So weit kommt`s noch: Filmförderung fördert Altersarmut

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Darf das denn wahr sein? ARD und ZDF brüsten sich mit geförderten Sendungen und zum „Dank“ werden wir, die eigentlichen Macher der Sendung, mit Verweis auf diese Förderung um unsere wichtigste Altersversorgung gebracht?

Eigentlich ist alles geregelt:

  • Der Bürger zahlt Rundfunkgebühren.
  • Die Länder haben 1970 die Rundfunkgebühren erhöht und seitdem einen Teil davon für die sogenannten „Anstaltsbeiträge“ zur betrieblichen Altersvorsorge der „freien“ Fernseh- und Rundfunkschaffende bestimmt.
  • Damit sind ARD und ZDF in der Verantwortung, sich um die betriebliche Altersvorsorge der „freien“ Fernseh- und Rundfunkschaffenden zu kümmern. Dafür gibt es die Pensionskasse Rundfunk.
  • Laut der Statuten der Pensionskasse Rundfunk müssen – unabhängig, ob vollfinanziert, teilfinanziert oder gefördert – in allen Fällen Anstaltsbeiträge fließen, wenn Sendungen für ARD oder ZDF hergestellt werden.

Schön wär’s!

Die Schwachstelle sind die Produktionsfirmen. Sie hängen am Tropf hauptsächlich von ARD und ZDF und sollen für sie die Anstaltsbeiträge an die Pensionskasse Rundfunk weiterleiten. Aber weil die Produzenten fürchten, auf den Kosten sitzenzubleiben, kommt keine rechte Begeisterung auf, sich für die Pensionskasse Rundfunk und unsere betriebliche Altersvorsorge in die Pflicht nehmen zu lassen.

Dieser Konflikt spitzt sich nun zu – durch die eigentlich begrüßenswerte Filmförderung.

Denn in den jüngst vereinbarten Terms of Trades zwischen ARD und Produzentenallianz versprechen zwar die ARD-Sender den Produzenten, ihnen die Kosten für die Anstaltsbeiträge zu erstatten. Aber das soll ausdrücklich nicht für geförderte Fernsehfilme gelten. Auch wenn der Löwenanteil der Finanzierung von den Sendern kommt, die mit den ambitionierten Filmen ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen.

Die Produzenten denken nicht daran einzuspringen, wollen sich nicht an die derzeitigen Statuten der Pensionskasse Rundfunk halten und drohen mit Kündigung aus dieser sozialen Verpflichtung.

Aber welche Rolle wollen ARD und ZDF spielen? Wie wollen sie dafür Sorge tragen, dass ihre „Freien“, ohne die sie keine einzige Minute Programm zeigen könnten, nicht in den sozial freien Fall geraten? Ausgerechnet durch die Unterstützung öffentlich-rechtlicher Filmförderung?

Denn diese „Freien“ sind besonders schutzbedürftig.

Erstens genießen wir nicht den sozialen Halt einer festen Anstellung und zweitens dürfen die meisten von uns „Freien“ nicht einmal direkt für die durch Gebühren stabilisierten ZDF- und ARD-Anstalten arbeiten, sondern sind ausgelagert an Produktionsfirmen, die selbst ums Überleben kämpfen müssen. Diese Produktionsfirmen haben so gut wie keine feste Belegschaft, keinen Betriebsrat und meist keinen Sinn, sich um die sozialen Belange ihrer flüchtig engagierten „Freien“ zu kümmern.

Dieses Problem war schon damals heiß umstritten und landete beim Bundesverfassungsgericht. Dürfen gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sich der Arbeit von „Freien“ bedienen, aber sie sozial im Stich lassen? Was wiegt mehr, Rundfunkfreiheit oder Arbeitnehmerschutz?

Im Interesse der verantwortlichen Bundesländer, der Rundfunkanstalten und natürlich der damaligen Gewerkschaft RFFU (heute bei ver.di) wurde der Konflikt entschärft:

Für die „Freien“ wurde mit der Pensionskasse Rundfunk zumindest eine betriebliche Altersvorsoge geschaffen, die durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten garantiert sein sollte und deren Finanzierung durch einen Teil der Rundfunkgebühren sichergestellt wurde. Die Pensionskasse Rundfunk bildet das eigentliche Standbein der Altersversorgung für uns „Freie“.

Diese Zusammenhänge scheinen im Laufe der Jahre leider in Vergessenheit geraten zu sein. Anders ist nicht zu erklären, dass im Hintergrund allen Ernstes gefeilscht wird, bei gefördertem Fernsehprogramm sich der Pflicht zur Zahlung von Anstaltsbeiträgen entziehen zu dürfen. Wenn diese Kräfte sich durchsetzen, ist die Altersarmut der „Freien“ vorprogrammiert. Dann liegen wir am Ende dem Staat und damit den Steuerzahlern auf der Tasche, die als Rundfunkgebührenzahler dafür eigentlich schon genügend zur Kasse gebeten wurden.

So leicht dürfen Bürger, Filmförderanstalten und wir, die „Freien“ nicht gegeneinander ausgespielt werden. Darum wenden wir uns an alle Mitglieder der Fernseh- und Rundfunkräte, alle Rundfunkpolitikerinnen und -politiker der Länder sowie des Bundes, an alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und fordern Sie auf, unsere Hauptforderungen zu unterstützen.

  • Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sollten, wie früher üblich, nur mit Produktionsfirmen zusammenarbeiten, die Anstaltsmitglied der Pensionskasse Rundfunk sind bzw. Produktionsfirmen, sofern Sie noch nicht Anstaltsmitglied der Kasse sind, vertraglich zur Mitgliedschaft verpflichten. Nur so wird sichergestellt, dass wir, die „Freien“, auch unseren Anspruch auf Anstaltsbeiträge durchsetzen können und die Gelder, die der Bürger zur Altersvorsorge der „Freien“ zahlt, auch zu diesem Zweck bei der Pensionskasse Rundfunk ankommen.
  • Unabhängig ob vollfinanziert, teilfinanziert, ko-produziert oder gefördert – ARD und ZDF müssen in allen Fällen eine anteilig geregelte Beitragspflicht gewährleisten!

Denn gerade die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die so stolz ihre geförderten Filme präsentieren, müssen ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den Machern dieser Filme gerecht werden. Sonst könnte jede Nominierung eines geförderten Fernsehfilms an die Austrickserei unserer Altersversorgung erinnern – soweit muss es nicht kommen.

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