Formatfragen
Kodak ist wieder da. Auf den Regietagen stellte sich der einstige Traditionsriese Anfang November in München mit einer Podiumsdiskussion wieder vor. Auf der Bühne diskutierte der Regisseur Christian Wagner mit Kollegen aus Bildgestaltung, Regie, Produktion und Postproduktion über Für und Wider von analoger und digitaler Aufnahmetechnik.
Wenn man’s so beschreibt, klingt es kalt und trocken. Tatsächlich rührt die Frage aber mehr an als nur den Verstand. Zwar werde nicht mal mehr ein Prozent der weltweiten Filmproduktion noch auf Film gedreht, sagte Michael Boxrucker. Kodak-„Botschafter“ und selbst DoP. Das heißt aber nicht, dass die Filmemacher den Film nicht vermissen würden.
Das ist keine bloße Nostalgie: Konzentration, Entschleunigung, Gewissenhaftigkeit und Expertise lauteten die Argumente für das Traditionsformat. Die Digitalisierung fördere die Nachlässigkeit. Lediglich Tom Fährmann, DoP und Professor für Bildgestaltung an der HFF, nahm den Fortschritt uneingeschränkt in Schutz.
Eine Zusammenfassung der zweistündigen Podiumsdiskussion können Sie im Video sehen. Für die schlechte Bild- und Tonqualität bitten wir um Entschuldigung. Die geplante professionelle Aufzeichnung ist leider kurzfristig an technischen Problemen gescheitert. Zum Glück gibt es aber kleine Digitalkameras. Die Meinungen auf dem Podium bieten wir hier im Überblick.
Peter Zeitlinger, DoP („Königin der Wüste“)
„Analoger Film ist Massage für die Retina.“
„Digital ist Fast Food mit Geschmacksverstärker (das sind die Codecs). Ich will lieber Bio.“
„Die Videoausspiegelung war der Anfang vom Untergang.“
„Wenn wir auf Film drehen, herrscht eine ganz andere Atmosphäre am Set. Jeder konzentriert sich.“
„Beim Film wird bei den Mitarbeitern die Spreu vom Weizen getrennt. Bei Digital kommen die noch mit. Aber das sind „Garbage“-Produktionen.“
Kyrill Ahlvers (Silbersalz-Film)
„Ich habe in Köln studiert. Da hatten wir zwei Übungen auf 35 Millimeter. Das muss in den Filmschulen wiedererweckt werden.“
Leena Koppe, DoP („Die Vaterlosen“)
„Willst Du mit Tiefe erzählen, ist Film das Material. Die digitale Kamera ist fast überscharf.“
„Im Moment ist das Digitale dabei, den Film umzubringen. In Österreich wurde gerade das letzte Labor geschlossen.“
„Mich stört, dass die Industrie drüberbrettert, und verspricht, dass alles besser und billiger wird. Das ist aber nicht so.“
„Die Formatfrage sollte eine freie Entscheidung sein.“
Tom Fährmann, DoP („Das Wunder von Bern“)
„Es ergibt keinen Sinn, von analog auf digital zu wechseln, wenn das Digitale nicht besser ist. Das aber ist mit der Alexa tatsächlich passiert. Bis dahin wirkten Hauttöne eher wie Porzellan. Nun sehen sie nahezu organisch aus. Alles, was ich über Digital dachte, hat sich geändert. “
„Ab dem Digital Intermediate sind alle Schritte in der Postproduktion exakt die gleichen.“
„Die Probleme sind in der Anzahl gleich. Sie haben nur einen anderen Namen.“
„Ich höre da immer wieder, dass der Film durch die geringe Menge disziplinierend wirke. Aber wir sind doch keine Kinder.“
Michel Morales, Produzent („Lola auf der Erbse“)
„Für kleine Produktionen ist Digital sinnvoll. Bei großen Budgets gibt sich beides nichts mehr.“
„Die digitale Kamera läuft die ganze Zeit über. Die Postproduktion und das Sichten des Materials kosten dann wieder mehr …“
„Das Set ist wie ein Sack voller Flöhe. Die Kamera am Set schafft eine Magie – alle sind konzentrierter.“
„Ich freue mich, wenn ein Regisseur oder eine Kamerafrau sagt, sie will auf Film drehen.
„Die Industrie treibt dauernd eine andere Sau durchs Dorf und sagt, dass es billiger werde.“
Marc Rothemund, Regisseur („Sophie Scholl – Die letzten Tage“)
„Nachträglich Korn einzusetzen, ist extrem schwierig – Szenen haben eine Eigendynamik.“
„Das Material lebt beim Film.“
„Digitalkameras sind nicht handhabbarer. Der Lüfter da ist lauter als das Surren der Filmstreifen, die Kabellage anfällig. Und die Konzentration ist bei Film schon eine andere.“
„Seit ich digital drehe, habe ich viel mehr Unschärfen. “
„Die Maske dauert länger.“
„Die meisten Produzenten sagen, Film sei zu teuer, ohne profundes Fachwissen. Das ist so plakativ.“
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