Branche braucht Kodex

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Was ist eigentlich Respekt? „Ali G in da House“ scheiterte da vor 20 Jahren schon am Buchstabieren. | Foto © Mars Distribution

Wer selbst nicht weiß, was sich gehört, kann es in Zukunft nachschlagen: Ein „Respect Code Film“ soll für Sicherheit an deutschen Sets sorgen. Wer sich nicht an die Regeln hält, könnte möglicherweise sogar mit Konsequenzen rechnen.

Verdi, die Schauspielgewerkschaft BFFS und die Produktionsallianz verhandeln regelmäßig den Tarifvertrag aus. Jetzt haben sie auch einen „Respect Code Film“(RCF) für die Branche vorgestellt. Der wende sich „gegen jede Form von respektlosem Verhalten, Belästigung, Gewalt, Diskriminierung oder anderes Fehlverhalten und schreibt branchenweite Grundsätze für sicheres Arbeiten und einen respektvollen Umgang bei jeder Art von Film- und Fernsehproduktion fest“, erklärt die Produktionsallianz.

Erarbeitet wurde der Code mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und Vaunet (dem Verband der privaten), Degeto und Netflix, der Deutschen Filmakademie und dem Regieverband. Die Berufsgenossenschaft und die Vertrauensstelle Themis haben beraten. Kurzum: „Die Branche gibt sich […] einen eigens erarbeiteten Verhaltenskodex“, meldeten die „Zeit“ und andere. Was aber nur die halbe Wahrheit ist, denn ein großer Teil der Branche war gar nicht dabei. Von den Berufsverbänden der Filmschaffenden war nur der Regieverband beteiligt.
Und so liest sich der Kodex denn auch so vage wie manches andere Bekenntnis aus den Büroetagen der Branche.

Tatsächlich hat man vieles bedacht, sogar „gemeinsame Begriffsbestimmungen“ für „unerwünschte und/oder verbotene Verhaltensweisen“ festgeschrieben. Nur eine Definition fehlt: Was genau mit „Respekt“ überhaupt gemeint ist?  Zum Beispiel wohl, dass Vorgesetzte auf eine „faire Behandlung aller Beschäftigten“ achten sollen. Für viele mag das selbstverständlich sein; für die Filmwelt muss man’s anscheinend extra aufschreiben.

Die Bestimmungen zu Vertrauenspersonen oder möglichen Vorkommnissen sind ebenso detailliert, aber unverbindlich – vieles „soll“ und „kann“, aber kaum etwas „muss“. Das gilt auch für etwaige Konsequenzen oder gar Sanktionen bei Fehlverhalten: Das werde „produktionsindividuell entschieden“, da sei man sich einig. Der RCF richte sich übrigens nur „an Produktionsunternehmen und gilt nicht für Eigenproduktionen der Sender.“

Kein Wort über die Produktionsbedingungen selbst, unter denen Fehlverhalten passiert. Dabei werden in der Präambel doch ausführlich „angstfreie Arbeitsumfelder“, „positives Arbeitsklima“ und „gesunde Arbeitsbedingungen“ beschworen.

Kein Wort auch zu einer Stärkung der Themis, die oft angemahnt wird. Die Meldestelle war als Reaktion auf die MeToo-Berichte eingerichtet worden – allerdings mit noch immer recht beschränkten Möglichkeiten.