zauberei, sondern vor allem – neben den verspielten Drehbüchern – mit dem Mann verknüpft, der ihn in 33 Folgen verkörperte“: Otto Šimánek. Doch der tschechischen Schauspieler und Pantomime war schon 1992 gestorben. Drum traf sie den neuen Hauptdarsteller, einen „englischen Zauberer namens Matt Edwards, der seine Tricks in Sälen mit 3000 Zuschauern mit allen Grimassen und Slapstickklamauk einer leibhaftigen Rampensau aufführt“ – und fürs Fernsehen eine vollkommen neue Sprache lernen musste, wie er erklärt. Am Ende ist auch die „Süddeutsche“ überzeugt: „Wenn man an den alten Pan Tau denkt, fällt einem als Erstes das Wort ,freundlich’ ein und, in einem gar nicht dümmlichen Sinn, auch das Wort ?gutmütig‘. Vielleicht musste sein Nachfolger aus dem Teil des englischsprachigen Weltalls kommen, wo eine Familie ohne Wenn und Aber ihrem Kind geholfen hat, das zu werden, was es immer werden wollte: ein Zauberer.“
In vier Monaten beginnt die Berlinale. Und sie soll tatsächlich stattfinden, bekräftigt Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek im Interview mit der „Berliner Zeitung“: „Wir wollen damit das Kino stärken. Durch die Pandemie hat das Streaming zugenommen, die Kinos waren lange geschlossen. Da ist es uns sehr wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass wir an die Leinwand glauben und an das Kino als Ort des Erfahrungsaustauschs.“
„Ich war in Venedig und in Zürich. Das waren Glücksmomente. Die Menschen hatte keine Angst, sondern waren voller Bereitschaft, diese Erfahrung miteinander zu teilen“, ergänzt der künstlerische Leiter Carlo Chatrian. „Vor allem war es ein Energieschub für die gesamte Branche. Und das brauchen wir.“
Die politische Vergangenheit des des ersten Berlinale-Leiters Alfred Bauer hatte das Instituts für Zeitgeschichte untersucht: „Bauers penetrant und dreist anmutender Aktionismus war dabei nicht nur seiner wirtschaftlichen Notlage geschuldet, sondern er wollte damit vor allem sein reines Gewissen zur Schau stellen.“
„In einer wissenschaftlichen Studie erwartet man so eine drastische Wortwahl nicht“, bemerkt „Der Tagesspiegel“, das falle auch aus den sachlichen Erläuterungen über die Rolle Bauers in der Reichsfilmintendanz zwischen März 1942 und April 1945 heraus. Und auch die ließen kaum Zweifel zu, dass ein führender Mitarbeiter wie Bauer keine Kenntnisse etwa von der Zwangsarbeit in der Filmbranche gehabt haben könnte. Somit gebe die Vorstudie Einblicke in die Aufgaben der Reichsfilmintendanz, sie sei aber auch ein charakterliches Führungszeugnis.
Als erstes großes deutsches Publikumsfestival nach dem Lockdown lief das Filmfest Hamburg wieder in richtigen Kinosälen. 13.690 Besucher wurden in den fünf Festivalkinos gezählt. Das ist zwar nur rund ein Drittel der Besucherzahl des Vorjahres, doch coronabedingt waren die Sitzplatzkapazität auf 30 Prozent reduziert, das Programm zeigte nur halb so viele Filme, erklärt „Blickpunkt Film“. Die Veranstalter sprechen darum die Festivalverantwortlichen bei lediglich der Hälfte der gezeigten Filme im Vergleich zum Vorjahr von „einer ungebrochenen Begeisterung für das Festival in der Hansestadt“ und einem „hoffnungsvollen Neubeginn“.
