Qualitätsprogramm

So zauberhaft ist Qualitätsfernsehen: „Das große Quiz der Volksmusik" | Foto © MDR/Format Film/Axel Berger

Der Staatsminister für Kultur und Medien hat eine Rede gehalten. Das tut er oft und meistens gut, aber allein deshalb beginnen wir unseren Blog nicht mit Deutschlands oberstem Filmförderer. Sondern weil, was Bernd Neumann am 24. Mai bei der Media-Night der CDU in Berlin (wenn auch sehr allgemein) vortrug, einfach wunderbar die Themen von out takes zusammenfaßt: Digitalisierung der Medienwelt, Niveau und Qualität der Inhalte, Schutz des geistigen Eigentums, Tantiemen und die Existenz von Medienschaffenden überhaupt.

Dabei lobte Neumann gleich vorweg die neue „Deutsche Content-Allianz“, die sich Mitte April in Berlin vorgestellt hatte, um „für den realen Wert medialer Inhalte zu sensibilisieren.“ Das hört sich toll an und hat offenbar auch den Kulturstaatsminister beeindruckt. Aber was nach Qualitätsoffensive klingt, ist tatsächlich ein neuer Lobbyverein in eigener Sache: Der Allianz gehören der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), die Sender ARD und ZDF, die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen, die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Bundesverband Musikindustrie und die GEMA an – Interessenverbände und Institutionen, die für alles stehen, was traditionell durch Radio, Fernsehen und Buchhandlungen vermarktet wurde, und sich jetzt auch prima alleine im Internet tummelt. Und folglich geht es der Allianz auch weniger um die Qualität im  „Content“ (die wird einfach vorausgesetzt), sondern darum, wie man den „Content“ schützen kann. Gegen Internetpiraten und all die anderen, die meinen, nichts dafür bezahlen zu müssen (den „Content“ verschenkt man lieber selbst). Und daß die Politiker, wenn es ums Internet geht, nicht immer nur an Technik denken, sondern auch an diejenigen denken, „die neue Technologien und Infrastrukturen erst mit Leben erfüllen“.

Wahre Worte, die da auf der Website der ARD nachzulesen sind. Aber wer klickt schon auf die eigene Website? Die Durchschnittsbudgets für  den „Tatort“, immerhin Flagschiff und Quotenbringer der Senderfamilie, stagnieren seit 15 Jahren – trotz „erheblich gestiegener Produktionskosten! Die Zahl der Drehtage ist von seinerzeit 23 auf jetzt 20 gesunken,“ rechnete die Produzentenallianz im Juni vorigen Jahres vor.

So wird der Wert der kreativen Leistung geschätzt. Doch dem fertigen Werk geht es auch nicht besser. Ein Beispiel für den Umgang mit eigenem Qualitätsprogramm lieferten vor kurzem die Marktforscher von Media Control, nachdem sie von Anfang Januar bis Mitte April ferngesehen hatten: Nach ihren Worten fristen deutsche Spielfilme im deutschen Fernsehen ein „Nischendasein“. Ihr Anteil an den Gesamt-Spielfilmminuten der fünf quotenstärksten Sender (ARD, ZDF, RTL, Sat 1 und Pro Sieben) habe in den ersten 14 Wochen des Jahres lediglich neun Prozent betragen. US-Produktionen kamen auf 62 Prozent. Zum Vergleich: Im Kinojahr 2010 lagen die Marktanteile deutscher Filme bei 20,9 Prozent – mehr als doppelt so hoch.

Dabei hatten die Marktforscher noch gar nicht mal auf die Sendezeiten geschaut: Auch heimische Produktionen mit guter Kinoerfahrung versendet man gerne mal wochentags kurz vor Mitternacht.

Vielleicht hatte der Kulturstaatsminister ja all diese Zahlen im Sinn, als er gegen Ende seiner Rede sagte: „Der Qualitätsanspruch richtet sich zuallererst an die öffentlich-rechtlichen Anstalten, aber auch der private Rundfunk hat eine gesellschaftliche Verantwortung und sollte auf Qualität im Programm nicht völlig verzichten.“

Warum nur meinte er, die Sender extra darauf hinweisen zu müssen?

5 Kommentare
  1. kai sagte:

    es wäre grandios, wenn die herren und damen der content allianz zunächst einmal dafür sorgen würden, dass die kreativen, die ihnen diesen content liefern, gerecht behandelt und bezahlt werden.

  2. daniel sagte:

    Nicht uninteressant ist der Zusatz seiner Rede wo es um finstere ausländische Medienmächte geht, die sich in tapfere deutsche Betriebe einkaufen und runterwirtschaften, sowie die Ermahnung, die Privaten sollten auch ein Mindestmaß an Information und Nachrichten programmieren, stünde allerdings die Frage der Perspektive zur Debatte.

    Würde allerding der Staat hier im Rahmen der ÖRs und des deutschen Kinos seiner pädagogischen und gesellschaftspolitischen Verantwortung nachkommen wollen, würde er ein Qualitätsprogramm sicherlich entsprechend fördern, absichern und ausbauen. Stattdessen wird gestrichen, Druck aufgebaut, und gekürzt.

  3. peter sagte:

    „Warum nur meinte er, die Sender extra darauf hinweisen zu müssen?“

    ->Einer für die Galerie.

  4. sanne kurz sagte:

    Die Mediatheken von ARD, ZDF, arte etc erlauben es uns wieder, bereits vor Mitternacht zu Bett zu gehen und doch Inhalte, die wir für wertig halten und leider oft erst nach Mitternacht im TV Program finden, zu betrachten.
    Stimmen wir mit den Füßen ab!
    – Zu den Mediatheken hingehen = in Zukunft mehr Gutes sehen!?

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