Frauen hinter der Kamera
Frau Rosenau, „Frauen haben es in unserem Berufsfeld schwer”, hat der Berufsverband Kinematografie (BVK) noch vor zwei Jahren erklärt. Rund 300 Directors of Photography zählte der Verband damals zu seinen Mitgliedern, gerade mal 18 davon waren Frauen. Inzwischen ist die Diskussion um Quoten lauter geworden – hat sich etwas geändert?
Caroline Rosenau: Leider nicht wirklich. Es arbeiten immer noch zu wenige Frauen an der Kamera.
Vor zehn Jahren schienen es aber noch weniger.
Caroline Rosenau: Das stimmt. Bis zu den Positionen Kameraassistenz und 2. Kamera geht es inzwischen einigermaßen. Aber ganz oben wird die Luft sehr dünn. Die Branche ist eh schon ein hart umkämpfter Markt, gerade wenn es um die gut budgetierten Projekte geht. Da ist es für Frauen noch mal doppelt so schwer, einen Fuß in die Türe zu bekommen. Die meisten Kamerafrauen drehen Dokumentarfilm oder man begegnet ihnen all zu oft im Low-Budget-Bereich. Bei den großen Spielfilmen finden Sie sie nur selten.
Und dann meist, wenn die Regie auch eine Frau führt …
Ulla Barthold: Ja, aber das wollen wir eben nicht. Die Anfrage „Wir hätten da einen ,Frauendreh’” oder „Jetzt bräuchten wir mal eine Kamerafrau” zum Beispiel für Sendeanstalten oder Produktionsfirmen ist nicht unüblich … Was immer das heißen soll – der Begriff fällt leider immer noch zu oft, und verrät eine unbewußte Einstellung. Es wird zwar viel über Quoten gesprochen, aber wenn es um die Besetzung der Bildgestaltung geht, sind Kamerafrauen oft nicht auf dem Radar.
Immer noch?
Julia Schlingmann: Es hat sich nicht so viel verändert seit den 1980er-Jahren, das sehen wir in unserem unmittelbaren Umfeld. In Baden-Württemberg ziehen etliche Kamerafrauen nach Berlin, Köln oder München – weil dort schon mehr möglich ist, oder sie ziehen sich unter Umständen ganz zurück.
Das wollen Sie nun ändern?
Caroline Rosenau: Wir sind drei Kamerafrauen und drei Generationen aus drei verschiedenen Bereichen, die dennoch sehr ähnliche Erfahrungen gemacht haben – und bis heute machen. Ulla Barthold ist seit mehr als 30 Jahren freiberufliche Kamerafrau und Dozentin. Julia Schlingmann hat an der Filmakademie Baden-Württemberg Bildgestaltung studiert und arbeitet als Kamarafrau. Sie ist seit diesem Jahr im Vorstand des BVK. Ich selbst arbeite seit 2001 als freiberufliche Kamerafrau und Filmeditorin und unterrichte. Wir möchten die Frauen im „technischen” Bereich sichtbarer werden lassen.
Werden Sie schon gesehen?
Ulla Barthold: Wir stehen ja noch am Anfang. Ende vorigen Jahres hatten wir auf der Setup Mediaim Rahmen der Filmschau Baden-Württemberg unser Seminar „Frauen hinter der Kamera – Ein Minority Report” zum ersten Mal gehalten. Darin räumen wir mit Vorurteilen auf, klären auf und analysieren die momentane Situation von Frauen, die in den männerdominierten Gewerken tätig sind.
Caroline Rosenau: Das Seminar besteht aus drei Teilen: Ich eröffne mit Zahlen und Fakten. Julia Schlingmann schildert die Berufssituation erst allgemein und geht dann auf die Besonderheiten für Frauen ein, etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und Ulla Barthold steuert auch ihre eigenen Erfahrungen aus den 1980er Jahren bei (damals gab es schon den Verband der Filmarbeiterinnen) und spannt den Bogen zur Jetztzeit.
Ulla Barthold: Spätestens an diesem Punkt wurde in der anschließenden Diskussion mit jungen Kamerafrauen klar, dass sich im wesentlichen nicht sehr viel geändert hat.