Im Interview sprach Festivalleiter Albert Wiederspiel über die Erwartungen und Erfahrungen: „Es war eine Situation, die wir alle noch nicht kannten, deshalb hatten wir de facto keine wirklichen Erwartungen. Wir haben von Tag zu Tag gedacht und gearbeitet, immer wieder neue Verordnungen studiert, da es auch in der Festivalzeit Änderungen gab. Angesichts all dieser Umstände sind wir gut dabei herausgekommen.“ Von den digitalen Angeboten solle vieles weitergeführt werden – „wie zum Beispiel das Streaming der Fachveranstaltungen oder die voraufgezeichneten digitalen Filmgespräche mit den Regisseur*innen. Das Streamen der Filme müssen wir noch im Detail auswerten, aber fest steht, dass die Kinozahlen deutlich höher waren als die Streamingzahlen, was mich als Kinomann natürlich sehr freut.“
„Die Filmproduktion ist für uns ein leicht wachsender Markt und ein wichtiges Nischengeschäft“, sagt Christoph Kuhnke. Das ist doch mal eine Einschätzung, mit der sich etwas anfangen lässt. Kuhnke ist Abteilungsdirektor Firmenkundenbetreuung Medien bei der Commerzbank und damit auch für Filmfinanzierung zuständig. Ein Thema, das die Wirtschaftsredaktion der „Welt“ zum Hamburger Filmfest interessierte. Neben etwas Werbung für den Filmstandort und das „Potenzial Norddeutschlands“ gibt der Artikel anhand der Wüste Film einen Einblick, wie Produktionen finanziert werden.
„Vielfältig und besorgniserregend“ sind die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die technischen Dienstleister der Branche. Der Verband Technischer Betriebe für Film und Fernsehen (VTFF) hatte im September eine virtuelle Mitgliederversammlung abgehalten, in einer Live-Online-Befragung gaben die Film- und Fernsehstudios, Postproduktionunternehmen, Verleiher, Synchronisationsbetriebe und weitere ihre Einschätzung: Fast die Hälfte der VTFF-Mitglieder erwarten für das Jahr 2020 „Umsatzeinbußen um die 40 Prozent“, ein Drittel 11 bis 25 Prozent, und
weniger als ein Viertel hofft, ohne größere negative Auswirkungen durch die Krise zu kommen“, schreibt der Verband auf seiner Website.
Hauptursache seien weniger Aufträge – davon seien mehr als 60 Prozent der Mitglieder betroffen. Zusätzlich werde über die Hälfte der Unternehmen von erhöhtem Aufwand für Corona-Schutzmaßnahmen belastet. Außerdem stelle ein Viertel eine niedrigere Bezahlung als vor der Krise fest, so der VTFF: „Insgesamt erwarten daher zwei Drittel der Mitglieder, dass sie sich werden verändern oder gar verkleinern müssen. Um überhaupt noch weitermachen zu können, sind die staatlichen Corona-Hilfen für die meisten Unternehmen unerlässlich: über 90 Prozent der Mitglieder nehmen Kurzarbeitergeld in Anspruch, etwa die Hälfte hat zusätzliche Kredite aufgenommen, fast ein Drittel beantragt Überbrückungshilfe, und ein Drittel erhält Zuschüsse und sonstigen Förderungen.“
Auch der VTFF unterstützt die Forderung nach dem Ausfallfonds, „damit die Produktionswirtschaft wieder richtig in Gang kommt.“ Außerdem sollten „pandemieunabhängige Produktionstätigkeiten“ (wie die Digitalisierung und Restaurierung von Filmen) „in voller Höhe“ fortgesetzt werden, weil so die Kapazitäten „sinnvoll und ergebnisorientiert“ ausgelastet würden.
Das lineare Fernsehen ist noch lange nicht tot, auch wenn das seit 15 Jahren behauptet wird, glaubt Ufa-Chef Nico Hofmann: „Streaming wird zunehmen, der Konkurrenzdruck wird härter. Die Sender bauen ihre Mediatheken aus, um mitzuhalten. Die Gesamtnutzung im linearen Fernsehen erreicht immer noch gigantische Zahlen. Wenn Sie in Deutschland alle Programme zusammenrechnen, kommen Sie im Schnitt jeden Abend auf 20 bis 40 Millionen Zuschauer.“
Im Interview mit dem „Standard“ erklärt er die Unterschiede zur Streamingkonkurrenz: „Öffentlich-rechtliches Fernsehen hat nach wie vor die Aufgabe, nationales Programm für alle zu machen. Netflix und andere Plattformen gehen da natürlich viel spitzer und konkreter auf die Zielgruppe zu. Sie können sich gewisse Radikalitäten erlauben, weil sie auf Knopfdruck ein weltweites Publikum haben. Das geht beim Öffentlich-Rechtlichen nicht.“
Hoffnung hegt er für die Dokumentarfilmer*innen: „Der ganze Bereich der High-End-Doku wird wichtiger, und es wird unheimlich viel investiert, die Projekte werden ehrgeiziger. Ich komme aus dem Journalismus und bin ein großer Fan dieser Art von Dokumentationen. Für die Ufa kann ich sagen, dass wir uns in den nächsten Jahren ganz extrem in diese Richtung engagieren werden.“
Manchen ließ das ja verzweifeln: Ausgerechnet „Derrick“ soll die meistverkaufte deutsche Serie der Fernsehgeschichte sein. Schreibt jedenfalls die „Wikipedia“, und andere schreiben das ab: In mehr als 102 Ländern der Welt sahen die Menschen, wie die Deutschen sich Krimis vorstellen.
