cn-kolumne: Der deutsche Casting-Preis: Weiterhin fest in Frauenhand
Im Rahmen der Cologne Conference wird in diesem Jahr als Casting Directorin Sophie Molitoris mit dem Casting-Preis 2011 ausgezeichnet. Seit 1997 (mit einer Pause zwischen 2004 und 2008) wird bei der Cologne Conference, dem Internationalen Fernseh- und Filmfest in Köln, ein Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Besetzungstätigkeit im Spielfilm verliehen. In Fachkreisen gilt dieser heute mit 10.000 Euro dotierte Preis als „Lola“ unter den Auszeichnungen für die Castingbranche. Im Gegensatz zur Deutschen Filmakademie – die bedauerlicherweise keine Casting Directors in die Akademie aufnimmt – wird beim Deutschen Casting-Preis die kreative Leistung honoriert. Die bisherigen Preisträgerinnen waren:
1997 An Dorthe Braker (BVC) | 1998 Heta Manscheff (BVC) | 1999 Nessi Nesslauer | 2000 Anja Dihrberg (BVC) | 2001 Rita Serra-Roll | 2002 Simone Bär | 2003 Sabine Schroth (BVC) | 2004 Risa Kes | Pause | 2008 Franziska Aigner | 2009 Nina Haun (BVC) | 2010 Ulrike Müller (BVC)
Auffällig ist, dass bislang ausschließlich weibliche Kandidatinnen abgeräumt haben. Was sicherlich auch mit der Verhältnismäßigkeit zu tun hat. So gibt es in Deutschland tatsächlich nur etwa 17 Prozent männliche Casting Directors. Sabine Schroth kommentierte das mal in einer Frauenzeitschrift: „Für Regisseure und Produzenten sind wir ein willkommenes Korrektiv ihres eigenen Geschmacks. Wir repräsentieren ganz nebenbei den weiblichen Teil des Publikums.“
Was nicht heißt, dass die männlichen Besetzungsprofis weniger einfühlsam wären oder keine frauenaffinen Filme vorbildlich besetzen könnten. Schließlich haben sich unter anderem Stephen Sikder (BVC), Marc Schötteldreier (BVC), Uwe Bünker (BVC), Clemens Erbach (BVC), Emrah Ertem oder Siegfried Wagner (BVC) auf ihrem Gebiet und mit langjähriger Erfahrung bereits einen Namen gemacht.
Die Jury-Entscheidung zum Casting-Preis wird jedenfalls demokratisch und anhand eingereichter aktueller Projekte gefällt. So wurde die vergangenen Jahre etwa Franziska Aigner für ihre Besetzung in „Die Welle“, Nina Haun für „Alle anderen”, „So glücklich war ich noch nie”, „Hilde” und Ulrike Müller unter anderem für „Die Fremde“ ausgezeichnet.
Dieses Jahr setzte sich die Jury zusammen aus Barbara Thielen (Leiterin Fiction/Serie RTL), Torsten C. Fischer (Regisseur), Ulrich Höcherl (Chefredakteur „Blickpunkt Film“), Martin Zimmermann (Produzent 20.15 Film- und Fernsehproduktion) und Dr. Martina Richter (Direktorin der Cologne Conference). Das Preisgeld wird von der Bavaria Film, der Colonia Media und Westside Filmproduktion gestiftet.
Es gab insgesamt 61 Filmeinreichungen, aus denen insgesamt 35 Casting Directors nominiert wurden. Die Juryentscheidung zu Gunsten von Sophie Molitoris fiel einheitlich aus. Alle fünf Jury-Mitglieder haben eine ihrer fünf Stimmen an Molitoris gegeben, die mit dem Fernsehfilm „Neue Vahr Süd“ (Regie: Hermine Huntgeburth | Buch: Christian Zübert) überzeugen konnte – schon der zehnte Film, bei dem sie mit der Regisseurin zusammengearbeitet hat.
In Sophie Molitoris Portfolio können sich aber noch ganz andere Schätze sehen lassen. So war sie etwa schon für die Besetzung in Fatih Akins Kino Debüt „Kurz und schmerzlos“ verantwortlich. Es folgten die Akin-Filme „Im Juli“ (2000) und „Solino“ (2002).
In einem Interview mit Tina Thiele antwortete Molitoris mal auf die Frage, welche Eigenschaften ein Casting-Director haben sollte: „Menschenliebe, Offenheit, gute Menschenkenntnis, Empathie, also Fähigkeit der Einfühlung. Während des Castings/Vorstellungsprozesses den Schauspieler-/in zunächst ankommen lassen und auch bei Unsicherheiten Sicherheit vermitteln können. Professionelle Abgrenzung, lachen können, seinen Beruf immer und immer wieder lieben. Dazu gehört auch sicher Organisationstalent, Flexibilität und Diplomatie.“ Und was ist für Sie ein guter Cast? „Wenn ich die Schauspieler-/innen im Film vergesse und nur noch die Charaktere sehe. Authentisch eben.“
Ein ganzer Tag zum Thema Casting: Ein Zusammenschnitt des Werkstattgesprächs mit Sophie Molitoris sowie der feierlichen Preisverleihung im Gerling Quartier Köln am 30.09. wird als cn-klappe demnächst zu sehen sein.
Weitere Informationen gibt es auch auf der Homepage der Cologne Conference.
Herzlichen Glückwunsch!
OT „weibliche Kandidatinnen“?
soll das bedeuten, dass es besonders feminine Besetzerinnen sind?
Man liest auch manchmal „gesucht werden weibliche Darsteller“. Da weiß ich auch nie, ob sie ,eher sensible Typen‘ suchen (im Gegensatz zu „männlich-kernige“ Typen) oder ob damit Frauen gemeint sind. Aber da könnte man simply „Darstellerinnen“ schreiben.