Was Ihr schon immer das Ministerium fragen wolltet!

Aufgrund der angeregten Diskussion zum Beitrag „Einfach frei sein“ haben wir die Pressestelle des Ministeriums für Arbeit und Soziales angeschrieben und darum gebeten, dass das Ministerium einen Gastbeitrag auf „out takes“ veröffentlicht und darin zur sozialen Absicherung und zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Filmschaffenden Stellung nimmt. Heute bekamen wir sodann Post vom Pressesprecher Jens Flosdorff. Dieser teilt uns per E-Mail mit, dass er grundsätzlich keine Gastbeiträge schreibe. „Gerne beantwortet Ihnen die Pressestelle jedoch konkrete Fragen, die den Zuständigkeitsbereich des BMAS betreffen.“ Gut! Dann fangen wir mal an zu sammeln…

7 Kommentare
  1. martin sagte:

    Mit welcher Begründung wird folgendes per Gesetz bevorzugt:

    Alle nicht dauerhaft festangestellten Filmschaffenden (also die meisten) hangeln sich oft kurzfristig durch zeitlich befristete Projektarbeit.
    Der Sozialversicherungsstatus treibt all jene in den Bezug von, seit Hartz4-Gesetzgebung, hauptsächlich ALG II.
    Trotz aller Bemühungen des Ausgleichs wie Arbeitszeitkonto, Novelle
    Anwartschaftszeitverkürzung, sind die Aussichten auf Arbeitslosengeld sehr gering, zudem noch im Grenzall 6 Wochen in ihrer Wirkung gegensätzlich, die Begleiterscheinungen von ALG II kontraproduktiv
    für einen lebenslangen Dauerzustand.
    Abgesehen davon trifft die oft gemachte Unterstellung des „Sozialschmarotzers“ auch immer die Filmschaffenden mit.
    Die sehr unterschiedlichen Belange der Gewerke (ein Regieassistent hat z.B. bei keinem 90 Minuten Spielfilm eine Anstellung unter 6 Wochen, ein Beleuchter oder Tonmann schon) finden in den Regelungen keine Berücksichtigung.(Ich freue mich natürlich zu lesen, dass
    Herr Schafmeister Verbesserungen fordert!)

    Trotzdem soll es eine Massnahme der sozialen Sicherung darstellen?

    Abgesehen von der Frage, welche Rentenhöhe man überhaupt mit lückenhaften Beitragszahlungen erreicht, stelle ich mir die Frage, ob es nicht eine teure Subvention zur gesetzlichen Rentenversicherung ist, durch die Zeiten des Bezuges von ALG I und ALG II.

    Der Fall, dass man in seiner freiberuflichen Gesamtheit in verschiedenen Positionen arbeitet, von denen ein Teil als selbständig, der andere nichtselbständig eingestuft ist, macht die Kompliziertheit perfekt. Da habe ich mich schon wahrlich als Schein-Arbeitnehmer empfunden, auch noch mit erheblichen finanziellen Einbußen.

    Prinzipiell bin ich der gesetzlichen Rente mehr zugeneigt, als der privaten, darum geht es mir nicht.
    Es gibt jedoch berufliche Konstellationen, die meiner Meinung nach unbedingt die Möglichkeit der selbständigen Ausübung bedürfen, um von diesem Beruf leben zu können, ohne mehr Stress mit den gesetzlichen Regelungen, als mit der eigentlichen Arbeit zu haben.
    Und es ist doch so: trotz des Umlageverfahrens in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Beitragszahlung zum Erwerb des eigenen Anspruchs im Alter, d.h. ohne Beitragszahlung kein Anspruch, das ist letztlich ein Nachteil für den Selbständigen und kein Entzug zum Beitrag in ein solidarisches System, wie es bspw. die ges. Krankenkasse darstellt.