Die Zahl hatte „Der Spiegel“ 1997 genannt, als er sich zum Ende der Serie Gedanken über den Erfolg, gerade im Ausland machte. Den Superlativ verwendete er aber nicht. Wie auch: „Kommissar Rex“ wurde sogar in 150 Länder verkauft, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (DPA), und auch die Wikipedia weiß von wenigstens 107 (siehe oben).
Wie auch immer: Ausnahmeerfolge sind beide. Doch das scheint sich nun zu ändern, meint die DPA: Mehr als 100 Länder sicherten sich die Rechte an „Babylon Berlin“, überhaupt häuften sich zurzeit die Auslandserfolge deutscher Serien – und das habe mehrere Gründe.
Genannt werden die angekündigten Gründe dann leider doch nicht. Aber aus den vielen Statements aus der Branche lässt sich herauslesen: Es geht um Qualität und Budget, und beides hängt irgendwie zusammen. Einen Haken hat die Erfolgsgeschichte deshalb doch: „Die Nachfrage nach High-End-Serien und -Filmen führte auch zu einem Anstieg der Herstellungskosten“, sagt da Christoph Palmer, der Geschäftsführer der Produzentenallianz: „Die Budgets für solche Produktionen sind in der Regel jedoch kaum gestiegen. Dies brachte einen enormen Kostendruck mit sich, der den Markt weiterhin prägt.“
Der WDR ruft zur Serien-Challenge. Die Zielgruppe ist auch klar – auf der Website des Senders wird so gnadenlos geduzt wie sonst nur im Ikea-Katalog. Seit Montag stehen da (also beim WDR) zwei zehnminütige Serienpiloten zur Ansicht bereit, doch nur eine von ihnen wird tatsächlich produziert. Welche, das entscheiden die Zuschauer*innen mit ihrer Stimme. Die gesamte Staffel soll dann „im Verlauf des nächsten Jahres“ in der Mediathek verfügbar sein.
„Saubere Sache“ spielt in einem Waschsalon, wo sich Cristina do Rego und Ben Münchow regelmäßig begegnen und sich nebenher in Alltagsbetrachtungen unterschiedlicher Tiefe verlieren. Das Drehbuch schrieb Michael Gantenberg, der zusammen mit André Erkau auch Regie führt. Es produziert Coin Film.
In „Muspilli“ wurden Josefine Preuß und Tristan Seith zu einem Date verkuppelt: Sie ist „bipolar, frisch geschieden und verzweifelte Mutter einer fünfjährigen Tochter“. Er, Anfang 40, hatte noch nie eine richtige Freundin, „weil seine kruden Verschwörungstheorien bisher alle Frauen verschreckt haben.“ Für Drehbuch, Regie und Produktion zeichnet Nahuel Lopez, produziert von Granvista Media.
„Mit Regenschirmen gegen Corona: Bollywood bekämpft die Pandemie“, titelt die „Berliner Zeitung“. Das klingt ein bisschen nach dumpfesten Klischees, verrät im Text dann aber einfach eine gute Idee: Der indische Filmproduzent Jamnadas Majethia drückt all seinen Schauspieler*innen und Crewmitgliedern einen Schirm in die Hand, den sie am Set fast immer tragen müssen: „Wenn Menschen miteinander reden oder arbeiten, vergessen wir immer wieder, den Abstand einzuhalten. Wir sind halt soziale Wesen.“ Mit den Schirmen passiere das nicht.
Jedenfalls wirft die Zeitung einen kurzen Blick auf eine der größten Filmindustrien der Welt, die von der Pandemie heftig getroffen wurde: Indien hat nach den USA die meisten bekannten Corona-Fälle, mehr als 105.000 Menschen sind bereits an Covid-19 gestorben, rund 80.000 Neuinfektionen werden zurzeit erfasst – pro Tag!