Julia Schlingmann: Voriges Jahr haben sich Kamerafrauen aus den deutschsprachigen Ländern zu einem großen Netzwerk der Cinematographinnen zusammengeschlossen. Die Initiative dazu kam von Birgit Gudjonsdottir. Es sind sofort sehr viele Kamerafrauen aktiv geworden. Die Zeit dafür war wirklich reif. Wir sind ebenfalls dabei und unterstützen unsere Anliegen gegenseitig.
Ausschließlich für den Bereich Kamera?
Ulla Barthold: Das ist unser Erfahrungsbereich. Aber wir wollen im Prinzip Frauen in allen Gewerken erreichen und tun das auch. Zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen suchen wir nach Möglichkeiten, die berufliche Situation von Frauen hinter der Kamera mittel- und langfristig zu verbessern. Darum soll das auch keine einmalige Sache bleiben. Wir entwickeln die einzelnen Module weiter – insbesondere auch in Richtung Coaching und Verhandlungstraining. Auf der nächsten Setup Media im Dezember wird unsere Kollegin Julia Schlingmann als DoP zusammen mit ihrer Kollegin Selena Dolderer als Master of Science in Arbeits- und Organisationspsychologie erstmals ein Anti-Bias-Seminar halten.
Darin geht es um die unbewußten Vorurteile?
Julia Schlingmann: Ganz recht. Und eben darum, diese bewusst zu machen.
Also dass Frauen für den Kameraberuf nicht geeignet seien, weil doch die Ausrüstung so schwer ist?
Caroline Rosenau: Zum Beispiel. Erst neulich meinte ein Kollege, bei Einstellungen vom Stativ oder Dolly bestehe kein Zweifel, ob man hierfür eine Kamerafrau einsetzt. Sobald aber Aufnahmen mit einem Gimbalsystem, Steadicam oder gar ein Schulterdreh im Raum stehen, würde er sich schon allein wegen der körperlichen Unterschiede doch eher für einen Mann bei der Besetzung des Kamerapostens entscheiden … Er meinte es gar nicht böse – die alten Denkstrukturen dauern weiter. Der Kollege war Mitte/Ende 30. Das ist ein sehr plakatives Beispiel, ist aber eines von vielen Vorurteilen um die Frau hinter der Kamera.
Julia Schlingmann: Es geht um das Berufsbild selbst, welches extrem männlich konnotiert ist. Die Attribute, die einem Kameramann zugeschrieben werden, sind in der stereotypischen Wahrnehmung sehr viel positiver besetzt als die der Kamerafrau. Ein guter Kameramann gilt alsverantwortungsvoll, fokussiert, stark und technisch versiert. Diese Attribute werden einer Kamerafrau sehr viel weniger zugesprochen bis hin zur umgekehrten Wahrnehmung.
Caroline Rosenau: Es hat schon ziemlich lange gedauert, bis der Begriff „Kamerafrau” angenommen wurde. Bei einem Dreh für den ORF wurde ich zum Beispiel den ganzen Dreh durch „Kameramännin” genannt. Andere haben erlebt, dass der Regisseur seine Anweisungen lieber an ihren männlichen Assistenten gibt …
Ulla Barthold: Und nehmen wir die Zeitschrift „Film & TV Kamera“: Der „Kameramann” im Titel ist erst seit der Dezemberausgabe 2017 vom Titelblatt verschwunden.
Noch ein Vorurteil: Film ist Krieg, Frauen liegt die harte Nummer nicht so.
Caroline Rosenau: Ja, es ist schon ein Hauen und Stechen da draußen, und wir treten da vielleicht anders auf, aber wir können auch hart verhandeln. Ich habe auch mit ziemlich toughen Regisseurinnen und Redakteurinnen gearbeitet. Und ich kenne auch weiche männliche Kollegen. Wenn man aber als Frau am Drehort ankommt, ist mir leider schon die Aussage untergekommen „Da ist ja das Hasi!”. Das war sicherlich nicht böse gemeint, aber so wirklich gut finde ich das nicht. Man bekommt da einfach den Eindruck, dass man als Kamerafrau oft einfach nicht für voll genommen wird.
Du musst dich beweisen, das muss jeder, aber als Frau steht man da einfach noch mehr auf dem Prüfstand, als das eh schon der Fall ist. Dabei finde ich nicht, dass Frauen besser sein müssen.
