Bayreuther Festspiele und das Finanzamt

Wie aus einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervorgeht, hat der Bundesrechnungshof die Vergabe von Gratis-Eintrittskarten an Politiker und Prominente für die Bayreuther Festspiele scharf kritisiert. Demnach sollen nur 40 Prozent der Eintrittskarten, bei Premieren sogar nur 16 Prozent, in den freien Verkauf gegeben worden sein. Die restlichen Tickets wurden anscheinend als Freikarten an Politiker, Sponsoren und Prominente verteilt. Bleibt für sie nur zu hoffen, dass sie bei der zweifelhaften Vergabepraxis auch an den Fiskus gedacht haben!

„Unentgeltliche Sachzuwendung“ nennt sich die Regelung im Deutschen Steuerrecht, über die bereits der ein oder andere Prominente stolperte. So ist in der Regel der Vorteil aus der Überlassung der Eintrittskarten zu versteuern. Wird dies nicht gemacht, kann ein Fall von Steuerhinterziehung vorliegen.

Da in der Vergangenheit die Versteuerung stets sehr lax gehandhabt wurde, führte der Gesetzgeber zur Vereinfachung eine Pauschalierungsmöglichkeit ein, die es dem Schenker ermöglicht, die Einkommensteuer für den Beschenkten zu übernehmen. Dies bedeutet, dass der Schenkende nicht nur die Eintrittskarten verschenkt, sondern auch noch in pauschaler Form die Steuer mit 30% auf den regulären Kartenpreis übernimmt. Dass die Übernahme der Steuer wiederum einen weiteren Vorteil für den Empfänger darstellt, soll bereits in der Höhe des Steuersatzes berücksichtigt worden sein.

Die Übernahme der Pauschalbesteuerung muss dem Beschenkten entsprechend mitgeteilt werden.

„Wir wünschen Ihnen einen schönen Abend bei den Bayreuther Festspielen, die Steuer haben wir für Sie übernommen“ kann es insoweit auf den Einladungen geheissen haben. Wenn nicht, sollte in der ein oder anderen Steuererklärung die Eintrittskarte wieder auftauchen.

6 Kommentare
  1. Tante Sigrid sagte:

    Schwiegermütter nerven oft, meine ist voller Elan und hat mal an der richtigen Stelle genervt; hier ihr Text an das Pressebüro der Stadt Bayreuth (ohne Namen darf ich das hier mal veröffentlichen – hoffe ich):

    An: Pressestelle Stadt Bayreuth
    Betreff: Anfrage bzgl. Bayreuther Festspiele
    Sehr geehrter Herr O,
    in den Medien war gestern zu lesen, die Stadt Bayreuth zahlt die Karten der prominenten Besucher zu den regulären Preisen.
    Was heißt das bitte? Kommen die Einnahmen der Stadt Bayreuth bei Ihnen nicht aus dem Steuerzahlersäckel?
    Für eine Aufklärung wären wir dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    J. S.

    Und hier die politisch korrekte Antwort ?

    Sehr geehrte Frau S.,
    die Stadt Bayreuth erwirbt alljährlich im Vorfeld der Bayreuther Festspiele ein vergleichweise bescheidenes Kontingent an Festspielkarten zum regulären Einkaufspreis. Mit diesen Karten werden vor allem Vertreter aus der Bundes- und Landespolitik zur Premierenaufführung geladen. Bund und Land sind wichtige Zuschussgeber für die Bayreuther Festspiele. Die Einladung zu einer Aufführung der Festspiele dient daher dem Zweck, diese wichtigen Zuschussgeber für die Belange der Festspiele zu sensibilisieren und Ihnen einen Einblick in die qualitativ hochwertige künstlerische Arbeit der Festspiele zu geben.
    Ob man diese langjährige Praxis nun für angemessen hält oder aber sie kritisch sieht, ist letztlich eine politische Frage, über die die gewählten Stadtratsgremien zu entscheiden haben. Daher befasst sich auch alljährlich der Stadtrat im Rahmen der Haushaltsberatungen neu mit ihr.
    Mit freundlichen Grüßen
    O
    Pressesprecher

    Nun stellen wir fest, dass nicht nur der Steuerzahler die Bayreuther Festspiele finanziert, sondern auch noch die gewählten Volksvertreter für ihre Bemühungen / Subventionszusagen mit Premierenkarten belohnt werden; welch rührendes Geben und Nehmen.

    Wer selbst um Auskunft bitten möchte: PressestelleStadtBayreuth@stadt.bayreuth.de

  2. Tante Sigrid sagte:

    Es sollte ein schöner Morgen werden, aber ich Idiot hab’s mal wieder selbst versaut – indem ich einfach nur die Zeitung aufgeschlagen habe:

    „…ihr Kommen haben zugesagt …
    Angesichts der Kritik des Bundesrechnungshofes an der Kartenvergabepraxis bei den Festspiele legte der Sprecher der Festspielstadt, Joachim Oppold, am Mittwoch Wert auf die Feststellung, dass die Stadt die Karten für die Ehrengäste zum regulären Preis gekauft hat.“

    Fallen die Einnahmen der Stadt Bayreuth vom Himmel? Wissen die Herrschaften dort überhaupt wer SIE bezahlt und wessen Geld sie für wen ausgeben?

    Der ganze Artikel -> http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Neue-IWF-Chefin-bei-Bayreuther-Festspielen-id15670936.html

  3. Huckleberry Finn sagte:

    Ich hatte mal vor mehr als 10 Jahren das Vergnügen auf dem Hügel zu weilen. Als Teilnehmer des parallel verlaufenden Jugendfestspieltreffens hatte ich netterweise Zugang auf die billigen Plätze ganz hinten und oben für einen damals für mich nicht gerade günstigen Preis (ich war noch Student). Mir kam das alles dort sehr seltsam vor. All diese Roben und wichtigen Leute, die garantiert keine Karte selbst gezahlt haben. Mir geht es schon seit Jahren auf den Wecker das hier, ganz egal ob Bayreuth oder beim Schiessmichtot-Preis, der Steuerzahler subventioniert und selbst nicht rein darf. Aber es dürfen jene Leutchen rein, die eh schon genug aufm Konto haben und die sich dann auf Kosten der kleinen Leute da bei Free-Häppchen und Free-Schampus tummeln und von einem teuren Limo-Service noch nach Haus geschaukelt werden oder ins Four Season (das sie selbstredend nicht selbst zahlen).
    Klingt vielliecht für manchen hier nach Neid. Ist es nicht, mich interessieren weder Häppchen noch Schampus. Ich sehe nur nicht ein, warum der kleine Mann (und ich rede hier nicht von mir selbst), der ganz andere Probleme hat, auch noch das Vergnügen Anderer finanzieren soll.

  4. Tante Sigrid sagte:

    Und das ist noch nicht alles:

    Die Bundesregierung hält die Bezuschussung für eine allgemeine Staatsaufgabe und subventioniert die Bayreuther Festspiele mit € 2,3 Mio. (Stand 2010).

    Subventionen werden durch Steuergelder finanziert und entsprechen meines Erachtens in diesem Fall einer echten Umverteilung von „unten nach oben“.

    Ich habe mich schon immer gewundert, warum so viele Menschen den prominenten Bayreuth-Besuchern regenrecht zujubeln, wahrscheinlich ist dem Volke gar nicht bekannt, dass sie selbst dieses Theater finanzieren und letztendlich draußen bleiben müssen.

    Haben wir hier ein Beispiel für modernen Feudalismus?!

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