Die Pandemie habe die Hindi-Filmindustrie verändert, erklärt Majethia: In einem strikten Lockdown wurden im Frühjahr erst die Kinos geschlossen, dann die Filmstudios. Die Kinos sind immer noch zu. Inzwischen wird wieder gedreht – nach strengen Regeln: die beliebten Hochzeitsszenen wurden verboten, Kampfszenen auch. Wer über 65 ist, durfte zeitweise nicht ans Set – „und das, obwohl Bollywood generationenumspannende Geschichten liebt“, schreibt die „Berliner Zeitung“. „Küsse und Umarmungen gebe es bei ihm zurzeit nicht mehr, sagt Majethia. Die Filme sähen eher aus wie in früheren, konservativeren Zeiten.“
Ein Fun Fact hält der Artikel auch bereit: Der Produzent Atul Kasbekar plant zurzeit die Neuverfilmung eines deutschen Klassikersdie Dreharbeiten sollten eigentlich im Frühling beginnen: „Looop Lapeta“ wird „Lola rennt“ auf Indisch.
Der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien holt auch die Filmkunst ein. Das Drama „Gate to Heaven“, das in der umkämpften Enklave Bergkarabach während des Vier-Tage-Kriegs von 2016 spielt, sollte diese Woche auf dem International Filmfestival in Moskau seine Weltpremiere feiern. Kurz vor dem Festival wurde der Film des armenischen Regisseurs Jivan Avetisyan aus dem Programm genommen – um keine Spannungen zwischen Armeniern und Aserbeidschanern in der russischen Hauptstadt zu provozieren, meldete die Nachrichtenagentur Interfax.
Ein erstaunliches Comeback erlebt eine alte Doku. Im Frühjahr 2009 hatte die sogenannte Schweinegrippe die Welt in Panik versetzt, im folgenden Herbst machte Arte diese erste Influenza-Pandemie des 21. Jahrhunderts zum Thema eines Fernsehabends. Da zeichnete sich schon ab: Die Schweinegrippe ist harmloser, als anfangs befürchtet. Das zeigte auch „Profiteure der Angst“ – und schilderte, wie Gesundheitsbehörden weltweit auf eine Kampagne der Pharmaindustrie hereingefallen waren und wie anfällig die Strukturen im Gesundheitswesen für Korruption und Betrug waren.
In den folgenden elf Jahren wurde die Doku nie wiederholt, weder auf Arte noch in NDR, auch in den Mediatheken ist sie nicht mehr zu finden – auf Youtube wird der Film unter Corona-Verschwörungserzählern fast wie verbotene Ware gehandelt, berichtet DWDL. Die Wiederaufführung auf Youtube hatte die Produzentin und Autorin Jutta Pinzler überrascht. Die Doku sei als „historisches Zeitdokument“ zu betrachten: „Mit Corona, das es damals noch nicht gab, konnte ,Profiteure der Angst’ nichts zu tun haben.“
Ob sie, die Filmautorin, auch Parallelen erkenne? fragt DWDL: „Dazu könne sie nichts sagen, ,dafür müsste ich diesen Aspekt erstmal gründlich und nachhaltig recherchieren’. Inwiefern Pharma-Firmen das Geschehen auch in der Corona-Pandemie steuern, wer und ob überhaupt jemand profitiert, wäre ,sicher lohnender Stoff’ für einen weiteren Film. ,Aber dafür ist es noch viel zu früh. Da braucht es mehr Abstand für eine journalistisch-seriöse Analyse.’ Ausreichend Zeit ist dagegen vergangen, um zu prüfen, inwiefern die weltweiten Corona-Maßnahmen unseren Demokratien schaden und die Grundrechte einschränken könnten.“
Voraussichtlich Anfang Dezember soll Ihr neues Projekt auf Arte gesendet werden, die Dreharbeiten laufen. Arbeitstitel: „Corona und die Demokratie – ein Vergleich zwischen Frankreich, Deutschland und Schweden“.
„Wir haben es selbst in der Hand“, sagt der Virologe Christian Drosten. Er selbst beschreibt sich „in einem Zustand der gespannten Aufmerksamkeit. Wir befinden uns in einer Phase, in der es vonseiten der Medizin keine größeren Probleme gibt – im Sinne überfüllter Krankenhäuser und Intensivstationen –, in der wir aber aufpassen müssen, dass es dazu auch nicht kommt“, erklärt er im Interview mit der „Zeit“. Es gehe um viele kleine Alltagsentscheidungen. „Das sind ja alles Dinge, die sind nicht verboten, und die kann und will auch keiner regulieren. Es geht darum, dass wir alle die Lage ernst nehmen, während wir versuchen, einen normalen Alltag zu haben. Wir müssen alle dafür ein Augenmaß entwickeln.“
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