Corona: Brancheninfo 53

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„Do the Right Thing“ drehte Spike Lee (Mitte) vor mehr als 30 Jahren. Der Film ist leider immer noch aktuell. | Foto © UIP

In den vergangenen Tagen bestimmte nicht mehr allein das Virus die Nachrichten – alle Aufmerksamkeit gilt den Demonstrationen in den USA, die zeigen, dass auch die alten Probleme noch nicht gelöst sind. Die Nachrichten aus der Filmwelt sind in diesen Tagen spärlich.  

Wir danken Ihnen für Ihre Informationen, Ergänzungen und Korrekturen, Fragen und Kommentare, auch wenn wir leider nicht alle persönlich beantworten können. 

 

Er wuchs selbst in Brooklyn auf, und dort ist auch sein Film „Do The Right Thing“ verortet: Der US-amerikanische Schauspieler und Filmemacher Spike Lee hat 1989 ein aufwühlendes Drama über das explosive Potenzial von ganz alltäglichem Rassismus geschaffen. Der Filmtipp auf „Kino Zeit“.

„Wie mein Vater Zeit seines Lebens erklärt hat, ist Randale die Sprache der Ungehörten“, twitterte der Sohn des ermordeten Bürgerrechtlers Martin Luther King. „Natürlich dauerte es nicht lange, bis er von Massen weißer Männer erklärt bekam, dass sein Vater das ganz anders gemeint hatte und nur friedliche Proteste gute Proteste seien“. schreibt Michalis Pantelouris in „Übermedien“.

 

Die Branche regt sich und plant – es ist Zeit, das eigene Profil auf Crew United auf den aktuellen Stand zu bringen und die Verfügbarkeit einzutragen. Das heißt: Bitte das Feld „beschäftigt bis“ mit dem betreffenden Datum ausfüllen. Dann können Suchende danach filtern. „Gerade jetzt, wo viele Produktionen wieder beginnen, wäre das eine große Arbeitserleichterung und würde den Personalsuchenden viele unnötige Telefonate ersparen“, schreiben uns die Personalsuchenden selbst.
Und ein Tipp für die Produktionen: Einfach unter „Jobs“ Inserate schalten. Dann werden umgehend alle Premium Member per SMS informiert, die darauf passen. Dann rufen die an, die können, und auch so werden viele unnötige Telefonate erspart.

Wie war das mit der Solidarität? Mit Sicherheitskonzepten allein ist es nicht getan, wenn es an der richtigen Einstellung fehlt. Ein erster Erfahrungsbericht eines*r Filmschaffenden zeigt, wie ein Dreh unter Corona-Bedingungen nicht ablaufen sollte. Namen spielen dabei keine Rolle – es geht um Grundsätzlicheres.

 

Um ein milliardenschweres Konjunkturpaket verhandeln seit gestern die Regierungsparteien. Eine Einigung soll noch heute erzielt werden, die Kernstreitpunkte seien allesamt noch nicht gelöst, hieß es bei Redaktionsschluss. Die Verhandlungen könnten bis in die Nacht reichen, berichtet die „WAZ“. Zu einem Konjunkturprogramm könnten neben sehr vielem anderen auch weitere Hilfen für Soloselbstständige oder Künstler gehören.

Der Mittelstand bekommt jetzt doch Zuschüsse statt Kredite, berichtet der „Tagesspiegel“. Über das Paket „Soforthilfe VI“ für den Mittelstand und Soloselbstständige soll am 11. Juni auf der Wirtschaftsministerkonferenz in Bremerhaven beraten werden.

Im März wurde der Spendenaufruf „Wir helfen Schauspielern“ ins Leben gerufen – für Kolleg*innen, die besonders hart von der Corona-Krise betroffen sind. Der Bundesverband Schauspiel (BFFS) meldet den aktuellen Stand der Hilfsaktion.

 

„Ein sehr, sehr volles Kinojahr“ erwartet Constantin-Film-Chef Martin Moszkowicz 2021. Es habe „schon in den letzten Jahren zu viele Filmstarts in den Kinos gegeben, bis zu 800 im Jahr“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Manches Projekt wäre künftig „vielleicht besser bei einem Streamingdienst oder im Fernsehen aufgehoben.“

„Ausverkauft, aber leer“: Von der Öffnung der Freiluftkinos in Berlin berichtet die „Taz“: Seit Dienstag dürfen Open-Air-Veranstaltungen wieder stattfinden, aber nur mit 200 Zuschauern. Trotzdem war die Euphorie bei Gästen und Machern groß.

 

In den USA haben mehrere Verbände Richtlinien für die sichere Wiederaufnahme der Produktion inmitten von Covid-19 erstellt. Das 22-Seiten-Dokument enthält unter anderem Empfehlungen wie Szenen mit engem Kontakt zwischen den Darstellern zu minimieren, Drehbücher zu überarbeiten oder digitale Effekte zu verwenden, berichtet der „Hollywood Reporter“ [auf Englisch].
Das Dokument dazu [auf Englisch].

Lea Seydoux wird Star von „Le Bal des Folles“, meldet Quotenmeter. Das historische Drama unter der Regie von Arnaud des Pallères sei die erste Produktion, die in Frankreich seit der Corona-Krise angekündigt wurde.

Eigentlich darf wegen Corona niemand einreisen: Eine Filmcrew durfte dennoch mit Sondergenehmigung nach Neuseeland – um die Dreharbeiten an den „Avatar“-Filmen fortzusetzen. Im Land regt sich Protest, berichtet „Der Spiegel“.

Wer dreht wieder ab wann? Cineuropa gibt eine aktualisierte Übersicht der europäischen Filmindustrie [auf Englisch].

