Schauspiel ohne Grenzen: European Shooting Stars 2025

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Meet the Shooting Stars 2025! Zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) alljährlich zehn aufstrebende Schauspieltalente vor. Pierpaolo Festa and Antonio Bracco trafen sie zum Speed-Interview.

Jedes Jahr zur Berlinale stellt die European Film Promotion (EFP) ihre zehn „European Shooting Stars“ vor – die vielversprechendsten jungen Schauspieltalente aus der Alten Welt. In diesem Jahr sind das Marina Makris (Zypern), Besir Zeciri (Dänemark), Maarja Johanna Mägi (Estland), Devrim Lingnau (Deutschland), Elín Hall (Island), Karlis Arnolds Avots (Lettland), Šarunas Zenkevicius (Litauen), Lidija Kordic (Montenegro), Vicente Wallenstein (Portugal) und Frida Gustavsson (Schweden).

Crew United wollte ein bisschen mehr wissen und stellte den Zehn die gleiche Frage: „Was hält eine Crew zusammen?“ Die Antworten gibt’s im Youtube-Kanal auf Englisch (da klingt auch die Frage cooler): Sie offenbaren eine gemeinsame Leidenschaft, doch jede*r bringt eine einzigartige Perspektive ein.

„Das Filmemachen selbst bringt die Menschen und die Crew zusammen“, sagt Devrim Lingnau, die auf der Berlinale ihren neuesten Film „Hysteria“ vorstellte. „Sobald man das Set betritt, spürt man, dass alle als Team zusammenarbeiten. Ein künstlerisches Projekt, eine gemeinsame Vision – diese Leidenschaft schafft wirklich ein Gemeinschaftsgefühl“.

Die schwedische Schauspielerin Frida Gustavsson, bekannt durch ihre Rollen in „Vikings: Valhalla“ und „The Witcher“, erweitert diesen Gedanken: „Es muss von oben nach unten gehen. Die wichtigste Aufgabe des Regisseurs ist, dafür zu sorgen, dass alle am Set das Gefühl haben, etwas gemeinsam zu schaffen. Einigkeit ist wichtig – lange Tage, harte Arbeit, manchmal sehr wenig Lohn … aber wir sind hier, weil wir den Film und unser Handwerk lieben. Gleichzeitig sollte die Leidenschaft nicht ausgenutzt werden. Die Leute sollten fair bezahlt werden und vernünftige Arbeitszeiten haben. Wenn am Set eine tolle Atmosphäre herrscht, bedeutet das, dass die Regie ihre Arbeit gut macht.“

Der litauische Schauspieler Šarunas Zenkevicius fügt einen Hauch von Romantik hinzu: „Es ist ein Ort, an dem Freundschaften geschlossen werden … und manchmal sogar etwas mehr.“

Im Englischen nennen sie es den „acting bug“, im Deutschen wohl das „Schauspielfieber“ – eine Leidenschaft, die Schauspieler durch Herausforderungen, Ängste und Triumphe treibt.

„Ich habe als Balletttänzerin angefangen“, sagt Lingnau. „Aber ich habe mit 16 aufgehört, weil Ballett binär und konservativ ist. Ich habe mich dort nie wirklich zu Hause gefühlt. Dann entdeckte ich das Theater und die Schauspieler*innen – ich war wie besessen. Zu meinem 16. Geburtstag besuchte ich einen Kamera-Workshop, und danach trat mein erster Agent an mich heran.“

Gustavsson war mit 15 als Model entdeckt worden. Für sie war die Schauspielerei ein Weg, um mit der Einsamkeit und dem Gefühl, nicht dazuzugehören, fertig zu werden: „Man sagt, die Filmindustrie bestehe aus Spinnern, Außenseitern und Filmliebhabern – und genau da passe ich hinein! Als ich in den Stockholmer Vorstädten aufwuchs, fühlte ich mich ziemlich einsam. Ich lebte in meinen Gedanken, erfand imaginäre Freunde und drehte kleine Filme mit meinen Brüdern. Doch dann wurde ich richtig groß – mit 11 Jahren hatte ich bereits mein Selbstvertrauen verloren, weil die Leute sich ständig über mein Aussehen beklagten. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals entdeckte mich die Modeindustrie. Es schien mir eine Möglichkeit zu sein, die Körpersprache und die Macht der Kleidung zu erforschen. Mode kann ein Traum sein, aber ich sehnte mich nach einer Stimme. Ich wollte nicht nur ein Körper sein – ich wollte all die Gefühle ausdrücken, die ich als Kind hatte. Also zog ich zurück nach Stockholm, studierte Theater, lernte Pantomime und Clown zu sein. Ich hatte schreckliche Angst, aber ich wusste, dass ich zu Hause war.“

Der dänische Schauspieler Besir Zeciri, der in „Das Mädchen mit der Nadel“ eine beeindruckende Vorstellung liefert, denkt über seine Wurzeln nach: „Ich bin in einem rauen Viertel in Kopenhagen aufgewachsen, umgeben von Alkoholikern, Gangstern – Menschen am Rande der Gesellschaft. Das gab mir schon in jungen Jahren eine Perspektive und machte mich neugierig. Ich wollte sie porträtieren, weil viele von ihnen Tiefgang, Humor und erzählenswerte Geschichten hatten. Aber sie bekamen nie die Chance, gehört zu werden. So begann die Schauspielerei für mich.“

Für einige begann die Reise zu Hause. Der lettische Schauspieler Karlis Arnolds Avots erzählt: „Meine Mutter war Sportlehrerin, also wurde von mir erwartet, dass ich ein Sportler werde. Mein Bruder wollte Schauspieler werden, aber mein Vater sagte ihm: ,Tut mir leid, mein Sohn, das ist nicht möglich. Schauspieler in Lettland sind arm und oft betrunken.’ Also trat mein Bruder einer Amateurtheatergruppe bei. Ich sah ihn auftreten – die Leute applaudierten, schenkten ihm Blumen und lachten über seine Witze. Ich dachte: ,Das ist schön. Mir wurde klar, dass Sport die Leere, die ich fühlte, nicht füllen konnte, aber die Schauspielerei schon.’“

Zehn Schauspieler*innen. Zehn Länder. Ein Kontinent. Aber wie europäisch fühlen sie sich in einer Welt, in der die Rolle Europas zunehmend in Frage gestellt wird? Devrim Lingnau: „Mein Hintergrund ist deutsch-türkisch, meine Familie ist aus Mazedonien in die Türkei eingewandert – Bewegung und unterschiedliche Kulturen sind also Teil meiner Geschichte. Deshalb betrachte ich mich auch nicht nur als Deutsche oder Türkin. Ich wurde dazu erzogen, die Welt global zu sehen. Europa ist sowohl für die Kunst als auch für die Politik entscheidend – es ist wichtig, dass es zusammenhält. Und wir halten zusammen. Deshalb liebe ich es, die europäische Filmgemeinschaft zu feiern.“