  2. Elmira Rafizadeh sagte:

    Lieber Tom,

    am 11. Mai ist Heinrich Schafmeister (vom Vorstand des BFFS) zu diesem Thema beim Bundestagsausschuss aufgetreten. Seinem Engagement ist zu verdanken, dass nun weitere Reformen zur Reform in die Wege geleitet werden…

    Hier ein Auszug aus dem BFFS Newsletter:

    „Am 11. Mai 2011 hat der Bundestagsausschuss „Kultur und Medien“ Experten eingeladen, um sich zum wiederholten Male um die soziale Lage der Künstler und Kulturschaffenden zu kümmern. Insbesondere wurde BFFS-Vorstandsmitglied und Schauspieler Heinrich Schafmeister befragt, in wie weit eine seit August 2009 in Kraft getretene Gesetzesreform seinen sozialrechtlich benachteiligten Kollegen einen fairen Bezug auf Arbeitslosengeld I eröffnet habe. Heinrich Schafmeisters Fazit: „Gut gemeint und doch daneben.“

    Viele Kulturschaffende, insbesondere die Schauspieler bei Dreharbeiten und gastierende Künstler am Theater, haben nur kurz währende Engagements, die natürlich nicht fugenfrei aufeinanderfolgen. Sie zahlen zwar stets Beiträge in die Arbeitslosenversicherung, können aber wegen der Kurzfristigkeit ihrer Beschäftigungen und der Lücken zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnissen die für den Arbeitslosengeld-I-Anspruch erforderlichen Vorversicherungszeiten von 12 Monaten innerhalb der letzten 2 Jahren unmöglich nachweisen. Sie sind eben – das haben die Kulturpolitiker bereits in ihrem Ende 2007 veröffentlichten Bericht „Kultur in Deutschland“ richtig erkannt – „strukturell benachteiligt“.

    Der BFFS kämpfte jahrelang um eine Neuregelung und mit breiter Unterstützung der Kulturpolitiker des Bundes lag endlich im Mai 2009 ein Gesetzesentwurf vor, der für kurz befristet Beschäftige die Anwartschaftszeit von 12 Monate auf 6 Monate verkürzte. Allerdings sollte dieses Anwartschaftsänderungsgesetz nur für Personen gelten, die überwiegend bis zu 6 Wochen engagiert werden und die darüber hinaus in den letzten 12 Monaten nicht mehr als die Bezugsgröße (damals 30.240,00 €, zurzeit 30.660,00 €) verdient haben.

    Diese drastischen Anspruchsbeschränkungen, so warnte der BFFS bereits damals, würden die gut gemeinten Absichten der Reform ad absurdum führen. Die meisten Engagements in der Kulturszene sind zwar befristet, aber dauern meist länger als 6 Wochen. Im Übrigen, bemängelte der BFFS, ist eine Verdienstgrenze, die gesondert kurz befristet Beschäftigte – jedoch nicht die anderen Arbeitnehmer – vom Arbeitslosengeld-I-Anspruch ausschließt, eine weitere Diskriminierung der ohnehin benachteiligten Künstler und Kulturschaffenden. (…)

    „Diese Zahl“, meint Heinrich Schafmeister, „steht in keinem Verhältnis zu der riesigen Beitragssumme, die von der großen Mehrheit der von der Neuregelung ausgegrenzten Kulturschaffenden eingezahlt werden“.

    Im Namen seiner Kollegen appellierte Heinrich Schafmeister an die Politiker des Ausschusses, angesichts der Eindeutigkeit der Zahlen nicht länger zu warten, sondern sofort zu handeln: Wenn es keine sinnvolle Alternative zum Anwartschaftsänderungsgesetz gäbe, sollten dessen Hürden entschärft werden. Die 6-Wochenfrist müsse auf 3 Monate verlängert und die Verdienstgrenze von 30-Tausend Euro abgeschafft oder entschieden erhöht werden, „damit den guten Absichten des Gesetzes auch die guten Taten folgen können“.

    Der Gesetzgeber, regte Heinrich Schafmeister im Ausschuss an, möge aber nicht nur über Ansprüche, sondern auch über Pflichten nachdenken. So müsse mittelfristig die Sozialversicherungspflicht der kurz befristet Beschäftigten verstetigt werden. Die Beitragbemessungsgrenzen sollten für diesen Personenkreis nicht taggenau bemessen, sondern auf den jeweiligen Kalendermonat aufgerundet werden. Eine kontinuierliche Sozialversicherungspflicht würde einerseits die Betroffenen vor der drohenden Altersarmut schützen und andererseits den Versicherungsträgern höhere Einnahmen verschaffen.