Drittes Vorurteil: Frauen machen andere Bilder als Männer.
Caroline Rosenau: Welche Frau und welchen Mann meinen Sie? Man glaubt gerne, dass Frauen anders drehen als Männer – ich zumindest könnte einem Film nicht ansehen, ob den eine Frau fotografiert hat oder ein Mann. Doch das Vorurteil ist da: Frauen machen einfühlsamere Bilder, sind also gut für „Frauenthemen”. Man traut ihnen zum Beispiel äußerst selten eine Werbung zu – ich kenne nur wenige Kolleginnen in diesem Feld. Und so finden wir etwa beim Kinospielfilm nur die paar bekannten Namen, bei den Fernsehfilmen aber schon kaum mehr.
Obwohl seither ausführlich über Chancengleichheit in der Branche diskutiert wurde und sich Sender und Förderer vollmundig für eine Frauenquote stark machen?
Julia Schlingmann: Die Frauenquote löst Kontroversen aus. Sie hat mindestens so viele Gegner wie Befürworter. Es bestehen Ängste, dass Kameramännern ein Job aberkannt wird und der Quote zum Opfer fällt. In dieser Vorstellung wird der Kameramann durch eine x-beliebige Kamerafrau ersetzt. Zudem kann die künstlerische Freiheit nicht gewahrt werden. Es gibt auch Kamerafrauen, die sagen, ich möchte nicht durch eine Frauenquote erfolgreich werden, sondern durch Qualität. All diese Ängste sind nachvollziehbar. Dennoch muss man anerkennen, dass es keine Chancengleichheit gibt. Die Quote ist eine Möglichkeit, quasi alle Wettstreiter sofort an die gleiche Startlinie zu stellen. Das wäre ein traumhaftes Szenario auch für mich. Etwas, das flächendeckende Anti-Bias-Trainings erst in vielen Jahren schaffen würden.
Caroline Rosenau: Erst im Juni hat es Belinde Ruth Stieve in ihrem Blog vorgezählt:Von bislang 21 „Tatorten“ in diesem Jahr hatten vier eine Regisseurin …
… immerhin fast die 20 Prozent, die oft als erstes Zwischenziel auf dem Weg zur Chancengleichheit angegeben werden.
Caroline Rosenau: Aber keiner davon hatte eine Frau an der Kamera. Das gilt übrigens auch für den Ton, und an den Drehbüchern schrieben auch nur zu 7 Prozent Frauen.
Beim Studium von Regie und Drehbuch ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern allerdings auch etwas ausgeglichener. Bei der Bildgestaltung ist nur ein Viertel der Absolventen weiblich. Bei den unbewegten Bildern, also der Fotografie, haben Frauen nicht solche Berührungsängste.
Caroline Rosenau: Wenn es um Redakteursposten geht, auch nicht. Sobald wir aber zu den sogenannten technischen Berufen kommen, ändert sich das Bild. Zeitgleich zu unserem Seminar auf der Filmschau Baden Württemberg in Stuttgart wurde ein Seminar und Diskussionspanel für Postproduktionsschaffende, also VFXler, Color Grader und so weiter, in München gehalten – da ist der Frauenanteil bei etwa einem Viertel. Ähnlich bei der Montage, wo ich eigentlich anderes erwartet hätte. An der Filmakademie Baden-Württemberg etwa ist der Frauenanteil im Kamerastudium ziemlich dürftig. Das beginnt aber schon bei den Bewerbungen, und niemand kann wirklich sagen, woran das liegt. Auch wir nicht. Wir können nur vermuten: Es gibt kaum Vorbilder.
In diesem Jahr war mit Rachel Morrison erstmals eine Kamerafrau für den „Oscar” nominiert.
Caroline Rosenau: Das ist gut. Ich hörte aber leider auch: „Wenn die den ,Oscar‘ bekommt, dann auch nur, weil sie eine Frau ist.” So ähnlich, wie wir es bei der Sportmoderatorin Claudia Neumann gerade bei der Fußball-Weltmeisterschaft erlebt haben. Ich finde es schade, dass sie das WM-Finale nicht moderieren durfte. Da hat meiner Ansicht nach das ZDF einfach ein falsches Signal gesetzt.
