Vorbilder für die Filmbranche – der „Fair Film Award Fiction 2022“

Preisübergabe bei Bantry Bay (von links): Vincent Lutz und Sonia Hausséguy, Produktionskoordinator Patrick Bohndorf, Produktionsleiter Olav Henk, Producerin Ina Phillips, Herstellungsleiter Michael Tinney. … und bei Network Movie: Produktionsleiter Lutz J. Haase, Producerin Nina Güde, Herstellungsleiter Heinz-Georg Voskort, Producerin Hanna V. Kienbaum und Sonia Hausséguy (Produktionsleiter Maximilian Helm fehlt auf dem Bild). | Foto © Juri Beythien

Fast 2.000  Filmschaffende haben haben wieder über die Arbeits- und Produktionsbedingungen in der Branche abgestimmt. Das sind die fairsten Produktionen des vergangenen Jahres. 

Es ist ein Preis, der auf der Welt wohl einzigartig ist – und den es eigentlich gar nicht  geben sollte: Seit 2011 wird alljährlich der „Fair Film Award“ verliehen. Ausgezeichnet werden die fairsten Arbeits- und Produktionsbedingungen bei Spielfilmen und Serien. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dass die Wirklichkeit anders ist, zeigt die Liste aller benoteten Projekte des Jahres – sogar eine „4“ ist möglich. 

Mit Einser-Benotungen glänzten hingegeben die preisgekrönten Produktionen: Der Fernsehfilm „Meine Mutter und das Geheimnis Ihrer Schwester“ (Produktion: Bantry Bay Productions, Regie: John Delbridge) gewann in der Kategorie Spielfilm, die achte Staffel von „Bettys Diagnose“ (Produktion: Network Movie, Regie: Britta Keils, Oliver Muth, André Siebert, Suki Maria Roessel, Kerstin Schefberger) in der Kategorie Serie.

Fast 2.000 Filmschaffende hatten wieder die Projekte, an denen sie im vergangenen Jahr beteiligt waren, nach festen Kriterien benotet. Gefragt wurde unter anderem nach Transparenz und Arbeitsklima, Fürsorge in der Corona-Krise, Vertrag und Gagen, Arbeitszeiten und -sicherheit, Chancengerechtigkeit, Professionalität, Ökologie und Diversität. Berücksichtigt werden nur Produktionen, bei denen mindestens 15 Mitarbeiter*innen abgestimmt haben.

Der „Fair Film Award wurde erstmals 2011 von der Bundesvereinigung der Filmschaffenden-Verbände „Die Filmschaffenden“ vergeben, seit dem zweiten Jahr in Zusammenarbeit mit Crew United. Die Bundesvereinigung hat sich 2018 aufgelöst, als Zwischenlösung übernimmt Crew United seitdem die Verleihung des „Fair Film Awards“, denn der Preis sollte erhalten bleiben. Schließlich setze die jährliche Auswertung ein wichtiges und sichtbares Zeichen für mehr Fairness in der Branche. Deutlich wird hier jedenfalls: Auf den vorderen Plätzen (und leider auch auf den hinteren) finden sich oft die gleichen Namen. Die Bantry Bay etwa erhält den Fairness-Preis bereits zum zweiten Mal – 2019 war die Firma für die vorbildlichen Produktionsbedingungen bei der Serie „Das Wichtigste im Leben“ ausgezeichnet worden.

„Wir sehen jedes Jahr, dass es Firmen trotz der knappen Budgets gelingt, ihre Projekte fair umzusetzen. Und nicht nur, dass immer wieder dieselben Produktionsfirmen ganz oben auf der Liste auftauchen, zeigt, dass die grundsätzliche Haltung einer Firma entscheidend ist“, sagt dazu Oliver Zenglein, Geschäftsführer von Crew United. „Auf ein Minimum an Fairness sollten sich aber alle Branchenbeteiligten verlassen können! Deshalb sollten Soziale Mindeststandards endlich im Rahmen der anstehenden Novellierung des FFG den Weg in die verbindlichen Fördervoraussetzungen finden.“

Traditionell wird der „Fair Film Award Fiction“ zum Auftakt der Berlinale verliehen. Auch um immer wieder deutlich zu machen, dass die Filmwelt abseits des Roten Teppichs oft ganz anders aussieht. Im vorigen Jahr kam die Pandemie dazwischen. Nach der virtuellen Preisverleihung folgte nun wieder eine in Echt – allerdings noch im persönlicheren Rahmen: Geschäftsführer Vincent Lutz und Redakteurin Sonia Hausséguy von Crew United reisten nach Köln, um die Auszeichnungen zu überreichen. Dabei sprachen sie mit den Preisträgern, wie es gelingt, gemeinsam faire Filme zu produzieren. Die Besuche bei Bantry Bay im Haus und bei Network Movie am Set sind auf dem YouTube-Kanal von Crew United zu sehen.

Dass es in diesem Jahr etwas später wurde, hat noch einen weiteren Grund. Ursprünglich war die Preisverleihung für Ende Februar geplant. Doch dann startete der russische Angriff auf die Ukraine. Das veränderte auch die Prioritäten bei Crew United: Fünf Tage nach Kriegsbeginn ging die Website Filmmakers for Ukraine online. Mit der Unterstützung von vielen Freiwilligen informiert sie täglich über aktuelle und geprüfte Hilfsangebote aus ganz Europa und koordiniert unterschiedlichste Hilfsprojekte.  

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