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Filmmenschen halten Wolfgang Kohlhaase für einen der wichtigsten Drehbuchautoren der deutschen Filmgeschichte. Solchen Sprachwitz und Beobachtungsgabe hätten sonst nur noch Billy Wilder und Erich Kästner. Aber Kohlhaase hatte sogar der Bundespräsident zum Geburtstag gratuliert. | Foto © MDR/Marco Prosch

Mit Geschichten aus dem kleinen Leben hat Wolfgang Kohlhaase großes Kino geschrieben. Am Mittwoch ist der Drehbuchautor mit 91 Jahren gestorben. 

Wolfgang Kohlhaase hat das Deutsche Kino geprägt wie kaum ein anderer  Drehbuchautor. In der DDR hatte er an einigen der besten Defa-Filme mitgewirkt, und auch im wiedervereinigten Deutschland setzte er Maßstäbe im Geschichtenerzählen. Am Mittwoch ist er in seiner Geburtsstadt Berlin im Alter von 91 Jahren gestorben.

Damit endet ein Kapitel der Filmgeschichte, findet Daniel Kothenschulte in der „Frankfurter Rundschau“. „Bereits Mitte der 50er Jahre machte er sich einen Namen als Erneuerer des Studiokinos, als er mit dem Regisseur Gerhard Klein einen ostdeutschen Neorealismus prägte. Von der Kritik ,Berlin-Filme’ getauft, erzählten ihre Arbeiten Gegenwartsstoffe um Jugendliche in der Hauptstadt und gelten heute als Klassiker. „Eine Berliner Romanze“ ist eine grenzüberschreitende Liebesgeschichte vor dem Mauerbau: Eine junge Verkäuferin verliebt sich in einen Autowäscher aus dem Westen, der ihr helfen möchte, dort eine Mannequin-Ausbildung zu finanzieren. Der Traum endet mit seiner Arbeitslosigkeit, aber ein Happy-End gibt es trotzdem – er folgt ihr einfach in den Osten. Viele von Kohlhaases Drehbüchern porträtieren die DDR in einem selten gelebten Idealzustand, doch für Propaganda waren ihre Figuren dann doch zu individualistisch. […] Wenn Kohlhaases Karriere nach der Wende nahtlos weiterging, lag das auch daran, dass er etwas beherrschte, was im bundesdeutschen Kino nach dem Ende des Neuen Deutschen Films zur Mangelware wurde: Eine glaubhafte soziale Verortung, verbunden mit einer selbstverständlichen Kombination aus Komik und Melancholie.“

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