 

Umsatzsteuervoranmeldung. Gewinn- und Verlustrechnung. Reisekosten! Da schaudert’s die Medienschaffenden. Es gibt ja einen Grund, warum sie keine Steuerfachleute oder Buchhalter*innen geworden sind. Muss aber sein, darum bietet die Internationale Film Fernseh & Musik Akademie (IFFMA) erstmals fünf Live-Online-Module zu verschiedenen Aspekten des Rechnungswesens an. Die können einzeln zu je 150 Euro gebucht werden können oder komplett für 500 Euro. Zur Information und für Fragen gibt es einen kostenlosen Schnupperkurs am Donnerstag, 11. Juni, um 19 Uhr.

„Kinostart vs. VoD?“ lautet das Thema: Das dritte Business-Frühstück der Nordmedia in der Krise findet morgen wieder online statt. Um 13 Uhr spricht Jochen Coldewey mit Stephan Winkler, dem Geschäftsführer der W-Film Distribution, über die Schwierigkeiten und verschiedene Konzepte für einen alternativen Kinostart. 

Das Netzwerk von Kamerafrauen im deutschsprachigen Raum strebt nach mehr Sichtbarkeit seiner Mitglieder und setzt sich für Gleichberechtigung, Equal Pay, Diversität und Inklusion in der Filmbranche ein. Seit diesem Jahr mit eigener Website, meldet „Blickpunkt Film“.

 

Während immer mehr Lockerungen greifen und auch kulturelles Leben in kleinen Dosen wieder möglich ist, bleiben Clubs weiterhin geschlossen. Ein Unternehmen in Los Angeles hält dagegen und entwickelt ein Kleidungsstück, in dem sicheres Feiern auch in Coronazeiten möglich sein soll, berichtet der Deutschlandfunk.

Im Urban-Krankenhaus kämpfen Menschen um ihr Leben, davor ist Schlauchboot-Party. Der Intensivpfleger Ricardo Lange beschreibt im „Tagesspiegel“, warum das besonders verletzend ist: „Neun Wochen ist es her, dass ich mich an dieser Stelle über klatschende Menschen auf den Balkonen beschwert hatte. Ich befürchtete damals, dem Applaus würden keine Taten folgen. Schade, dass ich Recht hatte.“

 

Überwachen der Polizei. Auch „cinearte“ macht zurzeit Pause für diese Brancheninfos. Darum schreibt Christoph Brandl seine Doku-Kolumne „Das wahre Leben“ solange hier: 

Der Auslöser des Ausbruchs von Protest und Gewalt, der die Vereinigten Staaten seit acht Tagen überzieht, war der mutmaßliche Mord am Afro-Amerikaner George Floyd durch einen weißen Polizisten. Für die Ursache der unverhältnismäßigen Brutalität des weißen Polizisten und des einhergehenden weitverbreiteten Rassismus innerhalb der amerikanischen Gesellschaft und ihrer Polizei muss man bis ins 17. Jahrhundert zurückblicken. Die Sklaverei, der Handel und die Ausbeutung und Unterdrückung illegal ins Land verschleppter Afrikaner war nämlich Jahrhunderte lang erlaubt und sogar 1857, nach einem Urteil des Obersten amerikanischen Bundesgerichts, gemäß dem Schwarze keine „Rechte besäßen, die der weiße Mensch respektieren müsste“ sogar verfassungsmäßig geschützt.
Erst der amerikanische Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten, der 1861 begann und 1865 mit hohen Verlusten auf beiden Seiten mit dem Sieg der Nordstaaten endete, beendete die Sklaverei auf amerikanischem Boden.
Die Wut und die Verzweiflung über die Niederlage in einer Frage, die bis vor kurzem noch gegenteilig entschieden wurde, die Frage der Rechtmäßigkeit der Sklaverei, hat sich in das Bewusstsein vieler Menschen nicht nur in den Südstaaten eingebrannt und ist bis heute Teil des personellen und institutionellen Rassismus, auch in Kreisen der Polizei.
Eine Untersuchung des Rassismus innerhalb der amerikanischen Exekutive haben in der Vergangenheit neben Gesellschaftsforschern auch viele Filmemacher unternommen. Ein eindrückliches Beispiel hierfür ist „Policing the Police“ (USA 2016) von James Jacobi, ein Film, der innerhalb  des TV-Politmagazins „Frontline“ entstanden ist. In „Policing the Police“ begleitet der schwarze Frontline-Reporter Jelani Cobb ebenfalls schwarze oder Hispanische Polizisten bei ihren nächtlichen Einsätzen durch die größte und gleichzeitig ärmste Stadt New Jerseys, Newark.
Cobb, dem es ums Verstehen der teils brutalen Polizeieinsätze geht, stellt wiederholt die Frage, ob dieses oder jenes Verhalten der Polizisten nicht übergriffig und unverhältnismäßig gewesen sei. Beispielsweise als die Polizisten einen jungen Mann auf den Boden warfen und ihm Handschellen anlegten, obwohl dieser weder gewalttätig war noch versucht hatte zu fliehen, sondern lediglich den vier auf ihn zustürmenden Polizisten instinktiv ausgewichen war. Die Polizisten antworten Cobb, das leichte Zurückweichen des angegriffenen Schwarzen sei Grund gewesen, ihn zu Boden zu werfen. Allein dadurch habe er schuldig gewirkt.
Der Film ist frei zugänglich auf der Homepage des öffentlich-rechtlichen Senders PBS zu sehen, PBS listet auf seiner Homepage weitere filmische Beispiele aus den letzten Dekaden, die sich mit der Frage der Entstehung von Polizeigewalt gegenüber Schwarzen beschäftigen.

 

Die nächste Brancheninfo erscheint am Freitag.

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