Was ist in Deutschland mit Judith Kaufmann, Daniela Knapp, Bella Halben, Jana Marsik, Sophie Maintignieux, Sonja Rom? Sind das keine Vorbilder?
Caroline Rosenau: Die große Masse aber macht nicht die großen, vielbeachteten Filme. Viele der Kolleginnen im BVK drehen Dokus und/oder unterrichten an den Hochschulen. Viele Kamerafrauen arbeiten um Nebenerwerbsbereich. Die Branche ist ja an sich schon schwierig.
Julia Schlingmann: Die Barrieren betreffen alle Filmschaffenden, wirken sich jedoch durch die Geschlechterungleichstellung stärker auf die Frauen aus.
Also ist das Arbeitsumfeld gerade für Kamerafrauen tatsächlich so „asozial”, wie der BVK behauptet?
Caroline Rosenau: Der Beruf lässt Familie eigentlich nicht zu. Es gibt Lösungsansätze, an denen auch wir arbeiten – zum Beispiel eine Kinderbetreuung, die je nach Bedarf am Drehort oder auch am Set stattfinden kann. Eine Kollegin mit Kindern wurde für das Kleine Fernsehspiel des ZDF angefragt, und sie hatte das Glück, dass auch andere Kinder hatten.
Julia Schlingmann: Aber so etwas müsste generell in den Förderanträgen als Standardposten mit aufgenommen, in einer Kalkulation berücksichtigt werden. Männer stehen genauso vor dem Problem der Kinderbetreuung wie ihre Kolleginnen und könnten ebenfalls von so einer Regelung profitieren.
Würden die Filmförderungen das anerkennen?
Julia Schlingmann: Es müsste selbstverständlicher eingefordert werden. Zurzeit müssen sich die Kolleginnen größtenteils innerhalb ihrer Familien organisieren.
Solche Probleme kennen aber auch Eltern in anderen Berufen. Ist das nicht erstmal Privatsache zwischen zwei Partnern?
Ulla Barthold: Die Entscheidung ist nicht mehr frei, wenn es ums Geld geht, wer mehr verdient. Frauen bekommen in der Branche weniger bezahlt. Das kann schon mal bis zu 40 Prozent weniger sein.
Julia Schlingmann: Die Filmindustrie bringt prekäre Arbeitsbedingungen mit sich. Auch extrem lange Arbeitszeiten sind der Normalfall. Leider auch nach der letzten Tarifrunde von Verdi unverändert schlecht und obendrein noch legalisiert. Eine normale Kinderbetreuung deckt bei weitem nicht die Arbeitszeiten eines Filmschaffenden ab. Das sollte nicht nur Privatsache sein.
Frau Rosenau, sie sind Mitglied im Bundesverband der Fernsehkameraleute (BVFK).Da sollten die Drehzeiten doch etwas überschaubarer und planbarer sein?
Caroline Rosenau: Nein. Ein Dreh zum Beispiel für das Format Panorama, aber auch für andere TV-Dokumentationen und -Reportagen, kann auch schon mal 14 Stunden dauern. Für meine Generation waren Arbeitszeiten/Vereinbarkeit von Familie und Beruf gar kein Thema. Da hieß es, wenn du Karriere machen willst, dann kannst du halt keine Kinder haben.
Es spielte also keine Rolle, wie sich Beruf und Privatleben vereinbaren lassen?
Caroline Rosenau: Ich wollte Filme machen. Natürlich dachte ich da erst an Regie, aber nach einem Praktikum war mir klar: Ich will Kamerafrau werden! Und ebenso natürlich kam gleich die Frage: Bist du dir sicher? Das ist eine Männerdomäne! Aber ich wollte Bilder machen, Geschichten in Bildern erzählen und mit Licht arbeiten. Das Berufsbild der Regisseurin war damals bei mir recht schnell verflogen.
Ende der 90er war das ein noch größeres Wagnis als heute.
Caroline Rosenau: Schon im Studium Anfang 2000 war es schwierig, an Jobs zu kommen – trotz Praktika bei Arri und im Kopierwerk des SWR. Ich wurde zwar angefragt, aber meistens bekamen die Jobs andere.
Woran lag das?