    „Fortschritte in der Sozialgesetzgebung“, resümiert Heinrich Schafmeister augenzwinkernd, „erfolgen nur in homöopathischen Dosen.“ Darum erwarte er vom Gesetzgeber nicht morgen den großen Wurf, aber regelmäßig viele kleine Schritte in die richtige Richtung, um langfristig die strukturelle Benachteiligung der Künstler und Kulturschaffenden im Sozialsystem zu beseitigen.

  3. Marita Grimk sagte:

    Frage: warum bezahlt mir die Agentur für Arbeit einen Gründungszuschuss als Drehbuchautorin – und die Künstlersozialkasse verweigert mir die Aufnahme mit der Begründung, ich sei keine Künstlerin? Ich sei keine Anfängerin, weil ich nach Aufnahme in die KSK zwischenzeitlich als Continuity sozialversicherungsfplichtig gearbeitet habe, sei der Anfängerstatus inzwischen erloschen. Ich könne derzeit keine Aufträge nachweisen, also sei ich nicht Künstlerin. Aus meiner Sicht der Welt von Kafka entsprungen. Soll der Staat doch froh sein, dass ich nicht konstant Hartz IV beziehe, sondern mich mit Jobs durchkämpfe – und bestraft werde ich dann, indem die eine öffentliche Stelle mir bestätigt, dass ich als Künstlerin, als Drehbuchautorin arbeite und die andere behauptet, ich sei keine. Nun zahle ich hohe Krankenversicherungsabgaben, was mir dann zur Rente (quasi nicht vorhandener) fehlen wird. Das ist doch absurd! Frage: was ist in Bezug auf die KSK geplant, um der Realität Rechnung zu tragen, dass man im Filmgeschäft immer wieder abwechselnd mal als Angestellte, mal als Selbständige arbeitet?

  4. Christian sagte:

    Mich hat schon immer interessiert, ob Kamera-Assistenten (die ihre Weisungsgebundenheit ja schon im Namen tragen) ohne Probleme als Selbstständige per Rechnung abrechnen dürfen oder mit jedem Job sozialversicherungspflichtig abrechnen müssen?

  5. Christoph sagte:

    Hallo,

    meine Frage ist, warum wird für die deutsche „Industrie“ und für den Ausbau von Arbeitsplätzen im technischen, kaufmännischen oder auch forschenden Sektor soviel getan, damit sie international wettbewerbsfähig bleibt und weiter wachsen kann, was man hingegen von der deutschen Filmbranche und vielen anderen kreativen und künstlerischen Branchen und deren Berufen nicht behaupten kann.

    Warum müssen sich die Leute aus diesen Branchen immer sorgen um ihren Arbeitsplatz oder um ihre nächsten Aufträge machen?
    Schließlich sind wir doch angeblich das Land der „Dichter und Denker“ aber für die wird meiner Meinung nach Momentan am wenigsten getan.

    Dabei könnte sich doch eine Investion durchaus lohnen, da die die deutsche Filmbranche noch nicht an ihrem „Maximum“ angelangt ist und internatonal besser Aufgestellt werden könnte, und auch durchaus in der Lage wäre, attraktive Filme für andere Länder zu produzieren. Was sich nicht nur positiv auf die Steuereinahmen auswirken würde, sondern auch auf das ansehen Deutschland in der Welt!

    Mit freundlichen Grüßen,

    C.

  6. Tom sagte:

    Mich würde einmal interessieren, ob eine weitere Änderung beim Arbeitslosengeldanspruch geplant ist. Aufgrund der echt tollen Arbeit des BFFS (weiter so!) wurde die Anwartschaft ja nun auf sechs Monate verkürzt. Allerdings fällt man da, wenn ich richtig informiert bin, ja nur rein, wenn man überwiegend unter einem Zeitraum von sechs Wochen engagiert wird. Bei mir als Theaterschauspieler komme ich allerdings häufig drüber und habe insoweit mal wieder nichts von der Regelung.

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