Caroline Rosenau: Es hat, vermute ich mal, mit dem Selbstbewusstsein und Auftreten zu tun. Frauen sind da wohl meist zu vorsichtig und zu bescheiden. Wir können den jeweiligen Job auch, zögern aber erstmal, und das wird oft als Schwäche ausgelegt. Inzwischen versuche ich, das in Verhandlungen umzudrehen und zu zeigen, dass die vermeintliche Schwäche eigentlich eine Stärke ist.
Ein Mann hat also den Vorteil, dass er gleich „Hier!” ruft, während Frau noch überlegt?
Caroline Rosenau: Tendenziell. Vor allem aber finden sich Männer schon während des Studiums und bilden Seilschaften, die oft durchs ganze Berufsleben halten.
Dabei gelten doch gerade Kooperation und Unterstützung als typisch weibliche Stärke. Warum schaffen Frauen das nicht auch?
Caroline Rosenau: Weil wir noch zu wenige sind. Wir brauchen mehr Vorbilder. Als ich Anfang 2000 in Karlsruhe studierte, war ich die einzige Frau im technisch-gestalterischen Bereich/Kamera. Auch als Dozentin im Bereich Produktion/Postproduktion werde ich meist als einzige Frau vorgestellt, bis heute noch. Anfangs fand ich das noch toll, so als Exotin. Inzwischen nervt es mich.
Julia Schlingmann: Das ist aber kein reines Männer-Frauen-Ding. Frauen diskriminieren sich auch gegenseitig. „Jetzt haben wir für das Projekt schon eine Regisseurin, da können wir nicht auch noch eine Kamerafrau dazunehmen”, hören wir oft genug auch von Redakteurinnen. Wenn zwei Männer in diesen Positionen zusammenarbeiten, geht das. Bei einem Mann und einer Frau, zum Beispiel Regisseur/Kamerafrau, besteht die Gefahr, dass uns etwas angedichtet werden könnte.
Der BVK scheint diesen Problemen gegenüber doch aufgeschlossen?
Julia Schlingmann: Der BVK hat eine klare Haltung und bestärkt zum Beispiel die 2017 entstandene Vereinigung der Cinematographinnen. Zudem gibt es neuerdings Beauftragte aus dem Vorstand, zu denen ich selber gehöre, die sich Mitgliedern beratend zur Seite stellen, die stark unter Sexismus, also Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, leiden. Die Aufgabe beinhaltet auch die grundsätzliche Thematisierung der Geschlechtergleichstellung. Die Wichtigkeit des Themas nimmt zu. Das zeigte auch die Bereitschaft der BVK-Mitglieder, einen paritätischeren Vorstand zu wählen.
Caroline Rosenau: Doch darum allein geht es uns nicht, sondern um das viel tiefere und weiterreichende Problem der Strukturen. Da ist man noch nicht richtig durchgedrungen. Das ist kein böser Wille: Wenn wir etwa anführen, dass die meisten Kamerafrauen die schlechter finanzierten Dokumentarfilme oder Low-Budget-Spielfilme drehen, merken wir: Das ist den Kollegen bisher schlicht nicht aufgefallen!
Wie wollen Sie das ins Bewusstsein bringen?
Ulla Barthold: Zuerst mit unserem Seminar auf der Setup Media, dieses Jahr das Anti-Bias Training mit Julia Schlingmann und Selena Dolderer. Branchentreffs und Festivals streben wir an, um mehr Aufmerksamkeit für die Problematik zu bekommen. Wir sprechen zurzeit auch mit den Filmhochschulen. Wir wollen natürlich an die Ausbildungsstätten, um auf die Probleme aufmerksam zu machen. Dafür müssen wir beim Nachwuchs anfangen.
Womit wir wieder bei den Seilschaften wären – oder dem „Bandenbilden”, das die Filmemacherin Jutta Brückner ihren Kolleginnen empfiehlt. Wie sind sie selber vernetzt?
Caroline Rosenau: Ulla Barthold ist Verdi-Mitglied, Julia Schlingmann im Vorstand des BVK und Mitglied im Filmverband Südwest. Ich selbst beim BVFK. Wir sind Ansprechpartner des Kamerafrauennetzwerks in BW und bahnen den Kontakt mit Pro Quote Film und mit dem Frauenfilmfest in Köln/Dortmund an. Ab August werden wir mit unseren Erweiterungen so weit sein, dass wir voranpreschen können.